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Los jetzt!
„ Los jetzt, du kleiner Penner, worauf wartest du? Ich sag dir `was, wenn du das Ding heute Nacht nicht durchziehst, gibt’s gewaltigen Ärger, verdammt!“
Dennis stemmte die Hände energisch in die Hüften.
Mit forderndem Blick sah er auf Martin herab. Hinter seiner Schulter grinsten Kai und Marc, zwei Hauptschüler aus dem Heim.
Martins Herz raste. Es musste so kommen, dachte er immer wieder. Er spürte, wie kalter Schweiß auf seine fahle Stirn trat.
Dann sah er zum Schmuckgeschäft auf der anderen Straßenseite, es war unbeleuchtet.
Kaum Verkehr auf der Straße, die Nacht war sternenklar und eisig.
„ Na was is’ jetzt? Wird’s bald?“
„ Ich, ich kann das nicht….“ Stammelte Martin leise und wünschte sich, nie geboren zu sein.
Es schien, als gäbe es keinen Ausweg. Er musste den Bruch machen. Wenn Dennis sich etwas in den Kopf setzte, zog er das auch durch. Martin wusste, dass Tim aus der sechsten Klasse sein letztes Opfer war. Er sollte Schmiere stehen, als Marc und Dennis einen Zigarettenautomat knackten.
Martin spürte, wie seine Knie zitterten.
Mit einem Klick sprang die Klinge aus dem Messer. Dennis hatte sie auf ihn gerichtet. Bedrohlich spiegelte sich das Mondlicht in ihr.
Auf seinem bulligen Gesicht lag ein mildes Lächeln. Seine wasserblauen Augen hatten sich zu schmalen funkelnden Schlitzen geformt.
Mit einem erstickenden Schrei sprang Martin einen Schritt zurück.
Kai und Marc lachten verachtend. „ Schisser, Schisser!“
„ Los!“ brüllte Dennis und warf herrisch seinen Kopf in die Richtung des Geschäftes.
Die hohen Gebäude hallten seinen Ruf wieder.
Martins Kehle war wie zugeschnürt. Er sah nur noch eine Möglichkeit- Flucht.
Ruckartig drehte sich der kleine Junge um und rannte um sein junges Leben. Er rannte, als sei der Teufel persönlich hinter ihm her, um ihn zu holen.
„ Folg ihm, ihr Trottel! Rennt!“ hörte er Dennis rufen. Nach Hause! schoss es ihm durch den Kopf. Der alte Plattenbau war nicht mehr weit. Noch nie hatte er sich das Hochhaus so sehr herbei gewünscht wie jetzt.
Mit einem Ruck riss er die eingeschlagene Eingangstür auf und kroch in sein Versteck, die dunkle Nische unter der Treppe. Sie war von der Tür aus nicht zu sehen. Hier war er sicher.
Gerade, als er vor Erschöpfung einen drückenden Hustenreiz in seinem trockenen Hals spürte, hörte er , wie seine Verfolger wie wild geworden die Betontreppen hinaufstolperten, Martins Wohnung im Visier.
Er würde die nächste Woche in der Schule fehlen, beschloss der kleine Junge. Dann hätten sie genug Zeit, einen anderen Jungen für ihre kriminellen Vorhaben zu finden. Zitternd fischten seine schmächtigen Finger eine Zigarette aus seiner Jackentasche. Die brauchte er jetzt.