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Lissajousfigur
Sheilas Palmtop segelte elegant in die genormte Couchecke des "Science-Hotels". Im Foyer drängelte sich die astrophysikalische Elite um Hostessen mit Teilnehmerlisten. Das Symposium "Ausserirdische Koppelfeldexistenzen 2000" startete.
Harry, David und Sheila, drei junge AssistentInnen am "Institut für interstellare Kommunikation", nutzten den Abend für Tanz im "Lissajous",einem musikstarken Vergnügungstempel der Campusgastronomie. Die bunt flackernde Uni-Kneipe war integrativer Bestandteil des Institutes für Raumfahrt, das karreeförmig betoniert mit farbigen äusseren Rohrleitungen alles überragte. Auf dem Dach verdichteten sich die Konturen zu einem technikparkartigen Antennenwald. Dann das "Lissajous", Projektoren malten eigentümliche, harmonische Lissajousschleifen an die Decke. "Habt ihr auch das Seminar 'Direktkontakt mit Koppelfeldexistenzen' gewählt?" "Na klar, wo du hingehst, woll'n wir nicht fehlen."
Am Morgen war Sheila dran: Sie hielt das Kurzreferat. "Großregionen des Weltraums sind gefüllt mit riesigen dreidimensionalen Koppelfeldern, die aus extrem breitbandigen Bündelungen elektromagnetischer Schwingungen bestehen. In jedem Knoten- oder auch Koppelpunkt treffen sich Trillionen von Frequenzen. Gelingt es, drei zueinander senkrecht stehende zu finden, die räumliche Lissajous-Figuren projizieren, so steht das Tor zu dieser fremden Spezies offen. Denn mit Hilfe der so erzeugten hypnotisch wirkenden Bewegungsfiguren kann man geistig ins Koppelfeld hineindiffundieren.
Die tanzende Figur in der 3D-Kugel wirkte sofort. Sie tauchten durch das Gate in eine gläserne Milchigkeit schwebend ein. Ein Pulk hüfthoher Mäuse raste heran. In der Ferne sahen sie Frequenzschieber, über denen Skizzen vorgeschriebener Schwingungsdiagramme hingen. "Koofi der Rafi", ein Vorarbeiter, wischte sich mit raschen Pfotenbewegungen den Arbeitsschweiß aus dem Fell.
[ 20.07.2002, 23:01: Beitrag editiert von: Gerhard Kemme ]