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Meckern über die Sprache in "richtigen" Romanen

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Meckern über die Sprache in "richtigen" Romanen

Es gibt einen recht aufschlussreichen Artikel im Spiegel, der selbst gestandenen Autoren in hoch gelobten Werken zahlreiche sprachliche Verfehlungen nachweist:

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,379946,00.html

Ein paar Dinge darin finde ich etwas übertrieben, wenn nicht gar polemisch, jedenfalls scheinen sie mir Ausdruck eines gewissen Ärgers des Schreibers des Aufsatzes zu sein - andere, wie falsche Zeiten und schiefe Bilder, sind mir auch schon oft aufgefallen.

Was meint ihr dazu?

Welcher Anteil eurer Schreibzeit verwendet ihr auf Feilen und Formulieren? 75%, wie Fontane?

 

75% :susp: Nö. Ich poste die Dinger hier und lasse Euch die Drecksarbeit machen ;) Nein, war nur Spaß! Für die wirklich groben Schnitzer (wie Wortwiederholungen und krumme Metaphern) reicht ja meist ein zusätzliches Durchlesen. Also komme ich auf etwa 10-20% zum Geraderücken des Textes.

Schlecht lektorierte Bücher gibt es dann und wann. Besonders ärgerlich sind natürlich Rechtschreibfehler, weil die den Lesefluss doch massiv stören. Das ist zum Glück selten, aber es gibt immer mal wieder welche. Stilistische Fehler fallen mir verstärkt auf, seit ich selbst schreibe, früher habe ich die einfach nicht wahrgenommen. Insofern ist das wohl alles halb so wild.

 

In Prozent kann ich es schlecht ausdrücken, aber ich brauche - je nachdem wie lange die Geschichte ist - fast genauso lang zum Korrigieren, Feilen, Nachbessern wie zum eigentlichen Schreiben.

 

Ich feile schon während des Schreibens. Das macht das Schreiben allerdings ziemlich zähflüssig. Manchmal schreibe ich einen Satz hin, lösche ihn, formuliere ihn anders, das dann etwa sieben oder acht Mal bis ich mich dem nächsten Satz widme. :dozey: Vielleicht bekomme ich deswegen nur so wenige Geschichten hin?

Das gilt natürlich nicht für jeden Satz. Manchmal schaffe ich es auch, einen Absatz in einem Rutsch runterzuschreiben. Aber an einigen Stellen (und ganz besonders im ersten Absatz, bis ich in den Schreibfluss komme), habe ich oben geschildertes Szenario. Wenn die Geschichte dann fertig ist, lese ich sie noch einmal langsam und aufmerksam durch, verbessere eventuell zwei, drei Kleinigkeiten, dann wird gepostet.

Ich kann also nicht sagen, wie viel Anteil das Feilen ausmacht, weil es bei mir Teil des Schreibprozesses selbst ist. Vielleicht nicht die beste Variante, aber ich kann's nur so. :shy:

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich brauche im Schnitt wohl etwa 75% für Fehler und Formulierungsänderungen. Ich finde es angenehm, wenn ich feststelle, dass eine eben noch dürftige Formulierung mit ein wenig Nachdenken viel ausdrucksstärker wird.
Was die Qualität mancher, vor allem neuerer Bücher angeht, kann ich dem Spiegel-Autor nur zustimmen. Zu allem Übel fallen mir Fehler jeglicher Art ins Auge. Mein Toleranzgrenze ist also eher gering. Vor ein paar Tagen war ich in einer Buchhandlung und bin nach kurzer Zeit von den aktuellen Büchern zu den "Klassikern" gewechselt. Die sind zwar sprachlich manchmal etwas staubig, aber oft (fast) fehlerfrei.

 

Ich korrigiere und überarbeite sehr lange. Neine neue Geschichte ist seit Tagen "fertig", aber ich bin immer noch dabei, Stolpersteine zu entfernen, Unsauberkeiten zu bereinigen und Fehler auszubügeln. Aber trotzdem wird man immer wieder ne Menge Fehler übersehen. Betriebsblindheit halt... :D

 

Der Artikel macht mir Angst.

Welcher Anteil eurer Schreibzeit verwendet ihr auf Feilen und Formulieren?
Wenn man es genau nimmt, mache ich während des Schreibens eigentlich nichts anderes außer Formulieren und Feilen. Manchmal bohre ich noch kurz in der Nase oder esse einen Schokoriegel, aber das zählt eigentlich nicht.
Was die Nachbearbeitung angeht, da lautet die Antwort: "Soviel wie nötig". Manchmal überarbeite ich einen Text wochenlang, manchmal klopp ich sowas auch in eins runter und kann selbst beim siebten Korrekturlesen nicht den Hauch einer Verbesserungswürdigkeit erkennen. Der Mittelwert liegt, wie immer, irgendwo dazwischen. Wichtig ist mir, daß ich selbst mit dem Text zufrieden bin - dann ist er perfekt.

 

Hach gnoebel, das erleichtert mich jetzt. Ich bin bzw. sehe das also doch nicht so "anormal" wie ich befürchtet hatte. :) :) :)

P.S.: Oder wir sind beide anormal. :D

 

Während des Schreibens überarbeite ich natürlich auch schon. Ich kann nie etwas in einem Rutsch runtereiben und erstmal einfach alles so stehen lassen, sondern muss sofort korrigieren und feilen. Manche Fehler oder Unstimmigkeiten fallen einem aber erst wirklich auf, wenn man die komplette Geschichte vor sich hat.

 

Also mir geht es wie katzano und gnoebel. Ich feile an nahezu jedem Satz, bis er perfekt sitzt. So kann man schon sagen, dass die Feilarbeit bei mir weitaus mehr als 75% der Zeit in Anspruch nimmt.

Leider schreibe ich nie in einem Rutsch, sondern unterbreche immer mal wieder, um auf der Website ein kleines Posting reinzuschieben, und dann verschiebe ich das Weiterschreiben auf morgen, weil ich gern ausführlich kritisieren möchte ... Vielleicht spiele ich auch eine Weile am PC ... Oder stelle fest, dass ich zwischendurch noch ein paar Besorgungen machen muss ... :dozey:

Ich glaube, ich sollte mal ein wenig disziplinierter werden ... :hmm:

 

Der Artikel spricht indirekt genau das an, was mich an vielen modernen Büchern generell stört - ich habe bei der Lektüre aktueller Bücher nahezu immer den Eindruck, daß der Autor kein Verhältnis zur Sprache hat, das der Sprache gerecht wird, d.h., daß Sprache nicht mehr als Kunst an sich begriffen wird, sondern bloß noch als Mittel zur Kunst, als Mittel zum Zweck. Sprache scheint oftmals nur der Pinsel zu sein, nicht das Bild. Oder besser: Nur die Farbe auf der Palette, nur notwendiger Bestandteil des entstehenden Gemäldes.
Liest man ältere Literatur (oder umfassender gesagt, die Art von Literatur, die i.d.R. im Germanistik-Studium vermittelt wird), hat man viel eher den Eindruck, daß der Künstler Ehrfurcht vor der Sprache hat, daß er sie als Kunstwerk sieht, mit dem er behutsam umgehen muß, um den Eindruck nicht zu zerstören. Ein tolles Beispiel dafür ist Hesse, besonders die Märchen (die im übrigen auch für kg.de sehr relevant sind). Gegenbeispiele sind etwa Clancy, Grisham oder Dan Brown, um einige Bestseller-Autoren zu nennen, deren Bücher ich teilweise kenne. Diese sind handwerklich in Ordnung, aber die Sprache ist stinklangweilig. Sie berührt einen nicht, man nimmt sie noch nicht einmal wahr. Es ist nur Handlung. Hesse hingegen weiß inhaltliche Klasse mit sprachlicher Raffinesse zu verbinden. Und ebenso zahlreiche andere Klassiker von Goethe bis Mann.

Natürlich gilt das nicht für alle modernen Autoren, aber doch für einen sehr großen Teil - vor allem für die angelsächsichen Bestseller-Fabrikanten und deren unzählige Nachahmer.

Die Aussagen bekannter Autoren, die im Artikel zitiert werden, zeigen deutlich, wo der Unterschied liegt: Schreibe ich, die Handlung im Blick, alles in einem Rutsch runter oder überlege ich mir bei jedem Wort, wie es klingt, wie es paßt, wie es wirkt, wie es in die Satzmelodie paßt, welche Gefühle es auslöst, usw. (beides überspitzt formuliert)? In ersterem Falle kommt ein flüssig zu lesendes, spannendes Buch heraus, dem aber jedwede Poesie fehlt. Und das ist für mich der Anfang vom Ende - das öffnet stilistischen Mängeln Tür und Tor. Sicher, ein guter Autor-Handwerker kann solche Fehler und Schwächen trotzdem vermeiden, aber der potentiellen Fehler gibt es viele, der guten Autoren nur wenige. Wenn es sich im Literaturgeschäft einbürgert, die Sprache als sekundär zu behandeln - und das ist meiner Einsicht nach schon längst der Fall -, dann können einen doch solche Entwicklungen wie im Spiegel-Artikel angesprochen nicht wundern.

Ich für meinen Teil verwende jedenfalls locker 75% der Schreibzeit auf das Nachdenken und höchstens 25% auf das Schreiben. Meine ersten Geschichten - so man sie denn überhaupt so nennen will - waren nach umgekehrtem Verhältnis geschrieben - und sind dementsprechend schlecht.
Flüssiges Schreiben ist mir suspekt. :)

 

Zur Verteidigung der degradierten Bücher/Autoren sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Spiegel.de (stellvertretend für viele ähnliche Seiten) selbst nicht gerade durch besonders starke Formulierungen und wenige Fehler beeindruckt. Ein typisches Beispiel von heute, mit eigenartigen Formulierungen und grob fahrlässigen Fehlern:

In der EU verbuchte Coca-Cola im Juli-September-Abschnitt nur einen Absatzzuwachs von einem Prozent. Dabei entwickelten sich Spanien und Zentraleuropa gut, während es in Nordwesteuropa und Deutschland Rückschläge gab. hatte.
:confused:
[Artikel ]

 

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