Was ist neu

Lieber Nacht- als Staubschicht

Mitglied
Beitritt
26.05.2001
Beiträge
31

Lieber Nacht- als Staubschicht

Ich schließe die Schlafzimmertür hinter mir zu. Ich warte fünf Sekunden. Und ich lausche. Another one bites the dust! Immer wieder dieses Lied. Immer wieder. And another one gone, and another one gone. Another one bites the dust. Ich reiße die Tür mit einem kräftigen Ruck auf und kann gerade noch beobachten, wie zwei Krümel panisch unter mein Kopfkissen kriechen wollen, aber ich habe sie erwischt, bevor sie sich unter ihrem angestrebten Unterschlupf verstecken konnten. Und hinter sich her schleifen sie ihren mikroskopisch kleinen Ghettoblaster, aus dem dieses ach so scheußliche Lied kracht. Are you ready, are you ready for this, are you hanging on the edge of your seat? Es scheint ihr Lieblingslied zu sein, aber über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten.

Meine Freundin und ich essen nicht etwa am Esstisch, ganz so, wie es der Benimmknigge doch eigentlich vorschreibt, macht doch jeder, viel zu ordinär, nein, nein, am Esstisch doch nicht. Wir essen im Bett, das ist halt so. Es ist gemütlich dort, direkt vor dem Fernseher. Und damit möglichst wenig Krümel und Essenskladderadatsch auf dem Bettlaken landen, legen wir Zeitungsseiten aus, auf die wir unsere Teller stellen. Hilft aber nichts, immer wieder schaffen es eine nicht geringe Anzahl an Krümelkumpel, es sich auf unserem Bett gemütlich zu machen. Und ich hasse Krümel im Bett! Are you happy, are you satisfied? How long can you stand the heat?

Ganz besonders hasse ich natürlich die Krümel, die die Musik von Queen verehren und diese tagtäglich aus ihrem Ghettoblaster klirren lassen, den Lautstärkeregler bis zum Anschlag hochgedrückt. Und eben solche Krümel sind bei uns im Bett besonders verbreitet. Jeden Tag Discothek bei uns! Eintritt frei! In unserer Bettenburg! Und immer, wenn meine Freundin und ich unser Schlafzimmer verlassen, die Tür schließen, gar in die große, weite Welt hinausziehen, kriechen sie geheimniskrämerisch hervor, die Krümel und drehen ihre scheußliche Musik auf. There are plenty of ways you can hurt a man and bring him to the ground. Diese Krümel werden mein Untergang sein, sie werden mich zugrunde richten.

Ich hasse Krümel. Ich hasse Queen. Und ganz besonders hasse ich das schreckliche Lied „Another one bites the dust“, das man doch gerade in diesen gar so schlimmen Zeiten in den Giftschrank wegschließen sollte, denn schließlich geht es darin um ein mörderisches Maschinengewehrmassakar. Aber wenn es die Krümel nun einmal mögen? Immer wieder dieses widerwärtige Lied. Und es wird keine Rettung geben, denn schließlich werden wir niemals, niemals, niemals am Esstisch essen, sondern immer im gemütlichen Bett, direkt vor dem Fernseher. Und deswegen werden die Krümel noch hunderte von weiteren Jahren in unserem Bett ihre Privatdiscothek abhalten. Bald schon werden sie eine Discokugel anschleppen, Gott weiß woher, und rote, grüne, gelbe Leuchten und auch ein Stratoskop über unserem Bett aufhängen. Und immer wieder Queen. Und immer wieder ihr Lieblingslied. Another one gone, and another one gone, another one bites the dust. Hey, I'm gonna get you, too.

Bis der Staubsauber angreift, werden sie zu Queens „Another one bites the dust“ schunkeln, und wahrscheinlich werden die krümeligen Kotzbrocken auch noch im Staubbeutel zu den monströsen Melodien mitgröhlen, und dieses fiepsig-schräge Gesinge wird aus dem Teleskopsaugrohr heraus hallen. Es wird keine Rettung geben, wir sind alle verloren. Das Ende der Welt ist nah, und Queens Klänge werden uns bis dahin begleiten. Das ist die Hölle auf Erden, und ich kann jedem nur raten, der nicht auch von diesem Schicksal ereilt werden will, am Esstisch zu essen. Niemals mehr im Bett, nicht einmal zum Sonntagmorgenfrühstück, ich kann es jedem vernunftbegabten Menschen nur ans Herz legen.

[ 22.05.2002, 15:19: Beitrag editiert von: Ombas ]

 

Das ähnelt meinem Semmelknödel-Problem. Jedes Mal, wenn ich die Pfanni-Packung aufmache, schallt mir in voller Lautstärke Carlos Santana entgegen - Samba Pa Ti. Mit diesem gräßlichen Gitarrensolo.

Ich würde lieber die Knödel von "JA" kaufen. Die stehen auf Tschaikowski. Schmecken aber nun mal leider nicht wie hausgemacht...

Augen zu und durch. Oder wechsele den Bäcker!

Nette Idee, wenn auch nicht unbedingt zum Kaputtlachen, so doch zum schmunzelnden Kopfschütteln.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom