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Mandelbraun

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17.04.2002
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Mandelbraun

Ich sah von Jahr zu Jahr das Herz meines Vaters härter werden. Vielleicht war das auch der Grund für den frühen Tod meiner Mutter. Wahrscheinlich konnte sie es auch nicht ertragen, Gold zu Stein werden zu sehen. Als sie starb, war es mir, als wäre auch die letzte Menschlichkeit meines Vaters gestorben. Früher war er zwar auch ein tüchtiger Geschäftsmann gewesen, doch nach dem Tod meiner Mutter hatte er nur noch seinen eigenen Gewinn und den Verlust der anderen, seiner „Feinde“, im Sinn. Seine Profitgier kannte keine Grenzen. Oft hatte ich das Gefühl, er würde auch mich für ein gutes Geschäft eintauschen. Ich lernte Freundschaft und Liebe nie kenne, wie sollte ich auch?
Die Menschen, die ich meine Freunde nannte, waren die Söhne und Töchter der Geschäftfreunde meines Vaters. Viele von ihnen waren wie ihre Eltern: kalt, oberflächlich, nicht fähig Gefühle zu zeigen.
Ich wuchs in einem goldenen Käfig auf, dessen Gitter immer enger wurde, je mehr ich versuchte, aus ihm auszubrechen. Ich besuchte eine teure Privatschule, an die ein luxuriös eingerichtetes Wohnheim angrenzte.
In diesem Wohnheim teilte ich mein Zimmer mit zwei Jungen, Jonathan und Raffael, deren Väter, wie meiner, Topunternehmer waren. Rein äußerlich gab es keinen Unterschied zwischen uns: kurz geschnittenes Haar, teure Markenkleidung;
Doch sie waren glücklich mit diesem Leben. Sie sagten mir oft, wir wären etwas besseres. Und sie hielten sich auch daran. Vielleicht habe ich selber daran geglaubt, und wäre wie sie geworden, wenn es nicht diesen Tag gegeben hätte, diesen einen Tag im Juni.
Wir waren in ein Kaufhaus gegangen, denn Jonathan wollte sich das neueste PC-Spiel kaufen, doch da auch noch andere interessante Spiele vorrätig waren, vertieften sich Jonathan und Raffael in die kleinen Spielbeschreibungen, auf der Unterseite der Packungen. Ich schlenderte aus Langeweile zu den Büchern, betrachtete Regale voll Krimis, Thriller,.....
Plötzlich stach mir ein Buch mit einem roten Leineneinband ins Auge. Ich ließ mich nicht davon abschrecken, dass über den Bücherregalen das Schild „Phantasie“ angebracht war, obwohl ich mir bis zu diesem Augenblick eigentlich gedacht hatte, dass Phantasie- und Märchenbücher zu der selben Kategorie gehörten. Ich begann zu lesen, doch noch bevor ich den ersten Satz gelesen hatte, wurde ich angesprochen. „Hi, ich schätze du wirst mir jetzt das Buch vor der Nase wegkaufen, nachdem ich seit Monaten suche, was?“ Ich blickte erschrocken auf, und sah in ein Gesicht. Sanfte mandelfarbene Augen glänzten während sie sprach. Ihre Haare waren leicht durcheinander.Ich betrachtete ihr Kleidung, sie waren schön, jedoch sah ich keine Marke die ich erkannt hatte. Es war wahrscheinlich irgendeine der Billigmarken, die Raffael "Aldi-Klamotten-Börsen" nannte. Sie wirkte so verletzbar, sodass ich beinahe Angst hatte, sie mit meinen Blicken zu zerbrechen. Dennoch strahlte sie eine Art von Stärke aus, wie ich sie noch nie gefühlt hatte. Meine Blicke streichelten sanft ihr seidig glänzendes Haar. Nicht fähig, auch nur ein Wort zu sagen, reichte ich ihr das Buch. Für einen Moment trafen sich unsere Blicke, und ich hatte das Gefühl, als würden zwei Welten aufeinander treffen, und als würde die Zeit stehen bleiben. Ich fühlte, dass dieses Mädchen mich seltsam berührte. Es war eine unbegreifliche Faszination an ihr, die mich auch Jahre später noch fesseln sollte. Beinahe war es mir, als könnte ich ihre Gedanken lesen. Ich spürte, dass auch ich sie zu reizen schien. Sie betrachtete mich in einer seltsamen Art, als würde sie alles von mir wissen, als wäre ihr keiner meiner Gedanken unbekannt, und als würde sie mein Leben aus meinen Augen lesen. Jedoch einen Augenblick später war sie schon in der Menschenmenge verschwunden.

Jahre später übernahm ich die Firma meines Vaters. Ich hatte Freunde, und war sehr beliebt, doch nicht, wegen meines Charakters, sondern wegen meines Geldes. Ich wusste das, aber es störte mich nicht weiter. "Wer Geld hat, hat Freunde" hatte mein Vater früher oft zu mir gesagt, und ich muss gestehen, er hatte recht.
Eines Tages wollte meine Firma ein nahegelegenes Altenheim zu einem Spottpreis erwerben. Ich denke, zu der Zeit hatte sich mein Herz auch schon so verändert, wie dass meines Vaters. Ich war reich. Es war wie eine Droge. Ich hatte ein bisschen von dem Luxusleben eines Millionärs gekostet, und ich wollte mehr davon. Ich vergaß oft zu essen oder zu schlafen, wenn ich ein gutes Geschäft an der Angel hatte. Ich fuhr zu dem Altenheim, um mit den Besitzern zu reden, doch als die Tür geöffnet wurde, blickte ich direkt in mandelfarbene Augen. Das Mädchen von früher war zu einer wunderschönen Frau erblüht, doch in ihren Augen lag, trotz der Güte und Liebe die sie verkörperten, eine Spur von Hass. Ich merkte, dass sie mich auch erkannte, und in ihre Augen mischten sich ein wenig Erstaunen und Trauer. Auch sie schien mich in all den Jahren nicht vergessen zu haben. Unsere Blicke trafen sich, aber sie wich sofort zurück, als würde es ihr Schmerzen bereiten, mich so zu sehen. Als genauso oberflächlich und kalt wie all die anderen, die ich früher hasste.
Wir haben das Altenheim gekauft, und es zu einer unserer Geschäftzentralen umgebaut.Das Mädchen, nein, die Frau mit den mandelbraunen Augen habe ich nicht wieder gesehen, als wir mit den Bauarbeiten begannen. Ich habe bald darauf eine Tochter aus gutem Hause geheiratet, doch wir haben uns schon nach einem Jahr wieder scheiden lassen. Ich dachte oft an das Mädchen mit den mandelbraunen Augen, und malte mir ein Leben mit ihr in leuchtenden Farben aus. In meiner Phantasie war sie dich bei mir.

In diesen Jahren dachte sie auch an mich, wie ich später erfahren sollte. Auch sie hatte mich tief in ihrem Herzen verankert, vergaß mich nie. Wie sollte sie jemanden vergessen, der ihr ihre Arbeit genommen und ihr ganzes Leben durcheinander gewirbelt hatte? Sie hasste mich, und doch konnte sie diesen Tag im Juni nicht aus ihren Gedanken vertreiben. Ihr Herz war schon immer groß, doch auch ihr Stolz war dem ebenbürtig.

Viele Jahre später, erhielt ich ein kleines Paket mit der Post. Als ich es öffnete, lag das roteingebundene Buch vor mir. Ich öffnete die erste Seite, die einen Brief von ihr enthielt:

„Gib jedem eine zweite Chance... Tara“

Sie hatte ihren Schmerz überwunden, den ich ihr zugefügt hatte, um dem eine Chance zu geben, dass im Juni begann....

Heute sind wir verheiratet und haben zwei Kinder. Wir haben wieder ein Alterheim aufgebaut, moderner und schöner als das Alte, Tara leitet es. Mein großes Vermögen gibt es schon lange nicht mehr, wir haben es teils an irgendwelche wohltätigen Organisationen verschenkt, und uns nur einen Teil aufgespart, der allerdings reicht, um ein luxuriöses Leben zu führen.
Ich habe Tara oft gefragt, warum sie mir diese Möglichkeit gewährt hat, dass Leben zu führen von dem ich immer träumte. Sie beantwortete mir meine Frage nie ganz. Oft schien es mir, als wüsste sie selbst nicht, warum sie es tat, doch manchmal versuchte sie, mir ihre Beweggründe zu erklären. Ich habe sie nie ganz verstanden. Heute glaube ich kaum, dass ich jemandem wie mir verzeihen hätte können. Tara hatte damals, so wie heute etwas an sich, dass mein ganzes Denken, Sein und Fühlen auf den Kopf stellt.

Ich glaube, meine Kinder haben nun die Chance, ihr Leben selbst zu bestimmen.
Sie werden schon den richtigen Weg wählen...

[ 19.04.2002, 18:17: Beitrag editiert von: HeavensDaughter ]

 

Hallo HeavensDaughter,
und erstmal herzlich willkommen auf KG.de! :prost:

Zu Deiner Geschichte:
Sprachlich gesehen ein guter Einstieg. Nur inhaltlich gefällt mir die Geschichte noch nicht. Du schneidest ein sehr komplexes Thema an, setzt das in meinen Augen aber zu knapp um.

Der Protagonist entwickelt sich zu einem gefühlskalten Geschäftsmann. Und nur wegen einem Brief von einer Frau, die er Jahre zuvor ein einziges Mal kurz sah, diese Wandlung? Du erwähnst zwar mit einem Satz, dass er denkt, mit dieser Frau sein Glück gefunden und verloren zu haben, aber die Gedanken und Gefühle des Protagonisten bleiben im Unklaren.
Und genau diese sind notwendig um diesen plötzlichen Sinneswandel zu erklären.

Vielleicht solltest Du die Zweifel, die Einsamkeit, etc. des Mannes deutlicher rüberbringen um so die Veränderung zu erklären. Ein weiterer Punkt ist Tara. Selbst wenn sie damals auch in ihn verknallt war, glaube ich kaum, dass sie nachdem er ihr das Altenheim weggenommen hat, nochmal auf eine solche Weise Kontakt sucht. Wenn die Beiden durch irgendetwas die ganzen Jahre zusammengehalten wurden, muss das für mich auch deutlich werden.

Ein kleiner Tippfehler noch:

Wir haben wieder ein Alterheim aufgebaut
"Altenheim"

Ugh

 

Ja stimmt, da hattest du recht. ich hab es ein bisschen verbessert, es ist aber immer noch nicht so gut, wie es sein sollte. ich hatte auch schon beim abschicken bedenken, weil ich es selbst auch nicht so gut fand.
Ich werd noch dran arbeiten, aber erlaub mir noch eine Frage: Findest du (ihr) es jetzt besser?

 

Hallo HeavensDaughter,
so gefällt mir die Geschichte schon viel besser.
Der Tippfehler (siehe mein erstes Posting) ist allerdings noch immer drin, und Du hast einen zweiten eingebaut:

Vielleicht hat sie in den wenigen Sekunden die wir uns kannten, mehr ivon mir gewusst, als ich in all den Jahren meines Lebens.
"...mehr von mir..."

Weiter so... :thumbsup:

Ugh

 

Hallo,

von der Thematik her hat mir die Geschichte sehr gut gefallen. Liebe besiegt alle trennenden Gegensätze - das hat was.

Nur: Warum mußte der Protagonist gleich sein ganzes Geld verschenken? Diese Erklärung ist mE ein wenig übertrieben. Es ist ja niemandem verboten, auch für sich selber gut zu leben - die Kunst ist eben, dies nicht NUR für sich zu tun.

Auch ich hätte gern mehr über das Mädchen erfahren - wie sie mit sich gekämpft hat, den Mann, den sie eigentlich verachten sollte, aber nicht vergessen konnte, sich schließlich doch noch ein Herz gefaßt und ihm das Buch geschickt hat... Wäre nachvollziehbarer. So, wie es jetzt ist - zack, ist sie weg, zack, ist sie wieder da, überschlägt sich das alles ein bisschen. Während die Jugend des Protagonisten recht anschaulich beschrieben wird, steigert sich das Tempo zum Ende der Geschichte immer mehr, und zum Schluss werden ganze Jahre mit einem oder zwei Sätzen abgehandelt.

Zwei kleine Fehler noch, über die ich beim Lesen gestolpert bin:

Sie wirkte so verletzbar, sodass ich beinahe Angst hatte, sie mit meinen Blicken zu verbrechen.
Ich nehme an, du meintest zerbrechen. Und:

"Wer Geld hat, hat Freunde" hatte mein Vater früher oft zu mir gesagt, und ich muss gestehen, er hatte recht. Ich
Hier ist am Satzende ein herrenloses "Ich" zuviel, im Anschluss daran beginnt ein neuer Satz.

Nach meiner Meinung ist hier noch Stoff genug drin für eine viel längere Geschichte. Doch sie gefällt mir auch so, wie sie ist.

Lieben Gruss
Pip

[ 19.04.2002, 10:19: Beitrag editiert von: Pipilasovskaya ]

 

Hallo Tochter des Himmels,

Pip kann ich nur zustimmen: Deine Geschichte hat was, sie ist ein gutes Gerüst für ein großes Thema, aber schon so dicht, dass ich stets erwartungsvoll weiter gelesen habe.

Nimm dir Zeit für eine gründliche Überarbeitung, fülle die Lücken, die Pip schon angesprochen hat, bügle ein paar Holprigkeiten aus, z.B.

Viele Jahre später, alserhielt ich ein kleines Paket mit der Post.
...später, erhielt ...

dann kann am Ende eine Geschichte heraus kommen, die gerne wieder gelesen wird. Viel Spaß dabei!

Servus, Georg

 

Tja... was soll ich sagen...
Es stimmt, dass das ende ziemlich kurz geraten ist, was allerdings daran liegt, dass ich dieses Mädchen "Tara" mehr im unklaren lassen wollte. ich wollte sie zu einer undurchsichtigen persöhnlichkeit machen, deren einfluss sich allerdings durch die ganze geschichte ziehen sollte. natürlich ist die story noch nicht ganz perfekt.
Tippfehler.... Ja.... *rot wird*

Aber danke für die netten Kritiken!

 

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