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Mehr Schnee oder was?

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16.03.2013
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Mehr Schnee oder was?

Eigentlich will ich nur zum Edeka. Ich bin fremd in diesem Dorf im idyllischen Schwarzwald. Also stapfe ich durch den Schnee. Schnee ohne Ende. Sie kommen hier mit Baggern und laden das weiße Zeug auf Hänger. Hab sowas noch nie gesehen, komme ja aus sonnigeren Gefilden. Aber wohin damit? Ganz klar, es wird auf riesige Kühlhänger geladen und dann in wärmeren Gegenden wieder auf die Straßen gekippt. Schließlich muss der Winterdienst auch dort was zu tun haben.

Als ich so in Gedanken versunken mir den Weg durch die meterhohen Eismassen bahne, fällt mein Blick auf einen unscheinbaren Laden. Dort steht: „Geschenkideen und mehr“. Verdutzt bleibe ich stehen. Ich überquere die Straße und öffne die Tür. Ein Hauch von Magie durchflutet den Raum und der Duft von tausend und einer Nacht weht mir vom Duftkissenregal entgegen. Mit geöffnetem Mund entdecke ich Artikel um Artikel, von Batiktüchern über Eierbecher zu solchen angemalten Holzlokomotiven, für Kinder von anspruchsvollen Eltern. Lauter Zeugs, das kein Mensch wirklich braucht. Aber ich interessiere mich ja auch nicht dafür. Am Tresen steht ein in Wolle gepackter Mittdreißiger mit Bart.

„Hollöchen, wie kann ich dir helfen?“

„Ja äh, ich hätte gern mehr.“

„Mehr von was?“

„Einfach mehr!“

„Du willst mehr?“

„Steht doch an deinem Fenster…“

„Also gut, folge mir unauffällig!“

Wir gehen durch eine Tür hinter der Theke, die mit Holzketten verhangen ist. In dem Raum ist es düster und stickig. Wir nehmen Platz an einem Schreibtisch in der Ecke. Ein Wackelkopf-Yoda grinst mich an.

„Also, wieviel brauchst du?“

„Na ja, ich denke so an richtig viel.“

„Richtig viel mehr, Ok!“ Er notiert es sich. „Von was?“

„Kopfschmerzen und Schulden hab ich genug. Auch unnötige Gedanken und schlechte Laune. Ich dachte eher an so was wie Lust und Liebe? Zufriedenheit. In Frieden leben. Ein bisschen mehr Kohle und dann pack noch ne Kelle Leben drauf!“

Er rechnet und rechnet. Der Bleistift glüht. Macht mich irgendwie nervös, denn ich denke mir, es wird mit jedem Komma teurer für mich werden. Dann legt er den Stift hin, reißt den Zettel vom Block und schaut mich mit erhobenen Brauen an.

„Das mit der Kohle wird richtig teuer, das kann ich dir gleich sagen.“

„Streichen!“

„Dann macht’s Dreifuchzig. Brauchst du ne Tüte?“

„Yo!“

Ich gebe ihm das Geld und er packt alles ein. Wir reden noch über den Schnee und verabschieden uns.

Als ich den Laden verlasse, hält so ein Minischneepflug für Gehsteige auf mich zu. Ich versuche auszuweichen aber er gibt Gas! Im letzten Moment kann ich auf die Straße hechten. Leider hat es die Tüte nicht geschafft. Ich sehe zu, wie der Inhalt vom Fahrzeug zermalmt wird. Ich drohe dem Fahrer noch mit der Faust, aber es nützt nichts, die Dreifuchzig hätte ich mir sparen können! Beleidigt und fluchend mach ich mich weiter auf den Weg zum Edeka. Ja, und Kopfschmerzen hab ich jetzt auch.

 

Hallo Cypernator,

herzlich willkommen auf kurzgeschichten.de!

Hm...dein Einstand lässt mich etwas enttäuscht zurück.

Es fängt schon damit an, dass ich am Ende der Geschichte denke, dass der Titel mit dem Schnee ansich gar nichts mit der Geschichte zu tun hat. Der eigentliche Kern ist ja der Besuch in dem Laden. Ob es da nun Schnee liegt oder nicht, ist ja nicht die Hauptsache für die Story.
Das erlebe ich somit als unwuchtig.

Und dann, über Humorempfinden kann man nicht streiten, gefällt mir die Art Humor leider nicht. Es erinnerte mich an diese Witze mit dem Pferd, das in die Bar kommt und ein Bier verlangt. Für manche sind diese Sachverhalte aus einer skurillen phantastischen Welt witzig, für mich eher bemüht witzig, also unlustig. Jedoch ist das Geschmacksache.

Dein Schreibstil ist jedoch gar nicht mal schlecht.


Lieben Gruß

lakita

 

Vielen Dank für euere Kritiken!

Vielleicht klappt's ja beim nächsten Mal!

Libe Grüße,
Cybernator

 

Hi Cybernator,

mir hat der Text ziemlich gut gefallen. Ist jetzt nicht die Revolution des Humors, aber ich musste grinsen und damit hat er für mich funktioniert. Absurde Dialoge mag ich generell gerne. Dazu angenehm kurz und ohne unnötigen Ballast.

Ich finde auch nicht, dass der Anfang mit dem Schnee überflüssig ist. Er spiegelt den Titel wider und leitet zudem das Ende ein. Klar, der Dialog hätte auch genau so gut in einer sonnigen Touristikhochburg irgendwo in der ostholsteinischen Schweiz stattfinden können, aber das Drumherum gibt ihm einen schicken Rahmen. Und das "Verschiffen" der Schneemassen in wärmere Gefilde fand ich witzig.

Was hat denn der erste Satz ganz oben ("mehr von was") für eine Bedeutung? Der gehört da doch nicht hin, oder? Liest sich, als wäre das mal der Titel gewesen, den du aus Versehen mit rein kopiert hast ;)

 

Hallo Cybernator!
Kurze Story - kurze Kritik.
Ziemlich lapidar hingerotzt, was mir sehr gut gefällt. Die Grundidee ist nicht übel, Schnee hin - oder her. Der Dialog ("ein bisschen mehr Kohle und dann pack noch ne Kelle Leben drauf...") hat was, ebenso die Sache mit der Tüte (...die Dreifuchzig hätte ich mir sparen können...). Wirklich witzig. Vielleicht solltest du aus den Eismassen aber Schneemassen machen, denn man kann sich nur schwer vorstellen, daß dein Protagonist mit Spitzhacke oder Preßlufthammer unterwegs ist. Ich hab's gerne gelesen. Mehr davon.

 

Lieber gnoebel, lieber harrytherobot!

Vielen Dank für eure Anerekennung.
Es ist nun einmal so geschehen, dass ich zu jener Zeit in dem idyllischen Dörfchen mit dem vielen, vielen Schnee mich aufhielt und den Laden entdeckte. Sogar dieser Minischneepflug raste auf mich zu.

Aber Ich habe mich dann doch nicht getraut, in den Laden zu gehen.

 

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