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Lilli Bell
Für Chris
Die Sonne schickte ihre ersten Strahlen zur Erde hinunter, ein warmer Frühlingstag war angebrochen. Alles, was bislang geschlafen hatte, sprang, flog, hüpfte, kroch oder lief aus seinem Bett.
So auch die kleine Libelle, die auf einem Seerosenblatt übernachtet hatte.
Sie wischte sich mit ihren Fühlern über die Augen und reckte und streckte sich ausgiebig.
"Oh, ist das ein schöner Morgen", summte sie vor sich hin. Dabei spannte sie ihre zarten fliederfarbenen Flügel auf, und klappte sie wieder zusammen.
Das machte sie ungefähr vier- bis fünfmal, sozusagen als Morgensport.
"He, was tust du da eigentlich?", rief eine Stimme aus dem Teich.
Die Libelle unterbrach sofort ihre Übungen und schaute auf das Wasser.
Dort saß auf einem dicken Stein ein kleiner grasgrüner Frosch, der sie neugierig anblickte.
"Das mache ich jeden Morgen, damit ich schön gelenkig bleibe", antwortete
die Libelle."Aber wer bist du denn, dich habe ich gestern Abend noch nicht hier gesehen?"
"Ich heiße Fridolin, nenn mich ruhig Frido, das ist einfacher. Ich bin erst in der Nacht angekommen, da hast du schon geschlafen. Und wer bist du?"
"Mein Name ist Lilli Bell", antwortete die Libelle. "Aber es reicht, wenn du Lilli zu mir sagst."
Frido schaute sie bewundernd an, denn sie sah wirklich wunderschön aus mit
ihren hell- und dunkellila glänzenden Flügeln.
"Heute Nacht bist du angekommen?", fragte Lilli. "Ich habe dich gar nicht gehört, aber ich schlafe auch immer ganz tief und fest. Merlin, der Goldfisch sagt oft, Lilli, dich könnte man stehlen, du würdest es nicht merken."
"Oh, nein!", rief Frido." Das darf nicht passieren. Wenn du magst beschütze
ich dich, ich möchte gerne dein Freund sein."
"Au fein", freute sich Lilli ." Auch Merlin ist mein Freund, aber er kann ja nicht aus dem Teich heraus, der Arme. Bis jetzt habe ich alles alleine unternommen.
Dafür habe ich ihm abends erzählt, was ich erlebt habe. Das können wir nun gemeinsam tun. Willst du?"
Frido strahlte über seine dicken Froschbacken und nickte heftig.
"Wer quasselt denn da die ganze Zeit, kann man hier nicht mal seine Ruhe haben?", kam eine tiefe Stimme aus dem Teich. Lilli flüsterte: " Das ist Merlin.
Der ist manchmal etwas brummig, weil ihm oft langweilig ist, aber er meint es nicht so."
Dann sagte sie laut:" Hallo Merlin! Hast du gut geschlafen? Komm doch mal eben hoch, ich möchte dir jemanden vorstellen."
Es platschte ein wenig im Wasser und schon erschien ein orangeroter Kopf
mit auf- und zuklappendem Mund.
"Lilli, warum machst du heute Morgen solch einen Lärm?", grollte Merlin." Und
was ist das für ein aufgeblasener Kerl?" Dabei schaute er Frido an.
"He Merlin, du bist wohl mit der falschen Flosse aufgestanden, alter Junge.
Das ist Frido, ein neuer Feund. Er möchte gerne hier bleiben, dann hast du noch jemanden zum Erzählen, was hältst du davon?"
Argwöhnisch musterte Merlin den Neuankömmling. "Hm, ich weiß nicht so recht. Kannst du Kunststücke machen oder zaubern oder sonst irgendwas?"
Frido überlegte eine Weile hin und her. Dann sagte er: "Ich kann Musik machen.
Magst du Musik?"
Schon blies er seine Backen auf und quakte was das Zeug hielt. Merlin und
Lilli hörten begeistert zu. Als Frido sein kleines Konzert beendet hatte, klatschte Lilli mit ihren Flügeln und rief: "Wunderbar hast du das gemacht, einfach toll! Na, was meinst du jetzt, Merlin?"
"Also ich muss schon sagen, das war gar nicht so schlecht. Wenn du mir versprichst, jeden Abend ein Lied zu spielen, kannst du gerne hier bleiben.
Platz haben wir ja genug."
Frido hüpfte vor Freude wie ein Gummiball auf und ab.
"Und nun haltet mich nicht länger auf ", brummte Merlin. " Ich habe meine Zähne noch nicht geputzt." Mit einem SCHWUPPS war er wieder in die tiefste Stelle des Teiches abgetaucht.
Lilli und Frido schauten sich lachend an.
Plötzlich zog, wie aus dem Nichts, ein dunkler Schatten über die Beiden. Sie sahen erschrocken auf und blickten geradewegs in die unheimlich funkelnden
Augen einer grossen, grauweiß gestreiften Katze. Die hockte in Lauerstellung vor ihnen und fauchte:" Na, wen haben wir denn da Hübsches?"
Frido war vor Schreck ganz blaß um die Nase geworden und saß da wie gelähmt.
"Ojemine.", dachte Lilli. " Was machen wir jetzt bloß? Ich glaube, die hat es auf Frido abgesehen."
Und tatsächlich, schon langte die Katze mit ihrer Pfote nach dem Frosch, der sich noch immer nicht bewegen konnte.
Außer sich vor Wut und Angst stieß sich Lilli vom Boden ab, flog auf die Katze zu und landete mitten auf deren Nase.
Die wusste nicht wie ihr geschah und versuchte Lilli abzuschütteln.
Kampfesmutig und verbissen hielt die Libelle sich fest.
"Dir werde ich es zeigen, meinen Freund anzugreifen, du Ungeheuer!", rief Lilli.
Und im Null komma Nichts hatte sie die Katze in die Nase gebissen.
Diese maunzte auf vor Schmerz und machte einen Satz nach hinten. Böse schaute sie auf die noch immer wütend um sie herumschwirrende Lilli.
Platsch- machte es da aus dem Teich, ein dicker Wasserstrahl schoss heraus und wusch-war die Katze nass, von oben bis unten.
"Mach bloß dass du hier wegkommst. Lass meine Freunde in Ruhe", schimpfte ein aufgebrachter Merlin, der im Wasser hin- und her schwamm.
Die tropfende Katze musste einsehen, dass sie hier nichts mehr erreichen konnte, ohne weiteren Ärger zu bekommen.
Sie legte den Rückwärtsgang ein und zischte: "Wir werden uns noch wiedersehen, ihr Hübschen, und dann wird es euch schlecht ergehen."
Mit erhobenem Kopf stolzierte sie davon, was natürlich in ihrem nassen Zustand nicht so toll aussah.
"Puh.", sagte Lilli." Das war knapp." Besorgt schaute sie zu Frido, der langsam wieder Farbe bekam.
"Na, alles in Ordnung, Frido?", fragte Merlin.
"J...Ja.", stotterte Frido. " V..Vielen D..Dank für eure Hilfe. I.. Ihr habt mir das Leben g....gerettet."
" Ach was.", meinte Lilli. "Ist doch selbstverständlich."
Und der sonst so brummige Merlin sagte, "wozu sind Freunde da?"
Das war der Beginn einer wunderbaren Zeit voller Abenteuer!