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M.L.
Grauenvoll.!! (Nein, der Punkt ist kein Zeichensetzungsfehler, sondern lediglich die einzige Möglichkeit, die hier empfundene entnervende Langeweile und gleichzeitig aufgesetzte Freundlichkeit schriftlich auszudrücken.)
Ich bin überwältigt von dem Defekt des menschlichen Denkapparates dieses Jungen. Er hat doch fürwahr keine Manieren. Mich mit seinem spöttisch verzogenen Mund derart rüpelhaft anzugrinsen. Darüber könnte ich nur den Kopf schütteln; und dann noch diese Augen. Sie schreien schon förmlich: „Diese Frau da vorne ist zwar 'n bisschen berühmt, aber ich hätte trotzdem Lust, ihr ein Eis ins Gesicht zu klatschen."
Die Mutter errät offenbar die frechen Gedanken des kleinen Bengels, denn sofort schiebt sie ihn nervös, aber dennoch bestimmt weiter.
Einen um Verzeihung bittenden Blick in meine Richtung zu werfen, macht die Umstände aber nicht weniger ermüdend, gnädige Frau. Alea iacta est.
Üblicherweise ist Ehrfurcht das Einzige, womit mich diese vielen Menschen beäugen oder eher anglotzen. Verübeln kann man es ihnen aber nicht. Ein wenig anmaßend mag es vielleicht klingen, aber trotz meines Alters würde ich mich als eine mit etlichen Reizen versehene Dame beschreiben. Zu meiner großen Verärgerung wird meine Fassung dennoch als, wie mir zu Ohren kam, „zurückweisend" oder gar „kalt" etikettiert. Einen fünfzehnjährigen habe ich meinen Gesichtsausdruck sogar als „Bitchblick“ beschimpfen gehört. Was auch immer dieses geschmacklos klingende Wort bedeuten soll.
Wie sich aber die genannten Eigenschaften verbreiten konnten, ist mir ein Rätsel, jedoch entsprechen sie in keinster Weise der Wahrheit! Ein weiteres Problem aus meiner langen Liste der Probleme, die ein Leben als Berühmtheit mit sich bringt, ist die auffallend zunehmende Grobheit meiner Bewunderer. Da sind selbst drei Individuen des überheblichen Geschlechts zwecklos. Die Mehrheit sieht nur die Tatsache, dass man eine namhafte Persönlichkeit ist. Nur wenige Bewunderer setzen sich tatsächlich mit meiner Person auseinander. Sie erspähen beispielsweise feine Merkmale, die anderen meine Laune verraten oder sich an mir verändert haben.
Diese Menschen habe ich, nebenbei gesagt, am liebsten, sie haben so einen wundervollen Blick fürs Detail.
Sie sagen, dass von mir ein Duft von Pappeln ausgehe, den sie als besonders einzigartig, aber auch als sehr dominant wahrnehmen. Sie wagen sich, im wahrsten Sinne des Wortes, näher an mich heran, begutachten und schätzen jene Kleinigkeiten. Die Intention anderer, wie die des Jungen von vorher, ist es vermutlich mir ein Eis ins Gesicht schleudern zu wollen.
Einen großen Unterschied zu Kameras gibt es hierbei nicht. Sie stehen vor dir wie Geier, die darauf warten, dass es ein verdorrendes Tier gibt, auf das sie sich mit großem Hunger stürzen können. Dann zerfetzen sie dir deine Haut bis du nur noch mit deinem Skelett und den losen Fleischfetzen, die dir von den Knochen herabhängen, dastehst. Doch sogar das ist ihnen noch nicht entblößt genug. Sie wollen dich in deiner volkommenen Nacktheit sehen, selbst wenn man jede einzelne Hautzelle entfernen müsste. Und dann stehst du da. Zwar nicht wie Gott dich schuf, aber ihrer Interpretation nach „nackt" und wie ein offenes Buch zu lesen. Und es dauert nur einen winzigen Augenblick, gar weniger als ein Wimpernschlag, da werden sie erkennen, dass die erhoffte Offenbarung dieser einen Person gar nicht so sättigend und befriedigend ist, wie es am Anfang zu sein schien. Anschließend erfassen sie dann mit ihrem scharfen, hungrigen Auge ein anderes Ziel, dem sie wie einem an einer Schnur befestigten Geldschein blind vor Lust hinterherjagen. Fast einem Menschen gleich.
Hinter all diesen maßlosen Übertreibungen ist aber die Botschaft meiner Worte, so hoffe ich, jedem klar geworden. Einen großen Einfluss auf die zukünftige Art der „stillen Post" werden meine Gedankengänge bedauerlicherweise nicht haben. Der Mensch braucht eine Art der Verständigung und dessen Wagnisse enthalten nun mal die zuvor beschriebene Schererei. Ein hier zu lesendes in-Rage-Reden übrigens auch.
Nun konntet ihr einen Blick auf meine Sicht der Dinge erhaschen. Also seid nicht allzu verblüfft, wenn ich euch bei unserer ersten Begegnung nur ein geheimnisvolles Lächeln in der 1. Etage des Louvre schenke.