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Marzahn
Unter Strom. Ich drückte das Gaspedal auf Anschlag nieder und ließ den Fuß stehen. Wusste, es würde nichts an meinem verkorksten Leben ändern, aber Adrenalin verbrennen.
Preschte also heran mit meinem metallicschwarzen Boliden und bog mit jaulenden Vorderrädern in den Salanderweg ein; beschleunigte aus der engen Zufahrt heraus und schlug eine Schneise in den Pulk der Schaulustigen. Schoss mit unverminderter Geschwindigkeit weiter, in die Sackgasse hinein auf mein Ziel zu: zwei graue, sich gegenseitig das Licht raubende Elfgeschosser.
Die Gaffer zuckten in Erwartung des Einschlages zusammen. Ich stieg im letzten Moment auf die Bremse und stoppte den Wagen mit einem Geräusch, das dem Trompeten eines jungen Elefanten ähnelte.
Zentimeter vor Stapelfeldt.
Der mir mit der einen Hand wütend auf die Motorhaube schlug und mit der anderen einen Scheibenwischer vorm Kopf bedeutete.
„Siehst du zu viele Filme, Kostic?“
„Schieß los, Stapel“, erwiderte ich und sprang aus dem Wagen. Hörte ihm zu und ließ dabei den Kopf kreisen.
Beton.
Bunte Wäscheleinen und sichthemmende Balkone mit zu vielen Köpfen darauf. Hässliche Schürzenfrauen mit ihren in weiße Unterhemden gekleideten Schmerbauchgatten. Diese Idioten riskierten, als Collateralschaden zu enden.
Ausgerechnet Marzahn.
Ich hatte es sogar mitgebaut, ein paar Wochen lang. Mir als Student ein paar Mark dazuverdient, als unschuldiger Achtzehnjähriger, der jede Menge Freunde hatte. So war es; wir tranken Bier auf den Dächern dieser unmöglichen Gebäude und urinierten dann runter vom elften Stock, glücklich und zufrieden, weil das Leben – und wenn´s auch nur eins in der bekloppten DDR war – vor uns lag und uns so wunderbare Dinge wie ein Auto und eine – natürlich perfekte – Frau versprach.
Scheiß Marzahn, doch zum Glück Stapelfeldt. Der fähigste aller Einsatzleiter vergeudete keine Zeit; klärte mich mit knappen Worten und wenigen Bewegungen über die Situation auf. Ich folgte seinem dünnen, hellen Finger nach oben.
Stapel hatte mich per Handy vorgewarnt. Vergeblich, ich schluckte beim Anblick der Szene.
Auf dem Balkon der neunten Etage stand ein Mann. Er war sehr kräftig, und er presste ein Kind an seinen Leib.
„Scheiße“, kommentierte ich im Stil eines Tatort-Kommissars und wollte damit Druck rausnehmen. Schwachsinn, diese Sprüche waren nichts als großkotziges Gehabe, angeeignet in zwanzig Jahren Polizeiarbeit; in Gesellschaft hundertfünfzig weiterer schlechter Angewohnheiten wie Nägelkauen, Keine-Ganzen-Sätze-Sprechen und mangelnder Hygiene des Intimbereichs. Der eh kein weibliches Wesen jemals zu Gesicht bekam, weil du es Bulle verstehst, jedes noch so zarte Beziehungspflänzchen aus dem Topf zu reißen.
„Wir haben Präzisionsschützen postiert.“ Stapel deutete unauffällig auf vier stecknadelkopfgroße schwarze Punkte inmitten der Hochhäuser.
Ich machte meinen Job und dachte nach. Checkte die Umstände: eine zu große Entfernung, ungünstige Winkel und Wetterbedingungen (die Sonne brach immer mal wieder kräftig durch den löchrigen Wolkenkäse).
„Drei Mann vor verschlossener Tür, Kostic; die Sprengsätze sind angebracht. Was ist, gehst du hoch?“
Was sonst? Ich setze mich in Bewegung, als mich sein Arm auf meiner Schulter – das war filmreif! - aufhielt.
„Du kennst ihn, oder?“ fragte er.
Und ich drehte mich um und sah ihn an.
Wir harten Jungs. Stapel als der MEK-Chef, mit seinen feuerroten Haaren und dem stets glattrasierten Gesicht, einer hübschen Frau und zwei kleinen Kindern, Herrgott, wie überlebten die das eigentlich, jeden Abend auf ihn zu warten?
„Denny Scheel“, antwortete ich. „Sie haben ihn vor vier Stunden aus Moabit entlassen. Ich könnte dem Senator in den Arsch treten.“
„Dann wär dir die nächste Abmahnung sicher“, griente er. „Hör zu, Kostic. Der Typ steht seit fünfundzwanzig Minuten da oben, hält das Mädchen in seinen Pranken und tut darüber hinaus gar nichts. Auf was zum Teufel wartet er?“
„Nicht auf was, Stapel, auf wen“, entgegnete ich.
Drehte mich um und betrat das Gebäude.
Rechts der Fahrstuhl. Nein, ich würde Scheel nicht durch das Brummen des Lifts auf mich aufmerksam machen. Packte das Geländer und zog mich die Treppe nach oben. Etage sechs, sieben, acht. Immer zwei Stufen auf einmal, ohne aus der Puste zu kommen, dafür ein Wirbelsturm in meinem Kopf.
Ich hätte mich kümmern müssen. Die Amnestie; die Meldung, das Moabit geräumt wird, war durch die Presse gegangen. Ich hatte es überlesen, oder? Andererseits: Denny Scheel, wie zum Teufel konnten sie ausgerechnet diesen Psychopathen rauslassen? Weil die JVA aus allen Nähten platzte, der Senat sparen musste?
Scheel saß sechs Jahre, die Hälfte seiner Zeit. Punkt acht Uhr heute Morgen öffneten sich für ihn die Tore. Den Rest kannte ich aus dem Polizeifunk. Ich hörte es und schlug wie von Sinnen auf das Armaturenbrett meines Boliden, setzte den Blinker in Richtung Salanderweg und trat das scheiß Gaspedal in Richtung Hölle.
Sie waren zu acht im Wagen. Vier Häftlinge, die man aus der Stadt bringen wollte und abschieben in die Provinz, wie man das im Mittelalter vermutlich mit den Leprakranken getan hatte, ab vors Tor und Zugbrücke hoch. Irgendein Loch in Brandenburg, Problem gelöst.
Der Transport war nicht gut ausgerüstet, vier leichtbewaffnete Beamte. Ich sah die Szene vor mir: Als sich die Tür des Volkswagens öffnet, tritt Scheel dem ersten ins Gesicht, bricht ihm den Kiefer und springt aus dem Dunkel des Wagens. Gräbt seine Faust in den Magen des zweiten, zieht dessen Waffe, tötet den dritten und vierten. Richtet, ohne nachzuladen, seine Mitgefangenen hin und schnappt sich den Zündschlüssel.
Jetzt steht er da oben.
Mit Zoe in seiner Gewalt.
Ich nahm die letzten vier Stufen und bog, den Finger auf den Mund gelegt, um die Ecke. Die mit Einsatzoveralls und Sturmhauben ausgerüsteten Kollegen tippten erleichtert an ihre Helme. Der Typ fürs Grobe war da.
Die Wohnung von Katharina Scheel. Der Gruppenleiter deutete wortlos auf die rund um den Türrahmen angebrachten Sprengladungen. Ich schüttelte den Kopf und zog den Schlüssel. Fragende Gesichter. Was geht’s euch an, Bullen, schreibt in Eure Berichte, was ihr wollt. Ja, ich hatte einen Schlüssel zu ihrer Wohnung, weil ich dieser bedauernswerten Frau … nahe stand.
Sie … tröstete. Ihre Tränen trocknete, ihr zuhörte und irgendwann ihr Kleid hochschob und ihre blauen Flecken mit meinen Küssen bedeckte. Wir schälten uns voller Verzweiflung aus unseren Klamotten und vereinigten die müden Körper. Um morgens zu frieren wie immer.
Das Schloss klickte. Mit einem Nicken bedeutete ich den Einsatzkräften, vor der Tür zu warten, zog meine Walther und glitt in die Wohnung.
Sofort Puls. Ganz normal, Alter; alles ganz easy, du bist die Ruhe selbst. Für einen Moment den Rücken an die Wand lehnen und durchatmen, nicht schlimm. Du kennst die Techniken, Kostic, wende sie an: langsam ein- und ausatmen, Herzschlag und Atmung herunterbringen.
Ich ging ein Stück weiter, drei Schritte, vier.
Dann zappte ein Bild durch mein Hirn; mit aller Kraft und unmenschlich wie ein Fernseher früh um vier oder Laserscheiße im Club. Zu hell, flirrend, da musst du kein Epileptiker sein, um zuckend niederzubrechen. Katharina Scheel in meinem Kopf, auf ihrer Couch, mit einem Loch in ihrem Kopf.
Und ich dafür verantwortlich. Hätte es leicht verhindern können.
Hör auf damit, Kostic, sofort. Wütend wischte ich den unnützen Gedanken weg.
Routine, Bulle.
Weitergehen.
Die erste Tür: das Bad. Leer.
Mein Bauch und Brustkorb hoben und senkten sich gleichmäßig. Hielten damit das Adrenalin in Schach. Die Waffe, in meinem rechten gestreckten Arm, lag ruhig; ich umschloss den Griff und legte den Zeigefinger auf den Abzug.
Sei aus Stahl, sei eine Schwarzenegger-Terminatorenhand.
Zwei Meter, dann die Wohnzimmertür: angelehnt, ein Lottogewinn. Ich schob meinen Kopf für den Bruchteil einer Sekunde in den Raum. Sah das Balkonfenster und dahinter den breiten Rücken Scheels.
Sie standen unverändert. Er, stoisch nach Draußen gewandt, so dass er mich nicht bemerken würde auf den letzten fünf Metern.
Ich war ein Glückspilz.
Suchte Zoe. Die blasse, dünne Zoe, vierzehn, nein, fünfzehn Jahre alt musste sie jetzt sein; Denny Scheels Tochter, die jetzt seine Geisel war. Hat nicht gerade zugenommen in den Jahren, ich konnte sie nicht erkennen aus diesem Winkel, ihr Vater verdeckte sie völlig.
Das Wohnzimmer also, Routine.
Lautlos in den Raum springen – jetzt! - ich tat es und presste mich an die Wand.
Als ich es sah …
es sah …
riss ich die Augen auf.
Keuchte, seufzte, glaubte es nicht, war ungläubig.
Katharina saß mit durchschossenem Kopf auf ihrer Couch.
Eine dunkle Öffnung, ein drittes, unnützes Auge auf ihrer Stirn.
Sie sah fern. Ihre gebrochenen Augen blickten noch immer auf den an der gegenüberliegenden Wand verschraubten Fernseher.
Ich nahm überdeutlich wahr, dass es ein japanisches Gerät war. Das Kate Winslet und Leonardo Di Caprio sichtlich verliebt am Bug eines riesigen Schiffes standen und dabei ihre Arme ausbreiteten. Mir fiel der Name des Schiffes ein, die Jahreszahl 1912 und der Name des Regisseurs. Mir fielen die späteren, viel besseren Filme Di Caprios ein und auch die Winslet hatte noch zulegen können, oder? Ich dachte über möglicherweise verliehene Academy Awards nach und gab eine Schätzung ab: je einen für jeden der beiden. Revidierte mich, er hatte wohl nur den Golden Globe gewonnen.
Dann löste ich den Blick vom Bildschirm. Meine Augen fanden das Einschussloch auf Katharinas Stirn. Schweiß brach in mir aus, ich wollte schreien und kämpfte es nieder, konnte jedoch unmöglich die Tränen stoppen, sie schossen in mir hoch und ich rutschte an der Wand entlang zu Boden.
Eine Minute, dann drehte ich die Ventile wieder zu.
Zoe.
Ich stellte den Fernseher aus, steckte die Waffe in das Halfter hinter meinem Rücken, ging zur Balkontür, klopfte an und trat hinaus.
„Guten Morgen, Denny. Du hast gegen deine Bewährungsauflagen verstoßen.“
Scheel hatte sich kaum verändert. Er war noch kräftiger geworden, das Knasttraining, seine Augen aber waren die Gleichen geblieben: dunkle Rattenaugen, die sich unruhig in ihren Höhlen bewegten.
Seine Arme umklammerten das Mädchen wie ein Schraubstock.
„Kostic!“, grinste er. „Da bist du ja endlich. Wir warten schon lange, hey. Eine Weile. Lange, Weile, Langeweile, wie findest du das? Ist meine Resozialisierung fehlgeschlagen, oder?“
„Das würd´ ich nicht sagen, Denny. Vor sechs Jahren hättest du das Wort noch nicht mal aussprechen können.“
Meine Gedanken rasten. Ich suchte Kontakt zu Zoe, Blickkontakt, wollte ihr zuzwinkern oder etwas in der Art, ihr Zuversicht spenden: Wird schon, Mädchen, jetzt bin ich da und hol uns hier raus. Vergeblich. Sie schaute über die Dächer der Stadt, mit Augen, so leer wie zwei ausgebrannte Benzintanks.
„Hör zu Denny“, sprach ich ihn an. „Von mir aus kannst du springen, kein großer Verlust. Aber deine Tochter; lass sie gehen. Was hat sie mit der Sache zu tun?“
„Ich hab ihr nichts getan!“, brüllte er plötzlich. Er tat es so unvermittelt, das ich zuckte, ebenso wie – ich registrierte es aus dem Augenwinkel - der Schütze auf dem Dachgegenüber.
„Das meinst du doch, Kostic, darauf spielst du doch immer wieder an, hey. Aber weißt du was? Sie wollte es genauso wie ich.“ Er spuckte vor mir aus. Und fuhr fort: „Was weißt ‘n du Arschloch davon! Hast ja ´nen Computer und garantiert Bilder drauf von Weibern. Mir haben sie Bücher gebracht, im Knast. Ich sag dir was, Kostic: Zoe und ich, wir waren gern zusammen.“
„Das sah aber nicht so aus, Denny.“
War das klug? War ich überhaupt noch Herr der Lage, oder ließ ich es drauf ankommen, spielte ein Spiel mit Denny Scheel und riskierte dabei Zoes Leben?
Die Bilder hatten sich in meine Erinnerung eingedrückt wie Tritte in heißem Asphalt.
Katharina rief mich an. Ich verstand ihre Worte kaum, sie hatte einen Nervenzusammenbruch erlitten. Ich hatte sie Monate vorher in einer Bar getroffen und dann immer wieder, nur so zum Reden. Irgendwann fand sie Mut und erzählte mir die ganze, perverse Geschichte. Statt ihr zu helfen laberte ich Scheiße und zückte meine Karte mit einem generösen: “Ruf mich einfach an.“
Es war dann zu spät.
Als ich Zoes Kinderzimmer betrat, brachte Denny seine Tochter gerade ins Bett - mit heruntergelassener Hose. Sein ochsengroßes Glied war immer noch steif, als ich ihn verhörte, unten, im Polizeiwagen. Er lachte mich aus, sagte, er habe mich mehrfach gesehen, mit Katharina in der Bar, und sie dafür bestraft. Dann quoll eine Ladung Dreck aus seinem Mund und ich schlug zu.
Er lachte auch jetzt.
Luft holen, Dominik. Routine, sei clever und sag die richtigen Dinge.
„Weißt du was, Denny?“, begann ich. „Ich verstehe dich, wenigstens zum Teil. Du bist immerhin ihr Vater. Was hältst du davon …“
„Leck mich am Arsch, Kostic“, zischte er. „Diese Psychokacke läuft bei mir nicht. Das kleine Dreckstück ist nicht von mir, wusstest du das nicht? Hab es im Knast erfahren und ihren richtigen Vater erledigt, auf dem Weg hierher.“
Nochmals Dank, Herr Senator, dachte ich.
„Game Over also, Bulle. Wir spielen heut nach meinen Regeln, einfache Regeln: Wir werden alle sterben. Und du, Kostic, bist als erster dran.“
Schiere Mordlust in seinen Augen. Kein Bluff, Denny würde so schnell abdrücken wie bei Katharina.
Zwanzig Jahre Polizeiarbeit haben nicht nur mein Leben zerstört. Sie haben auch meine Sinne geschärft. Ich las das ganze Bild wie ein verdammter Mechaniker seine Zeichnung: Zoe klebte als Schutzschild vor Dennys Brust. Sie war ausgemergelt und viel kleiner als er; fast dreißig Zentimeter trennte die Mitte seiner Stirn von ihrem Kopf. Sie stand unter Schock und würde sich nicht bewegen.
Ich nahm Scheels Bewegung wie in Zeitlupe wahr. Behäbig löste der Killer den Pistolenlauf von Kopf des Mädchens, um auf mich anzulegen.
Routine.
Ich zog die Walther hinter meinem Rücken hervor. Terminatorenhand. Justierte erst grob auf seinen Kopf und dann auf die Mitte seiner Stirn, zwei Zentimeter über den Augenbrauen, vier Zentimeter unterhalb der kurzgeschnittenen Haare.
Drückte … noch nicht ab.
Er hinderte mich daran, indem er etwas völlig Unfassbares tat. Denny Scheel lächelte, warf seine Waffe über die Brüstung und hob die Arme.
Ich aber drückte ab.
Er lächelte noch immer, als es passierte, doch in seiner Stirn klaffte ein Loch. Etwas barst hinter ihm; tatsächlich flog sein Schädeldach gegen den Beton. Wie in einem Film fanden sich Bild und Ton, flog zum Knall der Pistole ein rot-weiß gefärbtes Potpourri aus Knochensplittern durch die Luft, explodierte wie eine überhitzte Spraydose und färbte die Wand, im Bruchteil einer Sekunde, von unschuldigem Grau in einen Horrormix.
Denny und Zoe, Vater und Tochter, klappten zusammen.
Ich fing das Mädchen auf.
Zog sie an mich und drückte sie fest an meine Brust. Stieß keuchend sauren Atem aus und umarmte die Kleine fest, ganz fest.
Sie stürmten herein. Sicherten; ich gab mit einer müden Handbewegung zu verstehen, das alles in Ordnung war. Hob Zoe in meine Arme. Sie mochte vierzig Kilo wiegen, war blau angelaufen und atmete in kurzen Stößen. Ich trug sie hinaus, die Treppe hinunter.
An Stapelfeld vorbei zum Krankenwagen.
Übergab sie den Sanitätern.
Stieg in meinen Wagen, legte den Gang ein und fuhr davon. Nahm die Abfahrt zur Autobahn, beschleunigte auf Tempo zweihundert und schrie.
Eine Stunde später schlug Zoe ihre Augen auf. Betrachtete die Nadel der Spritze, die sich in ihren Arm bohrte. Während sie sich in eine nierenförmige Schale übergab, betrat ich mein Büro, fuhr den Rechner hoch und tippte innerhalb von zehn Minuten den Bericht. Druckte ihn aus und übergab ihn gemeinsam mit meiner Waffe und dem Dienstausweis meinem Chef. Schnappte mir Linda, die Zimmerpflanze, und verließ das Präsidium.
Vier Wochen später begann Zoe mit ihrer Therapie. Begab sich in die kompetenten Hände von Juli Kummer. Die Ärztin drückte die richtigen Knöpfe und brachte sie innerhalb der nächsten Monate dazu, das notwendigste zu sprechen und zu essen.
Ich hatte mir eine kleine Wohnung genommen, Linda aufs Fensterbrett gestellt und die Vorhänge zugezogen. Betrachtete das abgestellte Radio und las den Bewilligungsbescheid des Arbeitsamtes.
Jahre später traf ich sie auf einem Spielplatz. Zoe erkannte mich, zerdrückte fahrig eine Zigarette auf der Schaukel, schnappte sich ihre Tochter und verschwand.
Ich trank mein Bier aus und lächelte.