Hallo @Navi ,
vielen Dank, dass du dir die Zeit für eine Antwort genommen hast!
Die Leser zweifeln bereits am Anfang. als Jakob das erste Mal der Gedanke kommt, Mascha könnte nicht echt sein. Die zusätzlichen Hinweise mit dem Blut, das echt aussieht, braucht es da gar nicht. Für mich wirkte das eher störend. Vertraue den Lesern
Es ist gut zu wissen, dass du bereits am Anfang zu zweifeln beginnst. Für mich scheint es jedoch schon irgendwie wichtig, dass Jakob das Blut am Ende für erschreckend echt empfindet (darauf gehe ich dann weiter unten noch ein).
Ich frage mich, ob ich nicht sogar eher zu viel von Lesenden erwartet habe. Denn mein Wunsch war zu zeigen, dass Jakob:
- erst befürchtet, dass Mascha ihn ekelig findet und dass ihr durch den Sex Schaden zukommen kann; zweiteres soll zum Beispiel deutlich werden, bei:
Wieso machst du mit, obwohl du es in Wahrheit hasst? Wir müssen das nicht tun. Ich brauche keinen Sex!
- dann befürchtet er, dass er verrückt ist
- dann ist er froh, dass er verrückt ist, weil Mascha sich dann nicht "in echt" vor ihm ekeln kann, und ihr auch kein echtes Leid widerfahren kann, er also folglich seine Lust gefahrlos ausleben kann
- dann will er regelrecht glauben, dass er verrückt ist, damit er einen sicheren Rahmen für die Sexualität hat
"Lass uns miteinander schlafen, Mascha." Ich will sie. Sofort. Was habe ich noch zu verlieren? Mascha ist nicht echt. Also kann sie den Sex gar nicht bereuen.
Sie kann nicht leiden. Sie ist nicht in Gefahr.
Ich lege meine Hand auf Maschas Rücken. "Lass uns Sex haben."
- Mascha jedoch möchte nicht mit Jakob schlafen, solange er sie für unecht hält.
- Damit Mascha mit ihm schläft, betrügt er sie. Er verdreht ihre Worte so, "dass es nicht gelogen ist", wenn er sagt, er glaubt an sie.
Sie rührt sich nicht.
Ich küsse ihre Schultern. Ihren Hals. Sie blickt mich an. "Ich will nur mit dir schlafen, wenn du an mich glaubst."
"Ich glaube an dich." Das ist nicht gelogen. Würde ich nicht an Mascha glauben, sähe ich sie nicht. "Ich glaube an dich, versprochen."
Sie nickt. "Tu mir sowas nie wieder an."
Wir haben Sex. So gut war es noch nie. Ich berühre sie so viel ich kann. Präge mir ihren Körper genau ein. Dann stehe ich auf, gehe in die Küche, hole das größte Messer.
- Und hier kommt jetzt der Grund, wieso ich das Blut erwähnen möchte: Jakob hat Mascha (ob echt oder nicht) hintergangen und dann umgebracht. Das ist kein Pappenstil, das merkt er dann langsam. Und er merkt, dass er es genossen hat, eine Ausrede für das Ausleben seiner Sexualität zu haben. Er schämt sich wieder. Für das Lügen, für die Lust.. und dann wird die Angst in ihm immer lauter. Was, wenn sie doch echt war. Was, wenn ich gerade tatsächlich jemanden umgebracht habe. Deshalb die Sätze zum Blut. Und dann sagt er sich wieder: Nein. Sie war nicht echt. Er will sich selbst üebrzeugen.
Mein Hirngespinst blutet aus.
All diese Schlenker und Motive von Jakob wollte ich deutlich machen. Ist mir glaube ich nicht so gelungen :/
Eventuell hätte man mit sehr sehr sorgfältigen Lesen das ein oder andere noch entdecken können, aber Lesen soll ja keine Detektivarbeit werden
Da muss ich also noch was machen!
Nun zu deiner Anmerkung zum Ausweg:
Der Ausweg ist mir zu geplant. Panik spüre ich bei Jakob nur in dem Moment, in dem er zweifelt, ob Mascha real ist. Ab dem Zeitpunkt, wo er wieder Sex mit ihr hat und dann ein Messer holt, wirkt er vollkommen ruhig, als hätte er den Mord in Ruhe beschlossen. Wenn er sie tatsächlich in seiner Panik umbringt, dann finde ich das durchaus nachvollziehbar, allerdings müsste er sie dann entweder in ebendiesem Moment der Panik umbringen, oder nochmal Panik bzw. Ekel verspüren, nachdem er wieder mit ihr Sex hatte.
Genau, Jakob ist auch ruhig. Er kann es nur genießen mit Mascha zu schlafen, weil seine Ängste "nicht relevant sind" in dem Moment, wo er glaubt, dass sie nicht echt ist. Daher sagt er auch, dass es noch nie so gut war.
Und ja, genau, er hat den Mord auch geplant. Er möchte nämlich nicht mit einer unechten Frau leben. Indem er Mascha umbringt, versucht er gleichzeitig der eventuell unechten Frau als auch seiner Sexualität zu entkommen und zu verhindern, dass er einer Frau mit seinem Begehren schaden könnte.
Dass Jakob ein tiefsitzendes Problem mit Sex hat (wenn ich dich jetzt richtig verstehe), kommt bei mir in dem kurzen Ausschnitt nicht an. Ich dachte eher an einen Mann, der sich unsicher ist, ob seine Geliebte wirklich heiß auf ihn ist. Über einfache Minderwärtigkeitsgefühle bzw. Probleme in der Beziehung habe ich nicht hinausgedacht.
Oh schade, das sollte eigentlich ankommen bei den Lesenden ...
Ich habe gehofft, dass es mir gelingt, das zu zeigen.
Worum ging es dir in der Kurzgeschichte? Um einen Mann, der Sexualität immer als etwas Böses erlebt hat, und sich daher schwer tut, Intimität mit seiner Freundin aufzubauen? Oder um einen Mann, der Halluzinationen hat, und daran zweifelt, ob seine Freundin real ist, was wiederum zu einem tragischen Mord führt? Beides ist spannend, aber alles zusammengepackt finde ich für so einen kurzen Text zu viel.
Das Ganze klingt für mich eher nach dem Stoff für einen Roman - Ein junger Mann, der von seinen Eltern in welcher Form auch immer missbraucht wurde und den Sex eigentlich anwidert, weil er ihn als nichts Schönes kennt, geht eine Beziehung mit einer Frau ein, die ihm wichtig ist. Konflikte sind vorprogrammiert, die Hintergrundgeschichte, die Figuren der Eltern, ein etwaiger Heilungsprozess, usw. brauchen Raum.
Du hast Recht, ich möchte ziemlich viel in diesem kurzen Text... Vermutlich werde ich das ganze nochmal ziemlich umfassend überarbeiten. Jakob ist mir ein sehr wichtiger Protagonist. Ich hoffe ich kann seine Geschichte in einer neuen Version zugänglicher machen. Wann ich die neue Version schreibe, weiß ich noch nicht. Ich lasse Geschichten manchmal ganz gerne ein Weilchen ruhen.
So. Ich bin schon ziemlich schläfrig. Ich hoffe, mein Kommentar ist soweit übersichtlich und nachvollziehbar. Wenn nicht, gib Bescheid, dann schaue ich nochmal drüber, bevor du dich da mühsam durchwühlst.
Liebe Grüße,
Wal
Hallo @Lounge Lizard,
vielen Dank für deine erneute Rückmeldung!
Jetzt, nachdem ich mehr über den Hintergrund deines Protagonisten weiß, sehe ich, dass das Thema durchaus von dir eingewoben wurde. Der Anfangsdialog weißt ja schon deutlich darauf hin. Mir ist beim ersten Lesen jedoch nicht in den Sinn gekommen, dass Jakobs Ekel vor der eigenen Sexualität das Hauptaugenmerk des Textes darstellt. Der dominierende Faktor ist meines Erachtens die Frage, ob Mascha real ist oder nicht.
Das ging nicht nur dir so.. Ich werde mich da nochmal ransetzen.
Ein gestörtes Verhältnis zur Sexualität hat zweifellos Einfluss auf den Geisteszustand eines Menschen, jedoch wirken diese Schizophrenie-artigen Züge hier eher unglaubwürdig.
Mhm. Finde ich einen fairen Kritikpunkt!
Wie ich ja oben schon in der Antwort auf Navi erläutert habe, möchte Jakob ab einem gewissen Zeitpunkt auch glauben, dass Mascha nicht echt ist. Angenommen, es wäre in der Geschichte rübergekommen (was es leider nicht ist), dass Jakob erst Panik hat und dann nach ein zwei Minuten neben der Angst auch etwas gutes in "der unechten Mascha" sieht, wäre es dann glaubwürdiger für dich?
Der zwanghafte Versuch, einer Story sein Wunschthema auf Biegen und Brechen aufzuhalsen, hat schon so einige Werke versaut. Dementsprechend muss ich es dir anrechnen, dass du deine Geschichte nicht von deinem Thema hast diktieren lassen.
Viel mir sehr schwer
Daher freue ich mich umso mehr über diese Anmerkung!
Das permanente Infragestellen von Maschas Existenz würde ich also komplett streichen, wenn es dir darum geht, Jakobs sexuellen Schuldgefühle in den Mittelpunkt der Geschichte zu stellen. Es wirkt nicht schlüssig und lenkt ab. Wenn es dir aber darum geht, einfach nur eine solide Geschichte zu erzählen, würde ich es drin lassen und ausschmücken.
Ich glaube aktuell hilft weder streichen noch ausschmücken. Vielmehr schwant mir eine alles-weg-und-dann-neu-Aktion ..
Vielen Dank für die Filmempfehlungen!! Darüber freue ich mich sehr! Bin gespannt..
Beste Grüße,
Wal
Hallo @TeddyMaria,
danke fürs Willkommenheißen und danke für deinen Kommentar!
Zuerst ein beinahe off topic:
Du bist ganz gut mit Rechtschreibung, oder? Substantivierte Verben irritieren mich manchmal.
"Das Lächeln der Gastgeber gibt mit ein gutes Gefühl."
Lächeln ist klar. Eigentlich sind die meisten Verben klar. Aber was, wenn es solche Verbindungen sind wie "kennen lernen", "willkommen heißen", etc.
"Das Willkommenheißen der Gastgeber wird durch ihr Lächeln noch deutlicher."
Willkommenheißen? willkommen heißen? (oder gar: willkommen Heißen? Ne, das sieht nun wirklich seltsam aus.)
Kannst du mir bei dem Thema eventuell weiterhelfen?
Das ist keine Halluzination. Kannst Du direkt dem entsprechenden
Wikipedia-Artikel entnehmen (wenigstens diese winzige Recherche hättest Du durchführen können, finde ich):
Eine Halluzination hat per definitionem für den Halluzinierenden Realitätscharakter bzw. kann nicht von der Realität unterschieden werden. Im Gegensatz dazu merkt die Person bei einer Pseudohalluzination, dass es sich nicht um eine reale Wahrnehmung handelt. In dem Augenblick, in dem Jakob denkt, dass es eine Halluzination ist, ist es keine Halluzination mehr. Fantastisch, oder?
Danke für den Hinweis. Ist gut zu wissen.
Zu meiner Verteidigung möchte ich allerdings gerne anmerken, dass das Wort "Halluzination" in meiner Geschichte nicht vorkommt und dass ich es auch nicht im Kopf hatte beim Schreiben. Ich habe das Wort lediglich von Navi übernommen, als ich auf ihren Kommentar geantwortet habe. Zugeben, unrecherchiert. Macht es das wenigstens ein bisschen besser?
Der ganze Rest der Geschichte ist leider auch furchtbar eindeutig (bis auf den Twist am Ende, aber da bin ich fast schon ausgestiegen). Du verschleierst nichts, jeden einzelnen Gedanken, den Deine Figuren haben, sprechen sie sofort laut aus. Es gibt keine falschen Fährten, kein Schwanken, keine Graubereiche, nur Extreme und Eindeutigkeiten.
Hier frage ich mich, warum Du Jakobs Gedanken überhaupt schilderst. Da er sowieso alles laut ausspricht, liefert das überhaupt keine neue Information
Ich schildere sie, weil ich zeigen möchte, dass Jakob total schnell von seinen Ängsten vereinnahmt wird. Er reflektiert wenig, bezieht selten Stellung zu seinen Gefühlen. Die Angst, der Ekel, packen ihn ohne Vorwarnung und er gibt ihnen sofort Raum. Kannst du dich damit in diesem Kontext vielleicht anfreunden?
Und klar, es gibt bestimmt Leute, die immer genau das sagen, was sie denken. Aber ich denke, sie machen schlechte Figuren für eine Geschichte. Weil ihre Offensichtlichkeit und ihre eindeutigen Haltungen furchtbar öde sind.
Da ist auf jeden Fall etwas dran. Ich hatte eigentlich die Hoffnung, dass meine Geschichte trotz der vielen direkten Einsichten einiges an Mehr transportiert. Das ist mir nicht gut gelungen. Meine Kommentare (u.a. in Antwort auf Navi) sind voll von Erklärungen, die das Mehr wenigsten nachträglich sichtbar machen sollen... mist. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Ich würde eine Mischung aus direkter Einsicht und Aussagen zwischen den Zeilen gut finden. Vielleicht (hoffentlich) gelingt mir das noch.
Werde die Geschichte in Ruhe und, dank all eurer Kommentare, mit einem besseren Gefühl für die Lesenden überarbeiten.
Beste Grüße,
Wal