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Macht der Gedanken

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27.06.2002
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Macht der Gedanken

Wieder so ein Tag, an dem sie da waren. Manchmal so stark, dass man sich auf nichts anderes mehr konzentrieren kann. Ob man je von diesen Gedanken befreit wird? Warum eigentlich über meist banale Dinge den Kopf derart zerbrechen? Die Angst etwas falsch zu machen? Angst, den geordneten Weg des perfekt geplanten Lebens zu verlassen? Und wenn, was soll schon passieren?

Diese Fragen, und die Turbulenzen in ihrem Privatleben bescherten ihr immer wieder diese gefürchteten Ergüsse ihrer Gedankenwelt. Was ständiges Gerattere im Kopf bedeutete. Das schwierigste war es, sich aus diesem Sumpf an negativen Stimmungen selbst wieder herauszuziehen. Es gelingt ihr zuweilen auch nur durch konsequentes In-sich-gehen und den Versuch, das Positive an allen Geschehnissen in ihrem Leben zu erkennen. Die Phasen des dadurch wiedererlangten inneren Gleichgewichts sind unterschiedlich lang, wobei die letzte eindeutig ein Rekord war, und sie schon meinte, stark genug zu sein für die Tücken des Lebens.

Da sie ein sehr emotionaler und sensibler Mensch ist, neigt sie dazu, sich zu sehr ihren Gefühlen hinzugeben – vor allem in Beziehungen. Sie versucht ihrem Partner das zu geben, was auch sie sich von ihm wünscht. Meist bekommt sie das aber nicht und sie reibt sich daran total auf. Bis irgendwann der Punkt kurz vor der Selbstzerstörung erreicht ist, an dem es in ihrem Kopf klick macht. Eine Art Selbstschutzmechanismus stellt sich ein. Aus dem gefühlsmäßigen Tief schöpft sie die nötige Kraft, um sich aufzurichten und die Ursache allen Übels aus ihrem Leben zu verbannen – das Ende der Beziehung ist vorprogrammiert. Diese Schwäche, sich zu sehr auf den Partner einzustellen und dabei auf die eigenen Bedürfnisse zu vergessen, bereitet ihr immer wieder diesen emotionalen Kriegszustand.

In den letzten Monaten hat sie sich zwar mit einigen Männern verabredet. Nach dem zweiten oder dritten Date jedoch hat man sich nie wieder gesehen. Robert meint, sie würde die Männer mit ihren Ansprüchen verschrecken. So ein Spinner! Robert ist ein guter alter Freund, der sie sehr genau kennt. Sie sind sich auch in vielerlei Hinsicht ziemlich ähnlich. Mit dieser Vermutung ist er allerdings völlig auf dem Holzweg. Sie ist doch die pflegeleichteste Frau, die sie kennt! Natürlich hat sie in Bezug auf Männer ein paar Macken – wer hat die nicht? Sie hasst es, wenn Männer laut kauen, schnarchen und im Schlaf mit den Zähnen knirschen, die Bettdecke im Laufe der Nacht für sich allein beanspruchen, sich nicht regelmäßig rasieren, sodass man nach einigen Schmusereien wie ein gerötetes Monster aussieht, rücksichtslos beim Schneiden des Frühstücksbrötchens den Fußboden vollkrümeln, weniger Alkohol vertragen als sie, keinen Wert auf Pflanzen in der Wohnung legen, ihr nicht sämtliche Türen öffnen und ihr nicht in den Mantel helfen, nicht ihre Gefühlslage von den Augen ablesen können und ihr nicht ständig das Gefühl geben, sie wäre das wichtigste in ihrem Leben. Aber sonst ist sie doch der verständnisvollste Mensch der Welt!

„Na Schatz, gibt’s noch Kaffe?“, murmelte Rüdiger – ihre neue Bekanntschaft - am Morgen und riß sie aus ihren Gedanken. Während er sein Brötchen schnitt, sah sie den Krümeln nach, wie sie zu Boden fielen – und schwieg.

 

Hi Bettina!
Vielleicht magst Du mal erklären, warum die Geschichte gut ist und warum sie Dir gefallen hat. Lob ist zwar schön, aber so kann sich kein Autor mehr verbessern. ;)

Ugh

[ 30.06.2002, 11:13: Beitrag editiert von: Bibliothekar ]

 

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