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Man muss ja nicht gleich alles essen.
"Das errätst du sowieso nicht!"
Peter sieht wieder so rot im Gesicht aus, denkt sich Marylin, und greift nach dem Glückskeks, den Peter gerade in der Mitte auseinander gebrochen hat.
"Ich will zuerst lesen, was darin steht", ruft sie, während ihre Jacke dabei mit einem Zipfel in der Schüssel mit süß-saurer Sauce kleben bleibt.
"Marylin, pass doch bitte auf!"
Ihre Mutter hat ständig diese Farbe, wenn sie etwas aus der Ruhe bringt. So ähnlich, wie Marylin sie vorhin schon bei den ausgewachsenen Hummern gesehen hat, die traurig in dem kleinen Aquarium liegen, das in der Mitte des Restaurants steht. Marylin hatte schon Mitleid mit den Tieren, als sie, ihre Eltern, und natürlich ihr nerviger Freund Peter, hereingekommen sind.
Sie wirken so allein gelassen.
Marylin denkt nach, und lässt sich von ihrer Mutter widerwillig den verklebten Jackenzipfel mit Papiertüchern trocken tupfen.
Peter ... wer ist das überhaupt. Nur, weil sie ihn ein paar mal zu sich nach hause eingeladen hat, müssen ihre Eltern doch nicht gleich so eine blöde Sache daraus machen.
Zusammen in das Chinarestaurant gehen. Das ist doch wirklich übertrieben.
Er sitzt neben ihr, und umklammert schon die ganze Zeit diese Butterbrotbox, die er einfach mitgebracht hat.
Vielleicht hat er Geld darin, weil er sich nicht getraut hat, so eine um den Hals umherschaukelnde Geldbörse zu tragen; und weil seine Eltern nicht wollen, dass er eingeladen wird.
Sein Vater hat keine Arbeit mehr seit ein paar Jahren, das weiß sie. Trotzdem findet sie diese Butterbrotbox doof. Marylin schämt sich für ihren Freund.
Überhaupt passt ihr das gerade alles nicht so wirklich. Sie mag kein chinesisches Essen, und mit ihren Eltern im Restaurant zu sitzen, das stört sie genauso sehr.
Und dann ist da noch Peter, den sie doch nun wirklich bloß ein paar Mal zu sich eingeladen hat.
Warum muss er jetzt dabei sitzen?
Schrecklich ist das!
Marylin wagt einen kurzen Blick zur Seite; Peter ist mit dem Aquarium beschäftigt. Anscheinend beobachtet er die trägen Hummer.
Und so bleibt es, bis ein großer Kellner Marylin eine schwere Speisekarte in die Hand drückt.
Sie will die Karte gerade aufschlagen, als Peter zum ersten Mal an diesem Abend spricht.
"Ich hätte gerne etwas, was nicht mit denen da zu tun hat!" - Sein linker Arm deutet mit ausgestrecktem Zeigefinger auf das Aquarium.
Sie legt ihre Karte beiseite und wartet kurz. Dann fragt sie Peter: "Was hast du eigentlich in dieser albernen Box?"
Im gleichen Augenblick schämt sie sich für die aufmerksamen Blicke ihrer Eltern.
Peter öffnet die Box und sagt:
"Sie ist leer. Wollen wir trotzdem Freunde bleiben?"
Der Zettel aus dem Glückskeks flattert vor Marylins Füße; ohne, dass sie ihn gelesen hat, und sie antwortet:
"Darf ich dich am Montag wieder einladen?"