Lieber guter Weihnachtsmann.....
...ich hätte da mal einen Wunsch, bzw. eine kleine Bitte, wie es sich für einen christlichen Feiertagsbefürworter geziemt. Da mir Materielles fernliegt und die Beantwortung von Sinnfragen mich seelisch verstören könnte, wünsche ich mir einen freundlicheren Umgang der Humanoiden miteinander. Klingt erstens fast so pathetisch wie Weltfrieden, ist aber zweitens genauso wenig ernst zu nehmen. Interessant ist es aber die Auswirkungen dieses Wunsches auf die Realität zusammenzuphantasieren. Wie also sollte sich der Weltbürger verhalten?
Möglichst nicht so diktatorisch nett wie momentan in New York und möglichst auch ohne Fahnen, aber fürsorglicher und solidarischer als die Menschen, die in Fußgängerzonen den Sozialverunfallten nur Knöpfe in die Blechdosen schmeißen. Diese müssten dafür im Gegenzug sofort das Gesinge und Wandergitarrengequäle unterlassen, auf das man ohne Ohrenkaries durch die Innenstädte irren kann. Auch Polizei und Militär würden gnadenlos versoftet. Schaumstoffschlagstöcke, Wasserpistolen und Open Air Gefängnisse scheinen mir ebenso angebracht wie Gummipanzer und Marsh-Mellow-Raketenwerfer. Neonazis, Punks und Hip Hop Kids könnten zusammen Bierfässer auf Kirchplätzen leeren und sich gegenseitig Komplimente über das formidable Aussehen und die Jungfräulichkeit ihrer Schwestern machen. Sogar die unverschämten Rechnungen, die täglich den Briefkasten zu sprengen drohen, wären wieder von Hand und mit königsblauer Tinte unterzeichnet. Welch rosande Welt.
Doch höre ich Berufskritiker schon wieder unken: „Unmöglich, der Staat und die Weltordnung würden zerfallen!“ Nun gut, ihr Kleingeister, ich habe diesen Staat nicht miterfunden. Er ist zwar nicht mein Feind, aber, von Natur aus neugierig, bin ich auf das ihm folgende gespannt. Sie schwören auf Hobbs Theorie, die genauso verunkt ist wie sie es sind, davon ausgeht, dass der Mensch ohne Disziplinierung von ihm Höhergestellten gar garstiges mit anderen anstelle. Aber HAHA, sie sind ja alle nettgewünscht. Keine Gefahr durch Gewalt, Verleumnung oder gar spitzbübische Beschimpfungen.
Aber, ach weh, andere Probleme drängen sich auf. Ohne Staat und Ordnung ginge auch niemand mehr zur Arbeit und bücke mir meine Weltmeisterbrötchen. Auch Importzigaretten seien nicht mehr in die Hände zu bekommen. Müsste ich verhungern, bzw. sogar das Rauchen aufgeben?
Mitnichten, wie mein Bruder, ein praktizierender Marxist, mir erklärt. Subsistenzwirtschaft hieße das Zauberwort. Selbstversorgung und Handel mit dem Produziertem. Jeder bietet dem anderen Notwendiges im Tausch für etwas Benötigtes an. Meine Exfreundin, ein praktizierendes Luder, käme gut über die Runden.
Doch wer wollte nach stundenlangem Geackere, welcher Art auch immer, gekünstelte Kolumnen lesen? Da ich mir die Antwort denken kann, fängt das Rosa langsam an sich zu verändern. Es wird zu Pink. Und Pink ist furchtbar, genauso wie Feldarbeit oder Weltmeisterbrötchen backen lernen. Mein eigener, von Wohlstandsreue genährter Wunsch hätte mich also zu einem unglücklichen Kleingärtner und Holzfigürchenschnitzer, meiner einzigen handwerklichen Begabung, gemacht und unzählige Frauen in die Lebensmittelprostitution gedrängt. Welch fatale Auswirkungen eines einst hehren Gedankens. Das will ich keinem antun. So sei der nicht ernstgemeinte Wunsch auch nicht ernstzunehmen und wir wollen uns wieder den Gehässigkeiten des Alltags stellen. Vielleicht mit ein wenig mehr Güte und Verständnis für die, die es auch nicht leicht haben, also generell alle.
Dies zu beherzigen ist nicht immer einfach. Trotz edelster Vorsätze sehe auch ich mich mehrmals täglich dazu genötigt mir böse gesinnte Menschen um die Ecke zu bringen. Natürlich nur um die Hausecke, dort können sie außerhalb meines Blickfeldes ruhig weiter miesepetern und mit zusammengekniffenen Augen in den Sonnenuntergang starren. Ich werde mich ihnen nicht anschließen, auch wenn ich unlängst am Bahnhof feststellen musste, dass ein entwaffnendes Lächeln wirklich nur eine rhetorische Figur ist.