Martinsberg
MARTINSBERG
Eingebettet in die malerische Landschaft des südlichen Waldviertels liegt die kleine verträumte Marktgemeinde Martinsberg. Da es deren 1221 Einwohner lediglich auf drei Nachnamen bringen, sind sie in der Auswahl potentieller Sexual-, bzw. Ehepartner arg limitiert.
Durch diesen Mangel im Genpool, begegnen einem Besucher Martinsbergs mitunter recht eigenartige Artgenossen die zwar die gängigsten Vokale und auch die meisten Konsonanten beherrschen, trotzdem sollte man darauf achten nicht allzu viele Fremdwörter in ein Gespräch einfließen zu lassen.
Erst vorige Woche hätte durch überlegte Wortwahl ein Missverständnis vermieden werden können, doch leider mutierte zwischen den Stimmbändern des Einen und den Gehörknöchelchen des Anderen das Wort Pseudoschlachthof zu BSE-Schlachthof wodurch ein in Martinsberg hochsensibles Thema angeschnitten wurde. Da es in der daraus resultierenden Wirtshauschlägerei ohnehin keine Rolle mehr spielte dass es meine Schuld war, wollte ich auch nicht länger stören und genoss bei einem Spaziergang die Schönheit dieses ländlichen Idylls.
Gott hatte wohl einen seiner besseren Momente als er dieses Fleckchen Erde erschuf. Ausgedehnte Wälder verleihen dieser überaus reizvollen und naturbelassenen Umgebung, in der keine debilen Hundebesitzer ihr bellendes Flohhalsband in die Gegend notdurften lassen, nahezu jenseitige Schönheit. Doch leider ist dieses Paradies arg gefährdet, denn der Bürgermeister misst dem Umweltschutz keine allzu große Bedeutung bei.
Es stimmt schon was meine Großmutter immer sagte: „Unfähigkeit alleine nützt nichts, man muss auch in die Politik gehen!“
Doch auch die ländlichen Bräuche und Ritten machen Martinsberg zu einem ganz besonderen Erlebnis. Während Besucher sich mit schwer verständlichen Bauernregeln mühen, kämpfen die Einheimischen mit der Sommerzeit. Da man nie genau weiß, ob man nun mehr oder weniger Sand in die Uhren zu füllen hat, wird zweimal im Jahr eine Art Ausnahmezustand verhängt. Doch Kirtage, Sportlerheuriger, und Sonnwendfeuer entschädigen für vieles.
Und da bekanntlich jeder Fehler einen findet der ihn begeht, nahm ich mir eine Einheimische zur Freundin. Damals war ich noch unvernünftig genug, nicht auf den Beruf der Eltern zu achten und so sah ich mich recht bald mit einer Reihe von Kühen konfrontiert, welche zu melken mir übertragen wurde.
Man nötigte mich in eine speckige Hose, die man mir mangels Gürtel mit einem Strick um den Leib band und schob mich ausgerüstet mit Kanne und Schemel in den Stall. Vorsichtig näherte ich mich der ersten Kuh, platzierte mich und meine Melkbehelfe an strategisch günstiger Position und bekam prompt die Wucht des rechten Hinterbeines zu spüren.
Anstatt an diesem Punkt aufzugeben, war ich blöd genug die Beine der Kuh mit einigen Seilen fixieren zu wollen. Da trotz intensiven Suchens kein geeigneter Strick zu finden war, nahm ich den der meine Hose oben hielt, platzierte den Schemel hinter der Kuh, packte eines ihrer Hinterbeine und wollte es gerade an einem Rohr anbinden, als mein Beinkleid ohne Vorwarnung beschloss, fortan ohne mich durchs Leben zu gehen. Als die Bäuerin just in diesem Moment den Stall betrat, fand sie mich halbnackt hinter der Kuh.
Gegen Mitternacht wurde mir schlagartig klar, dass dieses Missverständnis wohl das Ende meiner ersten Beziehung bedeutet hatte. Es fuhr nämlich des Bauern mächtige Pranke auf mein Genick nieder, zog mich aus dem Bett meiner Liebsten und warf mich in hohem Bogen aus dem Haus. Und plötzlich bekam eine Bauernregel die ich bis dahin nicht verstanden hatte einen Sinn: Steht der Bauer im Zimmer, schlaft er nimmer!