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Limbo

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25.07.2018
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Limbo

Am Strand an der Ostküste Frankreichs. Ich muss 15 oder 16 gewesen sein. Sand zwischen den Zehen, frische Meeresluft in den Lungen, ein Buch in der Hand, wahrscheinlich Calvino. Die Sonne prallte auf meine eingecremte Haut und ich griff nach der Schaltung. Die Scheibenwischer konnten bei dem Wetter kaum mithalten; der Regen schien nicht aufhören zu wollen und es goss und goss, schon seit einer halben Stunde. Wenigstens war die Strecke nicht so voll. „Du siehst nicht aus, wie jemand, der alle Alben von My Chemical Romance besitzt“, sagte Michi leicht spöttisch. „Ist das gut, oder schlecht?“, fragte ich unsicher nach. „Nun ja…“, holte er aus und fing an in meinem Zimmer auf und ab zu gehen, „eher gut, aber es ist immer noch My Chemical Romance.“ Ich dann etwas defensiv: „Ja also, was hörst du denn?“ „Björk, Nirvana, Pink Floyd, eigentlich haben wir alles hier, aber das kann ich persönlich empfehlen“, schlug der Verkäufer an der Theke vor, ohne lange darüber nachdenken zu müssen. „Ich glaube ich gucke mich doch erstmal um“, sagte ich dann etwas verlegen. Der Versuch im Plattenladen nicht uncool zu sein also schon mal im Eimer. Fünf Minuten später klingelt die kleine Glocke über der Tür, als ich den Laden mit leeren Händen verließ und mich auf den Weg zur Bahn machte. Es muss bewölkt gewesen sein, doch gegen Abend kam die glänzende Sonne nochmal kurz vorbei um „Tschüss!“ zu sagen und dem Himmel dabei einen orangenen Anstrich zu verpassen. Laura, Simon, Felix und ich saßen auf einer Bank an der Elbe und schauten uns den Sonnenuntergang an. Für einen Moment konnte ich mir vorstellen für immer so zu bleiben. Augenblicke wie diese waren zwar banal und klischeehaft, aber dennoch magisch, vielleicht sogar gerade deshalb. Ich guckte von meinem Buch hoch. „Would you like a drink?“, fragte ein herumlaufender Typ mit Akzent und Plastikwasserflaschen. „How much is it?“, hakte ich skeptisch nach. “Three Euros.” Strandpreise halt.
“Ooh, hier sind also deine DVDs.”
„Nicht besonders viele, ich weiß.“
„Aaach, quatsch. Es kommt nicht nur auf die Anzahl an. Hier ist ja echt gutes Zeug dabei!“
Der Regen, oder nennen wir es mal Sturm, hatte die Straße mit großen Pfützen versehen. Wie man in der Fahrschule gelernt hat, hätte man besonders auf Aquaplaning achten sollen. Aber was genau war nochmal zu tun? Lenken? Nicht lenken? Kupplung durchtreten? Also auf keinen Fall sollte man bremsen, das ist sicher. Wir saßen im Kino und Michi hielt meine Hand. Ich weiß nicht mehr was für ein Film es war, nur noch, dass er nicht besonders gut gewesen sein konnte. Ich ließ meinen Kopf in seine linke Schulter fallen. Scharfe Kurve in 100 Metern. Nie zuvor hatte ich unter solch widrigen Umständen enge Gebirgsstraßen zu manövrieren. Schon länger am Bahnhof sitzend, fühlte ich mich zunehmend vom elektronischen Schild belogen, das mir glaubhaft machen wollte, die Bahn komme „sofort“. Jetzt. Any moment now. „Kurze Info an alle Passagiere: Auf Grund eines Baumes, der auf die Oberleitung gefallen ist, musste die Strecke zwischen Neugraben und Stade leider gesperrt werden. Ersatzverkehr wird sobald es geht einger…“ Das hätte man auch nicht früher durchsagen können. Ich drehte das Lenkrad bis zum Anschlag. Das Wasser war warm und ich konnte Gruppen kleiner Fische vorbeiflitzen sehen. Bussitze sehen aus, wie Vaporwave sich anhört. „Hanekes Caché gibt’s glaub ich gar nicht auf Blu-ray.“ Wir standen erst auf, als die Sonne nicht mehr zu sehen war. Es lief der Abspann.

 

Heisånn,

Hier meine Gedanken zu deinem Text:

Am Strand an der Ostküste Frankreichs.

Das ist kein vollständiger Satz, bitte ein Prädikat einfügen. Mündlich gesehen kann Oppes auf dem Schaukelstuhl vor dem Kamin das so bringen, aber in einem solchen Text sollte die Prädikative schon vertreten sein.

Sand zwischen den Zehen, frische Meeresluft in den Lungen, ein Buch in der Hand, wahrscheinlich Calvino.

Schon wieder so ein Satz, der eigentlich keiner ist.

Die Sonne prallte auf meine eingecremte Haut und ich griff nach der Schaltung.

Mensch, wer kennt das denn nicht? Ein langer, sonniger Tag am Strand und ein aufgeheiztes Auto mit gefühlten hundert Grad Celsius. Aber das alles ist kein Thema für deinen Protagonisten, denn der griff einfach und ganz cool nach der Schaltung.

Die Scheibenwischer konnten bei dem Wetter kaum mithalten; der Regen schien nicht aufhören zu wollen und es goss und goss, schon seit einer halben Stunde.

Warte ... ernsthaft? Ich dachte, die Sonne prallt auf meine Haut! Bis gerade eben war mein Himmel blau mit kleinen, süßen Schäfchenwolken. Warte ... warte ... es regnet schon seit einer halben Stunde :fluch: !

Wenigstens war die Strecke nicht so voll.

Und anscheinend sind wir bereits unterwegs. Irgendwie standen wir in meinem Kopf noch auf dem Parkplatz.

„Du siehst nicht aus, wie jemand, der alle Alben von My Chemical Romance besitzt“, sagte Michi leicht spöttisch.

Warum spöttisch, das ist doch voll abwertend?

„Nun ja…“, holte er aus und fing an in meinem Zimmer auf und ab zu gehen, „eher gut, aber es ist immer noch My Chemical Romance.“

Das Auto hat Zimmer? Vielleicht ein Wohnmobil? Und während der Fahrt kann man da so einfach auf und ab gehen? Nichts für ungut, aber dein Inhalt hinkt gewaltig.

Den Rest lasse ich besser unkommentiert.

// -- //

Du schreibst, " Kleine Idee, umgesetzt in einer schlaflosen Nacht.", aber ich sehe weder eine Idee noch eine Umsetzung. Für mich war das alles einfach wirres Zeug. Abgeschnittene Szenen und vor allem Kontextlose Szenen, die nicht einmal Potential versprechen. Als Leser hat man überhaupt kein Spaß mit so etwas, wo kein Bild entsteht.

Ich habe ja noch nicht einmal den Titel ganz nachvollziehen können, der für mich übrigens Richtung Plagiat geht. Denn Limbo ist ein wundervolles Computerspiel.

Gruss
Tio

 

Hallo Slikhachov,

du bist relativ neu hier und ich hab keine Ahnung, ob du auf Kommentare überhaupt reagierst. Und ich hoffe, dass das Niederschreiben meiner Gedanken zu deinem Text nicht mehr Zeit in Anspruch nimmt, als das Festhalten deiner Eingebung, die dich in der Hitze der Nacht spontan überkommen hat.
Du wirst nicht sonderlich verwundert sein, wenn Leser mit Verwirrung, Nichtbegreifen auf deinen Text reagieren. Du hast das nicht nur erwartet, du hast es bezweckt.
Ich vermute mal, was du mit der Geschichte und ihrer ungewöhnlichen Struktur, dem Wechsel verschiedener Schauplätze und der Abfolge ungeordneter Gedanken deines Erzählers aussagen möchtest: Du lässt den Leser die letzten Minuten/Sekunden deines Erzählers, der gerade die Kontrolle über sein Fahrzeug verliert, erleben. In denen soll ja angeblich das gesamte Leben noch mal in Bildern an einem vorbeiziehen. Die Autofahrt im strömenden Regen ist real bzw. die Erzählzeit, alles andere sind Erinnerungen. Soweit meine Leseart. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, macht natürlich die Verwendung von Ellipsen Sinn.
Sollte das wirklich deiner Intention entsprechen, dann würde ich vorschlagen, mit der Fahrt im Auto zu beginnen. Die Fahrt als eine Art Rahmen um die konfusen, durcheinander wirbelnden
Erinnerungen zu installieren. Ein logisches Problem hättest du allerdings: Wenn du deinen Erzähler tödlich verunglücken lässt, dann kann er seine Erlebnisse, seine Gedankenfetzen nicht mehr schildern. Aber davon steht nix im Text. Gehen wir mal von einem Koma aus. :D

Sprachlich geht da noch einiges:

Ich muss 15 oder 16 gewesen sein.
macht sich besser, wenn man Zahlen in Worten schreibt, auch die 100 später im Text

Wenigstens war die Strecke nicht so voll.
sehr umgangssprachlich, die Strecke ist ja nicht besoffen, besser: nicht so stark befahren

Fünf Minuten später klingelt die kleine Glocke über der Tür, als ich ...
Warum hier Präsens?

„Would you like a drink?“, fragte ein herumlaufender Typ mit Akzent und Plastikwasserflaschen.
Wie sieht ein herumlaufender Typ aus?

“Ooh, hier sind also deine DVDs.”
„Nicht besonders viele, ich weiß.“
„Aaach, quatsch. Es kommt nicht nur auf die Anzahl an. Hier ist ja echt gutes Zeug dabei!“
Hier hast du die sinnvolle Regel, bei Sprecherwechsel einen Zeilenumbruch zu machen, angewandt. Ist allerdings ein Bruch mit deinem bisherigen Vorgehen, alle Infos in einem Block zu präsentieren. Ist zwar leserfreundlicher so, trotzdem erscheint mir die unübersichtliche Form in diesem speziellen Fall logischer. Für eine Variante solltest du dich entscheiden.

Der Regen, oder nennen wir es mal Sturm, hatte die Straße mit großen Pfützen versehen.
Erstens, mischt du dich mit nennen wir es mal Sturm massiv als Autor ein. Zweitens, ist das sowieso keine elegante Formulierung, weil viel zu technisch und umständlich. Drittens, hat der Erzähler knappe Gedanken, er erlebt die Situation atemlos, die Panik muss rüberkommen.
Nur mal als Beispiel!
Der Regen prasselte auf die Scheibe. Scheiße, schon wieder eine riesige Pfütze! Aquaplaning! Was hab ich in der Fahrschule gelernt? Was genau ist zu tun?

Noch ein Wort zum Titel: Es gibt unsinnigere. Wenn du meinst, das Auto tanzt Limbo oder was mir noch wahrscheinlicher vorkommt: alles ist in der Schwebe, dann trifft er ins Schwarze.

Dein Text ist ein interessanter Versuch, der möglicherweise zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden kann. Hängt ganz von dir ab, Slikhachov. :lol: Ich bin gespannt!

Liebe Grüße,
peregrina

 

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