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Marion
„Vater ich habe Hunger“, jammerte der kleine Junge und hielt sich den Bauch vor Schmerzen. „Ich weiss, mein Junge. Ich auch.“, antwortete der Mann, der neben ihm lief. „Es dauert noch ein wenig, dann sind wir am Ziel. Du kannst dich auf ein schönes Essen freuen. halte durch es kann nicht mehr lange dauern.“ Und sie liefen weiter ihren Weg. Der Weg der kein Ziel hatte. Er sagte zwar seinem Jungen, sie würden seine Mutter besuchen, doch sie verbrannte. Sie verbrannte in seinem Haus mit all seinem Habe. Eine Träne verließ sein Auge, herausgedrückt durch diesen Gedanke. „Vater du weinst ja?“
„Nein mein Sohn. Es ist der Wind, er bläßt so streng.“
Was hätte er seinem Kind sagen sollen. Er hatte nicht den Mut. Das Feuer nahm ihm die Kraft dazu. Und er stapfte weiter durch den Schnee. Wie sollte es weiter gehen? War er in diese Sadt gezogen um alles zu verlieren? Um sein Leben um so viel zu vermindern? War das der Wille Gottes. Das Geschenk für all seine täglichen Gebete? Der Danke für sein gesetzestreues Leben? Hatte er solch ein Schicksal verdient? Er schaute hinab auf seinen Sohn und wieder lief eine Träne. Eine Träne voller Schmerz und eine Träne die so weh tat. Ein Tröpfchen, das wie heißes Blei über seine Wange lief um in den Haaren seines Bartes abzukühlen und schließlich in der Luft zu erfrieren. Eine Träne die um ein Vielfaches mehr weh tat als seine kalten Füße. ja, seine Füße waren so kalt, dass sie schmerzten und seine Brust brannte wie Feuer. Wie ein Feuer das der Teufel gelegt haben muss. Er kam hierher um sein Leben zu verbessern, um es neu zu beginnen. Er und Marion wollten sich etwas aufbauen, die alten Zeiten vergessen und neu beginnen. Sie wollten glücklich sein. Sie wollten sich lieben und eine Familie sein und jetzt war alles zerstört. Bis auf die Mauern abgebrannt. So war es nicht geplant. Und Gott wusste das.
Langsam bildeten sich Eiszapfen an seinem Bart. „Wann sind wir denn bei Mutter?“, fragte sein Sohn vorsichtig und blickte in das verzerrte Gesicht seines Vaters. „Was ist denn mit dir? Warum schaust du so?“
„Mir ist kalt mein Liebster. Siehst du die Lichter dort vorne? Dort werden wir uns aufwärmen und etwas essen. Magst du wieder auf meine Schultern?“, fragte er. Und ohne auf eine Antwort zu warten, hob er seinen kleinen Sohn in den väterlichen Sattel. Der Wind wehte und der kleine Junge zog seine Kaputze zu damit er seine Ohren nicht allzu sehr abkühlte. Der Vater hatte noch ein paar Münzen, die gerade noch für eine letzte Mahlzeit ausreichen würde. Aber nicht für mehr. Es war schon recht spät. Eigentlich viel zu spät für einen seinen kleinen Sohn. Er war noch zu jung und zart. Er liebte ihn so sehr. Er liebte ihn so sehr wie er seine Frau geliebt hatte. Und er liebte sie immer noch. Bestimmt musste sie leiden. Zu verennen ist ein grausamer Tod. Bestimmt hatte sie geschriehen. Bestimmt hatte sie seinen Namen geschriehen und bestimmt hatte sie verzweifelt geweint. Vileicht auch, weil sie wusste, dass sie nicht entkommen konnte. Und niemand hatte ihr geholfen. Niemand konnte ihr helfen, sie war ganz alleine. Wäre sie doch bloß mitgekommen.
Er war schuld an Ihrem Tod. Er hätte sie überreden müssen mitzukommen. Er hätte sie einfach mitnehmen müssen. Er hatte sowieso ein schlechtes Gefühl als er ohne sie ging. Schlimme und bedrückende Gedanken hämmerten duch seinen Kopf. Immer und immer wieder. Angeführt von den Worten Warum,Wieso und Hätte ich.
Der Mann und sein Nachwuchs traten aus dem Wald und standen nun auf freiem Feld. Es war noch kälter geworden und der Wind bließ ihnen streng entgegen, wirbelte Schnee auf und warf ihn in die Gesichter der Wanderer. Sie hatten schon einen sehr langen, anstregenden Weg hinter sich und nun waren sie sichtlich erschöpft und müde. Vor ihnen lag die kleine Siedlung und dort würde sich bestimmt ein Gasthaus finden, indem sie ihren Hunger stillen und sich ausruhen könnten. Der Bart war, bis auf wenige Teile, vollkommen steifgefrohren. Das Wetter zeigte seine Spuren in den Gesichtern der zwei einsamen Menschen. Und das leid das in der Brust des Mannes kochte, vollbrachte es nicht diesen Zustand zu verhindern. Die Lippen der beiden waren durch die kalte Luft spröde geworden und kleine Risse zeigten sich.
John war stolz auf seinen Jungen, dass er so gut durchhielt. Es war auch nicht das erste Mal das er mit ihm solch lange Strecken zurück legte. Er hatte verdammt große Angst vor dem zeitpunkt an dem er ihm sagen musste, dass es seine Mutter nicht mehr gab. Wenn er das üebrhaupt verstehen würde. Er war doch noch so jung. Ja er wusste nicht einmal wie er diese Aufgabe bewältigen sollte. Wieder überwältigte ihn eine hitzige Welle von Unbehagen und Schmerz.
„Ist dort die Mammi, sind wir jetzt da?“
„Wir werden erst einmal etwas essen, meinst du nicht auch? Ich habe ganz großen Hunger. Magst du ein paar Bratkartoffeln? Die isst du doch so gerne.“
„Jaaaa. Bratkartoffeln sind lecker. Gibt es hier Bratkartoffeln? Mit Swiebeln? ja?“
John lächelte. Er sagte immer Swiebeln. Genauso wie er Swetschken oder Swieback sagte.
„Los, dann lass und etwas essen. Dort vorne ist ein Gasthaus." Und er hob seinen Sohn von den Schultern, setzte ihn vor sich auf den Boden und nahm seine kleine Hand. Fast siegessicher lief er, Hand in Hand mit seinem Sohn, in die Richtung der warmen Wirtschaft.
Das Haus trug den Namen „Das Schaukelnde Pferd“ und war ein schönes Haus, welches sich von seinen Nachbargebäuden durch seine Bauart markant hervorhob. Kleine Laternen baumelten im Wind und bei dem Anblick der beleuchteten Fenster wurde ihnen schon ganz warm. Dampfender Rauch quoll aus dem Schornstein und wurde gleich darauf verweht. Langsam wurde es in den Straßen wirklich sehr unlebsam. Es begann regelrecht zu stürmen. Der eiskalte Wind peitschte durch die Straßen und John war heilfroh, dass er hier angekommen war.