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Mantan
Eine Akkordfolge aus dem Zufallssynthesizer begrüsst den Wohnungsbesitzer Durox. Im Drehstuhl fährt er auf dem Kirschholzboden, drückt Tasten am Minipult und lehnt sich entspannt zurück. Mit seinen Augen kontrolliert er den Cursor auf der Projektion. „Konkret Online Shop 4 Mantans Civils“. Eine Frauenstimme lädt zur Sternenbareröffnung in Turm 437 ein. Das System „Phyton“ schlägt Sonderangebote vor: blaue Haare und vollorganische Zusatzarme. Der schwebende Personlightdipper scannt Durox´ Vitalwerte. Eine Dose Herzschmerzbalsam für sein Haustier Teppel, zwei Tuben neu entwickelter Sonnencreme, gegen die in Mantan neuerdings auftretende schwarze Sonne, sowie Orgasmusstimulatorendrops erscheinen als Vorschlag auf der Bestellliste. Durox sendet den Auftrag ab, die Projektion verschwindet.
Die Außenglaswände in Durox Wohnung simulieren das Panorama eines Strandes. Einzelne Palmen bewegen ihre Blätter und das wellenarme Meer liegt hellblau und friedlich. Erst spinnt der Geruchsgenerator und streut statt Salzwassergeruch, Bergluft in die Wohnung. Als Durox auftsteht um die Geruchszufuhr zu drosseln, flackert das Panoramabild und die fotorealitsische Darstellung der Strandkulisse weicht der endlosen Tiefe der mantanischen Nacht. Wie Sterne streuen sich die Lichter der Wohntürme in die Umgebung.
Durox schlägt auf die Steuereinheit des Wohnraumsimulators und auf der digitalen Tapete erscheint eine Wasserlandschaft mit Felsen.
Die Geräuschkulisse bietet das Plätschern eines Wasserfalls und dem Kreischen vergnügter Badenixen an. Die Luftfeuchtigkeit steigt.
Die Badenden haben blaue Bikinis. Durox ist erregt und als er sich die letzte Pille Erektionsblocker aus der Aludose nimmt, hört er wie sein Haustier, auf dem Marmorsims schnarcht. Teppel ist kein gewöhnlicher Guruk. Aber er ist wie alle Guruks pfeilförmig und seine Haut trägt während der Paarungszeit hässliche Warzen und eine Panzerhaut. In den unfruchtbaren Zeiten tragen alle Guruks ein mehrfarbiges Fell. Die Aussergewöhnlichkeit Teppels liegt darin, dass er das einzige Guruk Exemplar in Mantan ist, das menschliche Hormone verschluckte und seitdem Gefühle und Bedürfnisse und Verhaltensweise annähernd so intensiv hat wie ein Mensch. So auch das Schnarchen.
Jedesmal wenn Durox bei Enz Thel, dem Haustierrecycler in Turm 331 war, um Teppel recylcen zu lassen, hatte Teppel gekreischt und die Gunst seiner mitleidseregenden Augen genutzt und Durox dazu gebracht das Recylevorhaben abzubrechen.
Den Ratschlag Enz Thels Teppel mit einem vom ihm gezüchteten Gurukwurm zu betäuben, hatte Durox nie wahrgenommen.
Enz Thiel hasst die Guruks. Alle Guruks in Mantan fangen und als Trophäe in seinem Recyclegeschäft ausstellen oder sie in seinen stinkenden Mischungen aufzulösen. Das verfolgte der schwarzhaarigen Gurukjägers Enz Thiels. Aus seiner Werkstatt im Turmes 331 steigen Rauchwolken der Tierauflösungen auf.
Teppel wacht auf, grinst und platziert sich geräuschlos hinter Durox.
„Schau mal in das Aquarium“ zischt er und trollt sich in Richtung des Wasserbeckens. Durox folgt und legt seine Nasenspitze auf das Antifettglas. Es ist kaum Wasser zu sehen. Tausende Clockfische wuseln im Aquarium.
„Ich habe es Dir gleich gesagt, die Clockfische sind Sexmonster. Eine Nacht, Durox, in einer Nacht, sind die geschlüpft und haben sich so stark vermehrt.“
„Schau es Dir an Teppel, wie sie ihre Goldfäden einsetzen um sich gegenseitig zu lieben“.
„Die werden das Aquarium noch sprengen. Durox, was soll ich bloss tun, ich liebe sie. Ich war mit ihr am Gefrorenen Fluss….“
„Du warst am Gefrorenen Fluss?“ Wie sieht es aus? Blühen die stummen Geigen? Streuen die Geigenstreicherbinen ihren Duft?“
„Durox, wir saßen auf einem Eiszungenstrom und ich rutschte immer näher an sie heran. Obwohl mir mein Hinterteil immer kälter wurde, wärmte sie mein Herz. Plötzlich ist sie losgerutscht und jetzt schmerzt mir mein ganzer Körper von der Fahrt auf dem Eiszungenstrom.“
„Teppel, Du bist in der Liebe einfach nicht zu Hause. Andauernd verläuft Du dich dort und mir quasselst Du es vor in der Hoffnung ich habe Verständnis dafür. Teppel, sag mir wo das Tal jetzt ist, kannst Du mich hinbringen? Einmal war ich dort. Es war im Sommer ich und habe aus dem Fluss die Clockfischeier entnommen. Schau sie Dir was aus den Eiern geworden ist. Viele Jahre ruhten die Eier auf dem Sandgrund meines Aquariums und jetzt sind die geschlüpft. Die Täler haben sich versteckt, sind vor den Menschen und dessen Zerstörungswut geflohen. Der Tag als ich die Eier entnahm. Hinter einem Dreistammbaum versteckte sich ein Wesen, das sich mit der Natur vereinte. Von ihren Fussspuren im Sand atmete ich ihre Duftreste ein. Duftreste, die mich seitdem nicht mehr verlassen haben. Vor Treue blühend begleiten sie mich durch mein Leben in Mantan. Ihre Augen sah ich nie aber bestimmt sind sie farbenverwandt mit dem Blau der Dolchblüten, haben etwas von dem aus der Tiefe glitzernden Glanz der Silberschlangenalgen. Ich will sie Elena nennen“.
Durox Blicke entschweben dem Raum und springen von Sternenlicht zu Sternenlicht.
Teppel erwacht aus seiner Langeweile:
„Du bist ja schlimmer wie ich. Du kennst Sie nicht, Du bildest Dir zu viel ein auf diesen Geruch. Meinst du, dieser Geruch zeigt Dir den Weg deiner Bestimmung? Liebe ist wie Unkraut, Du kannst es ausrupften aber es bleiben die Wurzeln. Und hast Du die Wurzeln entfernt so hat die Pflanze schon längst ihre Samen vom Wind an andere Stelle tragen lassen. Willst Du denn gar nicht wissen wie das Gurukweibchen heisst, die ich zu den Geforenen Flüssen ausführte?“
„Teppel, wirklich, wer wird sie sein? Eine deiner Gurukweibchen, dessen Kommen und Gehen ich nicht mehr überblicken kann“.
„Nein Durox, sie ist so…sie ist so anders..“
„Zeig mir die Flüsse Teppel bitte!“
Die Bestellung vom „Konkret Online Shop 4 Mantans Civils“ kommt. Durox legt sich einen der Zusatzarme an und beginnt vierarmig mit einem Sternenbrocken zu jonglieren.
Durox betritt die neu eröffnete Sternenbar. Geschminkte Schleimtreter spielen auf einer Bühne Muschelflöte und Krebstrompete und an der Bar arbeiteten Barkeeper mit unzählbar vielen Ärmen. Durox setzt sich an die Bar und beobachtet zwei Blondinen in gummiengen Kleidern. Die Zwillinge trinken aus einem Schlauch, der direkt mit dem Tank der Bar verbunden ist. NoLit Trinkspass für jeden zehnten Besucher der Bar. Das gewölbte Dach simuliert einen Sternenhimmel und die Pupillen des Barkeepers haben die Form eines dreidimensionalen Fünfsternes.
Die Schleimtreterband verstummt und ein winziges Wesen mit Zylinder und Krawatte, Anzug und weissen Halbschuhen betritt die Bühne. Krakensternlichter tanzen am Rand der Bühne und hüllen den Moderator in ein Lichtermeer.
Der Wicht dreht sich im Kreis, streckt seine Hand aus, deutet auf einen Gast und ruft ihn auf die Bühne.
„23232, die Nummer des Sterns, den sie heute gewonnen haben. Hier ist die Besitzurkunde.“
Der Moderator schlägt dem Gast auf die Schulter und drückt ihn langsam von der Bühne.
„Einen Stern, wie soll……“
„Wir machen weiter mit Musik“ schreit der Ballonhosenwicht.
„Die schwarze Sonne….“
Der Wicht stösst den Gast von der Bühne.
Durox wendet sich von dem Programm ab, bestellt sich einen Pullupfloscher in einem Schneckenglas und dreht sich, sodass sein Blicke auf den braunen Beinen der Zwillingsblondinen auszuruhen kann. Eine der Blondinen grinst, fährt mit ihrer Hand an den Rand ihres Minikleides, zieht den zähen Stoff hoch und Durox starrt auf zwei nebeneinander liegende Vaginas, umwachsen von gefärbten Haar. Die Geschlechtsöffnungen schauen Durox gastfreundlich an. Nach dem wilden Spiel mit ihren Zungen, stehen die Blondinen auf und bewegen ihre Körper zu der Schleimtretermusik.
Zusammen mit einem kräftigen Schluck Pullupfloscher schiebt sich Durox die erste Pille der neuen Packung Orgasmussimulationsdrops in den Mund. Er wölbt seinen Oberkörper nach vorn, schliesst die Augen, denkt kurz an an die beiden Paradiesöffnungen und erlebt einen künstlichen Orgasmus.
Gift breitet sich in seinem Körper aus und die erzwungene Erinnerung an jemand der ihm etwas in den Puulopfloscher mischte wird von der lähmenden Wirkung des Giftes erwürgt.
Vorbei am Schwarzmarkt für Sternenbrockenhandel belebt von den Wichten die winzig und flink ihre Ware tauschen. Vereinzelt sitzen sie auf geknechteten Guruks und halten Wache. Die Furcht vor den unerbärmlichen Garden der Sternwachen ist ihnen anzumerken. Eine Gefangennahme durch eine Patrouille würde bedeuten recycelt zu werden und als Werkzeug zur Sternenaufbereitung verarbeitet zu werden.
Durox wird auf einen Holztisch abgelegt. Ein schwarzer Wuschelwicht tanzt vor Durox auf und ab. Es ist der Schäbige von der Sternenverlosung.
„Meine Lockvögel haben Dir den Kopf verdreht.“
Säcke mit Sternbrocken fallen um und verteilen sich auf dem Boden im Raum. Teppel stösst Schreie aus und stürzt sich auf den Wicht. Sie fuchteln auf dem Sternbrockenteppich herum anstatt zu kämpfen. Der Wicht entkommt.
„Teppel, du bist hier?“
„Ja Durox, ich bin hier, ich befreie Dich.“
Durox hebt ein paar Sternbrocken auf.
„Kronbrocken, schau! Und hier Meriandersteine und …..
„Durox wir müssen weg!“
Teppel schiebt seinen Herr aus der Werkstatt und sie verschwinden in der schützenden Nacht Mantans.
Bevor sich die Sonne durch den Erdstaubnebel Mantans kämpfen wird, entschwebt ein Flugguruk mit Durox und Teppel in Richtung der Gefrorenen Flüsse.