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Loslassen

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07.10.2018
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Loslassen

Dieser riesige Parkplatz an der Süd-Tangente der Stadt schien wie geschaffen zu sein, um endlich anzufangen. „Nun komm schon“, drängelte Paul. „Wie lange willst du dann noch damit warten?“. Er stemmte die Fäuste in die Seite. „Gestern hast du es versprochen.“

Paul war wütend auf seinen fünfjährigen Sohn. Denn Finn erfand jeden Tag neue Ausreden, um nicht mit seinem neuen Fahrrad üben zu müssen. Der Sturz im Park hatte ihn offensichtlich verschreckt. Doch heute wird ihm kein Zureden helfen, heute muss er alleine fahren. Und Paul musste lernen loszulassen. Heute würde er nicht das Rad halten und mitlaufen, nur damit Finn sich trauen würde, zu fahren.

Umständlich stieg Finn auf das Rad. Dann sah er den Vater an: „Hältst du mich?“ Paul nickte stumm. „Gib Gas“, fügte er ironisch hinzu.

Während der ersten Schritte schob der Vater den Sohn. Finn traute sich nicht, in die Pedale zu treten. „Komm schon!“, forderte Paul.

Finn drückte das rechte Bein durch. Die Pedale gab nach, das Rad rollte. Paul ging neben dem Rad, eine Hand von hinten unter den Sattel geschoben. Finn drückte das andere Pedal durch. Paul wechselte vom Spazierschritt in ein leichtes Traben. Finn beugte sich etwas tiefer in den Lenker. Sein Blick war nach vorn gerichtet. Das Rad rollte über die Parkflächen, die auf dem schwarzen Asphalt markiert waren. Paul war längst in einem langsamen Dauerlauf übergegangen.

„Jetzt oder nie“, dachte der Vater. Und er ließ los. Das Rad, einmal in Schwung gebracht, rollte seinen Weg. Paul war sich nicht sicher, ob Finn seine Abwesenheit bemerkte. Doch der trat kräftiger ins Pedal. Die Zipfel seiner Jacke flatterten im Fahrtwind. Doch irgendwann war auch der größte Parkplatz der Welt zu Ende. Dessen Ausfahrt führte auf die Süd-Tangente der Stadt. Dort brauste der Straßenverkehr. Finn radelte. Dass sein Vater nicht mehr an seiner Seite war, schien ihn nicht zu beunruhigen. Paul wollte rufen, dass Finn umkehren sollte, doch er hatte Angst, ihn zu erschrecken.

Dann geschah es. Finn, den Rücken kerzengerade über den Sattel aufgerichtet, leitete das Wendemanöver ein. Langsam und wacklig lenkte der das Fahrrad in einen großen Bogen und kam langsam zu seinem Vater zurück.

„Tolle Leistung“, rief dieser ihm von weitem zu. Finn strahlte. Doch ohne Paul anzusehen, fuhr er an ihm vorbei. Er trat ein paar Züge in die Pedale, nutzte den Schwung und rollte über den Parkplatz. Kurz danach erreichte er die begrenzenden Büsche. Wieder fuhr einen großzügigen Bogen und drehte in Pauls Richtung. Der begann zu klatschen. Finn rauscht an ihm vorbei.

„Geht doch“, freute sich Paul. Doch er dachte: „Hoffentlich behält der Junge den Lenker fest in den Hand.“

Nach der dritten Begegnung folgte die vierte, fünfte, sechste. Längst hatte sich Paul auf dem Bordstein gesetzt. Zuerst schaute er seinem Sohn beim Radfahren zu. Er war stolz. Dann spielte er auf seinem Handy. Es gab nichts mehr zu tun.

Finn drehte Runde um Runde. Er schien gar nicht mehr aufhören zu wollen. Plötzlich poppte eine Nachricht auf Pauls Handy. „Wann kommt ihr endlich nach Hause?“.

„Jetzt“, schrieb Paul zurück.

Dann stellte er sich in den Fahrweg des Rades und breitete die Arme aus, um seinen Sohn zu stoppen.

 

Hallo @Raspel! :)

Ich mag solche unaufgeregten Alltagsszenen. Und gerade eine Szene zwischen Vater und Sohn bietet eigentlich durchaus Potential, um zwischen den Zeilen Interessantes passieren zu lassen. Seien das nun etwa Spannungen zwischen den beiden (vielleicht geht der Vater ja nicht gerade sensibel mit dem Kind um? Oder er ist überbehütend und traut seinem Kind nichts zu? Oder er steckt im Scheidungskrieg und ist gedanklich ganz wo anders?) oder einfach Gefühle, auf die man stärker eingeht (vielleicht hat die Familie eine schwere Zeit hinter sich und das ist seit langem endlich wieder ein schöner Moment?).

Bei deinem Text war ich mir nun leider nicht sicher, was da zwischen den Zeilen genau passiert. Zum Einen lautet der Titel der Geschichte "Loslassen" und dem Vater scheint das mit dem Fahrradfahren wirklich wichtig zu sein:

Und Paul musste lernen loszulassen. Heute würde er nicht das Rad halten und mitlaufen, nur damit Finn sich trauen würde, zu fahren.

Andererseits machst du deutlich, dass er sich relativ rasch nicht mehr so sehr für das Ganze interessiert:

Zuerst schaute er seinem Sohn beim Radfahren zu. Er war stolz. Dann spielte er auf seinem Handy. Es gab nichts mehr zu tun.

Oder war vielleicht genau das deine Absicht? Zuerst einen fürsoglichen Vater zu zeigen und wenig später, quasi als Wendung aufzuzeigen, dass diese schönen Momente nur von kurzer Dauer sind?
Ich bin mir nicht sicher, aber klär mich in deinem kommenden Post gerne auf :)

Ansonsten:

Dieser riesige Parkplatz an der Süd-Tangente der Stadt schien wie geschaffen zu sein, um endlich anzufangen.

Warum so kompliziert? Ich würde nicht gleich im ersten Satz so viel erklären:

"Dieser riesige Parkplatz schien wie geschaffen, um endlich anzufangen."

So kennt sich der Leser genauso aus. Denn später im Text erklärst du es ohnehin nochmal:

Dessen Ausfahrt führte auf die Süd-Tangente der Stadt. Dort brauste der Straßenverkehr.

„Wie lange willst du dann noch damit warten?“

"denn"

Paul war wütend auf seinen fünfjährigen Sohn.

"Show, don't tell" ist ein Grundsatz, der in diesem Forum häufiger mal erklärt wird. Anstatt zu schreiben "Paul war wütend", solltest du versuchen szenisch zu zeigen, dass Paul wütend war. Etwa: "Paul runzelte die Stirn", kein großartiges Beispiel, aber ich denke, du verstehst meinen Punkt.

Die Pedale gab nach, das Rad rollte

"gaben"

Langsam und wacklig lenkte der das Fahrrad

"er"

Wieder fuhr einen großzügigen Bogen

Hier fehlt doch was, oder?

Finn rauscht an ihm vorbei.

"rauschte"

Lenker fest in den Hand.

"Händen"

Nach der dritten Begegnung folgte die vierte

Hmm, ich weiß nicht, ob "Begegnung" hier das richtige Wort ist.

Plötzlich poppte eine Nachricht auf Pauls Handy.

Also ich kenne nur "aufpoppen".


LG, Markus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallöle @Raspel

erstmal willkommen im Forum. :) Hier folgt nun erstmal ein bisschen Schreibkram, dann sage ich noch was zum Inhalt.

Und Paul musste lernen [KOMMA] loszulassen.

Hier fehlt ein Komma.

Paul war längst in einem langsamen Dauerlauf übergegangen.

»... einen ...«

„Jetzt oder nie“, dachte der Vater.

Warum »der Vater«? Du hast ihm doch einen Namen gegeben? Nenn ihn einfach Paul. :D

Das Rad, einmal in Schwung gebracht, rollte seinen Weg.

Das klingt irgendwie falsch für meine Ohren. »Das Rad rollte seinen Weg.« Vielleicht eher:

»Das Rad, einmal in Schwung gebracht, rollte jetzt beinahe von selbst.«

Plötzlich poppte eine Nachricht auf Pauls Handy. „Wann kommt ihr endlich nach Hause?“.

»Plötzlich poppte eine Nachtricht auf Pauls Handydisplay auf.«, oder? Ich glaube, da fehlt das »auf«. Finde aber »aufpoppen« generell kein schönes Wort, würde lieber schlicht »erschien« schreiben.

Zur Geschichte: Den Inhalt finde ich leider nicht besonders gut, da schlichtweg nichts passiert. Der Titel impliziert, das etwas Großes geschehen wird, eine Art Coming-Of-Age-Geschichte oder ein Entwicklungs-Ding. Aber das ist nicht der Fall. Ein Kind soll Fahradfahren üben, tut es, es klappt, sie gehen heim. Nichts daran ist irgendwie spannend oder interessant. Leider. :(

Und auch hier:

Dort brauste der Straßenverkehr. Finn radelte. Dass sein Vater nicht mehr an seiner Seite war, schien ihn nicht zu beunruhigen. Paul wollte rufen, dass Finn umkehren sollte, doch er hatte Angst, ihn zu erschrecken.

Okay, dramatisch. Finn radelt auf den Straßenverkehr zu. Das der Vater lieber nicht eingreift, um sein Kind nicht zu erschrecken, finde ich ziemlich merkwürdig, ehrlich gesagt. :D Was ist die Alternative? Ein entspanntes Kind, das allerdings von Autos überollt wird. Das klingt sarkastisch, aber beim Lesen dachte ich: Was? :lol:

Dann geschah es. Finn, den Rücken kerzengerade über den Sattel aufgerichtet, leitete das Wendemanöver ein.

Auch hier: »Dann geschah es.« klingt sehr dramatisch, als fährt das Kind tatsächlich auf die Fahrbahn. Aber was passiert? Finn dreht ab und kehrt zurück. Also alles wie geplant.

Zuerst schaute er seinem Sohn beim Radfahren zu. Er war stolz. Dann spielte er auf seinem Handy. Es gab nichts mehr zu tun.

Also Vater des Jahres wird der auch nicht. :D Nachdem das Kind schon einmal beinahe auf die Autobahn geradelt ist, würde ich zumindest gelangweilt hinsehen, aber hinsehen. ;) »Es gab nichts mehr zu tun.« würde ich vielleicht nochmal überdenken, das klingt etwas düster in dem Zusammenhang.

Ich weiß nicht genau, was du mit dieser Geschichte erzählen wolltest. Vielleicht sehe ich auch den eigentlichen Plot dahinter nicht. Klar, es geht darum, das der Kleine sich traut und der Mut dann belohnt wird, aber es passiert auf die maximal Weise für alle Beteiligten. Keine Überraschungen, keine Hindernisse, nix. Dein Protgonist sollte irgendwie immer ein kleines Hindernis zu überwinden haben, etwas, dass es ihm ein wenig schwerer macht, ans Ziel zu kommen. Ansonsten bleibt alles blass.

Tut mir leid, aber ich konnte deinem kleinen Radelausflug nicht so viel abgewinnen. Aber nimm's dir nicht als Autor zu Herzen, das dient nur der Geschichte. :anstoss:

Viele liebe Grüße, PP

 
Zuletzt bearbeitet:

Mir fehlt in dieser Geschichte auch das Besondere, das Außergewöhnliche, also irgendwas, was die Geschichte zu mehr als einem beliebigen Alltagserlebnis macht, einem Erlebnis, wie es genau so oder zumindest so ähnlich jeder zu erzählen hätte, der selbst das Größerwerden von Kindern miterlebt hat. (Also beinahe jeder ab einem gewissen Alter.) Natürlich ist es rührend, diesen kleinen Hosenscheißern beim Entdecken der Welt, beim Erobern der Welt gewissermaßen, zuzusehen, umso rührender wenn es die eigenen Kinder sind, nur ... gibt das Fahrradfahrenlernen wirklich Stoff für eine Story her?

Hey, @Raspel, wir schreiben fiktive Geschichten! Was nichts anderes heißt, als dass uns keine Grenzen gesetzt sind. Wir können aus dem Vollen schöpfen! Was natürlich nicht heißt, dass du jetzt aus dieser harmlosen Vater-Sohn-Idylle ein echtes Drama machen sollst – dergestalt zum Beispiel, dass du den kleinen Rotzlöffel gnadenlos quer über die Umgehungsstraße flitzen lässt, nur knappe eineinhalb Meter vor einem 40-Tonner zum Beispiel, der daraufhin natürlich eine Vollbremsung hinlegen muss, was wiederum den Sattelauflieger sich querstellen lässt, in welchen dann ungebremst zum Beispiel ein 89er-Skoda, ein holländisches Wohnwagengespann, ein mattschwarzer 7er-BMW, ein Volvo-Kombi, ein Mitsubishi-Eclipse usw. reinkrachen – sieben Tote, keine Verletzten – was der eifrige Pedaleur jedoch nicht mehr mitkriegt, weil er längst wohlgemut und wohlbehalten die andere Straßenseite erreicht hat, wo es ihn dann allerdings kopfüber und hochkant über die mit üblem Dornengestrüpp bewachsene Böschung runterhaut, mittendrein in den reißenden Wildbach, der da unten blöderweise vorbeimarodiert usw. – nein, so einen Quatsch sollst du natürlich nicht schreiben, aber ein bisschen dramatisieren, fiktionalisieren, um nicht zu sagen, literarisieren dürftest du für meinen Geschmack schon noch. :D

Willkommen hier, Raspel

offshore

 

Liebe Wortkrieger, vielen Dank für euer wertvolles Feedback. In der Tat, hier geht es nur um eine simple Alltagsgeschichte. Sorry, das der Text für einige langweilig daher kam. Doch um so mehr freue ich mich über die positive Rückmeldung. Die kritischen Stimmen zeigen mir, dass es für mich noch einiges zu tun gibt. Grüße Raspel

 

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