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Max, Anna und das A-Team
Max, der nicht nur mein Mitbewohner war, sondern den ich auch zu meinen besten Freunde zählen durfte, hatte die manchmal unglaublich nervende Fähigkeit, in absolut unpassenden Momenten, ebenso unpassende Dinge zu sagen oder zu tun.
Letztes Wochenende zum Beispiel, waren wir bei Jasmins Einweihungsfeier eingeladen. Eine Wohnung voller schöner, neuer, super trendiger Möbel, die ihr Vater ihr geschenkt hatte (weil der schon immer unglaublich in seine kleine Prinzessin vernarrt gewesen und Jasmin schon immer unglaublich geschickt darin war dies auch auszunutzen). Neben Max und mir, die als Ex-Freunde und Überbleibsel einer beinahe vergessenen Schulvergangenheit kommen durften, waren eine Menge ihrer schönen, neuen und super trendigen BWL-Kommilitonen da, die auch hervorragend zu den Möbeln passten, wie Max treffend bemerkte, als er die zwei Absolut Vodka Flaschen und die mitgebrachten Oliven auf dem Tisch gesehen hatte.
Wie bei Jasmins Fähigkeit zur exakten Planung und Vorbereitung (schließlich war sie nicht ohne Grund in allen wichtigen Abiausschüssen gewesen...) nicht anders zu erwarten gewesen war, war das ganze ein voller Erfolg. Man bewunderte gegenseitig die Wohnung, die Möbel und Jasmin, um sich dann in Glückwünschen darüber zu ergehen, wie geschmackvoll man selber angezogen war und Jasmin die Zimmer doch eingerichtet hatte. Dreiviertel dieser Beglückwünscher kannte ich nicht und von den anderen wusste ich, dass sie es nicht so meinten, zumindest nicht, was Jasmins Zimmereinrichtung betraf.
Max, den weder Wohnung und Möbel noch Jasmin sonderlich interessierten, hatte sich zielstrebig daran gemacht den gesamten Alkoholvorrat zu dezimieren. Darin war er gut. Eigentlich sogar der Beste. Nach etwa zwei Stunden hatte er beinahe einen ganzen Kasten Astra geleert, zweimal von Jasmins selbstgemachten Chilli gegessen, ein ganzes Baguette mit Kräuterfüllung vernichtet und mehrere Kurze in sich hinein geschüttet. An seinem breiten Grinsen konnte man erkennen, dass er sich auf dieser Party sehr wohl füllte.
Das tat ich auch, wenn auch aus anderem Grund. Ich lag in einer Ecke des Wohnzimmers in einem Diwan und auf einem Mädchen. Anna aus der Lüneburger Heide, Kunststudentin im ersten Semester, Single und nebenbei seit drei Wochen Jasmins Mitbewohnerin. Mädchen aus der Lüneburger Heide hatten sanfte Lippen und konnten gut küssen, stellte ich fest und alles lief wirklich hervorragend. Nach einem sehr, sehr kurzen Gespräch über Kunstrichtungen hatten sich meine Finger gerade aufgemacht paradiesische Gebiete der Postmoderne zu erforschen, als Max aus der Küche kam.
„Sag mal, Alex. Warum gab es auf dem C64 eigentlich kein Spiel über das A-Team?“ Die tiefen Sorgenfalten auf seiner ohnehin schon langsam kahler werdenden Stirn, verrieten, dass er sich tatsächlich ernsthaft mit dieser Frage beschäftigte.
„Was?“, gab ich irritiert zurück und zog meine Hand in hektischer Flucht wieder aus dem Garten Eden ab.
„Naja, das A-Team war doch ne coole Serie. B.A., Murdoch und so.“
„Max. Hau ab!“, sagte ich mit einigem Nachdruck und versuchte gefährlich mit den Augen zu blitzen. Was Max allerdings wohl nicht begriff. Anna schaute unterdessen verständnislos zwischen ihm und mir hin und her. Es war ihr erster Kontakt mit Max.
„Miami Vice hat eins, Airwolf auch, Knight Rider, glaub ich auch, sogar das dämlich Glücksrad hatten nen Spiel und die Show war wirklich bescheuert. Nur kein A-Team Spiel. Dabei waren das doch die wirklich coolen Typen.“
Ich seufzte und spürte, wie sich Annas Körper meinen Händen entwand. „Du, vielleicht geh ich mal kurz. Zur Toilette, oder so“, sagte sie mit einem leicht gereizten Unterton. „Scheint ja wichtig zu sein.“
Ich verdrehte die Augen und zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Das ist halt Max.“
„Ach ja, hallo. Ich bin Max“, sagte Max und wollte Anna, die er erst jetzt zu bemerken schien, umarmen. Doch Anna war von diesem Ausbruch spontaner Freundlichkeit nicht sonderlich begeistert und wich aus. Was sie allerdings hätte sein lassen sollen. Max stolperte und fiel ihr in die Arme, direkt an ihren Busen (was eigentlich mein Platz hätte sein sollen). Arme Anna. Glücklicher Max.
Sie stieß ihn weg. „Ich geh mal kurz in die Küche“, sagte sie.
Ich sagte nichts.
„Du bist ein Arsch“, sagte ich zu Max, als Anna weg war.
„Was denn“, fragte er und ich war mir nicht sicher, ob er es tatsächlich nicht verstanden hatte. Im Hintergrund hörte man gerade das Oleander Cover von Boys Don´t Cry. „I would tell you, that I loved you, if I thought that you would stay. But I know that it´s no use. That you you´ve already gone away.“
„Du bist ein ganz dummes Arsch“, brüllte ich ihn an.
„Wieso das denn? Das war doch ne ganz üble Schickse. Sei mal froh.“
„Sie hatte große Titten und ich hätte mit ihr schlafen können.“
Max schaute mich mit großen Augen und einem Dackelblick an. „Ich hol sie zurück und entschuldige mich. Sag, dass Du eigentlich echt voll der Supertyp bist, verständnisvoll und so. Ok?“, sagte er mit lächerlich übertriebener Betroffenheit.
Ich musste lachen. „Komm, lass uns noch was trinken.“
Wir tranken noch eine halbe Flasche Tequilla, danach war uns schlecht und wir gingen nach Hause. Im Flur sah ich Anna noch einmal wieder. Sie leckte mit Holger rum. Jasmin erzählte mir später, dass Anna irgendwann in den folgenden Tagen Herpes gekriegt hatte. Wäre sie mal bloß bei mir geblieben...