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Mein bester Freund
Als ich ihn traf, da war ich das erste Mal ohne meine Eltern auf einem großen Fest und die Aufregung entsprechend groß. Bei einer sehr guten Konversation mit meinem zukünftigen besten Freund wurde ich zusehends entspannter. Wir fingen an viel Unsinn zu machen. Doch am Ende des Abends gerieten wir in einen heftigen Streit, wir prügelten uns in aller Öffentlichkeit und er schlug mich tatsächlich bewusstlos. Als Geschenk hinterließ er mir ein geschwollenes Auge.
Als ich am nächsten Tag erwachte, war die Pein sehr groß und als wäre dies nicht genug, strafte mich meine Mutter mit einem Blick, der großes Beschämen auslöste. Ich schwor mir, diesen Kerl nie wieder sehen zu wollen.
Doch es dauerte nicht lange, da traf ich ihn erneut auf einer Party. Mit anfänglichem Misstrauen kamen wir dann doch in ein nettes Gespräch. Er entschuldigte sich und wir hatten erneut eine tolle Unterhaltung. Von da an trafen wir uns immer regelmäßiger. Es war sehr schön, seine aufgeschlossene und selbstbewusste Ader steckte mich völlig an, obwohl ich eigentlich extrem introvertiert bin. Ich traute mich plötzlich Frauen anzusprechen, das wäre alleine undenkbar gewesen.
Nach einiger Zeit, als junger Mann, merkte ich aber auch seine Schattenseiten. In manchen Situationen, wenn wir zu lange abhingen, da übte er einen schlechten Einfluss auf mich aus. Ich wurde sehr aggressiv und respektlos gegenüber anderen. Am nächsten Tag fühlte ich mich umso schlechter. Ich sagte mir, dass ich erst einmal Abstand nehmen müsse.
Nach ein paar Wochen wurde die Sehnsucht nach Spaß und Freude so groß, dass ich zurück zu meinem „Allheilmittel“ fand, meinen besten Freund.
Als erwachsener Mann sahen wir uns fast jeden Tag. Das ging meiner Familie sehr auf den Geist, sie spürten den schlechten Einfluss meines Freundes. Ich erfand immer mehr Ausreden, damit nicht alles auf ihn bezogen werden konnte. Ich sagte etwa, dass ich nur kurz einkaufen ginge. Doch meist kam ich dann völlig kaputt und übel riechend nach Hause. Meine Frau bekam alles mit. Dadurch stieg meine Wut. Meine ganze unterdrückte Wut. Ich fing an handgreiflich zu werden. Letztendlich verließ mich meine Familie und ich war nur noch ganz allein. Ich fühlte mich jetzt wieder so, wie in meiner Kindheit. Einsam.
Ich war aber doch nicht so allein, ich hatte ja noch meinen besten Freund. Wir fingen an zusammen in eine Wohnung zu ziehen und ständig um die Häuser zu ziehen. Die Leute haben uns gemieden. Wir waren eher zwei Außenseiter. Aber wir fühlten uns trotzdem sehr stark. Und am nächsten Morgen, da konnten wir uns direkt wieder sehen und Blödsinn machen. Aber der Spaß kostete langsam auch sehr viel Geld und wir kümmerten uns auch nicht mehr um die Wohnung. Dies war am Ende der Grund, warum wir die Wohnung verloren haben und auf der Straße gelandet sind.
So langsam bekam ich einen latenten Hass auf meinen Kumpel. Ich begriff, dass er Schuld an allem war. Jeden Tag hockten wir zusammen, aber getrennt, kam die Einsamkeit wieder hoch. Ich war in einem Kreislauf gefangen. Ich habe alles verloren.
An einem Tag stritten wir uns so heftig, dass ich in Rage geriet und randalierte. Ich beschimpfte Passanten und habe Stühle geschmissen. Ich traf dabei eine Frau mit Kind. Diese viel zu Boden. Dabei verlor ich selber die Kontrolle und fiel ebenfalls. Ich verlor das Bewusstsein. Die Polizei nahm mich in Gefangenschaft.
Nach langer Zeit war ich wieder ohne meinen Freund in einer Zelle bei der Polizei. Dadurch kam sehr viel Klarheit. Mir wurde bewusst, was ich getan habe; wie tief ich gesunken bin. Die Sehnsucht nach meiner Familie war sehr präsent. Ich wusste, dass das alles meinem besten Freund zu verdanken war. Nun ist mein Freund zu meinem Feind geworden. Ich schwor mir, ihn nie wieder zu sehen. Diesmal wirklich.
Ich machte eine Therapie und bald ging es mir besser. Meine Familie bekam ich leider nicht zurück. Doch bald füllte sich mein Herz mit einem neuen Menschen. Manchmal sah ich ihn noch, z.B. im Supermarkt oder im Restaurant, aber wir ignorierten uns. Es ist nun schon alles lange her, ich möchte mich nicht mal mehr an seinen Namen erinnern. Ich glaube, dieser war Alkohol.