- Beitritt
- 24.04.2003
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LSD ist die Annäherung zu Gott
Ich genieße das Gelb auf meiner Zunge.
Das Schwarzlicht umschwärmt meinen Gaumen mit den fruchtigsten Geschmacksrichtungen jenseits hiesigen Obstes und die blauen Scheinwerfer der Decke verwöhnen die Spitze meiner Zunge mit dem erdigen Wohlempfinden längst vergessener Tabaksorten.
Alles in allem eine perfekte Symbiose der Sinneswahrnehmungen.
Die Töne; sie spielen mir Bilder eines urgewaltigen Nebels vor, in dem sich neue Planeten bilden.
Rauchende Säulen, höher als Milliarden von Lichtjahren und ihr Ende lässt sich bloß erahnen.
Meine Krankheit ist ein Segen.
Ich schmecke die Farben und allein der Schein einer kleinen Kerze vermag es mir den Besuch eines jeden Gourmettempels als überflüssig zu betrachten.
Die Klänge zeichnen Szenarien von überdimensionaler Stärke und wenn Gott die Dinge gleich wie ich sieht, so hat er die Welt ohne Phantasie erschaffen.
Wie ein tausendfacher LSD-Trip gestaltet sich mein Dasein und ich ergötze mich an den fehlgeleiteten Grundfunktionen meines Hirnes.
Wenn ein SENSO-Spiel die Menschen in ihrem Denkvermögen trainiert, so stellt es für mich die leibhaftige Grundlage der Entspannung dar.
Die getönten Farben, die vermeintlich primitiven Melodien, der Geruch alten Plastiks; all das verführt meine Triebe in die blitzenden Kasinos hoher Ebenen.
Ich bin mehr als Las Vegas, ich stehe über den Millionen Kilowattstunden von Stromverbrauch, bin weit entfernt von Gewinn und Verlust des einarmigen Banditens.
Ich BIN Las Vegas und dieser Planet unterliegt jetzt meiner Obhut.
Habe ich erwähnt welch bedeutsame Position ich einnehme?
Unter meinem Kommando brechen Kriege los; ganz einfach so.
Natürlich nicht aus Habgier heraus, wie es mir die meisten meiner Widersacher unterstellen. Der wahre Grund ist das gigantische Lichterorchester der Atombomben; die unzähligen grellen, wohlschmeckenden Explosionen.
Eine jede militärische Auseinandersetzung verzaubert mich.
Ich esse die Explosionen, höre ungeschriebene Musikstücke von Bach und Mozart aus den Wehleiden der Opfer heraus. Gigantische Bilder entstehen zu den vermischten Eindrücken von grauenvollen Schreien und unweltlichen Farben.
Meine Sinne unterstützen Darwins Theorien; die Arier haben es versucht, aber ich bin derjenige der das Ziel mit Schallgeschwindigkeit durchbrochen hat.
Heute 'Nachmittag' werde ich diesen Planeten in herrliche Düsternis stürzen.
Mein Vorwand beruht auf Bedrohung. Irgendein Land; kein Mensch hat je davon gehört, aber dennoch ist es ungemein gefährlich.
Ich will über CNN beobachten wie es detoniert. All die Eindrücke des schnellen Triumphes in mich aufsaugen und die Verwesung der verbrennenden Bewohner als glänzendes Spektakel genießen. Ich wünschte, ich könnte zum Zeitpunkt der Vernichtung anwesend sein, damit mir der Geruch ein paar schöne Szenen eines ungedrehten Filmes zu liefern in der Lage wäre.
Leider bin ich weit entfernt.
Die Nordhalbkugel wird entflammt sein von endgültiger Faszination und ich bin dabei nicht mehr als ein stiller Teilnehmer; unbemerkt und unwichtig.
"Lass mich dein Kameramann sein, Vater."
Ich schaue die hagere Gestalt meines Sohnes an. Bei ihm verhalten sich meine Sinne normal und ich wünschte, ihn niemals geboren zu haben.
"Du bist kein Kriegsherr!", brülle ich ihn an.
"Diesesmal werde ich mir Mühe geben. Die subtile Art war ein Fehler, dass weiss ich jetzt!"
Ich lasse meine Finger kurz schnippsen; ein rotierender Kreisel bildet sich im Raum.
"Geh und bringe mir meine Melodramatik. Ich will Buntes riechen und Töne schmecken. Ich fange allmählich damit an mich selbst für phantasielos zu halten, daher will ich diesesmal mehr als eine Seifenoper-Kreuzigung erleben. Bewahre mich vor der Schizophrenie. Mach dir meinen geplanten Krieg zu Nutze und überschütte mich mit Bildern! Du weisst wie das demokratische Machtverhältnis hier oben aussieht. Hitler ist mittlerweile fast so populär wie ich und du willst doch sicher keinen weiteren Adoptiv-Vater, oder? Nimm dir eine von den neuen Bibeln mit und begründe eine frische Sekte, aber mach schnell. Vor den Neuwahlen will ich ein bisschen mehr Action da unten sehen!"