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Meerblick

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23.12.2003
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Meerblick

Meerblick

Sie war schon da. Natürlich war sie das. Wenn sie etwas nicht mochte, war es Unpünktlichkeit, sowohl bei anderen, als auch bei sich.
Natürlich gab es auch eine Ausnahme, so wie es fast überall Ausnahmen gibt.
Diese Ausnahme war er.
Er setzte sich neben sie auf die Decke. Sie sah ihn nicht an, als er Platz nahm und er entschuldigte sich auch nicht für sein Zuspätkommen.
"Hey", sagte er, während er ihr freundschaftlich in die Seite boxte.
Ihr Blick war immer noch starr auf das Meer gerichtet. Das Wellenspiel faszinierte sie. Ebenso die Ruhe, die die See ausstrahlen konnte. Sie liebte ganz einfach die Launen, das Unberechenbare.
Für solche Gedanken hatte sie jetzt jedoch keine Zeit. Sie war hier, um mit ihm zu reden.
Nervös spielte sie an einem der Fransen der Decke, die sie über den feinen weißen Sand gelegt hatte.
"Weißt du was komisch ist?", fragte er und versuchte dabei Blickkontakt zu ihr aufzunehmen.
Sie schüttelte stumm den Kopf.
"Ich liebe das Meer. Den Ausblick, den Geruch, das Gefühl auf der Haut, aber ich habe tierische Angst vor Wasser."
"Wir müssen darüber reden, was passiert ist." Sie tat, als hätte sie ihn gar nicht gehört. Er zuckte mit einem verunglücktem Lächeln die Schultern. Sie war schon immer die Vernünftige gewesen. Vielleicht bedeutete sie ihm gerade deshalb soviel.
Ihre Haare, die sie nicht zusammen gebunden hatte, wehten im Wind, aber das störte sie nicht. Vorsichtig griff er mit seinen Fingern nach einer widerspenstigen Strähne und ließ sie durch seine Finger gleiten. Sie tat nichts dagegen, außer starr aufs Meer zu blicken.
"Dann sieh mich an", flüsterte er.
Sie wusste, dass es wieder passieren würde, als sie ihren Kopf langsam zu ihm drehte.
Die Haarsträhne, die seiner Hand spielerisch entwischt war, forderte ihn erneut heraus.
Sie tanzte vor ihren dunklen Augen und wartete darauf, gejagt zu werden.
Er nahm die Herausforderung an. Langsam erhob er seine Hand, berührte ihre Wange.
Er strich die Strähne zur Seite, hinter ihr Ohr. Er hatte den Kampf gewonnen und seine Fingerspitzen triumphierten bei dem Siegeszug an ihrem Ohr entlang hinunter zum Hals.
Sie wusste, dass es wieder passieren würde.
Sie sah ihn an, so wie er es wollte, als seine Hand ihren Weg fortsetzte. Langsam, ganz langsam strich sie hinab vom Hals zu ihrer Schulter. Auf halbem Wege legte sie eine Ruhepause ein und genoss das Gefühl ihrer samtweichen Haut.
Dann zog sie die Träger des schwarzen Tops, welches sie trug, mit sich und ließ es über die Schulter fallen.
Er küsste sie auf den Hals, nachdem seine Hände das störende Stück Stoff beseitigt hatten.
Seine Lippen fühlten ihren Herzschlag, der deutlich mehr ihrer Emotionen verriet, als sie es mit ihrer Körperhaltung vermittelte. Er lächelte. Seine Hände umspielten ihre nun nackten Brüste mit federleichten Berührungen. Er sah, dass es ihr gefiel und er wusste, was ihr noch gefallen würde.
Ein letztes Mal sah er in ihre Augen, suchte ihren Blick, ein klares "Nein", was er nicht fand.
Seine Lippen lösten die Hände ab, die nun auf ihrem Bauch ruhten. Seine Finger neckten ihren lachenden Bauchnabel. Er hatte Zeit. Er würde sein Spiel gewinnen.
Die Wellen kamen und gingen, um das ungleiche Paar zu beobachten. Sonst sah sie niemand.

Sie wachte einige Stunden später auf, weil Kälte alles war, was sie umgab.
Er liebte die Frauen. Den Anblick, den Geruch, das Gefühl von nackter Haut auf seiner, aber er hatte tierische Angst vor der Liebe.
Sie hatte gewusst, dass es wieder passieren würde. Sie mussten darüber reden.
Doch bis es soweit war, blieb ihr nur der starre Blick aufs Meer.

 

Hi kleineNacht,

eine schöne Geschichte, sie ist dicht und flüssig geschrieben und auch der Schluss gefällt mir mit der Rückführung auf Angst und Furcht. Ich habe nichts zu meckern.

Vita

 

Schön....
Dass ich mehr will liegt wahrscheinlich nur an dem schönen Stil. Man meint das Meer richen und den Wind spüren zu können, obwohl du nicht zu viele Wörter darüber verlierst.

 

Hallo ihr Zwei,
vielen Dank für das nette Feedback. :D

Schönes Wochenende
kleine Nacht

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo kleineNacht,

Ich bin etws unentschlossen zu deiner Geschichte. Einerseits ist sie schön geschrieben, andererseits ärgert mich, dass sie ihm die Grenzen nicht steckt. Es ist allerdings nicht so, dass ich über die Gründe nach deiner Geschichte keine Vorstellung hätte, insofern erzählst du genug.
Warum sie sich aber nur durch die Hand in ihren Haaren gleich wieder von ihrem Ziel abbringen lässt, kann ich nur in ihrer Schwäche sehen. Von dem Charisma, das er für sie haben muss, kommt bei mir wenig an. Vielleicht ist es das, was mich etwas unbefriedigt lässt.
Einge rein technische Anmerkungen habe ich auch noch.

Ihre Haare, die sie nicht zusammen gebunden hatte, wehten im Wind, aber das störte sie nicht.
Daraus, dass die Haare im Wind wehen geht schon hervor, dass sie nicht zusammengebunden sind. Wichtig wäre der Zusatz nur, wenn sie die Haare sonst immer zusammenbindet. Im übrigen frage ich mich, warum du nicht einfach offene Haare schreibst. ;)
Auf halbem Wege legte sie eine Ruhepause ein und genoss das Gefühl ihrer samtweichen Haut.
Die Hand kann das Gefühl der Haut nicht genießen, nur wie sich die Haut anfühlt. Das Gefühl ist etwas, was dem Gefühlsinhaber gehört, also in diesem Falle der Haut.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo, kleinNacht!

Die Geschichte gefällt mir - sehr sogar. Ich sehe die beiden förmlich vor mir, wie sie da auf der Decke an der Brandung sitzen. Beinahe komme ich mir als Leser vor wie ein Voyeur.
Sprachlich sehr fundiert, wenn man von den Kleinigkeiten absieht, die sim bemängelt, liest sich das Ganze sehr flüssig. Inhaltlich ist es ebenfalls stimmig und ohne logische Lücken, wie gesagt: ich kam mir förmlich vor, als würde ich die beiden beobachten.
Mehr von solchen Geschichten bitte! :)
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende

Herr Biedermann

 

Hallo sim,
danke für die Anmerkungen.
Sie lässt sich nicht durch die Hand in ihren Haaren von ihrem Ziel abbringen, sondern durch ihn im allgemeinen. Es ist eine Sache der Zeit, umso länger er bei ihr ist, desto "schwächer" wird sie.
Fehler 1 ist verbessert ... aber das mit den Haaren werde ich so stehenlassen, denn der Ausdruck "offene Haare" hat mir noch nie so ganz in den Kram gepasst. ;)
Bei dem Satz mit der Haut war ich mir beim Schreiben schon nich sicher, aber ich habs dann doch gelassen, wie heißt der denn richtig? g

Und ihnen danke ich auch noch, Herr Biedermann - sowas hört man doch gern. ;)

Bis dann
kleine Nacht

 

Hallo kleineNacht,

verzeih bitte, das ich mich jetzt erst wieder melde. Ich hatte es ehrlich gesagt vergessen.

Den Satz mit der Haut kannst du leider nicht mal so eben ändern. Du könntest ihn ganz umstellen (genoss, wie ihre samtweiche Haut sich anfühlte), oder das Wort Gefühl durch ein anderes ersetzen, vielleicht, die Wärme ihrer Haut. Zweiteres ist aber zu abgegriffen. ;)

Lieben Gruß, sim

 

Schön. Richtig schön. Wie du ihre stille Resignation vermittelst, dass sie diesem Mann keinen Widerstand entgegensetzen kann. Mir gefällt auch, dass du den männlichen Part nicht als gewissenlosen Ladykiller zeichnest, sondern seine Bindungsangst und Scheu vor Festlegung andeutest. Und auch gerade dieses Andeuten ist schön; jedes tiefergehende Psychologisieren hätte der Geschichte die Atmosphäre genommen.

Großes Kompliment!

 

Hello kleineNacht,

eine sehr schöne Geschichte, die ich meinte nachfühlen zu können...
Gut beschrieben, wie sie sich trotz vernünftiger Gedanken nicht wehren kann - Gefühle kann niemand wählen oder beliebig abschalten. Manchmal will man jemanden, den man besser nicht wollen sollte ;-)

Ob es weiblicher Launenhaftigket zuzurechnen ist, wenn sie einerseits Unpünktlichkeit nicht mag, andererseits jedoch Launen und das Unberechenbare liebt? ;-)

Viele Grüsse vom gox

 

Hallo kleineNacht

Mir hat die Geschichte gefallen. Dass Deine Prot schwach ist, kann einen ärgern, aber ich bin sicher, dass dies oft so ist. Du beschreibst gut ihren Konflikt, ihren Hang, Dinge zu klären, während ihn das überhaupt nicht schert. Hier gibt es auch die Parallele zur Pünktlichkeit. Der Satz, dass sie wusste, dass es wieder passieren würde, geht wie ein roter Faden durch die Geschichte. Am Schluss bleibt man etwas ratlos zurück. Ihr bleibt nur der starre Blick aufs Meer. Heißt das, sie wird es nie schaffen, nicht mehr wagen, um ihn nicht zu ärgern, oder es immer wieder versuchen, aber wahrscheinlich nie schaffen? Wie wichtig ist ihr, darüber zu reden? Wie hoch ist da ihr Leidensdruck? Ok, aber das lässt Du offen und das könnte reichen, aber Du könntest da vielleicht auch mehr draus machen.

Grüße, franck

 

Hallo Chica, gox und franck,

vielen Dank auch euch für das Feedback.

@gox:

Manchmal will man jemanden, den man besser nicht wollen sollte ;-)
Genau das ist das Problem ... grins

@franck:

Ihr bleibt nur der starre Blick aufs Meer. Heißt das, sie wird es nie schaffen, nicht mehr wagen, um ihn nicht zu ärgern, oder es immer wieder versuchen, aber wahrscheinlich nie schaffen? Wie wichtig ist ihr, darüber zu reden? Wie hoch ist da ihr Leidensdruck?
HIerzu habe ich natürlich ganz klare Ideen im Kopf, weswegen ich sie so habe handeln (bzw. nicht handeln) lassen, aber du hast ja schon erwähnt dass ich diese Fragen offen lasse, und das ist natürlich Absicht.
Denn jegliche Erklärung würde meiner Meinung nach dem Leser die Fantasie nehmen. Deshalb wird die Dame auch nur kurz skizziert.
Denn ich habe da eher so wie Chica gedacht:
... jedes tiefergehende Psychologisieren hätte der Geschichte die Atmosphäre genommen.
Liebe Grüße
kleine Nacht

 

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