Was ist neu

Liliana

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25.12.2013
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Liliana

Mit zitternden Fingern hob sie die Rose auf. Eine Träne lief über ihre Wange, als die Erinnerungen in ihr aufkamen, wie eine große Welle, in der sie zu ertrinken schien.
„Ich liebe dich, Lily“, hörte sie seine sanfte, tiefe Stimme. Warum hatte er ihr die Blume vor die Tür gelegt? Wie damals …
Sie schloss kurz die Augen, dann fing sie an, die einzelnen Blütenblätter abzurupfen. Erst langsam, zögernd, dann immer entschlossener. Sie segelten zu Boden und blieben bei ihren Füßen liegen wie rote Blutstropfen.

⋆⋆⋆​

„Okay, es kann losgehen.“ Ihre Stimme klingt übertrieben fröhlich. Sie hat sich so sehr verändert in den letzten Monaten, in manchen Momenten erkenne ich sie kaum wieder.
Ich starte das Auto, sehe mich noch einmal um und fahre vom Hof. Lily winkt kurz ihren Eltern, dreht sich dann zu mir und lächelt. Ich hebe meine Mundwinkel ebenfalls ein Stück. Wir sollten die Fahrt genießen.
Sie scheint die Spannung im Auto nicht zu bemerken, kurbelt ihr Fenster herunter und macht das Radio an. Leise summt sie die Lieder mit, während sie die vorbeiziehende Landschaft bewundert, entspannt im Sitz zurückgelehnt. Ich wünschte, ich könnte mich auch entspannen. Stattdessen konzentriere ich mich auf das Fahren, sehe auf die Straße vor uns. Lily scheint die Stille nicht zu stören, sie ist weit weg, wie in einer anderen Welt.
Nach einer Weile schaut sie auf, lächelt wieder. „Wie lange dauert es eigentlich?“ Sie sieht mich fragend aus ihren blauen Augen an. Sie leuchten nicht mehr so sehr wie früher, doch ein kleines Funkeln ist zu erkennen. Bald ist sie wieder die Alte, das hoffe ich zumindest.
„Etwa sechs Stunden“, erwidere ich. „Heute Nachmittag sollten wir dann ankommen.“ Meine Tante kann es gar nicht erwarten, meine Freundin und mich kennenzulernen. Ich kann mich kaum an sie erinnern. Sie ist fast zwölf Jahre älter als meine Mutter und die beiden standen sich noch nie besonders nahe – das letzte Mal habe ich sie gesehen, als ich vier war. Sie hat damals großen Eindruck auf mich gemacht, soviel weiß ich noch.
Seit Jahren haben wir nichts von ihr gehört und jetzt diese Einladung. Wochenlang habe ich versucht, meine Mutter zu überreden, dass ich fahren darf. Mit Lily. Zu Tante Elisabeth. Nach Paris.
Schon als Kind habe ich immer davon geträumt, einmal die Stadt der Liebe zu besuchen, doch meine Mutter war immer dagegen, dass ich zu meiner Tante fuhr.
Und jetzt sind wir auf dem Weg. Paris, ich komme!

„Oh da seid ihr ja, meine Schnuckelchens!“ Kaum habe ich das Auto geparkt und wir sind ausgestiegen, als Tante Elisabeth aus dem Haus kommt. Sie läuft auf uns zu, wobei ihre vielen Arm- und Fußreifen klimpern und ihre weiten Kleider um sie herum flattern wie bunte Fahnen und drückt uns beide fest an sich. „Meine kleinen Lieblinge, endlich. Kommt rein, ich habe Kuchen für euch.“
Ich wechsle einen Blick mit Lily und wir wenden uns schnell ab, um nicht laut loszuprusten. Schnuckelchen? Lieblinge? Ich habe meine Tante zuletzt vor vierzehn Jahren gesehen und Lily ist ihr zuvor noch nie begegnet. Meine Mutter hat mir von Tante Elisabeths gewöhnungsbedürftigen Art erzählt und mich gewarnt, ihre Geschichten nicht zu ernst zu nehmen. Aber so ist Tante Ellie eben – ich finde sie toll.
Wir nehmen schnell unser Gepäck und betreten nach meiner Tante das kleine, bunte Häuschen. Es sieht aus, als habe sie es selbst gebaut und es passt wirklich gut zu ihr. Auch wenn es ganz anders ist, als ich es mir vorgestellt hatte. Man sieht weder denn Eifelturm, noch ist ein schönes Café in der Nähe oder eine schicke Shoppingmall. Es sieht aus wie in einer ganz normalen Vorstadt. Ist es ja auch, aber trotzdem – eine Pariser Vorstadt hätte ich mir anders vorgestellt. Immerhin ist es Paris.
„Kommt in die Küche, ihr Süßen!“, ruft Tante Elisabeth. Wir stellen unsere Koffer und Taschen im Flur ab und folgen ihrer Stimme in einen hellen Raum, die Küche, dessen Wände in einem leuchtenden Grasgrün gestrichen sind. Meine Tante trägt gerade einen großen Kuchen nach draußen. Auf der Terrasse stehen ein kleiner Tisch und ein paar Stühle. Wie auch im Haus sind überall Blumentöpfe verteilt und kleine Windspiele drehen sich, sodass alles bunt schillert. Ich mag das Haus. Ich mag meine Tante. Ich mag Paris. Und ich weiß, dass Lily gerade das Gleiche denkt und das macht mich glücklich. So lange hat sie ihre Gefühle vor mir verborgen, sich vor allen zurückgezogen. Es tut ihr sicher gut, einmal von zu Hause weg zu kommen.
Ich weiß nicht, was damals passierte, im Frühjahr. Sie sprach nie darüber und ich möchte sie nicht fragen. Irgendwann erzählt sie es mir vielleicht. Ich hoffe es, denn ich möchte ihr helfen. Und jetzt scheint sie endlich einmal wieder aus ihrem Haus herauszukommen, aus ihrer eigenen Welt, wo sie in den letzten Monaten so zurückgezogen lebte.
Wir setzten uns, Tante Elisabeth am Tischende, Lily neben mir. Tante Ellie plaudert über Paris und beantwortet gut gelaunt alle unsere Fragen, außerdem verspricht sie, uns in der nächsten Woche alle die schönen Orte der Stadt der Liebe zu zeigen. Als wir ihr beim Abräumen helfen, kommen zwei Katzen ins Haus und streichen um unsere Beine. Sie sind beide pechschwarz und nicht zu unterscheiden, zumindest für mich. Meine Tante stellt sie als Stella und Sigrid vor – der Stern und die Schöne.
„Da seid ihr ja, meine Kleinen. Habt ihr schon gesehen wer da ist?“ Tante Elisabeth klingt, als würde sie mit Kleinkindern sprechen. „Habt ihr es schon gesehen? Ja, meine kleinen Mausis, das sind Emilia und Lily! Ist das nicht toll?“ Vier bernsteinfarbene Augen richten sich erst auf mich, dann auf Lily.
„Nicht Lily, einfach Liliana bitte.“ Lily lächelt entschuldigend. Ich verstehe sie nicht. Früher hasste sie es, wenn sie mit vollem Vornamen angeredet wurde und hörte nur, wenn man Lily sagte. Vor ein paar Wochen hat sie angefangen, allen zu sagen, dass sie nur noch Liliana genannt werden möchte.
Es hat mit ihm zu tun, da bin ich mir ganz sicher. Alles hat mit ihm zu tun. Er hat meine beste Freundin so stark verändert, dass ich sie manchmal gar nicht wiedererkenne. Es hat mir schon immer Angst gemacht, wie viel Macht er über sie hatte, dabei waren sie nur etwa zwei Monate zusammen. In dieser Zeit veränderte sie sich. Damals bemerkte ich es noch nicht so sehr und ich fand es nicht schlimm. Sie war noch fröhlicher als sonst und schien so glücklich zu sein.
Und dann machte sie plötzlich die Schranken zu, sperrte alle aus. Sie sprach mit niemandem mehr, nicht einmal mit mir. Sie aß nichts, sie ging nicht mehr raus, sie sang nicht mehr, lachte nicht mehr. Sie saß nur in ihrem Zimmer und zeichnete, immer wieder das Gleiche Motiv. Eine rote Rose.
Ich möchte sie wieder zu der alten Lily machen, die sie war, bevor er in unser Leben kam. Die lachende, wundervolle Lily, die einen immer aufheitern konnte, mit der ich über alles reden konnte, mit der ich alles machen konnte. Nur weiß ich nicht, wie ich das schaffen soll.

„Scheiße, ist das hoch!“ Lily lacht. Sie spricht genau das aus, was ich gerade gedacht habe. So, wie es früher immer war.
Sie steht an dem eisernen Geländer, ihre blonden Haare flattern im Wind. Unter und hinter ihr liegt Paris. Die Häuser sehen winzig aus von hier, die Menschen wie kleine, sich bewegende Punkte. Viele Leute sind hier oben, natürlich wollen alle den Eifelturm besuchen, wenn sie in Paris sind. Trotzdem fühle ich mich, als wären es nur wir zwei, Lily und ich. Sie sieht mich an und ich sehe sie an. Dann lächeln wir beide. Endlich spüre ich wieder die vertraute Bindung zwischen uns. Nur ganz leicht, aber das Gefühl gibt mir Hoffnung.
Tante Elisabeth wartet unten im Park auf uns, sie wollte nicht so ewig in der Schlange stehen. Jetzt geht sie mit uns in ein kleines Café, wir essen Macarons und trinken Tee, dabei zeigen wir ihr die Bilder, die wir vom Eifelturm aus gemacht haben.
Lily redet viel, füllt fast das ganze Gespräch, so wie es früher immer war. Ich höre zu und lächle. Es tut so gut, sie wieder fröhlich zu sehen, ihr Lachen zu hören.
Auf dem Rückweg zu Tante Ellies Haus singt sie laut, das Fenster hat sie heruntergekurbelt. Alte Schlager, Liebeslieder, Musicalsongs – alles, was ihr gerade einfällt. Die Leute gucken, manche lachen und zeigen auf sie. Es stört sie nicht, sie singt einfach weiter, mit ihrer klaren, hellen Stimme, winkt den Menschen zu und zaubert ein Lächeln auf ihre Gesichter.

Am Abend sitzen wir zusammen im Gästezimmer unter dem Dach, ich mit einem Buch, Lily an dem kleinen Fenster mit ihrem Block. Ich kann nicht sehen, was sie zeichnet, aber ich glaube, ich weiß es. Den Eifelturm.
Jetzt schaut sie auf, blickt aus dem Fenster und dann zu mir. Sie sieht verwundert aus.
„Was macht deine Tante da?“ Jetzt bin ich es, die sie verwirrt anschaut. Meine Tante? Sie schläft sicher schon längst. „Komm rüber.“ Lily grinst und winkt mich zu sich.
Ich sehe neben ihr aus dem Fenster. Im Garten ist es dunkel, aber man kann deutlich Tante Elisabeths Silhouette erkennen, um deren Beine ihre Katzen streichen. Sie holt etwas aus dem alten Schuppen im hinteren Teil des Gartens und läuft dann zurück zur Terrasse. Jetzt kann ich sehen, was sie bei sich trägt. Kerzen, lauter weiße Kerzen. Sie stellt sie auf das Geländer der Terrasse und zündet sie an. Eine nach der anderen, sie nimmt sich Zeit.
Ich wechsle einen Blick mit Lily. Es sieht fast unheimlich aus, wie sie da mit ihren schwarzen Katzen mitten auf dem Rasen Holz für ein Feuer aufstapelt, jetzt, wo sie mit den Kerzen fertig ist. Nur ihre Umrisse sind in dem schwachen Kerzenlicht zu erkennen.
Sie fängt an zu singen, leise erst, dann immer lauter. Es ist anders, als alles, was ich bisher gehört habe, eine fremdartige Melodie. Ihre Stimme wird kräftiger und ich versuche, ihre Worte zu verstehen, doch ich kenne die Sprache nicht.
Als sie das Feuer entzündet, riecht es plötzlich nach Kräutern. Wahrscheinlich waren getrocknete Pflanzen unter dem Feuerholz. Das Fenster ist leicht gekippt, Lily öffnet es jetzt ganz, damit wir besser sehen können. Es fasziniert sie, das sehe ich.
Tante Ellies Gesang wird immer lauter, sie steht jetzt neben dem kleinen Feuer, angestrahlt von den orange-roten Flammen, die Arme erhoben. Neben ihr sitzen ihre Katzen, eine auf jeder Seite, wie zwei Wächter. Mir wird kalt und ich kann auf Lilys Armen ebenfalls eine leichte Gänsehaut erkennen.
Wieder frage ich mich, was sie da tut. Wenn meine Mutter von ihrer Schwester spricht, nennt sie Tante Elisabeth oft eine Kräuterhexe. Ich habe mir nie etwas dabei gedacht, ich dachte immer, sie spiele nur auf Ellies Aussehen an, da sie sich so hippiemäßig kleidet.
„Hast du das schon mal gesehen?“, flüstert Lily neben mir. Ich schüttele den Kopf.
„Nein. Ich hab keine Ahnung, was sie da macht.“ Ich bin mir sicher, dass sie gerade das Gleiche denkt, wie ich: Es ist wirklich unheimlich.
„Meinst du, wir sollen runtergehen?“ Lily beißt sich auf die Lippe, um ein Kichern zu unterdrücken. Ich muss lächeln.
„Lieber nicht.“ Ich wüsste nicht wirklich, was ich dann zu ihr sagen sollte – Hallo, Tante Ellie, was machst du da gerade? Es sieht echt unheimlich aus…? „Vielleicht fragen wir sie besser Morgen.“
„Ob sie das wohl oft macht?“, überlegt Lily. „Vielleicht schlafwandelt sie ja und kann sich morgen an nichts erinnern?“
„Es könnte auch sein, dass sie eine Persönlichkeitsspaltung hat“, schlage ich kichernd vor. Immer mehr komische Ideen fallen uns ein, sodass wir uns zuletzt vor Lachen kaum noch halten können.
Es ist wie früher. Nie verstand uns einer, wenn wir ohne Worte kommunizierten und mitten in der Schulstunde plötzlich einen Lachanfall bekamen. Oder wenn wir bei Filmen immer an den gleichen Stellen zu heulen anfingen. Auch fanden die meisten es merkwürdig, mich so viel reden zu hören. Ausgerechnet mich, die stille, unauffällige Emilia, die immer zu schüchtern war, um etwas zu sagen. Wenn ich mit Lily zusammen war, war ich wie ein anderer Mensch.
Als der Gesang langsam leiser wird und sie schließlich verstummt, schließe ich schnell das Fenster, damit meine Tante uns nicht sieht oder hört. Wie sollen wir denn bitte erklären, dass wir sie beobachtet haben?

Als ich am nächsten Morgen aufwache, ist Lily nicht mehr im Zimmer. Verschlafen reibe ich mir die Augen, ziehe dann einen Bademantel an und tapse nach unten in die Küche, von wo ich meine Tante und Lily lachen höre.
Als ich den Raum betrete, scheint Tante Elisabeth gerade etwas zu erzählen. Lily sitzt mit schiefgelegtem Kopf da, aufmerksam lauschend. Ich kneife leicht die Augen zusammen. Es ist merkwürdig, meine Freundin so zu sehen. Normal ist sie es, die redet. Ich versuche, dem Gespräch zu folgen.
„… musst die Kraft in dir selbst finden, Liliana, das ist das Geheimnis der Magie. Dann kannst du all so etwas bewirken. Du kannst es vielleicht nicht vergessen, aber das solltest du auch nicht. Das Wichtige ist, dass du mit der Vergangenheit abschließt. Wenn du willst, kannst du es heute Abend versuchen. Ich habe alles da, was du bräuchtest, wäre nur ein Gegenstand, der eng mit den Erinnerungen verknüpft ist.“ Sie sieht auf, entdeckt mich und lächelt.
„Emilia, Schätzchen, da bist du ja. Hast du Hunger?“ Wir frühstücken gemütlich und Lily erklärt mir, dass sie meine Tante nach dem Ritual gestern gefragt hat.
Ich frage mich, was sie selbst versuchen möchte. Wozu braucht sie Magie? Ich weiß nicht, ob es so etwas überhaupt gibt. Haben wir uns die Energie, die wir gestern bei Tante Ellies Gesang gespürt haben, nicht nur eingebildet? Es macht mir fast ein bisschen Angst, dass Lily an diesem komischen Hexenkram zu glauben scheint. Sie wird doch nicht wirklich so etwas selbst probieren?

Lily ist den ganzen Tag merkwürdig schweigsam, gar nicht so wie gestern. Fast so, wie sie die ganzen letzten Wochen war. Ich bin mir sicher, dass es etwas mit dem zu tun hat, was meine Tante ihr erzählt hat.
Jetzt ist es Abend, wir haben gegessen, die Sonne ist untergegangen. Tante Ellie rennt schon seit einer Stunde herum und sucht alles Wichtige zusammen, Lily sitzt am Küchentisch und starrt vor sich hin, formt mit den Lippen lautlos Worte und scheint nichts um sich herum wahrzunehmen. Wieder einmal.
„So, wir können dann anfangen!“ Tante Elisabeth strahlt uns an, Lily schließt kurz die Augen, dann erhebt sie sich und folgt meiner Tante in den Garten. Ich möchte sie aufhalten. Es ist unheimlich. Ich glaube nicht an Ellies Magie und doch macht es mir Angst. Was erhofft sich Lily aus diesem Ritual?
Aber ich tue nichts, ich lasse sie gehen. Leise fällt die Tür hinter ihnen ins Schloss. Ich stelle mich ans Fenster und sehe zu, wie die Beiden das Feuer entzünden.

⋆⋆⋆​

Mit zitternden Fingern nimmt sie die Rose in die Hand. Sie schließt kurz die Augen, dann fängt sie an, die einzelnen Blütenblätter abzurupfen. Erst langsam, zögernd, dann immer entschlossener. Wie rote Blutstropfen fallen sie in die Flammen, werden zu Asche und zu Rauch. Sie lächelt leicht.
„Jetzt bin ich frei“, flüstert sie heiser und dreht sich zum Haus. Sie sieht das Gesicht ihrer Freundin durch die Fensterscheibe, undeutlich nur, aber es ist ihr genug. Die Träne, die ihr die Wange hinunterläuft, bemerkt sie nicht. „Danke“, sagt sie leise.

 

Eine schöne Geschichte einer Freundschaft erzählstu uns hier,

liebe Chanya –
und da es unsere erste Begegnung ist gibt’s zunächst ein herzlich’ Willkommen!, für das es nie zu spät sein kann.

Die eigentliche Geschichte über die Wandlung der Titelheldin ist in zwo poetische Blöcke eingefasst, in der die Rose die verbindende Rolle zwischen Anfang und Ende der Erzählung übernimmt. Die Rose verkörpert Schönheit, Frühling und vor allem die Liebe und durch den Verweis aufs Jenseits wurde sie zum Tag Rosalia, dem Fest der Toten im antiken Rom. Zwischen dem ersten Satz

Mit zitternden Fingern hob sie die Rose auf.
und der Einleitung zum abschließenden Abschnitt
Mit zitternden Fingern nimmt sie die Rose in die Hand
findet eine Selbstbefreiung statt.

Poesie findet sich - um ein Beispiel zu nennen - in Formulierungen wie

Eine Träne lief über ihre Wange, …,
wo man üblicherweise das Verb fließen erwartet. Allerdings wäre in der Passage
Sie segelten zu Boden und blieben bei ihren Füßen liegen wie rote Blutstropfen
das „bei“ durch das ältere „zu“ zu ersetzen. Nicht, dass es falsch gesetzt wäre, im „bei“ schwingt allemal das „nahebei“ mit, aber das ältere „zu“ bedeutet da zugleich Ruhe (etwa wie im „zu Hause“) als auch Bewegung auf ein Ziel hin (etwa im „zu Füßen liegen“). Gedanken halt eines älteren Herrn ...

Drei Fehlerchen sind zu korrigieren

Einmal ist ein Komma nachzutragen, weil der Nebensatz sein Ende findet

Sie läuft auf uns zu, wobei ihre vielen Arm- und Fußreifen klimpern und ihre weiten Kleider um sie herum flattern wie bunte Fahnen[,] und drückt uns beide fest an sich.
(Hauptsatz: "Sie läuft auf uns zu … und drückt uns beide fest an sich.") Ein andermal ists eine kleine Flüchtigkeit
Man sieht weder den[…] Eifelturm, …
Und hier deuten die Auslassungspunkte an, dass wenigstens ein Buchstabe am vorhergehenden Wort
Es sieht echt unheimlich aus…?
fehle.

Besser also eine Leerstelle zwischen aus und den Punkten …

Gelegentlich wäre der Konjunktiv angesagt, statt

Wochenlang habe ich versucht, meine Mutter zu überreden, dass ich fahren darf.
besser: „…, dass ich fahren dürfe.“ Oder auch hier
doch meine Mutter war immer dagegen, dass ich zu meiner Tante fuhr.
„…, dass ich zu meiner Tante führe.“

Ja, mit den mobilen Telefonen telefoniert oder spricht man nicht mehr miteinander, man kommuniziert plötzlich wie die Bienenvölker auch

Nie verstand uns einer, wenn wir ohne Worte kommunizierten und mitten in der Schulstunde plötzlich einen Lachanfall bekamen.
Warum nicht „wenn wir uns ohne Worte verstanden“?

Gern gelesen vom

Friedel

 

Hallo Chanya,

Wow, sage ich da nur. Mit dieser Geschichte hast du mich abgeholt und auch erreicht und berührt. Am Ende lief sogar mir eine kleine Träne über die Wange. Echt.
Ich finde deine Geschichte von Emilia und ihrer Freundin Lily sehr schön. Und die sprachlich hohe Qualität deines Textes ist in deinem jugendlichen Alter keine Selbstverständlichkeit.

Friedel hat ja den Text schon unter die Lupe genommen. Bei folgendem Satz hatte ich das Gefühl, dass der Lesefluss gebremst wurde.

Meine Mutter hat mir von Tante Elisabeths gewöhnungsbedürftigen Art erzählt und mich gewarnt, ihre Geschichten nicht zu ernst zu nehmen.

Der Grund liegt in der gewöhnungsbedürftigen Art. Meiner Meinung nach müsste es heißen ... von Tante Elisabeths gewöhnungsbedürftiger Art ...
Wenn das Nomen Tante Elisabeth im vorherigen Satz genannt würde und in diesem Satz für „Tante Elisabeths“ das Personalpronomen „ihrer“ ersetzt würde, dann stimmte gewöhnungsbedürftigen Art.

Zum Vergleich als Beispiel:
Er erzählte mir von Pauls roter Mütze.
Er hatte Paul gesehen und erzählte mir von seiner roten Mütze.

Vielleicht kann unser Sprachpapst Friedrichard auch noch mal drüberschauen.

So lange hat sie ihre Gefühle vor mir verborgen, sich vor allen zurückgezogen.

Hier kann man sich bestimmt streiten. Ich würde vielleicht schreiben dass sie sich von allen zurückgezogen hatte.

Ich hab deine Geschichte sehr gerne gelesen!

Schönen Gruß
khnebel

 

Wenn schon Papst, dann bitte der aus Wittenberg. Der gäbe dann seinen Segen,

lieber khnebel,

und der fehlbare dem Volk aufs Maul Schauende sollte sich dann fragen, warum wir uns erst hier begegnen ...

Tschüss

Friedel

 

Liebe Chanya,

Du hast hier zwo Bewunderer Deiner Kunst und in dem Nachfolger mehr als zwo, die Du sicherlich nicht verlieren willst. Aber was wird, so geb ich alter Tattergreis, der ich gar nicht bin, zu bedenken, wenn Du nicht wenigstens ein (Ant)Wörtchen gibst? Egal, ob ein schlichtes Danke oder ein umfangreicher Text ... Ein Lebenszeichen unter den Geschichten wäre ja schon mal was ...

Schönes Wochenende aus'm Pott in nördlichere Gefilde vom

Friedel

 

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