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Luna will nach Hause
An einem sonnigen Sonntagnachmittag machten Luna und ihr Herrchen einen Ausflug, in einen etwas entfernten Wald. In der Woche tobte sie Abends immer mit ihren Freunden auf der Hundewiese, im heimischen Stadtpark aber am Wochenende, wenn das Wetter mitspielte, waren sie Abenteurer in den unentdeckten Urwäldern der Nachbarstädte.
Luna lief fröhlich den Waldweg entlang und beschnupperte jeden Stein und jeden Strauch, immer darauf bedacht ihr Herrchen nicht zu verlieren.
Nicht aus zu denken, was sie ohne Ihn machen würde.
Nachdem sie in Ungarn in der Tötungsstation gelandet war, hatte sie die Hoffnung auf ein gutes Leben schon aufgegeben. Viele Menschenhände hatten ihr fürchterliche Dinge angetan, alleine der Gedanken an ihre Vergangenheit lies sie schaudern.
Dann wurde sie von einer Organisation nach Deutschland gebracht, hier waren alle wesentlich freundlicher und liebevoller. Sie landete auf einem Hof mit vielen anderen Hunden, Pferden, Ziegen und sogar einem Schwein.
Eines Tages kam ihr Herrchen daher, hatte ihre Anzeige im Internet gesehen und war mehrere 100 km gefahren nur um sie kennen zu lernen.
Allerdings war Sie nicht wie andere Hunde, freute sich nicht in ihn zu sehen, stattdessen klemmte sie ihre Rute ein und schaute ihn mit gesenktem Kopf an. Woher auch sollte sie wissen, das sie ihm vertrauen konnte, wo die meisten Menschen nur böse und gemein zu ihr waren.
Aber er hatte sich trotzdem in sie verliebt und nahm sie mit. Mit jedem Tag blühte sie weiter auf, wurde sogar richtig frech aber sobald andere Menschen kamen fiel sie in ihr altes Muster zurück. Sie wusste das sie Herrchen vertrauen konnte und das er sie beschützte würde aber allen anderen Menschen traute sie keine zehn Meter über den Weg.
Während sie sich so den Weg entlang schnupperte, mal links mal rechts vom Weg tiefer in den Wald lief, bemerkte sie gar nicht, das ihr Herrchen nicht mehr da war.
Nanu, er war doch eben noch hinter mir. Wo ist er nur geblieben, er kann mich doch nicht einfach alleine lassen.
Da war es wieder, das alte Muster. Ihre Rute schnellte nach unten und klemmte zwischen ihren Hinterbeinen. Leise fing sie an zu winseln, traute sie sich nicht zu bellen, zu groß war die Angst, dass ein wildes Tier auf sie aufmerksam wurde. Vorsichtig schlich sie weiter durchs Unterholz. Mit der Nase erschnüffelte sie sich die Richtung aus der sie gekommen war. Doch als sie den Waldpfad erreichte war da kein Herrchen der auf sie wartete. Mit angelegten Ohren und geducktem Kopf, behielt sie ihre Umgebung im Auge. Immer noch leise fiepsend. Die Hoffnung, dass ihr Herrchen sie hören würde, war zwar gering aber immer noch vorhanden.
Eine ganze Weile, konnte sie die Stimme im Wald hallen hören, jedoch nicht einordnen, aus welcher Richtung sie kam. Mal schien sie von hier zu kommen dann wieder von dort und dann von wo ganz anders. Luna drehte sich in die Richtung, die sie vermutete, ging ein paar Schritte, blieb stehen und ging in eine andere Richtung. Sie drehte sich im Kreis. Mit der Lautstärke der Stimme, schwand auch ihre Hoffnung und dann blieb ihr nur noch das Rauschen des Windes und das Zwitschern der Vögel, die in der Frühlingssonne ein fröhliches Lied sangen.
Ich bin hier. Hier drüben, an dem großen Baum mit den vielen Blättern.
Sie hatte lange nicht mehr so viel Angst gehabt. Wie sollte sie hier alleine im Wald überleben? Was sollte sie Fressen? Mit wem sollte sie kuscheln? Wer beschützt sie?
Luna fühlte sie verlassen, hilflos und suchte sich eine kleine Höhle, unter einem umgestürzten Baum.
Wenn ich nicht weglaufe, dann findet er mich schneller, wenn wir jetzt beide suchen gehen, dann laufen wir bloß aneinander vorbei und finden uns nie. Außerdem ist er schließlich weg gelaufen, dann kann er mich gefälligst auch wieder abholen, dachte Luna wäre sie ihren Kopf auf die Pfoten und die Rute neben sich legte.
Ein Knacken riss sie aus ihren Gedanken. Ein brechender Zweig unter schweren Stiefel. Bestimmt ein Jäger, der sie mit einem Reh verwechseln und erschießen würde, wenn sie sich jetzt bewegte.
Luna atmete flach, drückte den Kopf tiefer Richtung Boden und presste die Rute enger an sich. Sie schloss die Augen.
Wenn ich sie nicht sehe, sehen sie mich auch nicht dachte sie und betete, dass dieser Albtraum schnell ein Ende nahm.
„Ohhhhh. Wer bist denn du?“
Von der hohen Stimme irritiert, hob sie sachte den Kopf und blickte in strahlend grüne Augen. Das breite Grinsen offenbarte eine Zahnlücke und der Pony fiel, in flusigen weichen Strähnen, aus dem Zopf, der mit einem Schmetterlingshaargummi gebunden war.
Das kleine Mädchen hockte sich, etwas entfernt von Luna, auf dem Boden.
„Paaaaaaapaaaaaaaa“, rief sie, aus voller Kehle, Luna krabbelte vor Schreck tiefer in die Höhle und zitterte, „hier liegt ein kleiner Hund. Komm schnell.“
Kurze Zeit später kam ein groß gewachsener Mann mit breiten Schultern.
Das sind die schweren Stiefel, die ich gehört habe. Das ist der Jäger. Jetzt ist alles vorbei.
„Mona, bleib wo du bist. Du weißt nicht was der Hund macht, wenn du dich ihm näherst."Seine Stimmt war weich und lies Lunas Ohren in seine Richtung zeigen. Der Mann legte einen Arm um seine Tochter und drückte sie, kaum wahrnehmbar.
„Wir müssen ihm helfen, Papa. Er sieht ängstlich aus.“
„Und genau aus dem Grund müssen wir besonders vorsichtig sein. Hunde die Angst haben sind unberechenbar. Vielleicht laufen sie weg oder sie bellen dich an, weil sie dir sagen wollen geh weg, lass mich in Ruhe oder aber sie versuchen dich zu beißen. Du weißt nie, wie ein Hund reagiert der Angst hat und sich bedroht fühlt, hörst du?“
Das kleine Mädchen nickte mit großen Augen.
„Papa kannst du ihm helfen?“
Der Mann schaute in die grünen Kulleraugen seines kleinen Mädchens und nickte nach kurzem Zögern. Vorsichtig näherte er sich Luna.
„Hey, Kleiner. Du hast dir aber ein ungemütliches Plätzchen ausgesucht. Hier ist es doch kalt und nass. Komm wir bringen dich hier raus. Du hast doch bestimmt Hunger.“
Seine zurückhaltende Stimme beruhigte Luna, auf eine ihr unbekannte Weise. Eine merkwürdige Ruhe normalisierte ihre Atmung und ihre Zunge schob sich langsam aus dem Maul.
„Komm Kleiner, komm her, ich tu dir nichts. Ich will dir nur helfen.“
Der Mann war einen guten Meter vor ihr. So hatte sie genug Platz um zu bleiben, wo sie war oder weg zu laufen, wenn sie es gewollte hätte.
Sie entschied sich zu bleiben und setzte sich auf, den Blick immer noch auf den breiten Mann mit den friedlichen Augen gerichtet.
„Schau mal was ich hier hab.“ Nach kurzem wühlen in der Jackentasche hielt er einen kleinen braunen Brocken in der Hand.
Sie stellte den Kopf wieder gerade, beide Ohren gespitzt. Langsam stand sie auf und machte einen zaghaften Schritt nach vorne, dann verharrte sie, in geduckter Stellung und blickte den Mann von unten an.
Luna bewegte sich nicht, sie schaute ihn einfach nur an. Hin und wieder leckte sie sich über die Nase oder zuckte mit den Schnurrhaaren.
„Mona, ich glaube er will sich nicht helfen lassen.“ Schulter zuckend blickte er seine kleine Tochter an. Ihre Augen wurden glasig.
„Aber wir können ihn doch nicht hier zurück lassen. Sieh doch mal, er hat ein Halsband. Er gehört sicher jemandem, vielleicht sogar einem Mädchen wie mir. Oh wie schrecklich wäre es, wenn Sam weg wäre. Papa bitte du musst ihm helfen.“ Sie zog ihre Nase hoch und wischte sie an Ihrem Pulloverärmel ab.
Langsam stand Luna wieder auf. Nach kurzem Zögern setzte sie eine Pfote vor die andere, ähnlich wie ein Chamäleon.
„Mona, ich glaube es klappt.“ Luna blieb stehen und musterte ihn mit schiefem Kopf, ein Ohr auf ihn gerichtet und eins platt angelegt. Dann blickte sie in das strahlende Gesicht des kleinen Mädchens, unweigerlich fing ihre Schwanzspitze an zu Wedeln.
Mona hockte sich wieder hin. Luna ging auf sie zu und schnüffelte an ihrer Nasen. Vorsichtig begann Mona sie zu streicheln und lachte, als Lunas Fell sie an der Nase kitzelte.
„Ich habs geschafft, Papa. Guck mal“
"Klasse, dann lass uns mal sehen ob wir ihn ins Auto kriegen."
Als sie in einer kleinen Reihenhaussiedlung ankamen, hielten sie vor einem hübschen weißen Haus. Der Vorgarten war gepflegt und umringt von einem kniehohen Zaun.
Luna stand vor dem Törchen und betrachtete den ordentlichen Rasen und die hübsch hergerichteten Beete. Dort wuchsen Stiefmütterchen und Hortensien. Hinten in der Ecke erblickte sie sogar einen kleinen Gartenteich, an dessen Rad eine kleine Mühle mit richtigem Wasserrad stand, auf der anderen Seite leuchtete ein Leuchturm den Fischen den Weg.
„Mama, Mama. Schau mal was Papa und ich im Wald gefunden haben,“ rief Mona während sie das kleine Törchen öffnete.
Die Haustür ging auf und Luna krabbelte so dich an Monas Beine, wie es nur eben ging.
„Oher, was habt ihr denn nun wieder mitgebracht,“ stöhnte Monas Mutter.
Als sie Luna erblickte, weiteten sich ihre Augen. „Oh der ist ja süß.“ Sie ging in die Hocke. „Komm mal her. Du bist ja hübsch.“
Dicht an Monas Beine gepresst, schielte Luna auf die Frau in der Tür. Kopf gesenkt, Ohren angelegt, die Rute, die eben noch entspannt hing, war jetzt bis in die Spitze eingeklemmt.
„Och gottchen, die ist ja völlig verschreckt."
Mona streichelte Luna über den Kopf, „komm, ich zeige dir erst mal alles und dann fühlst du dich gleich besser. Dir passiert nichts, vertrau mir.“
Mona sprang die Stufe hoch und verschwand im Haus. Luna machte sich groß und richtete die Ohren in die Richtung, in die Mona verschwunden war. Zögernd musterte sie die Frau die im Türrahmen stand.
"Schatz geh mal an die Seite. Vielleicht geht sie ja dann hinter Mona er."
Nachdem die Frau aus der Tür verschwunden war, näherte sich Luna zögernd der Tür, blieb an der Schwelle stehen und schnupperte ins Innere, so weit wie ihr Hals reichte. Vorsichtig setzte sie einen Fuß auf die großen beigen Fliesen, als würde sie testen, ob der Boden sie tragen würden. Den Schwanz kontinuerlich durch die Hinterbeine an ihren Bauch gedrückt.
„So, hier ist mein Zimmer. Wir können zusammen spielen, wenn du willst.“
Luna schnupperte sich durch den Flur. Jede Fliese musste einzeln untersucht, jeder Winkel und jede Ecke genauestens in Augenschein genommen werden, bis sie sich in Monas Zimmer geschnüffelt hatte.
Sie blieb stehen und blickte sich mit aufgestellten Ohren um.
In einer Ecke erblickte sie ein Keyboard und Kuscheltiere so weit das Auge reichte. Von Plüschpferden über Tiger bis hin zu einem riesigen Teddybär neben ihrem Bett.
„Das ist Mr. Ruffy. Mein bester Freund“, sie zeigte auf eine seiner Tatzen, „leider hat er sich verletzt. Ich hab ihm ein Pflaster drauf gemacht. Jetzt muss er sich ein bisschen ausruhen, damit er schnell wieder mit mir spielen kann.“ Sie streichelte dem Teddy über den Kopf und gab ihm einen Kuss auf die Schwarze Stoffnase.
Lunas Rute hob sich langsam wieder, während sie in der Mitte des Zimmers stand und Mona mit erhobenem Kopf lauschte.
„Und das ist Hottie, mein Schaukelpferd. Wenn Mr. Ruffy wieder gesund ist reiten wir gemeinsam durch die Wildnis, wie früher. Wenn ich groß bin werde ich ein richtiges Pferd haben und dann kann uns nichts mehr aufhalten.“ Sie sprang auf Hottie, die Kuven des Pferdes knarrten bei jeder Bewegung und Mona hob ihren Arm, als wäre sie ein Cowgirl die ein Lasso schwang.
Ihr Mutter kam ins Zimmer, lehnte sich an den Türrahmen und beobachtete ihre Tochter, bei ihrem wilden Ritt.
Luna hatte sich hingesetzt, ließ das Kind aber keine Sekunde aus den Augen. Als sie die Mutter in der Tür erblickte, schreckte sie auf und presste sich zwischen Monas Bein und das Schaukelpferd. Reflexartig stoppte Mona und legte ihre Hand auf den Kopf des verschreckten Hundes.
„Schatz, schau doch mal nach, ob du eine Adresse findest. Das wir ihn nicht behalten können weißt du ja. Das Herrchen macht sich bestimmt schon Sorgen um den kleinen.“
Mona schob die Unterlippe vor, öffnete aber dann, die am Halsband hängende Kapsel. Den Zettel, der einen Namen und eine Telefonnummer enthüllte, gab sie ihrer Mutter und kraulte Luna, die ihr gefolgt war, als wäre sie an Monas Bein geklebt.
„So kleiner Kerl, wir rufen jetzt dein Herrchen an und dann kommst du wieder nach Hause", sagte sie liebevoll. Luna musterte sie mir hochgezogenen Brauen.
Die Zeit verging und Mona war längst auf der Couch eingeschlafen, als es an der Tür klingelte.
Luna lag auf dem Teppich, davor, sie war Mona den ganzen Tag nicht von der Seite gewichen. Als sie die Türklingel hörte hob sie den Kopf und lauschte auf das, was an der Haustür geschah.
„Hallo, Ben Weimer. Sie habe angerufen. Sie haben meinen Hund gefunden?“
Er ist da. Er hat mich gefunden jippiiie.
Mit einem Satz war Luna auf den Beinen und an der Haustür. Jetzt wedelte nicht nur die Rute, sondern der ganze Hund. Sie Sprang ihm auf den Arm und schleckte alles ab was in ihre Reichweite kam.
Ben hockte sich hin und Luna wuselte durch seine Beine, stieg auf seinen Schoss und leckte ihm die Hände und das Gesicht.
„Oh Mäuschen wo warst du nur? Ich hab mir solche Sorgen gemacht“, lachte er, während er damit beschäftigt war, das wuselnde Fellbündel zu beruhigen, dann hob er den Kopf und schaute Monas Eltern an. Durch die Aufruhr im Flur, ist Mona wach geworden und stand jetzt angelhent an das Bein ihres Vaters.
„Ich habe sie in dem Wäldchen, unweit von hier, aus den Augen verloren. Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, dass ich sie wieder finde.“ Er streichelte sie und drückte sie an sich.
„Tausend Dank das Sie sie gefunden haben aber wie haben sie es geschafft sie mit zu nehmen? Nicht mal meine Mutter darf sie streicheln“
„Unsere Tochter Mona hat sie gefunden und, nach dem ich gescheitert bin, überzeugt, dass es bei uns schöner ist, als allein im Wald.“ Ihr Papa schwellte seine Brust und streichte ihr lächelnd über den Kopf, der immer noch an seinem Bein lehnte.
„Vielen vielen Dank, Mona“, sagte Ben und reichte ihr seine Hand, „du bist ein besonderes Mädchen, wenn Luna dir so vertraut, dass sie mit dir gekommen ist.“
Er stand auf, Luna sprang an ihm hoch und reckte ihren Kopf in Richtung seiner Hand, die er den Eltern hinhielt.
„Auch Ihnen noch Mal vielen Dank, dass Sie Luna mitgenommen haben, ich weiß gar nicht, wie ich das wieder gut machen kann.“
„Wir haben selber einen Hund, also nichts für Ungut.“ Lächelnd schaute Monas Papa auf den Hund, der neben seinem Herrchen Platz genommen und den Kopf, gereckt an dessen Hüften schmiegte.
„Pass auf dich auf kleine Maus“, fügte er hinzu „vielleicht sehen wir dich ja mal wieder.“
„Das kriegen wir bestimmt hin“, strahlte Ben und verabschiedete sich.
Wörter: Stadtpark • Leuchtturm • Hortensie • Schaukelpferd • Pflaster – von sim