Mückenstiche und eine Narbe im Schuh
Flixbus, Freitag Abend, Brüssel – Paris.
Flixbus, Sonntag Abend, Paris – Brüssel.
Dazwischen eine Umarmung, ein schneller Kuss auf die Wange, ein Imbiss. Für den Imbiss nehmen wir uns Zeit; Moussaka in der Nähe von La Fourche. La Fourche, die Gabelung; wie die Gabel, mit der wir essen.
Spaziergang nach Hause, Händchen halten, eine Drehung im Mondlicht. Benzinroller, die Essen liefern und laut stinken.
Dazwischen zwölf Quadratmeter zu Hause.
Es ist zu heiß, Sommerhitze und staubige Luft, ich ziehe mir das Kleid über den Kopf, du trittst die Schuhe ab und knöpfst dein Hemd auf.
Verschwitzte Haut auf verschwitzter Haut, ein feuchtes Laken.
Dazwischen fragst du: Hast du Lust auf Wein?
Ich nicke und strecke mich.
Ich hole die Gläser und den Wein.
Sancerre, sage ich. Danke schön.
Du nickst.
Wir trinken schweigend.
Dazwischen sagst du: Es ist so warm.
Ich öffne das Fenster, ein warmer Luftzug auf meiner Haut. Ich lehne mich an den Fensterrahmen, das Weinglas in der Hand. Von draußen drückt die nächtliche Stadthitze in das Zimmer. Die Fassaden glimmern gelb im Straßenlaternenlicht.
Ich sehe dich an, während du mich betrachtest.
Wie war die Fahrt?, fragst du.
Wieso fragst du das jetzt?
Ich blicke dich an.
Schön siehst du aus, antworte ich. Du hast mir gefehlt.
Dazwischen schwitzen wir. Pariser canicule, Hitzewelle, schwere Luft, die Nacht zu heiß für kalten Schlaf. Wir leeren die Gläser und gehen spazieren. Halten Händchen und drehen uns im Mondlicht, und ein Benzinroller stinkt laut.
Dazwischen zählen wir die Mückenstiche und trinken Kaffee am Morgen, croissant für dich, pain suisse für mich, wir machen den Wochenendeinkauf. Ich suche Dinge, die es in Belgien nicht gibt, du suchst Dinge, die es im Kühlschrank nicht gibt. Dazu eine Flasche Wein.
Heute rot?
Lieber Bier.
Dazwischen ein Spaziergang im Park, Stadttauben und Teichrallen. Poules d’eau. Wasserhühner. Eine Ringeltaube landet auf einem Strauch, so schwer, dass der Ast sich biegt. Die Taube fällt und der Ast schnellt hoch. Wir lachen.
Dazwischen kochen wir gemeinsam Abendessen, trinken das Bier schon beim Zubereiten, holen Wein. Doch rot. Danach ein Spaziergang zum Park, eine laute Trillerpfeife.
Der Park schließt in fünfzehn Minuten!
Wir sehen uns an. Ich zwinkere dir zu, du nickst. Zwei Runden um den Park, eine Runde durch das Viertel, Klettern über den Zaun. Du bleibst hängen, ein tiefer Kratzer im Lederschuh.
Eine Erinnerungsnarbe, sage ich.
An den Sommer, sagst du.
Und an dich.
Dazwischen liegen wir im Gras, es ist Nacht, der Himmel unendlich. Die Hitze ist noch unerträglicher durch warme Feuchte. Wir gehen zu einer Mauer, betrachten die leuchtende Stadt in der Ferne, reden über alles und nichts.
Dazwischen die Mückenstiche nach nächtlichen Runden, wir trinken Kaffee – heute kein Gebäck – und ich packe meine Sachen.
Ich möchte dich hierbehalten, sagst du, während ich packe.
Und ich möchte dich mitnehmen, antworte ich, während ich den Rucksack schließe.
Dazwischen kochen wir Mittagessen; es gibt einen verbrannten Topf, und viel Kaffee. Dann Unruhe, wir hetzen zur Métro, betrachten die Tauben in Bercy. Der Geruch von Vernachlässigung verschlingt den Bahnhof. Eine Umarmung und ein Kuss, ich spüre deine Wärme. Ein Winken und eine Abfahrt. Die Klimaanlage im Bus ist kalt.
Flixbus, Sonntag Abend, Paris – Brüssel.
Flixbus, Freitag Abend, Brüssel – Paris.
Dazwischen eine Narbe im Schuh und Mückenstiche.