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Mandolinenspiel

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02.05.2010
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Mandolinenspiel

Luigi Buongirola saß angelehnt am Stamm eines alten Olivenbaums und spielte nachdenklich auf seiner Mandoline. Er hatte fürchterliches Lampenfieber. Das ganze Dorf würde auf dem Platz versammelt sein und zuhören. Aber es war der Gedanke an Fabiola, der ihn eine Gradwanderung durchmachen ließ, es war ihm abwechselnd heiß und kalt. Manchmal war ihm, als würden seine flinken Finger bald versagen. Zitterten sie? Doch er hatte Vertrauen in die Mandoline, ein prachtvoll gearbeitetes Instrument, das er von seinem Vater Giorgio Buongirola geerbt hatte.

Das blecherne Bimmeln von Glocken näherte sich. Luigi hielt inne. Es war der alte Emilio, der da mit seinen Schafen den Hügel hoch kam und sich zu ihm in den kühlenden Schatten setzte.
»Spiel weiter, Luigi«, sagte Emilio und lächelte. Die Augen des alten Mannes waren feucht, doch sein Gesicht strahlte eine zufriedene Glückseligkeit aus. Es waren Tränen der Freude und tiefster Emotion. Luigi beobachtete immer wieder, wie die Leute von seiner Musik gerührt waren, und das gab ihm neuen Mut. Er war nicht ganz so virtuos wie Bruno, aber sein Mandolinenspiel drang in die Seele der Leute. Ja, er würde es schaffen. Er spielte noch ein Lied und verabschiedete sich dann von Emilio.
Voller Entschlossenheit stieg Luigi ins Dorf hinab, wo er sich mit Bruno Bruneschetti zum alljährlichen Mandolinenduell messen würde.

Aus dem Schatten eines anderen knorrigen Olivenbaums löste sich eine schlanke Gestalt und folgte ihm.

»Es ist vollbracht!«, verkündete Giacomo Buongirola mit einem Pathos, der nicht recht zu einem Vierzehnjährigen passen wollte. Er und Severino Monteverdi pressten die Schnittwunden an ihren Fingern aneinander, lächelten tapfer und ließen die Hände dann sinken. »Nun sind wir Brüder. Nichts kann uns mehr trennen!«
»Nicht Tod noch Teufel«, bestätigte Severino und hob das Messer auf, mit dem sie sich gegenseitig den kleinen Schnitt am Zeigefinger beigebracht hatten. Es war ein gutes Messer, geschwungen und scharf, ein Schnitzmesser, mit dem Severino die kühnsten Figuren aus dem Holz von Pinien, Fichten und Olivenbäumen zu schälen vermochte.
Giacomo lächelte und schulterte seine Mandoline. Es war ein erbärmliches Instrument, dem schon eine Saite fehlte und das einen elenden, leiernden Klang von sich gab, aber er liebte nichts mehr, als auf der traurigen Mandoline herumzuklimpern.
»Eines Tages werde ich dir eine Mandoline machen, wie die Welt sie noch nicht gesehen hat, Bruder«, versprach Severino und klappte behutsam das Fotoalbum zu, auf dessen erster Seite sie zum Zeichen ihrer neuen Verbundenheit zwei blutige Fingerabdrücke hinterlassen hatten. »Ich werde der beste Mandolinenbauer, den Italien je gekannt hat.«
»Und ich werde der größte Mandolinenspieler«, sagte Giacomo. Er sah zu, wie Severino das Fotoalbum in die blaue Blechdose legte – ihre Schatztruhe – und sie in den Hohlraum unter der losen Holzplanke schob. Der alte Wasserturm war ihr Lieblingsort; verfallen und verlassen, im Dorf erzählte man sich düstere Geschichten um einen Fluch, der auf den dunkelrotem Ziegelbau liegen sollte.
Die Jungen traten nach draußen in die würzige Abendluft, das sommertrockene Gras knackte unter ihren bloßen Füßen.
Severino gab Giacomo einen Knuff. »So, Bruder! Kannst du auch rennen oder nur klimpern?«
»Wer zuerst im Dorf ist!«, brüllte Giacomo, und lachend stoben sie den Hügel hinunter.
Ein Schatten verdichtete sich im Inneren des Wasserturms, ein Paar roter Augen sah den Jungen nach.
»Nicht Tod noch Teufel«, murmelte eine raue Stimme aus dem Zwielicht. »Nun; wir werden sehen.«

»Mefisto!«, rief Luigi und stieß einen Pfiff durch seine Finger. Durch das eingefallene Loch der Steinmauer, die den Olivenhain vom nächsten trennte, huschte ein enorm großer schwarzer Pudel hervor und sprang an Luigi hoch, der lachend mit einer Hand die Mandoline in die Luft reckte, damit sie nicht abgeschleckt wurde.
»Nicht doch, du dummer Hund, ich muss noch mit dieser Mandoline Fabiolas Herz gewinnen!«
Mefisto ließ von ihm ab und spitzte die Ohren.
»So ist gut! Braver Mefisto. Komm, lass uns ins Dorf gehen.«
Mefisto jedoch tat keinen Wank und hielt die Ohren weiter steif.
»Was hast du? Na los, beweg dich. Willst du ewig da stehen bleiben?«
Jetzt schnupperte Mefisto aufgeregt, drehte ein paar Kreise und fing dann an zu bellen. Nun war auch Luigi alarmiert. Er sah sich um, konnte aber keinerlei Anzeichen von Gefahr entdecken. Gerade als er wieder weiter wollte, sprintete Mefisto los.
»Wohin ...?« Luigi verstummte. Der Hund hatte den Weg zum alten Wasserturm eingeschlagen.
Luigi näherte sich der Steinbrücke, die sich über das ausgetrocknete Bachbett schwang. Im Dorf erzählte man sich, der Teufel habe sie gebaut. Gewiss, das Bachbett lag etwa 20 Meter weiter unten in der engen Schlucht, der sich wie ein Riss durch die Landschaft zog, doch Luigi wusste von seinem Großvater Giacomo, dass die alten Römer die wahren Bauherren waren. Zumindest klang diese Erklärung plausibler.

Die Brücke spannte einen schmalen Bogen über den Abgrund und man konnte das andere Ende nicht sehen, wenn man auf der einen Seite stand, weil das Halbrund die Augenhöhe überstieg. So kam es, dass Luigi erst im letzten Augenblick die Frau erkannte, die auf ihn zukam. Statt sich zu fragen, was eine Frau an diesem abgelegenen Ort suchte, blieb ihm erst einmal der Atem weg. Diese Frau war attraktiv, um nicht zu sagen: verdammt attraktiv, und Luigi schämte sich dafür, dass er eine Gradwanderung durchmachte, als sein Blick ihr tiefes Dekolleté streifte und daran hängen blieb, was ihm sonst nur beim Gedanken an Fabiola passierte.

»Sie ist einfach hinreißend!«, schwärmte Giacomo. »Hast du diese Augen gesehen? Und wie sie sich bewegt … Grazil wie auf dünnen Eiern!«
Severino lächelte nur.
Wie so oft saßen die beiden Jungen an ihrem geheimen Treffpunkt im Wasserturm. Siebzehn Jahre zählten sie mittlerweile und waren große, schlaksige, aber wohl anzusehende Burschen geworden. Severino ging wirklich im Nachbardorf bei Maestro Gepetto, dem Mandolinenbauer, in die Lehre, und Giacomo wurde im Hause seines Vaters, eines wohlhabenden Öl- und Weinhändlers, zum Schreiber ausgebildet.
»Ich habe mit meinem Vater gesprochen. Er meint, es spräche nichts dagegen, wenn ich schon bald um Fabias Hand anhalte«, rief Giacomo euphorisch aus.
Jetzt huschte doch ein kurzer Schatten über Severinos Gesicht. »Du willst sie heiraten? Ist es dir wirklich so ernst?«
»Aber ja!«, bekräftigte Giacomo und sah seinen Blutsbruder forschend an. »Du bist doch nicht etwa eifersüchtig?«
»Woher denn!«, beeilte sich Severino zu sagen. »Ich gönne dir dein Glück von Herzen. Es überrascht mich nur, denn die Ehe ist ein großer Schritt.«
»Fürwahr!«, erklang eine Stimme hinter ihnen. »Zumal soviel Größeres auf euch wartet.«
Die Jungen fuhren herum. Eine hagere Gestalt hatte sich aus dem Halbdunkel gelöst und blieb doch noch in ihm verborgen. Nur ein Paar roter Augen leuchtete sie an; und auf dem Hut auf seinem Kopfe tanzte, bewegt von einem unsichtbaren Windhauch, eine rote Hahnenfeder.
Die Knaben saßen da wie versteinert.
»Wer … wer seid Ihr?«, stammelte Severino endlich.
Der Fremde lachte.
»Ihr dürftet ahnen, wer ich bin, und ihr habt vollkommen recht! Ich beobachte euch seit langem. Sagt, darf ich euch einen kleinen Handel vorschlagen?«
Giacomo sprang auf, und mit dem Mut der Verzweiflung schleuderte er seine Mandoline nach dem Fremden. Mit einem dumpfen Geräusch brach sie entzwei, aber dem Fremden schien das nichts auszumachen, er trat einen Schritt näher und zog die Augenbrauen hoch.
»Nanu, ein rechtes Heißblut haben wir hier, will mir scheinen?«
»Schert Euch fort!«, stieß Giacomo hervor und bekreuzigte sich. »Mit Euch schließ ich keinen Handel – nimmermehr! Komm, Severino!«
Er zerrte am Arm seines Blutsbruders, aber dieser starrte wie verzückt auf den hageren Mann mit der Hahnenfeder.
»Ich … ich komme gleich, Bruder«, murmelte er.
Giacomo heulte auf und stürzte zur Tür hinaus.
Severino und der Fremde blieben allein. Sie musterten sich. Tapfer hielt Severino dem Blick der roten Augen stand.
»Du weißt eine Gelegenheit zu ergreifen, wenn sie sich bietet. Es gibt einiges, was dein Herz begehrt, Mandolinenbauer, und ich kann es dir geben«, raunte der Fremde. »Folge meinem Rat, und du wirst eine Mandoline fertigen … Vollkommen. Niemand wird ihrem Klang widerstehen. Begreifst du, was ich dir sage?«
Severino holte tief Luft.
»Was muss ich tun?«, fragte er mit fester Stimme.

»Ihr müsst mir helfen!«, flehte die schöne Fremde Luigi an – denn eine Fremde war sie wohl, zumal da Luigi sie noch nie im Dorf gesehen hatte. Immer noch war er von ihrem betörenden Antlitz gebannt und vermochte kein Wort herauszubringen.
»Oh, bitte, so sagt doch was, Signore!« Die eindringlichen Worte der Fremden rüttelten Luigi aus der Starre.
»Wie kann euch helfen?«
»Ihr müsst Bianca retten, sie ist in größter Not!«
»Wer ist Bianca? Was ist geschehen?«
»Bianca, mein Liebling, mein Sonnenschein, meine Katze, ist in einen Schacht gefallen. Im Wasserturm.«
»Im Wasserturm, sagtet Ihr?« Luigi stockte. »Meint Ihr den alten, verlassenen Wasserturm?«
Die Fremde nickte. Luigi wagte es nicht, sie darauf anzusprechen, was sie denn da verloren hätte.
»Verzagt nicht, Signorina, ich werde Bianca retten! Doch sagt mir zuerst, was ist euer Name?«
»Nennt mich Morena.«
»Vertraut mir, Morena, ich werde Bianca heil aus diesem Schacht holen.«

Zusammen eilten sie den steinigen Weg hinauf. Und da war er, der alte Wasserturm, dicht umringt von alten Eichen, die stummen Wächtern gleich den Bau vor neugierigen Blicken schützten. Das spitze Dach, einem Hexenhut ähnlich, ragte bedrohlich in den blauen Sommerhimmel. Luigi schluckte und hoffte, Morena würde es nicht bemerken. Er kannte die Geschichten, die sich um den alten Wasserturm rankten, nur allzu gut. Von Geistern, einem düsteren Fluch, einer bösen Zauberin und gar dem Leibhaftigen war die Rede, doch Luigi wollte sich von solchen Gedanken nicht einschüchtern lassen. Das war alles altes Weibergewäsch! Es war wie vor einem Auftritt mit seiner Mandoline. Er wusste, wie man mit unbegründeter Angst umging und schüttelte sie ab.

Energisch schritt er voran, betrat den düsteren Eichenhain und bahnte sich einen Weg durch das widrige Unterholz, das ihr Weiterkommen erschwerte. Morena folgte ihm. Schließlich hatten sie ihr Ziel erreicht. Vor ihnen lag eine schmale, steinerne Treppe, die zu einer rostigen Tür hinauf führte. Sie musste vor langer Zeit bemalt gewesen sein, denn Luigi konnte noch vereinzelte Farbreste erkennen, die an ihrer Oberfläche abblätterten. Er drückte die Klinke herunter. Ohne Widerstand gab sie nach.
»So, und wo ist das Kätzchen?«, rief Luigi herausfordernd ins dunkle Innere des Turms.

Giacomo Buongirola stieg müde den Hügel in Richtung des Wasserturms hinan. In den letzten Monaten hatte sich viel geändert. Über den unheimlichen Fremden hatten er und Severino kein Wort mehr gewechselt; aber Giacomo ahnte wohl, dass sein Freund einen unheilvollen Bund geschlossen hatte. Seither sahen sie sich kaum. Wie im Fieber hatte Severino sich in seine Arbeit bei Maestro Gepetto gestürzt. Die Sorge um seinen Blutsbruder lastete schwer auf Giacomos Seele; doch was sollte er tun?
Er hatte den Wasserturm fast erreicht, als er stehenblieb. Spielte da jemand Mandoline? Ja, es war zweifellos der süße, perlende Klang einer Mandoline, der aus dem Turm an sein Ohr drang. Eine ganz einfache Melodie, und doch rührte sie Giacomo in seinem tiefsten Innern an. Wer mochte das sein?
Mit angehaltenem Atem näherte er sich Schritt um Schritt dem alten Gemäuer. Die schmiedeeiserne Tür, hinter der er und Severino so viele Stunden gemeinsam geträumt und geredet hatten, stand offen. Giacomo blickte durch den Spalt, und was er sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
Da saß Severino, eine Mandoline aus honigfarbenem Fichtenholz in den Händen; er klimperte auf ihr, und an seine Schulter gelehnt, mit verzücktem Blick zu ihm aufsehend, saß – Fabia!
»Oh, Severino, wie wunderbar du spielst!«, rief sie aus, als er innehielt. »Es ist, als ob die Mandoline selbst mich zu dir riefe. Wie konnte ich mich nur mit Giacomo verloben?«
Sie strahlte ihn an, und Severino küsste sie.
»Nun werde ich immer bei dir bleiben«, sagte Fabia, richtete sich auf und ordnete ihr Haar, das – Giacomo sah es erst jetzt – zerzaust und von Holzspänen bedeckt war. Konnte es sein, dass die beiden …? Giacomo wagte kaum, den Gedanken zu Ende zu denken, doch als er sah, wie Severino die Mandoline sinken ließ und die Umrisse von Fabias Brüsten unter ihrer Bluse nachzeichnete, wurde ihm alles klar.
»Ja, mein Herz, bleib bei mir. Ich liebe dich schon so lange«, raunte Severino ihr ins Ohr.

Mit einem Ruck riss sich Giacomo los und stürmte fort, hinaus in die Felder, wo niemand seine Tränen sehen würde. Der doppelte Verrat schmeckte besonders bitter.
»Oh, mein Bruder! Was hast du getan?«


»Was habt Ihr?«, fragte Morena.
Sie waren die Treppe, die sich in einer schwindelerregenden Spirale hoch wand, hinaufgestiegen und standen nun vor einer hölzernen Tür. Luigi schielte über das eiserne Geländer in die Tiefe hinunter. Etwas stimmte nicht. Er zögerte.
»Ich weiß nicht.«
»So öffnet doch endlich die Tür!«, drängte Morena hinter ihm.
»Aber … müsste der Schacht nicht unten sein? Ich sehe hier nichts außer Rohre und Geländer.«
»Nicht denken, weitergehen, Luigi!«, sagte Morena, dieses Mal mit einem gebieterischen Unterton.
Luigi tat wie geheißen und stolperte regelrecht in den Raum, der vor ihnen lag. Sie waren im obersten Stockwerk angekommen.
Dann geschahen mehrere Dinge. Nicht gleichzeitig, aber doch in rascher Abfolge.

Zum einen blieb Luigi gar nicht die Zeit, sich zu wundern, woher Morena seinen Namen wusste, denn er hatte alles andere erwartet, als ein liebevoll eingerichtetes Zimmer, an dessen Wänden alte Lithografien mit vergessenen Schauspielern hingen. Zwei klapprige Stühle standen um einen kleinen Tisch, ein dunkelroter Sessel daneben, dahinter ein selbst gezimmertes Regal, auf dem allerlei kuriose Sachen standen, unter anderem ein ausgeblichener Schafschädel. Auf der anderen Seite, zu seiner rechten, thronte eine massive Werkbank, die Werkzeuge noch verstreut, als wäre eben der Meister noch am Werke gewesen. Doch über all den Dingen lag eine dicke Staubschicht, sie waren jahrelang nicht mehr benutzt worden.

Das seltsamste jedoch war der Kreis in der Mitte des Raumes, den jemand mit weißer Kreide auf dem Boden eingezeichnet hatte. Ehe sich Luigi fragen konnte, was dies alles bedeuten mochte, sprang aus dem Dunkel unter der Werkbank ein weißer Schatten hervor, zielte auf ihn zu und riss ihn beinahe um. Gerade im letzten Moment gelang es Luigi noch, die Mandoline nicht fallen zu lassen. Messerscharfe Krallen bohrten sich in seinen Oberkörper. Mehr aus Schreck als aus Schmerz schrie der junge Mann auf und taumelte geradewegs auf den Kreidekreis zu. Ehe er sich versah, fiel ein Tropfen seines Blutes ins Kreisinnere.
Hinter ihm lachte Morena. Es war ein glockenhelles Lachen, das Luigi an Fabiola erinnerte, und doch so anders klang, boshaft und hämisch. Luigi wandte sich um und starrte Morena an, die inzwischen die weiße Katze in ihre Arme genommen hatte und diese liebevoll koste. Triumph, gemischt mit Verachtung und Spott, lag in ihrer Stimme, als die fremde Schönheit zu sprechen begann.
»Ha, das ging ja leichter als gedacht! Ihr seid wahrhaftig ein leichtgläubiger Narr, Luigi, so einfach zu täuschen. Nun, lasst uns zur Sache kommen.«
Benommen raffte Luigi sich auf und wollte einen Schritt auf Morena machen, aber eine unsichtbare Kraft hinderte ihn daran. Verwirrt tastete er um sich, worauf Morena noch einmal auflachte.
»Vergebene Müh, vergebene Müh, Luigi. Ihr glaubt doch nicht etwa, Ihr könnt meinen Bannzauber brechen? Ich versichere Euch, keinem Sterblichen ist dies je zuvor gelungen.«
Luigi rang nach Luft. Er war gefangen! »Wer zum Henker seid Ihr? Was wollt Ihr von mir?«
»Morena Amalia di Mandrarossa e Santadi, rechtmässige Nachkommin von Saveria Giulia di Mandrarossa e Alberice, und ich bin hier um mein Eigentum einzufordern.« Mit einer schwungvollen Geste wies sie auf die Mandoline in Luigis Hand.
Luigi stutzte. »Meine Mandoline wollt Ihr?«
»Habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt? Diese Mandoline ist mein eigen.«
»Wie kann das sein? Ich habe sie von meinem Vater, der sie wiederum von seinem Vater erhalten hat …«
»Unverschämter Lügner! Ein Dieb seid Ihr!« Die vorhin so anmutige junge Frau hatte all ihre Lieblichkeit verloren und baute sich nun einer fürchterlichen Rachegöttin gleich vor Luigi auf. Zorn funkelte in ihren Augen.
»Diese Mandoline wurde gestohlen! Mir ist es gleichgültig, von wem Ihr sie erhalten habt, und woher dieser sie hatte, nur eins ist gewiss: Sie gehört nicht euch. Und nun gebt sie mir.«
»Ich kann nicht …«, stammelte Luigi. »Heute ist doch das Mandolinenduell!«
»Was? Mandolinenduell?«
»Das ganze Dorf erwartet mich. Ich werde mich mit Bruno Bruneschetti messen. Ich muss ihn schlagen, damit ich um Fabiolas Hand anhalten kann.« Als er ihren Namen aussprach, fasste er neuen Mut. »Wie kann ich denn ohne Mandoline ihr Herz gewinnen?«
»Das ist Euer Problem.«
»Aber so versteht mich doch! Fabiola ist das Einzige, wofür es sich zu leben und zu atmen lohnt. Jeder Herzschlag, den mein Herz auf dieser Erde schlägt, gilt ihr. In derselben Welt zu weilen wie sie, nur dies allein macht mich schon glücklich!«
Morena hielt inne. Ihr Gesichtsausdruck milderte sich ein wenig.
»Ihr liebt also diese Frau. Fabiola.«
»Mit meiner ganzen Seele.«
»Und sie liebt Euch auch.«
Luigi zögerte. »Nun ja, sie hat es mir nie gesagt, aber ich bin mir dessen gewiss. Sie hat mir die Möglichkeit gegeben, mich als ihrer würdig zu erweisen, indem ich im Mandolinenduell gegen Bruno antrete.«
Morena sagte daraufhin nichts sondern nickte nur bedächtig. Langsam umschritt sie den Kreis, in dem Luigi stand, als dachte sie nach. Angespannt blieb Luigi im Kreis stehen, ihm blieb ja auch nichts anderes übrig. Schließlich sprach sie:
»Ich weiß, dass die Mandoline mein rechtmäßiger Besitz ist, doch will ich sie Euch nicht gewaltsam entwenden. Ich schlage Euch vielmehr einen Handel vor: Ihr gebt mir freiwillig die Mandoline, und ich werde Euch das Herz Eurer Angebeteten schenken.«
»Ihr meint das im Ernst? Aber das geht doch nicht, einzig Fabiola allein kann dies tun.«
»Seid Euch da nicht zu sicher, junger Mann.« Morena lächelte nun. »Konntet Ihr Euch nicht eben am eigenen Leibe vergewissern, wie machtvoll meine Kräfte sind?«
Verzückt sah Luigi sie an. »Oh, wenn Ihr die Wahrheit sprecht, will ich Euch die Mandoline freien Willens geben!«
»Ihr habt mein Wort.«
»So willige ich ein!«, jauchzte Luigi, der sein Glück nicht fassen konnte. Kaum hatte Luigi diese Worte gesprochen, entriss Morena ihm die Mandoline und ging von dannen.
»Aber he, und was ist mit mir? Lasst mich frei!«
»Davon war nicht die Rede. Und nun gehe ich das Herz Eurer Liebsten holen!«, rief Morena ihm zu, während die eilig die Treppe hinunter hastete. Luigi hörte noch, wie die stählerne Tür unten zuschlug. Dann war es still.
Ihm schwante Fürchterliches.

Mit einem glücklichen Seufzer knöpfte Severino seine Hose zu. Seine Blase hatte nach der ansehnlichen Menge von Wein gründlich nach Erleichterung verlangt. Er lauschte auf den Lärm der Hochzeitsgesellschaft, der gedämpft durch das Blattwerk zu ihm drang; Musik, Lachen und das Klingen von Gläsern. Er lächelte versonnen in die Dunkelheit. Fabia war sein.
Mit einer vorsichtigen Bewegung warf er sich die Mandoline wieder über die Schulter. Seit Monaten trug er sie stets an einem Trageriemen aus weichem Leder bei sich. Nicht auszudenken, wenn das Stück verloren ginge ...
Das Knacken von Holz ließ ihn aufschrecken. Severino fuhr herum und trat zwei Schritte hinter dem mächtigen Olivenbaum hervor, an dessen Wurzeln er sein Geschäft verrichtet hatte. Eine Gestalt hatte sich über die kleine Steinmauer geschwungen. Gegen das einfallende Mondlicht konnte er nur eine Silhouette wahrnehmen. Doch die Stimme erkannte Severino auf Anhieb.
«Ich bin gekommen, um dir meine Glückwünsche zu überbringen«, sagte Giacomo. »Bruder.« Das letzte Wort sprach er voller Verachtung.
Severino machte einen Schritt auf ihn zu. Jetzt konnte er im fahlen Licht das bittere Lächeln seines Freundes erkennen.
»Giacomo! Wir haben dich schon vermisst! Warum bist du nicht zur Trauung gekommen?«
»Muss ich dir das wirklich verraten?«, fragte Giacomo. »Du hast uns verraten. Unsere Freundschaft und alles, was uns wichtig war.«
Severino lachte gezwungen.
»Bruder, du weißt, dass das nicht stimmt! Fabia ist aus freien Stücken zu mir gekommen. Gewiss, es tut mir leid, aber ...«
»Hör auf damit!«, fuhr Giacomo ihn an. »Das ist alles Höllenwerk! Meinst du, ich weiß nicht, wer seine Finger dabei im Spiel hat?«
Severino fuhr sich nervös mit einer Hand durchs Haar. »Ich weiß nicht, wovon du redest.«
»Doch, das weißt du«, sagte Giacomo hart. »Ich habe dir nichts mehr zu sagen. Nur das Eine: Ich werde mir nicht alles nehmen lassen.«
Der Faustschlag traf Severino vollkommen unerwartet. Er taumelte nach hinten und stolperte über eine Wurzel. Geistesgegenwärtig riss er die Mandoline nach vorne, als er hintenüber fiel, und noch während er nach Luft rang, beugte sich Giacomo über ihn und entwand ihm mit einem sicheren Griff das Instrument.
»Giacomo - nein -«
»Sie steht mir zu«, sagte Giacomo langsam und schaute auf seinen Blutsbruder hinab. »Das war dein Versprechen, vor so vielen Jahren. Eine Mandoline, wie die Welt sie noch nie gesehen hat. Wenigstens das.«
Er spuckte verächtlich aus, direkt auf Severinos Stirn. Dann wandte er sich um, schwang sich über die Steinmauer und verschwand in den nächtlichen Feldern.
Severino blieb liegen und sah dem davon eilenden Schatten nach. Langsam wischte er sich über die Stirn. Seine Augen brannten.

Fabiola schirmte ihre Augen mit der Hand ab und starrte die Straße hinauf, die in der orangegelben Nachmittagshitze verschwamm.
Bruno räusperte sich. »Wer nicht kommt zur rechten Zeit ...«, meinte er vielsagend und wedelte mit dem violetten Fächer, den sein Vater ihm vom Sarazenenmarkt in Genua mitgebracht hatte. Fabiola bedachte ihn mit einem wütenden Blick.
»Aber er hat recht!«, krähte der rotlockige Antonio mit den abstehenden Ohren. »Luigi ist schon fast eine Stunde zu spät. Wie lange sollen wir noch warten?« Zustimmendes Gemurmel wurde laut.
Nun funkelte Fabiola auch ihn an und verschränkte trotzig die Arme.
»Er wird kommen, das weiß ich!«
»Fabiola, mein Kind«, murmelte ihr Vater und fuhr sich mit einem schreiend grünen Seidentuch über die Stirn. »Sei doch vernünftig. Das ist wirklich eine Zumutung für die Leute. Lass uns den Termin verschieben.«
»Ich will aber auf Luigi warten!«
Der Staub wirbelte unter dem Aufstampfen ihres nackten, braungebrannten Fußes auf.
Ihr Vater betrachtete sie kopfschüttelnd, aber die Menge hatte schon angefangen, sich zu zerstreuen, während Cirano Iaquinta seinen quietschenden Eiswagen durch die Menge schob. »Chili-Mango-Bambus! Paprika-Hyazinth!«
»Ist der Wettkampf nicht hinfällig? Wahrscheinlich will er dich gar nicht!«, verkündete Bruno und wechselte den violetten Fächer in die andere Hand.
»Das werden wir ja sehen!«, zischte Fabiola. Sie schleuderte die Blumengirlande aus mittlerweile welken Magnolien zu Boden, die sie extra für diesen Anlass geknüpft und angelegt hatte, und marschierte hocherhobenen Hauptes an Bruno und ihrem Vater vorbei, die Hauptstraße hinauf. Die Leute, die noch auf dem Marktplatz standen, traten instinktiv einen Schritt zurück. Wenn Fabiolas Augen Funken sprühten und ihr die rotgoldenen Haare wie elektrisiert zu Berge standen, dann war mit ihr nicht zu scherzen.
Ein Raunen ging durch die Menge: »Wo geht sie denn hin?« - »Jetzt liest sie ihm die Leviten!« - »Ist Luigi nicht vorhin auf den Hügel gegangen?« - »Erdbeer-Koriander! Zitronenmelisse-Prinzessinnenbohnen!« - »Sie soll doch lieber den Bruneschetti heiraten!«
Fabiola hörte nichts von alledem. Sie wusste, wo Luigi zu üben pflegte. Der alte Olivenbaum bei Emilios Hütte war sein Lieblingsplatz. Dort würde sie ihn finden und, da war sie ganz sicher, ihm das Lampenfieber ausreden.
Schon von weitem sah sie die zusammengesunkene Gestalt im Schatten des Baumes. Die Sonne stand bereits tief, als Fabiola sich näherte und die Augenbrauen hob, als das Schnarchen an ihr Ohr drang.
»Na, Faulpelz - dir werd ich’s zeigen, einfach deinen Wettkampf zu verschlafen!«
Sie beugte sich über den Schlafenden und riss entschlossen den ausgebeulten Schlapphut weg, den er sich übers Gesicht gelegt hatte.
Sowohl Fabiola als auch der Mann unter dem Olivenbaum schraken zurück.
»Emilio!«
»Mamma mia! Wenn du mich wecken willst, dann bitte doch ein wenig sanfter!«
Fabiola drehte verlegen den Schlapphut zwischen ihren Fingern.
»Verzeih mir, Emilio«, murmelte sie verwirrt. »Aber ich bin auf der Suche nach Luigi und dachte ...«
Die Miene des alten Schäfers hellte sich auf.
»Ach, Luigi!« Er lächelte vielsagend. »Den habe ich vorhin noch zum alten Wasserturm hochsteigen sehen.«
Fabiola verkrampfte sich. Zum alten Wasserturm?
»Danke«, sagte sie mechanisch, ließ den Hut zu Boden plumpsen und wandte sich um. Mit zusammengekniffenen Augen visierte sie den Turm auf der Hügelspitze an und spürte, wie neue Wut in ihr hochkochte.
Der alte Wasserturm.
Der Ort, an dem sich die Liebespaare trafen.
Was für ein Schuft!
Mit geballten Fäusten begann Fabiola den Aufstieg.

Severino schloss die Tür des Geschäftes ab und versorgte den Schlüssel sorgfältig in der Jackentasche. Zufrieden tat er einige Schritte zurück und sah sich den hellblauen, mit Gold umrandeten Schriftzug an, der über dem verstaubten Schaufenster prangte. »Vini e Oli Buongirola & Figlio« stand da, doch schon morgen würde der Schriftenmaler kommen und neue Lettern anbringen: »Olio e Vino S. Monteverdi«. Severino kostete diesen Gedanken aus und lächelte.
Seit Giacomos spurlosem Verschwinden vor drei Jahren hatten sich so viele Dinge geändert. Mit Giacomo war auch alle Lebensfreude des alten Buongirolas gegangen. Giacomos Vater vergaß Rechnungen zu buchen, verzählte sich ständig bei der Kasse und ging immer seltener zu seinen Geschäftspartnern in der Stadt. Selbst die wichtigen Kontakte zu den genovesischen Händlern vernachlässigte er. Severino hatte seine Chance gewittert und seinen eigenen Vater um einen Kredit gebeten, so dass er die Wein- und Ölhandlung übernehmen konnte, die schon bald zum Verkauf gestanden hatte – er hatte nur geringfügig nachhelfen müssen.
Das Mandolinenbauen hingegen hatte Severino längst aufgegeben. Vergebens waren die Versuche gewesen, ein neues Instrument zu fertigen, er konnte es einfach nicht mehr tun. Wie oft hatte er sich an die Werkbank gesetzt, mit den Fingerkuppen über das bereit liegende Holz gestrichen und den Hobel geschärft? Weiter war er nicht gekommen. Zu groß lastete der Verlust der einen Mandoline auf ihm, denn er wusste, dass er nie wieder ein solches Meisterwerk vollbringen mochte.
Auch Fabia war seither ihm gegenüber abweisender geworden, obwohl sie ihm, ihrer Pflicht bewusst, eine Tochter und einen Sohn geboren hatte. Doch Severino ließ sich nicht sein Leben nehmen, nicht von Giacomo, diesem Versager, der auch noch zu feige war, sich wieder im Dorf blicken zu lassen. Er, Severino, würde sich mit dem Geschäft eine neue Existenz aufbauen und damit alle Erinnerungen an Giacomo tilgen, denn der alte Buongirola, den die Gicht plagte, würde es nicht mehr lange durchhalten. Und dann waren alle Buongirolas aus diesem Dorf verschwunden.
Severino trat den Heimweg an. Als er an den blühenden Oleanderbüschen vorbeiging, die den Kiesweg zum Monteverdischen Anwesen säumten, ergriff ihn eine seltsame Stimmung. Der Duft erinnerte ihn an etwas. Was war es bloß?
Die Dämmerung setzte schon ein, doch Severino machte kehrt und ging gedankenverloren den schmalen Pfad hinauf, der aus dem Dorf führte. Ihm war nicht danach, zu Hause von einer schweigsamen Ehegattin erwartet zu werden. Die Kinder, sein einziger Trost, schliefen um diese Uhrzeit schon.
So geschah es, dass ihn seine Beine zum Wasserturm trugen. Er war schon lange nicht mehr an diesen Ort gekommen. Sie erinnerten ihn schmerzlich an die glücklichen Stunden, die er hier mit Fabia verbracht hatte, und an die Nächte, in denen er unermüdlich an seinem Meisterwerk gearbeitet hatte, der Mandoline, die nun verloren war.
Müde stieß er die Tür zum Zimmer auf, das einst seine geheime Werkstatt gewesen war. Ob er vielleicht einen neuen Versuch starten sollte? Schließlich hatte er dieses Handwerk gelernt. Er ließ sich in den Sessel sinken und schloß seufzend die Augen. Da war wieder der Geruch von Oleander.
Ein Geräusch ließ ihn aufschrecken.
Sein Herz stockte – im ersten Moment hatte er geglaubt, der Mann mit dem Hut stünde vor ihm –, doch es war eine andere Person, die sich da aus dem Schatten gelöst hatte. In ihrem schwarzen Haar steckten weiße Oleanderblüten.
»Saveria!«, stieß Severino überrascht hervor.

Fabiola kniff die Augen zusammen. Im Gegenlicht der untergehenden Sonne konnte sie zunächst nur die Umrisse der Gestalt erkennen, die ihr den Hügel hinunter entgegenkam. Doch das reichte bereits, um zu sehen, dass es sich um weibliche Umrisse handelte. Um weibliche, extrem wohlgeformte Umrisse. Und in den Händen hielt die Fremde – Luigis Mandoline. Kein Zweifel. Fabiola erkannte das polierte Holz des Instrumentes auf Anhieb, und Wut kochte in ihr hoch. Sie blieb stehen und ballte die Fäuste. Als die Gestalt vor ihr stand, blickte sie in zwei smaragdgrüne Augen, umrahmt von einer tiefschwarzen Lockenmähne.
»Das also ist Luigis Geschmack!«, murmelte Fabiola erbost und machte noch einen Schritt auf die Fremde zu, das Kinn nach vorn gereckt. Die andere Frau schien nicht beeindruckt.
»Na, wen haben wir denn da! Wenn das nicht Fabiola Monteverdi ist!« Ihre Stimme war spöttisch, aber samtweich.
»So ist es!«, fauchte Fabiola und stemmte die Fäuste in die Hüften. »Und mit wem habe ich das Vergnügen, wenn ich fragen darf?«
»Vergnügen?« Die Fremde lachte. »Oh, das Vergnügen ist einzig und allein auf meiner Seite. Mein Name ist Morena. Luigi lässt dich übrigens recht herzlich grüßen.« Wie konnte sie es wagen! Fabiola spürte, wie ihr die Zornesröte ins Gesicht stieg.
»So, lässt er das? Dann richte ihm aus, dass ich auf seine Grüße keinerlei Wert lege, wenn er es bevorzugt, sich im Wasserturm mit aufgetakelten Schlampen zu vergnügen, die einen auf Zigeunerprinzessin machen!«
»Zigeunerprinzessin?«, zischte sie. »Wie kannst du es wagen?! Dir ist wohl nicht klar, wen du vor dir hast, du ungebildeter Bauerntrampel?«
»Bauerntrampel? Nun, immerhin weiß ich, dass eine anständige Frau ihre Brüste unter und nicht über der Bluse zu tragen hat!«
»Es ist nicht meine Schuld, wenn du keine ordentlichen Brüste hast, Schätzchen!«
»Von einer hergelaufenen Gauklerin lasse ich mich nicht Schätzchen nennen!«
»Jetzt reicht es aber endgültig, du froschgesichtige Zicke! Ich bin Morena Amalia di Mandrarossa e Santadi, und in meinen Adern fließt das Blut des sarazenischen Magieradels! Erinnere dich daran, wenn du im Fegefeuer brutzelst!«
»Im Fegefeuer? Du bist diejenige von uns beiden, die auf den Scheiterhaufen gehört – allein schon, um der Welt deine Fratze zu ersparen!«
Fabiola spürte, wie ihre Haare sich erneut aufstellten und zu knistern begannen. Sie war bereit, sich jeden Moment auf Morena zu werfen und ihr die verflixten grünen Augen auszukratzen.
»Scheiterhaufen?« Morena schmunzelte. Mit einer gelassenen Bewegung legte sie die Mandoline auf einem Stein ab und wandte sich erneut Fabiola zu. »Ich fürchte, du verstehst nicht, kleine Dorfschlampe. Ich habe Luigi versprochen, dass er dein Herz bekommt, und genau das werde ich mir jetzt unter deinen flachen Bauernbrüsten hervorholen, dass das Blut nur so spritzt!«
»Komm her, wenn du dich traust!«, schrie Fabiola in dem Moment, in dem Morena in einer triumphierenden Geste ihre Hände hob und zwei bernsteinfarbene Blitze auf sie abfeuerte. Sie trafen Fabiola wie ein elektrischer Schock, aber da hatte sie sich bereits abgestoßen und sprang Morena an wie eine zornige Wildkatze.
Morenas Gesicht verriet kurze Überraschung, als Fabiolas Aufprall sie nach hinten warf, aber dann wehrte sie sich nach allen Mitteln der Kunst. Hätte in diesem Moment jemand aus dem alten, staubblinden Fenster des Wasserturms geschaut, er hätte gesehen, wie die beiden Frauen ineinander verkrallt über den Hügelhang rollten, fluchend, fauchend und kratzend, und ihrer beider Haarmähnen funkensprühend zu Berge standen.
Bis Morena mit einem entschiedenen Griff auf Fabiolas Brust fasste und die Hand dann wie elektrisiert zurück zog.
»Beim Barte des Sarazenen!«, keuchte sie und stieß Fabiola so heftig von sich, dass diese hart rücklings ins trockene Gras prallte. »Was hast du da um den Hals?«
Fabiola rappelte sich auf und griff nach dem Anhänger, an den Morenas Finger gestoßen waren. Mechanisch drehte sie das zerbrochene Plättchen aus tiefrotem böhmischen Granat in der Hand.
»Mein Amulett, ein Familienerbstück«, sagte sie schnippisch und kräuselte überrascht die Stirn, als sie den Funkenflug aus Morenas Haaren betrachtete. Bislang hatte sie immer geglaubt, sie wäre die einzige, bei der dieses Phänomen auftrat, und sie war sehr stolz darauf gewesen.
Morena starrte sie an.
»Monteverdi, natürlich«, murmelte sie. »Ich hätte es wissen müssen. Verdammt. Das erklärt einiges.«
»Wovon redest du?«, fragte Fabiola verwirrt.
Morena strafte sie mit einem verächtlichen Blick und griff in ein kleines Seidentäschchen, das sie an ihren Gürtel genäht trug.
»Ich rede hiervon«, sagte sie trocken und hielt Fabiola etwas entgegen. Diese schnappte überrascht nach Luft.
Es war die andere Hälfte ihres Granatamuletts.

»Wovon redest du?«, fragte Severino verwirrt. »Du hast meine Tochter? Aber Ettore würde keinen Fremden in unser Haus ...«
»Santa Maria! Möge dich der Prophet mit etwas mehr Geistesgegenwärtigkeit segnen! Ich spreche nicht vom Kind dieser Dorfhure ...«
»Ich muss doch sehr bitten! Wie kannst du ...« In diesem Moment begriff Severino, was Saveria meinte. »Das heißt ...«
»Ja, ich bin gekommen, um Alimente zu fordern.«
Severino schluckte. »Du hast mir nie etwas gesagt.«
»Wie sollte ich auch? Davon gemacht hast du dich!«
»Du musst verstehen ...«
»Nein, muss ich nicht. Du wirst dich um den Unterhalt kümmern. Oder wäre es dir lieber, ich ginge jetzt ins Dorf hinunter und teilte der Welt mit, dass Severino Monteverdi ein erbärmlicher Ehebrecher und Schuft ist?«
»Um Himmels Willen, nein!« Severino trat einen Schritt näher und versuchte Saveria anzulächeln. »Wir beide, wir könnten ...«
Saveria verpasste ihm eine Ohrfeige. »Interessiert es dich nicht einmal, wie sie aussieht? Wie sie heißt? Wie es ist, wenn sie dich anlächelt?«
Beschämt fasste sich Severino an die Wange. Der Schmerz brannte heiß auf seiner Haut. Saveria hingegen zückte ein Stück Papier hervor. »Ich habe alles vorbereitet. Ich will nicht, dass du meine Tochter zu Gesicht bekommst, deshalb habe ich sie in Genua gelassen. Aber dieses Dokument reicht aus. Du musst es nur unterschreiben.«
»Nichts werde ich! Du höllische Brut! Ich gehe keinen Pakt mit ...« Severino brach ab.
Saveria lächelte süß. »Es ist nicht dein erstes Mal, nicht wahr?«
»Ach, was habe ich bloß getan!« Severino raufte sich die Haare und ging auf die Knie.
»Nun gut. Kommen wir zur Sache. Die Bank befindet sich beim alten Hafen von Genua. Frage nach Mauro und sag, dass du wegen Signorina Mandrarossa e Alberice kommst. Bezahlt wird in venezischen Galleonen. Monatlich. Sollte ich einmal feststellen, dass du mit der Zahlung unpünktlich bist, werde ich ein paar meiner Geschäftspartner« – sie sprach dieses Wort langsam und genüsslich aus –»hierher schicken.«
»Ist gut, ist gut, ich willige ein.«
Saveria ergriff seine Hand und riss sie hoch. Mit einer schnellen und gekonnten Bewegung zückte sie einen fremdländischen Dolch und führte einen Schnitt aus, gerade so tief, dass genug Blut von Severinos Handfläche auf das Dokument tropfte. Gepeinigt heulte Severino auf.
»Mamma mia, was soll das?«
»Mit Blut besiegelte Dinge können nicht rückgängig gemacht werden. Zumindest, wenn man weiß, wie es geht.«
»Giacomo ...«, hauchte Severino.
Saveria hingegen lächelte zufrieden und rollte das Dokument sorgfältig zusammen. Sie steckte es in ihre Tasche und holte gleichzeitig etwas anderes hervor.
»Und das, mein lieber Severino, kannst du von mir aus behalten. Ich brauche es nicht mehr.« Mit einer abschätzigen Geste warf sie ihm etwas vor die Knie. Es war die Hälfte eines Granatamuletts, zerbrochen wie Severinos Herz. Severino biss sich auf die Lippen. So fern war jener Sommerabend in Genua, als er Saveria dieses Schmuckstück geschenkt hatte. Er erinnerte sich noch genau, wie der böhmische Granat auf ihrer zarten Haut im Abendrot geleuchtet hatte.
»Was hast du mit der anderen Hälfte gemacht?«
»Böhmischer Granat, immer eine gute Investition. Und wer weiß, vielleicht steigt der Wert sogar noch.« Sie zwinkerte ihm belustigt zu und verließ den Raum.

»Aber wie kann denn Severino Monteverdi dein Vater sein, wenn er doch mein Großvater ist?« Fabiola drehte nervös ihre Hälfte des Granatamuletts in den Händen. »Ich meine … Du bist viel zu jung!«
Morena lächelte herablassend, während sie getrocknete Grashalme aus ihrem Haar zupfte. »Ich bin viel älter, als ich aussehe, meine Liebe. Das bringt das Magierblut in meinen Adern. Verdammt, ich hätte nicht damit gerechnet, dass eure Sippe nach zwei Generationen noch so gut geschützt ist.«
»Was meinst du damit?«, fragte Fabiola verwirrt.
Morena warf ihr einen forschenden Blick zu. »Du weißt, wovon ich rede, oder? Wer einen Pakt schließt wie Severino, ist gegen einiges gefeit … wie auch seine Kinder.«
»Was für ein Pakt?«
Morena warf den Kopf zurück und lachte. »Nun, ist denn das zu fassen? Du weißt von nichts? Seine Seele hat dein feiner Großvater verkauft, von so einem Pakt rede ich!«
Fabiola starrte ihre … sie überschlug es im Kopf: Halbtante fassungslos an. Noch vor wenigen Minuten hätte sie auf eine solche Behauptung mit geballten Fäusten und einem Frontalangriff reagiert. Aber jetzt, wo sich die mysteriöse Fremde als Tochter ihres Großvaters entpuppt hatte, die die zweite Hälfte des alten Familienamuletts trug und ganz selbstverständlich über Magie und andere Ungeheuerlichkeiten redete … Jetzt war sie nicht mehr so sicher, welche Reaktion angemessen war.
Und ganz ehrlich: Es gab eine Sache, die ihr mehr unter den Nägeln brannte als die Frage, ob ihr Großvater seine Seele verkauft hatte.
»Morena, du und Luigi ...«
Morena winkte entnervt ab. »Wie oft denn noch. Nein, ich will nichts von diesem klimpernden Knilch. Nur seine Mandoline.«
Sie legte besitzergreifend eine Hand auf das Instrument, das neben ihr im Gras lag, und funkelte Fabiola demonstrativ an. »Er hat sie mir im Tausch gegen dein Herz versprochen. Nun, wie es aussieht, werde ich Probleme haben, meinen Teil der Vereinbarung einzuhalten.«
»Wo ist er?«
Morena wies mit einer Kopfbewegung auf den Wasserturm. Erst jetzt schoss Fabiola durch den Kopf, wie merkwürdig es war, dass Luigi sich noch immer dort oben aufhielt, und sie hielt entsetzt den Atem an.
»Was hast du mit ihm gemacht?«
»Nur die Ruhe, kleine Monteverdi. Dein Minnesänger ist wohlauf. Ich habe ihn nur … nun, sagen wir, in seiner Mobilität etwas eingeschränkt.« Sie bemerkte Fabiolas ratlosen Blick. »Ein Bannkreis«, fügte sie hinzu.
Jetzt ballte Fabiola doch die Fäuste. Ihr war zwar nicht wirklich klar, was ein Bannkreis darstellen sollte, aber war das denn wichtig? Hier ging es um Luigi.
»Du lässt ihn auf der Stelle gehen!«
Morena lachte trocken auf.
»Sonst noch einen Wunsch? Nein, nein, meine Gute. Ich schlage vor, du gehst hoch und befreist ihn selbst.«
»Aber ich bin keine ...«
Morena beugte sich vor und tippte vielsagend auf Fabiolas Hälfte des Amuletts.
»Böhmischer Granat. Immer eine gute Investition.«
»Du meinst …?«
Morena zuckte mit den Schultern, stand auf und klopfte sich die letzten vom Rock. »Ich empfehle mich nun, meine Beste. Die Mandoline habe ich jetzt.«
In dem Moment, in dem sie sich vorbeugte und die Hand nach dem Instrument ausstreckte, geschahen mehrere Sachen.
Eine weiße und fauchende Kugel schoss vom Wasserturm her auf sie zu, gefolgt von einem schwarzen, kläffenden Schemen. Noch bevor Fabiolas Sinne ihrem Gehirn die Botschaft Katze vermittelt hatten, sprang die weiße Kugel so schwungvoll in Morenas Arme, dass diese zurücktaumelte. Der schwarze Schemen kam grollend direkt vor ihren Füßen zum Stehen.
»Bianca!«, entfuhr es Morena.
»Mefisto!«, rief Fabiola, die Luigis Pudel erkannt hatte. Der Hund wandte ihr kurz den Kopf zu, wedelte, bellte, packte dann die Mandoline mit dem Maul am Griffbrett und stob davon, der untergehenden Sonne entgegen.
»Komm sofort zurück, du vermaledeiter Köter!«, schrie Morena. Ihr Haar kringelte sich bedrohlich in alle Richtungen. Bianca maunzte verschüchtert. Ihre Herrin ignorierte sie, setzte sie entschieden auf den Boden und rannte in die Richtung, in die Mefisto verschwunden war.
Fabiola seufzte. Sie stand auf und marschierte festen Schrittes die letzten Meter zum Wasserturm hinauf. Wie es aussah, würde sie Luigi aus einer magischen Falle befreien müssen. Dabei hatte sie sich darauf eingestellt, ihm gehörig die Leviten zu lesen. Am Fuße des alten Wasserturms angekommen dachte Fabiola mit einem kleinen Lächeln, dass das Eine das Andere keineswegs ausschloss.

Als sich die Tür mit einem ohrenbetäubenden Krachen öffnete, hob Luigi instinktiv die Arme hoch, um sich zu schützen, doch die Holzsplitter prallten am Bannkreis ab und ließen den Burschen unversehrt.
»Fabiola!«, rief Luigi überrascht.
Seine Angebetete sah ihn mit lodernden Augen an. Mit Unbehagen bemerkte Luigi, dass ein paar feuerrote Funken aus ihrem leicht zerzausten Haar stoben. Das verhieß nichts Gutes.
»Luigi! Wie konntest du mir das antun!« Energisch schritt Fabiola auf den Bannkreis zu und holte etwas hervor. Es war das zerbrochene Amulett, ein Familienerbstück. Sie nahm es in beide Hände und machte eine fuchtelnde Kreisbewegung. Luigi glaubte für einen kurzen Moment zu erkennen, wie der böhmische Granat zwischen den Händen hervorleuchtete. Unmöglich! Doch ehe er sich noch wundern konnte, hatte Fabiola bereits den Bannkreis aufgelöst und baute sich vor ihm auf.
»Steh auf Luigi!«
Er tat wie geheißen. Als er auf gleicher Augenhöhe war, verpasste sie ihm eine schallende Ohrfeige.
»Aber Fabiola! Mamma mia, warum?«
»Warum? Das fragst du? Du hast mich warten lassen! Vor dem ganzen Dorf! Wie mich dieser Bertone angeschaut hat! Unerträglich!«
Luigis Herz sank. »Oh nein, Fabiola, es war nicht meine Absicht, dich warten zu lassen!«
»Ach ja? Dann beweis es mir. Jetzt.« Sie packte ihn am Arm und zerrte ihn den Turm hinunter.
»Du wirst jetzt auf der Stelle um meine Hand anhalten. Und ich erwarte kein wenn und aber.«
»Und Bruno?«
»Ach, diesen Saftsack wollte ich eh nicht heiraten. Ich wollte nur sehen, wie du dich vor ihm behauptest, es soll doch später nicht heißen, ich hätte einen erbärmlichen Nichtsnutz geheiratet. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. Die Mandoline ist weg. Und wir sind sowieso spät dran. Na, also?«
»Was also?«
»Herrje, willst du mich denn überhaupt heiraten?«
»Du bist mein ein und alles!«
»Dann sag es!«
»Ich liebe dich!«
»Nein, du sollst mir einen Heiratsantrag machen, ist das denn so schwer?«

Morena stolperte keuchend den Hang hinab. Oleanderzweige peitschten ihr ins Gesicht. Zornig ließ sie mit einer Fingerbewegung die weißen Blüten verkohlen, doch dies raubte ihr noch mehr Kräfte. Sie hatte die Begegnung mit ihrer Halbnichte unterschätzt. Erschöpft setzte sie sich auf die Überreste einer Steinmauer und umklammerte mit ihrer rechten Hand das Granatamulett. Es spendete ihr ein wenig Energie, doch sie wusste, dass ihr für heute nicht mehr viel bleiben würde. Wohin war dieses verfluchte Biest mit der Mandoline bloß hingerannt? Vielleicht sollte sie warten, bis der Köter zu seinen Turteltäubchen zurückkehrte, schließlich musste er ja gefüttert werden. Morena seufzte. Dies war kein besonders dramatischer Plan, aber seinen Zweck erfüllen würde er. Sie stand auf und zupfte sich ein paar Grashalme aus dem Haar. Sie strich gerade den Stoff ihres ruinierten Kleides glatt, als sie eine Bewegung im Augenwinkel wahrnahm. Hatte sich da nicht etwas im Schatten des Olivenhains gerührt? Langsam wandte sie sich um und hörte das Hecheln.
Dort stand Mefisto mit wedelndem Schwanz, und neben ihm sein Meister, das Gesicht im Schatten des grünen Huts verborgen und in einer Hand die Mandoline haltend. Jetzt verstand Morena.
»Ihr! Ihr habt das alles eingefädelt!«, zischte sie.
Die roten Augen ihres Gegenübers funkelten vergnügt.
»Vielleicht habt Ihr recht, kleine Magierstochter.«
»Ich will die Mandoline!«, krächzte Morena hysterisch.
Die rote Hahnenfeder wiegte sich leicht im Abendwind, als er seinen Kopf zurückwarf und lachte. »Oh nein, ich denke, die Mandoline ist niemandes Eigentum. Genug des Spiels.« Er schnippte mit den Fingern. Morena wollte sich noch auf ihn stürzen, aber schon war der Fremde mit dem grünen Hut verschwunden. Nur noch der schwarze Pudel stand hechelnd da und blickte wartend zu ihr hinauf. Morena wollte ihm einen Fußtritt versetzen, aber Mefisto wich ihr geschickt aus und trottete von dannen.
Resigniert wandte sich Morena um und schritt dem Sonnenuntergang entgegen. Am Horizont glitzerte golden das Meer. Vielleicht würde sie noch den letzten Zug nach Genua erwischen.

 

Hallo & herzlich willkommen allhier,

lieber Domenico Castelmonte!

»Es ist vollbracht!«, verkündete Giacomo Buongirola mit einem Pathos, der nicht recht zu einem Vierzehnjährigen passen wollte,
mag wohl das Urteil für den gesamten Text vorweg nehmen.

Hastu Dich eigentlich schon gefragt, warum es so lange dauert, dass jemand zumindest ein wenig sich um diesen Text kümmert? Nahezu 17 Seiten DIN A4 Manuskript unter TNR 12 pt einzeilig wirkt zunächst wie’n Hammer für einen Erstling, der sich freilich schon zu Anfang als Wattebäuschchen herausstellt: es ist schwülstig wie ein Schäferroman nur sein kann. Dabei ist es weder Rokoko, noch überhaupt Gelsenkirchener Barock, wenn auch keine Baracke. Denn offensichtlich sprudelt es aus Dir heraus und das Erzähltalent will sich beweisen.
Nun ist jede Wortart berechtig und notwendig – sie wären ansonsten nicht entstanden. Aber muss darum gleich jedem Substantiv ein Attribut zugestanden werden ? Das ist grausam und ich bewürbe mich bei amnesty international, mich zum gefolterten des Monats küren zu lassen, wenn da nicht das unbestimmte Gefühl wäre, dass Du erzählen kannst (s. o.), wenn Du mur das Geplappere und Geklappere vor allem mit den Adjektiven einstelltest. Die Länge ließe sich bei Gott & Mefisto reduzieren – ohne dass unbedingt die Intenzion der Geschichte verloren ginge, denn die Sprache blüht hier üppig mit überflüssigen Worten. Denn tut es irgendetwas zur Geschichte, ob ein Olivenbaum „alt“ oder nur „knorrig“ sei? Lampenfieber ist immer für den Betroffenen fürchterlich. Und wenn einem heiß & kalt wird ist es nie gleichzeitig, sondern abwechselnd.

Mein Rat: alles auf unnütze Worte durchsehen und streichen - die Entscheidung, ob ein Wort notwenig sei oder nicht kannst nur Du allein fällen!

Vielleicht schaut ja Mephitopheles vorbei …

Gruß

Friedel

 

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