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Mein Ich ist ein Hirngespinst – und Dein's?

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10.04.2013
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Mein Ich ist ein Hirngespinst – und Dein's?

Irgendwo huscht ein Reh.
Es ist dunkel, und ich muss auf die andere Seite. Meine Stirnlampe, ein Chinaprodukt, gefüllt mit 3 AAA-Batterien aus Bangladesch. Ich befunzel das Unterholz, dahinter steigt die Böschung auf bis zur Leitplanke, jenseits der Standstreifen, dann: drei Fahrspuren je Richtung - dazwischen ein schmaler Grünsteifen, auch umplankt – und noch eine Standspur. Leitplanke.
Keine Übergänge weit und breit, der Verkehr schießt hochfrequent dahin und mein Rucksack wiegt knapp elf Kilo, obwohl ich sogar die Waschanleitungsfahnen aus den Klamotten geschnitten habe.

Ich muss rüber.

Am Fuße der Böschung verschluckt ein dunkler Fleck, der aussieht wie ein liegendes Ei, mein fernöstliches Lichtspiel.
Was mag das sein?
Ich taste mich durchs Gestrüpp dem Schatten zu und staune. Ein Tunnel. Ganz offensichtlich eine Röhre ans andere Ufer. Ein Plasikschild neben dem Loch gibt bekannt:

Gestiftet von den Kirchheimer Krötenfreunden e.V. zur Erleichterung der Wanderung von Bufo bufo zu seinen Teichgründen.
Herzlichst
Kirchheimer Krötenfreunde

Mein Glück scheint hier darin zu bestehen, dass die Kirchheimer Krötenfreunde einen relativ großzügigen Lösungsweg gestiftet haben, vielleicht mussten hier Spendengelder regelrecht verbrannt werden, da deren Aufkommen die Projektkosten unangemessen überstiegen? Schwalle von Wanderkröten vermochten hier bequem und nebeneinander in erstaunlich breiter Reihung die Autobahn zu unterqueren. Möglich auch, dass man seitens der Krötenfreunde in evolutionärer Weitsicht bereits umfänglichere Mutationen eingeplant hatte.
In robbendem Bewegungsmodus scheint mir der gebotene Durchmesser ausreichend zu sein, den Versuch zu wagen. Ich nehme mir den Rucksack von den Schultern und schiebe ihn voraus in die rundlich-ovale Öffnung, das liegende Ei. Der Plan: ihn jeweils ein Stück nach vorn bugsieren und hinterher zu robben.
Ehe ich nachschlüpfe, muss ich mich für die Position meine Arme entscheiden. Voraus oder seitlich?
Meiner Einschätzung nach kann die einmal getroffene Entscheidung im Tunnel nicht mehr revidiert werden, mangels Spielraums.
Meine Wahl verwirft die Kopfstoß-Methode zum Vortrieb des Rucksacks, und so dringe ich gestreckter Arme voraus in das Bauwerk amphibiophiler Naturtiefbauer.
Da eine Winkelstellung der Beine nur in geringen Maße in Betracht kommt, erscheint die Durchführung klassischer Bundeswehr-Grundausbildungsfortbewegung wirklichkeitsfremd.
Ich erlange dennoch einen gewissen Vortrieb, der sich hauptsächlich auf seitlich wechselnde, insgesamt rhythmische, ruckende Bewegungen stützt. Hinzu kommt das Schieben mit den Füßen sowie der Versuch, mich am Rucksack, sofern dieser (auch ob seines sonst gern gesehenen, abgespeckten Eigengewichtes) stabil und ortsfest in der Röhre klemmt, vornwärts zu ziehen, was meist scheitert, da dem Sack diese Zugrichtung fremd ist.
Ich lege eine Pause ein.
Eine Erkenntnis reift heran, wie in einem Ei, die Erkenntnis, dass aus verschiedenen, vermutlich vor allem physikalischen Gründen nicht daran zu denken ist, den Vorgang abzubrechen und umzukehren. Genauso wenig, wie die unterdessen eher Dunkelheit spendenden Energiespeicher aus Bangladesch auszutauschen, da sich die Ersatzbatterien auf der mir abgewandten Seite des Rucksacks befinden.
Eine halbe Stunde später. Ich wähne mich unter dem Grünstreifen. Es besteht eigentlich kein objektiver Grund, der diese Spekulation mit Sinn unterfütterte; es ist – ein Gefühl, welches, wie ich mir vorstelle, meinem Wesen nach nah an der pessimistischen Seite des Vermutungsrahmens verortet ist.
Das Wenige, was gesichert scheint, ist, dass der Rucksack dem Ziel um einige Dezimeter näher ist, als die neurobiologische Illusion, die ihn bugsiert. Und jenes Bugsieren gerät mir nach jedem Male schwerer.
Zunächst schiebe ich diesen Umstand auf mählich erlöschende Kräfte, doch nun eine Bekanntgabe:

Die Stiftung Kirchheimer Krötenfreunde e.V. bedauert es, versäumt zu haben, bekanntzugeben, dass die Unterführung für unsere teichahnenden Freunde aufgrund der im Verlaufe nachlassenden Spendenbereitschaft sich dazu veranlasst sehen musste, den westlichen Teil des Durchlasses um einige unbedeutende Zentimeter geringer zu gestalten, wodurch sich in der Summe ein kaum messbarer, konischer Charakter der Gesamtführung ergibt.
Herzlichst
Kirchheimer Krötenfreunde

Ich erreiche meinen Rucksack nicht mehr. Er ist ein Stückchen weiter, sehen kann ich ihn nicht. Ich weiß aber, dass er da ist, samt Wasserflasche, Batterien, Mobilfunkgerät, Nussfruchtmischung.
Seitliche Ruckbewegungen sind fast nur noch gedanklich möglich, es sind vielleicht noch Zuckungen, die allerdings keine Verlagerung mehr ermöglichen. Ebenso wenig das schiebende Pressen der Fußspitzen: Ich stecke fest. Wie ein Korken.
Es ist möglich, dass ich infolge von Dehydratation oder Muskel- und Fettabbau wieder ein wenig Spielraum dazugewinnen werde. Irgendwann. Aber es ist nicht wahrscheinlich, dass ich mich noch diesseits der Bewusstlosigkeit daran werde erfreuen können.
Vielleicht kommen Kröten...freunde. Sie werden mir aber nicht helfen, sondern mich hassen, da sie gezwungen sind, ihren Weg über eine sechsspurige Autobahn zu nehmen. Wenige werden es auf den Grünstreifen schaffen.
Nur die Mutationen.

 
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7miles schrieb:
psychoanalytische Interpretationen
will ich mir - und dir - lieber ersparen, 7miles, obwohl sich der Tunnel ja geradezu aufdrängt, dass man sich darin in sonstwelchen Deutungsversuchen verliert.
Auch weigert sich momentan

die neurobiologische Illusion,
gemeinhin auch offshores Hirn genannt, sich über Gebühr anzustrengen.
„Sag dem Typen einfach, dass uns seine Story gefallen hat. Origineller, schräger Plot, beängstigende Bilder heraufbeschwörend, wie immer wortgewandt und voller Sprachwitz geschrieben, ein echter 7miles halt. Ja, tolle Sprache, so man sie mag. Ich mag sie. Sag ihm das“, sagt mein Hirn.
Schön, wieder einmal was von dir zu hören, 7miles. Sage ich.

Und noch was sag ich dir:

Schwalle von Wanderkröten vermochten hier bequem und nebeneinander in erstaunlich breiter Reihung die Autobahn [zu] unterqueren.

… der Versuch, mich am Rucksack, sofern dieser (auch ob seines sonst gern gesehenen, abgespeckten Eigengewichtes) stabil und ortsfest in der Röhre klemmt, vornwärts [?] zu ziehen, ...
Ich glaube, du wolltest hier eigentlich genau das Gegenteil aussagen, oder? Der Rucksack klemmt ja nicht ob (bzw. wegen), sondern trotz (bzw. obtrotz) seines geringen Gewichts.
Zu vornwärts sag ich jetzt mal gar nix. Bei dir gehe ich irgendwie immer davon aus, dass so was keine Vertipper, sondern ganz bewusste Wortschöpfungen sind.


offshore

 

Ich habe mal eine Reise unternommen, in der mir Ähliche bilder unterkamen: so inetwa die Überquerung einer vielbefahrenen Straße als einzige Möglichkeit und auch Unterführungen in merfacher Form waren vertreten. Daher kenne ich nur zu gut die verstörende anstrengung die es mit sich bringt auf die "andere Seite" zu kommen!
Die Idee mit den Kröten finde ich nett, gibt es dafür einen besonderen anreiz? Gibt es Dieses Bild (von der Unterführung die enger wird) wirklich? eher nicht oder! Ist aber bei meiner Erfahrung gar nicht ganz auszuschließen.

 

"Dein's"? ERNSTHAFT?

 
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Beulig türmen's'ch finstre Well'n -
Der Haie Hammer schlägt die Dell'n!

Natürlich, Webmaster, ist dieses Apostroph nicht gedankenlos gesetzt worden, auch wenn ich gestehe, dass die Hauptintention zu dieser Story war, mal etwas mit huschenden Rehen zu machen.
Dieser vermutlich RS-konforme Bastard resultierte aus einer ebenso vermutlich viel zu ausufernden Grübelei bezüglich der Frage, ob hier ein "dein(e)s" oder doch ein sogar "deiniges", wenn nicht gleich "deinjeniges" oder sogarst "das Dein(ig)e" am Platze wäre. Da mich hier die Entscheidungsfindung i.p. zu belächeln anhob, griff ich maultrotz'g zum " ' " und schritt einfach weiter vornwärts, ohne mich noch einmal umzuschauen. Ganz unheld'sch.
Grüße aus Moniqu's Lyriksalon'g


Quasifinis, ich werde nicht ganz schlau aus Deinem Komm ....

Gibt es Dieses Bild (von der Unterführung die enger wird) wirklich? eher nicht oder! Ist aber bei meiner Erfahrung gar nicht ganz auszuschließen.

... was möchte es mir heißen? Dass es dich gemahnt? Bzw. nicht? Oder aber doch?
Keine Ahnung, ehrlich.
Ich gebe Dir aber gern den Hinweis dass den Kröten eine eher kolleterale Bedeutung zukommt (wogegen diese vermutlich auch nichts einzuwenden haben). Ich legte hier meinen Fokus eher auf das huschende Reh. Wenn auch nur deshalb, um mich bestätigt zu haben, dass Fokusse nicht alles sind.
Verstehst du mein Problem?
Gruß
7miles


Offshore! Last but not least!

Schön, wieder einmal was von dir zu hören, 7miles. Sage ich.

Freude schlägt irritierendes Verb tot, sage ich und füge ein der Höflichkeit geschuldetes, weil eigentlich selbstredendes "Ganz meinerseits" an. (Wie man sieht - ich kann österreichisch). Ja, rar habe ich mich gemacht, auch fremdelnd mit formal breiter angelegten Schaffensplattformen, denn es gibt auch Texte neben KGs, doch diesseits der Lyrik.

Der Spielraum für psychoanalytische Deutungen wurde als ironische Randbemerkung autorenseits 'bemessen', nachdem mich, reichlich spät, nach Vollendung des Textes der Verdacht umschlich, man könne diese Geschichte hernehmen, sich in PA-orientierten Analysen zu suhlen. Allein zu dokumentieren, dass dieses Intentionskorsett nicht zu Grunde lag, merkte ich also an. Nicht etwa als vorauseilende Zensur.

Dein Lob, auch angesichts dosierter neurologischer Illusion, nehme ich dankend entgegen, und die Freude gründet sich eher darauf, dass Du es vermittelt hast, als dass es mich überraschte.(Auch handelt es sich ja nahezu um ein in die Horizontale transformiertes Drama des sich Verstiegenhabens ....)

Deine weiteren Anmerkungen, insbesondere hinsichtlich des Logikschnitzers, werden sich textverändernd einer Bemerkbarmachung nicht entwinden können noch wollen.
Gruß
7miles

Anakreon ... mañana mañana ...

 

Hallo 7miles

Vor knapp sechzig Jahren sah ich einen deutschen Spielfilm, in dessen Handlung es um einen Knaben ging, der an einer Uferböschung in ein Abflussrohr stieg und drin steckenblieb. Das Thema war also schon früher Filmreif, nicht von ungefähr, kommt es doch immer wieder vor, dass Kinder sich aus purer Neugierde zu solch verwegenen Abenteuern verleiten lassen.

Nun, bei Deinem Protagonisten handelt es sich um einen Erwachsenen, dessen Lebenserfahrung und Vernunft ihn vor unüberlegtem Handeln warnen könnte. Es ist auch nicht Neugierde, die ihn antreibt, einzig das Verlangen ohne Umweg auf die andere Seite der Autobahn zu gelangen. Von dem her ist die Handlung linear, keine wesentlichen Ereignisse dazwischen, die der Geschichte eigentliche Spannungen verleihen würden. Dass er hoffnungslos steckenbleibt, ist lediglich ein fatales Ende, das er ziemlich emotionslos auf sich zukommen sieht.

Mit dem ungewöhnlichen, mir jedoch abstrus wirkenden Titel » Mein Ich ist ein Hirngespinst – und Dein's?«, hattest Du mich neugierig gemacht. Entfernt erinnerte er mich an den uralten Psychoanalytiker-Witz: »Dir geht es gut. Wie geht es mir?« Anhand dessen schloss ich daraus, dass Du selbst die Handlung als »psychologisch« durchsetzt verstanden haben möchtest. Dazu bietet sich im Stoff jedoch denkbar wenig an. Vordergründig könnte man seine leichtfertiges handeln mit dem von Risikosportlern vergleichen, die in mehr oder weniger widersinnigem Tun einen Kick suchen. Oder, es sei denn, der Titel sollte sich auf den Autor oder Erzähler beziehen, was wiederum wenig Sinn birgt vor dem Hintergrund des Erzähltem. Da die direkte Anrede darin zugleich an den Leser gerichtet ist, etwas, dass man in der Unterhaltungsliteratur unterlassen sollte, macht ihn völlig unpassend zum gebotenen Inhalt.

Raum für psychoanalytische Interpretationen: > <

Der Protagonist gibt hierzu keinen Anlass, offenbart keine grossen Empfindungen und Gedankengänge, die sein Handeln anhand psychodiagnostischer Methoden zu deuten einladen. Mit der einfachen Schlussfolgerung, sein Tun war höchst naiv, ist ein Urteil des Lesers schon richtig.
Dein Nachtrag liess mir jedoch die Vermutung aufkommen, Du hättest bei der Abfassung eine Fülle von Gedanken gehabt, die in der Geschichte allerdings keinen Einzug hielten. So geben Kröten leicht die Assoziation zu etwas Glitschigem, Feuchtem. Im Zusammenhang, dass der Protagonist in die Röhre vordringt, werden solche Fantasien laienpsychologisch nur allzu gern mit der Vagina verbunden. Nur wenn Dir eine solche Deutung von Wichtigkeit wäre, warum bringst Du sie nicht mehrdeutiger umschrieben ein?

Ich hatte die Geschichte letzte Nacht gelesen und mir dessen Gehalt setzen lassen. Rückblickend sehe ich zu dieser Geschichte zwei mögliche Lesarten. Das Erste wäre die Version einer unüberlegten Handlung, welche als Unglücksfall ein jähes Ende findet. Das andere wäre eine unbewusst infantile Regung des Protagonisten, die ihn leitet und deren Drang er nachgibt. Für beide Versionen ist die Ausarbeitung als Geschichte mir jedoch etwas dürftig, der Protagonist bleibt eine wesenslose Figur, der Leser muss selbst zu viel Fantasie einbringen, um es zu beleben. Hier solltest Du nochmals ansetzen, gib ihm Konturen und lass den Leser seine Gedanken und Gefühle miterleben. Da er immerhin den Begriff Dehydration kennt, eine Ahnung haben muss, was ihm bevorsteht, muss es für ihn mehr als ein Gedanke sein. Wenn er Angst vor dem Tod hat, muss es fühlbar werden. Es dauert doch immerhin einige Tage, bis er das Bewusstsein verlieren wird und alsbald dann das zeitliche segnen kann.

Wenige werden es auf den Grünstreifen schaffen.
Nur die Mutationen.

Es ist schon richtig, dass die Natur das Leben und Sterben über Mutation und Selektion bestimmt. Nur bedeutet Mutation nicht, dass dies einzig die Überlebenden sind, Mutanten waren auch jene, die durch Selektion auf der Strecke blieben. Den letzten Satz solltest Du deshalb noch etwas präzisieren.

Auch wenn es mir eine kritische Auseinandersetzung mit dem von Dir dargelegten Text war, habe ich es von der Idee her nicht ungern gelesen. Nur wirkt es mir unausgereift, es liesse sich aus dem Thema einiges mehr hervorholen und als Geschichte verdichten. Nun vielleicht wagst Du Dich nochmals daran und überlege Dir auch, ein Titel sollte die Geschichte widerspiegeln und nicht vernebeln. ;)

Schöne Grüsse

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo 7miles,
Deine Geschichte erinnert mich etwas an "Salamander" von Masuji Ibuse. Hat aber wahrscheinlich für Dich keine Assoziation mit Deinem Rohrkriecher. Wichtig ist vor allem, dass Dein Protagonist im Rohr nichts isst. Es geht um die Philosophie des Wartens, nachdem man etwas Dummes getan hat. "Warten und Abspecken" oder "Abspecken durch Warten"; erst dann kann er weitergehen. Und nur zurück! Der Hunger auf das Reh muss vergehen.

Nur die Mutationen.
Nur die Mutanten.
Was für Mutanten? Ich verstehe nicht, was Mutanten von Kröten in Deiner Geschichte suchen. Sind die Autos für die Selektion verantwortlich? Wo ist die Verbindung zu dem in der Röhre Steckenden?
Ansonsten sehr gerne gelesen.
Viele Grüsse
Fugu

 

Das huschende Reh steht dann allerdings sehr alleine in seiner Deutbarkeit da. Es ist auch ausdruck von alltäglicher Konfrontation, durch unwillige Konfrontation etwa bei der Kollision mit einem Auto. Ich meinte allerdings nichts weniger als mit "Bild" eine "Wirkliche" Konstellation und Anordnung von Autobahn und Röhre und ob du an dieser, wie ich, das unweit komische des "Kröten-Überganges" festzumachen suchtest. Aber es entbehrt ja auch nicht wenig in seiner Kahlheit: Die todbringende Fahrbahn der komische Durchgang und das vermeintliche Reh alias Kröte. Mich an die deutung heranzumachen wie ich es so einfach beschrieben habe (durch meine Kenntniss der Gegebenheiten) getraue ich mich allerdings nicht, da ich kein Psycholog bin.
Was ich anmerken könnte, das es durch seine absurd und komisch charakterliche Art ein stück weit Humor sein will. Vielleicht den Ernst des Todes als (Un)vermeintlichen lauf der Dinge zu sehen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Ei, ei, ei. Das sind die Art Geschichten, die mich mit ihrer Sprachgewandtheit derartig demotivieren, nein, demontieren, dass ich nicht mal zu träumen wage, ein bisschen ähnlich schreiben zu können, wenn ich groß bin. Ich verschiebe es auf ein kommendes Leben, in diesem wird mir das nicht mehr gelingen, kurz gesagt:
Ich bin geflasht.
Das ist genau der Stil, den ich liebe, um den ich Dich heiß beneide, den ich für mein Leben gerne lese.
So, jetzt hab ich mir den Daumen verbrannt, beim begeisterten Fan-Feuerzeugschwenken.
Gretha

 

Hallo Anakreon,

ich weiß aus z.B. Deinen Kommentaren, Deiner Profilinformation, dass Du ein Freund, sagen wir, klassisch vollführten Kurzgeschichtentums bist, Dir also Texte zusagen, die erst durch Konflikte, Wendungen, Spannungsbögen ecetera als solche eigentliche gelten dürfen. Ganz ohne postmodernen Hochmut bemerke ich dies, doch dieser Umstand macht verstehen, dass eine Geschichte wie diese Dich unzufrieden, sozusagen 'unterversorgt', zurücklassen muss. Denn, richtig, sie bietet keine solche Struktur, weder erfährt man etwas vom “Warum” des Hinüberwollens, noch wird irgendeine Innenschau des Röhrenstecklings offeriert, der ja nun doch genug Gelegenheit hätte, gedankenreich etwa sein Leben an sich vorbeirauschen zu lassen.
All dies unterbleibt, ganz linear und lakonisch gerät der Protagonist da in sein Ausweg-Los, Opfer eines, wie hätte er's denn auch ahnen können, sich konisch verjüngenden Tunnels. Die Ironie des Schicksals, in einem Sekundärbauwerk röhrenstiftender Krötenfreunde zu verrecken.
Und dann sträufelt der Autor auch noch pseudo-psychoanalytische Versatzstücke über und in und hinter den Text, hat er sonst nix zu tun?
Nebel?
Das ist so die Frage.
Wie ist die Positionierung dessen, was wir Ich heißen in der vielschichtigen äußeren und inneren Gemengelage des Seins? Und vielleicht in Sonderheit quer zum 'Mainstream'?
Ist ein Kollateral-Ende per se lächerlich?
Ja, da mute ich dem Leser Fantasie nicht nur zu, ich verlange sie ihm sogar ab. So er denn möchte, denn es ist ja nur ein Angebot ohne Gebrauchsanweiung.
Auch wenn's nix für Dich war, freute sich über Deinen Besuch:
7miles


Hallo Fugusan,

Masuji Ibuse - öhm...

Gibt es eine Masuji-Ibuse-Bildungslückenprothese und für wie viel? Zum Glück kenn ich wenigstens Salamander.
Mutanten- und onkel, du weisst doch selbst, Fugusan, dass solche Lebensunformen als Textdekoration fast unumgänglich sind. Sie pimpen den allgemeinen Verzerrungsfaktor des Textes und rückkoppeln auf nicht sofort als Mutation erfassbare Profanitäten (Krötentunnel, Nussfruchtmischung).
Im übrigen ist eine Mutation nur in der Relation zu ihrer Umwelt gegebenfalls als eine solche anzunehmen und – gefühlt: siebtens benötigte ich einen polaren Gegensatz zum „huschenden Reh“, welches so gar keinen Mutationshintergrund verkörpert.
Aber sonst gebe ich dir in Allem recht.
Gruß
7

Quasifinis, Gretha – da stecke ich schon wieder in der Röhre zeitlicher Notdurft … demnächst also, merci.

 

Hallo 7,

funktioniert für mich auf zwei Ebenen, dieser Text. Einmal das Absurde, das vollkommen Enthobene, das Sprachliche, das so lapidar daherkommt, und dann die Drastik, das Realistische. Das ist sehr gut gemacht. Hätte auch keinen Absatz länger sein können/dürfen. Genau so!

Psychoanalyse, ich weiß nicht. Lacan würde wahrscheinlich eine Rückkehr in den Mutterleib postulieren, oder so was, keine Ahnung ... :D

Hat mir gefallen.

Gruss, Jimmy

 

Guten Abend, Quasifinis!

Verzeih' die unpässliche Reaktionszeit; bin grad im Strudel all so mancher, überwiegend müßiger Geschehnisse, die mir dieser Tage den Zeithahn für viruelle Ausflüge zudrehen.

Das huschende Reh steht dann allerdings sehr alleine in seiner Deutbarkeit da.

Da hast du einerseits recht. Es steht am Anfang und dazu noch im Irgendwo. Doch huscht es nicht ohne Bedeutung. Welche könnten gemeint sein? Beweglichkeit, Vorsicht (aus Fluchtinstinkten), immer nah am Ende menetekelt es durch Wald und Flur ... Selbst keine Bedrohung, doch Seismograph einer potentiellen, von etwas Unheimlichen. Sicher steht auch es im Kontrast zur brachialen Betonschneise als solcher.
Nun, deine weiteren Zeilen sind etwas ungeordnet, und ich bin mir nicht sicher, ob ich dich recht verstanden habe. Eines jedoch erscheint mir deutlich: Ein Psycholog brauchst du nicht zu sein, die Geschichte zu verstehen oder nicht zu verstehen - eher, dass eine rein psychoanalytische Betrachtungsweise dieses (wie auch vieler anderer) Textes eine Verarmung bezüglich ihrer Wirkung entfaltet. Ich glaube das wirklich, es ist, als leuchtete man mit Fernlicht in den Nebel (um bekanntlich dann weniger zu sehen).
Es steht alles dort. (Und manches nicht). Löst es etwas aus, wirkt es - dann geschieht, wofür ich (und nicht nur ich) schreibe.

Was ich anmerken könnte, das es durch seine absurd und komisch charakterliche Art ein stück weit Humor sein will. Vielleicht den Ernst des Todes als (Un)vermeintlichen lauf der Dinge zu sehen.

Es ist ja eigentlich eine Versuchsanordnung größter Banalität: Eine Staßenquerung. die Absurdität wird Kenntlich aus den näheren Umständen, auch den unterschiedlichen Dimensonen. Das Ende ist manchmal ein schlechter Witz.
Das Ende ist immer ein schechter Witz.
Gruß
7


Hej Gretha,

deine Zeilen erfreuen mich natürlich. Hoch sogar! Und was die Brandblase am Daumen anlangt, rate ich zum Nuckeln (wie damals) sowie periodischem Pusten. Aber wenn jemand mich mit Neid liest, der sich selbst gleichermaßen bestens im Ausdruck bewährt, ja dann muss es sich wohl um ein echten Qualitätsgroupie handeln. (Also 'die')
Danke für die Schwenkbelichtung
7miles


ja und jimmy ... morgen (hast ja selbst genug zu tun) -

 

Hallo 7miles,

ich habe mir mal ein paar Gedanken zu dem gemacht was du geschrieben hast.

Ein Psycholog brauchst du nicht zu sein, die Geschichte zu verstehen oder nicht zu verstehen - eher, dass eine rein psychoanalytische Betrachtungsweise dieses (wie auch vieler anderer) Textes eine Verarmung bezüglich ihrer Wirkung entfaltet.

Eine Psychologische Betrachtungsweise die den Endeffekt schmälert? Ist das aufgrund der Bedeutungen, die begrenzt sind, hin entstanden? Denn ich sehe für meinen Anteil (den Laien Anteil) die gewaltige Horizontal klaffende Wunde des Kosmos, wie er schier unendliche Ströme an mehr oder minder Qualitativen Krams zusammentragen wird. Komisch das es aus der ferne betrachtet so viel Raum lässt, während man vor der nähe denkt da sollte eigentlich mehr sein.
Oder ist es der Ton der Psychoanalyse? Den, den sie anschlägt und der so einschläfernd ist das sich eine gute Geschichte schnell mal in nicht ganz passender Gesellschaft befindet? Sie soll ja auch zum größten Teil Unterhalten, dann noch Erfreuen, was nichts unbedingt mit Unterhaltung zu tun hat und zu guter Letzt noch ein Stück Ideal sein (mal im ernst, wer würde sich nicht für seine Geschichte verkaufen).
Legst du denn Wert auf eine Psychologische Betrachtung, wenn du sagst, dass sie das Ergebnis ärmer machen kann? Ist nicht eine Deutung, ich sag mal Laienhafter Tunichtgute im kreativen Fall mehr wert? Will sagen im Austausch zwischen Schriftsteller? Ich würde mich auch ein wenig missverstanden fühlen, wenn ich einen Text von mir auf Psychologischen Boden bringen wollte um ihn zu Analysieren. Ich glaube eine ehrliche und wirkliche Meinung eines Gleichgesinnten ist mehr wert als eine Analyse (im Fall der kreativen Meinung).

MfG
Quasifinis

 

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