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müde sein

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18.10.2003
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müde sein

Manchmal bin ich müde.
Wenn ich müde bin, möchte ich mich zurückziehen und niemanden sehen.
Wenn ich im Bett liege, und ich liege die wenigste Zeit im Bett wenn ich müde bin, ist die Decke mein Dach. Die Matratze ist der Boden, beides zusammen ein Raumschiff. Manchmal auch ein großes Auto. Damit fahre ich dann durch andere Welten, Zauberwelten in denen alles aus Kissen besteht, oder aus grünen Hügeln und Seen oder durchs tiefste Meer.
Die schönsten Märchenlandschaften ziehen an meinem imaginären Fenster vorbei, aus dem ich nur gelegentlich schaue. Ich verpasse nichts, ich war es ja schließlich der diese Welten erschaffen hat. Irgendwann schlafe ich dann ein.

Oft sitze ich anschließend am Frühstückstisch. Dann baue ich mir aus der Cornflakes Schachtel, der Milchtüte und der Kakaodose eine uneinnehmbare Festung. Niemand kann herein ohne das ich es will.
Bis auf die Zeit. Die kann ich nicht aussperren, nicht solange ich noch eine Arbeit habe zu der ich pünktlich erscheinen muss.

Es kommt dann mal vor, dass ich müde in der U-Bahn sitze.
Habe ich eine Zeitung, so schlage ich sie auf und schon sitze ich in meinem privaten Erste-Klasse-Ein-Personen-Abteil. Das ist gemütlich. Es gibt viele solcher Abteils in den U-Bahnen in denen ich immer fahre. Viele sind bunt bedruckt von außen, und es sind nackte Frauen oder Mörder zu sehen. Das sehen ich aber nur, wenn ich nicht ganz so müde bin und mal aus meinem Luxusabteil nach draußen luke.
Irgendwann kommt die Bahn dann an. Ich muss raus und, immer noch müde, gegen einen Strom aus muffelig dreinschauenden Zeitgenossen ankämpfen.

Endlich im Bürogebäude.
Wenn ich alleine im Fahrstuhl stehe ist es wie in meinem Wohnzimmer, nur ein bisschen kleiner. Niemand der mich doof anguckt, oder schlimmer noch, krampfhaft versucht mich nicht anzugucken und auf der anderen Seite niemand den ich krampfhaft versuchen muss nicht anzugucken.

Ich habe neuerdings ein kleines Büro das ich mir mit einem netten Kollegen teilen darf. Es ist, vor allem Morgens, sehr viel entspannter als im Großraumbüro zu sitzen mit den ganzen Leuten drum herum.
Ich glaube ich mag meine Arbeit. Zumindest wenn ich wach bin. Ich bin aber müde, da mag ich es lieber alleine in meinem Büro zu sitzen, hinter dem schönen neuen Bildschirm, mit dem ein oder anderen Ordner neben mir, den ich eigentlich gar nicht brauche, aber aus bestimmten Gründen immer in meiner Nähe halte. Die freie Sicht zu meinem netten Kollegen verdeckt eine große grüne Tischpflanze Modell „Büropflanze 0815“. Zumindest ist sie das wenn ich alleine bin.
Wenn der Kollege anwesend ist und ich den ersten Kaffee noch nicht auf habe ist sie eine schrecklich undurchsichtige und gefährliche Dschungelpflanze an der niemand vorbei kommt. Nur Bamba, der Junge aus dem Dschungel. Bamba, der mit Tieren und Pflanzen reden kann. Bamba kennt immer einen Ausweg, aus jedem gefährlichen Abenteuer ist er unbeschadet und als Sieger hervorgegangen. Bamba! Der Junge aus dem Dschungel.

„Was nuschelst du da?“ fragt der Kollege manchmal.

„Ach nichts.“ Entgegne ich dann, wenn ich Schuldbewusst aus meinen Tagträumen erwache. „Wollte nur wissen ob du einen schönen Feierabend hattest, Gestern.“

„Ach, weist du, war viel zu spät im Bett.“

„Wem sagst du das?“

 

Hallo Liederwurm!

Deine Geschichte fließt ruhig, ohne Überraschungen dahin. Ein unspektakulärer, aber ganz gut geschriebener Text. Manche Details gefallen mir gut, Zum Beispiel die Vorstellung und Phantasie der büröpflanze und Bamba.
Insgesamt hat der Text allerdings nichts neues, nichts, was mich in den Bann zieht. Nett zu lesen, bald vergessen....

schöne Grüße
Anne

 

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