Madonnenfigur
Die Strassen waren sehr belebt mit den unterschiedlichsten Leuten und Geräuschen. Es war ein zielloses Wandern der Massen die sich durch die engen Gassen mit den vielen Lädchen drängten. Auf den großen Plätzen verlor sich der Strom und es wurde lichter und nicht mehr so gedrängt. Durch die großen Tore schien das Licht des beleuchtenden Hafens.
Die Menschen fielen mir kaum auf, ich beachtete eher die vielen Lederwaren die auf den Strassen rechts und links der Läden wie Trauben aufgereiht waren und den Sommerabend in einen kräftigen Ledergeruch tauchte. Der Geruch zog sein abwechslungsreiches Spiel mit Duftwolken der vielen Restaurants, die ihre Küchenfenster geöffnet hatten so dass man ab und zu einen fleißigen Koch oder Küchejungen beobachten konnte. Das Kopfsteinpflaster trug das Klappern weit hinaus, wenn die Damen mit den hohen Absatzschuhen darüber stolzierten. Ich kam an einer Kirche vorbei. Ein kleiner Vorhof mit einem prächtigen Olivenbaum bewachte den Eingang. Dahinter stand ein fein gearbeitetes Metalltor, reichlich verziert und nur winzige Stellen von Rost waren darauf. Es wurde von zwei massiven Betonsäulen gehalten. Die Kirche dahinter war bestrahlt von einem Scheinwerfer und leuchtete aus dem Hof hervor. Ich sah Teile einer Madonnenfigur mit einem Christkind im Arm, beide aus weißem Marmor und ineinander verschlungen. Die Äste des Olivenbaumes verwehrten mir den freien Blick auf die Madonnenfigur. Als ich in den Hof hineinging um die Figur in ganzer Form zu sehen, hörte ich hinter mir hallende Schritte auf dem Kopfsteinpflaster. Die ganze Gasse wurde von diesen Schritten erfüllt, die langsam näher kamen. Alle anderen Geräusche, die Stimmencocktails und die Musik der Straßencafes hielten sich zurück um dem ergreifenden Klang den Weg frei zu machen.
Ich drehte mich um, hatte noch das friedliche, traurige Madonnenbild im Kopf, da sah ich eine Gestalt die leicht ansteigende Gasse herunterkommen, die mir meine Kraft zum stehen raubte. Sie hatte ein weißes Kleid an und trug die Spitzen in Ihren Händen, dass das Kleid nicht den Boden berührte. Ihre braunen Beine kamen zum Vorschein und die Schuhe als seien sie ein natürliches Teil der Beine, trotz der hohen Absätzen die das Geräusch auf dem Stein zeugten. Ihre Haare waren das Segel eines prächtigen Schiffes, die sich treu um den Masten schlang und friedlich mit dem Wind spielte.
Hätte Gott so was wie ein Vorbild für die Schaffung von schönen Menschen, dann war es dieses Wesen. Es hatte mehr als göttliche Ausstrahlung. Etwas unsichtbares, das in mir das Verlangen zum Ausbruch brachte. Es waren nicht die körperlichen Reize, die mich anzogen. Es war diese Unerreichbarkeit, dieses Fremde und Ferne, das mich verführte die Augen zu schließen und das Gefühl auszuleben das sie in mir geboren hatte. Sie hatte die Eleganz einer Blume, die lang wuchs um jetzt zu blühen. Die Frau war eine Blüte, von Bestand und gegen Verwelken immun. Man sah es an den andern Menschen ihr Einfluss zog einen weiten Bogen. Allein ihre Anwesenheit, entriss allen Menschen in ihrem Umfeld die gewohnte Gangart und es ruhten viele Augen auf ihr. Ein Blick auf sie würde die Moral verschwinden lassen und eine Sturm der Hingabe und der Lust herbeischreien. D die Versuchung war von umklammernder Hartnäckigkeit gelenkt. Es gab kein Entrinnen aus diesem Moment, der kaum die Länge eines gesprochenen Wortes besaß, er war so fern von allen weltlichen Maßeinheiten. Weder Kurz noch lang.
Alle Energie versammelte sich in mir und wurde durch ihre Erblicken losgelöst.
Dann brach ich zusammen. Ich wäre erblindet würde nicht die Madonnenfigur mich vor dem Teufel bewahren.