Mein bester Freund
Ich renne. Der Tod verfolgt mich. Je schneller ich renne, desto schneller kommt der Tod. Einerseits muss ich rennen um rechtzeitig anzukommen und andererseits um nicht gefunden zu werden. Gleich bin ich da. Ein letztes Mal. Ein einziges Mal. Vier Wörter. Dann kann mich der Tod holen.
„Bitte. Nur einmal.“, bete ich stumm.
Das Medikament wirkt und mir tut alles weh. Unwillkürlich fange ich an zu heulen. Nicht, weil ich nicht sterben will. Ganz im Gegenteil. Diese Tränen sind Freudentränen. Dass ich die Chance habe ihm endlich das zu sagen, was ich mich nie getraut habe zu sagen, ist das beste Geschenk, das ich jemals bekommen habe.
Die Wolken fangen ebenfalls an zu weinen. In der Ferne sehe ich den Sportplatz, indem zukünftige Soldaten ihre Ausdauer trainieren. Er muss auch dort sein.
Mein Jonathan.
Mein Herz schlägt schnell. Zu schnell.
„Nicht jetzt.“, flüstere ich so, als ob der Tod es hören könnte.
Noch zehn Meter.
Mein Atem geht flach, meine Waden schmerzen und allmählich bekomme ich Seitenstechen. Ein letztes Mal drehe ich mich um, um nachzusehen, ob mir jemand folgt.
Nein.
Gott sei Dank.
„Zur Hölle mit euch!“, brülle ich in meinen Gedanken meine Familie an.
Ich sehe ihn. Jonathan.
„Jonathan!“
Er bleibt abrupt stehen, dreht sich nach mir um und runzelt die Stirn. Nur noch zwei Meter. Ich stöhne vor Schmerzen, bekomme kaum Luft.
Seine braunen Augen schauen mich besorgt an.
Die anderen, in seinem Team, scheinen mich gar nicht bemerkt zu haben. Er macht einen Schritt auf mich zu. Ich mache meinen Mund auf, um ihm etwas zu sagen, aber es ist zu spät. Meine Zeit ist abgelaufen.
Mein bester Freund ist da.
Der, den ich jede Sekunde sehen wollte. Der, für den ich jeden Tag gebeten habe, dass er mich holt. Wir Menschen nennen ihn den Tod.
Der Tod ist da.
Und er wartet nicht.
Nie.