Linientreue
Der Weg eines Menschen ist bestimmt durch Gradheit, hat Konfuzius einmal gesagt. Ich, der ich ungewollt in eine runde Welt hineingeworfen, welche krumm und verkreist scheint, in der jeder Weg ein Ende findet, versuche kläglich, ihn zu verstehen.
Wenn jeder Mensch einen graden Weg verfolgen würde, würde dann nicht jeder über das Ziel hinausschießen, weil die Erde unter seinen Füßen, die Erde unter seinem Weg rund und schief ist?
Die Welt wäre dann voller Querschlägern, die sie verlassen, weil ihr Weg sie weiter führt.
So oder so ähnlich hat Konfuzius das wohl gemeint.
An Tagen wie diesem, wenn das Denken mich mit unaufhaltsamer, widerlicher Konsequenz überwuchtet, ist es am schlimmsten. Viele Menschen sind dumm; sie verstehen nicht ansatzweise, was passiert. Glückliche Idioten, die sich für die Krone der Schöpfungslinie halten. Andere wiederum glauben, zu verstehen, was passiert. Sie glauben an den graden Weg, doch sie erkennen nicht die buckelige Schräglage der Welt, auf der sie stehen. Oder wollen nicht erkennen.
Verfolge ich ein Ziel, oder verändert es sich wie ein Winkelverhältnis? Bin ich gradlinig? Kann ich das überhaupt beurteilen, wo sich doch meine Pupillen nach außen wölben, meine Nase schräg ist und meine Finger wie missratene Kolben anmuten? Selbst mein Hirn ist verwunden... aber vielleicht sehe ich die Dinge auch nur zu verbohrt.