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Liebe

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08.08.2002
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Liebe

Papa?
Papa kannst du mir sagen, was Liebe ist?

Der Vater nimmt das Mädchen an der Hand, führt es an das Ufer heran. Hier steht eine kleine Holzbank, verwittert, seit Jahrzehnten Wind und Wetter ausgesetzt. Er wischt mit der Hand den Schnee von der Sitzfläche. Die Tochter sieht dem Vater geduldig wartend zu, weiß, dass er versucht Worte zu finden. Er lächelt sie an, setzt sich auf die Bank und nimmt das Mädchen auf seinen Schoß.

„Siehst du dort draußen, das Schilf, wie der Wind sich darin verfängt? Die Halme wiegt wie ein Baby, wenn die Mutter es in den Schlaf singt? Fühlst du es?“ Er nimmt sie zärtlich fester in den Arm, wiegt sie wie der Wind das Schilf. Sie ist ihm ganz nah, riecht die Würze seines Pfeifentabaks. Er drückt ihr vorsichtig einen sanften Kuss aufs Haar.
„Und wenn du hinaus schaust auf den See, wo man meint, dass der Himmel und das Wasser sich berühren? Dort ist das Wasser ganz still. Wenn wir beide nun auch ganz still sind, dann können wir sie spüren. Hörst du was unsere Herzen flüstern? "Lie-be, Lie-be", wiegt er sie in seinen Armen.

*

Das war viele Jahre her. Mein Gott, wie weit lag es wohl schon zurück? Der Vater war früh gestorben, kaum dass sie zur Schule kam. Die Illusionen der Jugend waren bald der Realität gewichen. Der Wind wurde rau mitunter, peitschte die Zweige, einige brachen, hielten den Gewalten nicht Stand. Draußen wo der Himmel vom See berührt wurde, zerkratzten Wellenspitzen den Himmel, forderten ihn zum Kampf heraus. Es bildeten sich kleine weiße Schaumkronen dort wo er einriss. Die Wolken schienen jeden Moment zu bersten. Der Untergang war sicher, einzig der entscheidende Augenblick war noch ungewiss.

Doch irgendwann wurde sie im Auge des Sturmes immer ganz still. Hörte hin was ihr das Herz erzählte. Und ganz leise sprach es „Lie-be, Lie-be“. Und egal was passierte, nie verlor sie das Gespür dafür wie es sich anfühlt, wenn es wirklich Liebe ist. Sie vertraute immer darauf, dass diese flüsternde Stimme in ihrem Herzen ein Echo fand. Sie würde es aus Millionen von Echos heraushören, unverkennbar. Dieses Wissen half ihr zu überleben.

*

„Hier bist du. Was machst du denn so spät noch im Freien? Frierst du nicht?“ Lächelnd streckte er ihr seine Hand entgegen. Sie nahm sie und küsste mit einer unglaublichen Zärtlichkeit ihre Innenfläche. Erwiderte seinen Blick, sein Lächeln, dann wandte sie sich wieder der untergehenden Sonne zu. Eine kalte, klare Nacht stand bevor. Er nahm sie liebevoll in den Arm und folgte ihrem Blick hinaus in die Weite der heraufziehenden Dunkelheit, lauschte der Stille des Sees. An seinen warmen Körper geschmiegt, geborgen und in Sicherheit, hörte sie ganz leise das Echo, es war unerkennbar das ihre.

 

Romantisch!

Ein Traum, eine Illusion, eine Phantasie oder gar eine reale Erinnerung? ;)

Die Geschichte ist gut geschrieben und weiß Gefühle zu wecken. :)

 

Liebe Eva...

die Liebe durch die sachte, sanfte Schönheit der Natur sehr gefühlvoll durch den Vater vermittelt.

Und egal was passierte, nie verlor sie das Gespür dafür wie es sich anfühlt, wenn es wirklich Liebe ist. Sie vertraute immer darauf, dass diese flüsternde Stimme in ihrem Herzen ein Echo fand
wunderbar, wie Du diese Feinfühligkeit und Senisibiltät beschreibst, das in sich horchen und fühlen, sich Zeit nehmen, hinzuhören.
Und dann der letzte Absatz... einfach nur wunderschön, Eva, etwas, was sich jeder wünscht, diese Geborgenheit, Zärtlichkeit, Liebe...
Du beschribst das alles hier wunderbar, auch die Szenden der Natur... ich finde den Text sehr stark!

alles Liebe... Anne

 

Seruvs due-south!

Welche Schleier sich auch um unsere Gefühle verweben um sie auszuleben, in Worten auszudrücken, samtige, seidige Stoffbahnen oder grobe Jute. Es ist eben von allem ein bisserl was. Fein, dass du es lesen mochtest.

Lieben Gruß an dich – schnee.eule

Servus Anne!

Das Ende deiner Geschichte „einfach raus“ hat mich gestern abend sehr berührt. Weißt du, es ist völlig egal wo man lebt, ob es still ist am See, die Landschaft verschneit ist oder die glühende Sonne der Dunkelheit weicht – das Wissen in Liebe zu sein, mit sich und der umgebenden Natur und mit einem Menschen der unverkennbar das Echo der eigenen Seele ist - das zählt, nimmt allem anderen seine Wichtigkeit.

Aus diesen Gedanken entstanden die Zeilen über die Liebe. Kindern das Fühlen zu lehren, das eigene Innere wahrzunehmen, um ein Leben lang auf sein ganz tief empfundenes Wissen vertrauen zu können, würde vielleicht unsere Welt ein wenig verändern.

Lieben Gruß an dich - Eva

 

Liebe Eva!

Deine Geschichte ist wahnsinnig schön - so sollte es wohl sein...

So schön Deine Geschichte ist, so traurig macht sie mich aber auch, denn sie zeigt mir etwas, was ich sehr gerne gehabt hätte. Und ich weiß, daß es sehr viele gibt, die das ebenfalls nicht hatten - ein Elternhaus, das einem Liebe und dadurch auch das Gefühl, echte von unechter Liebe zu unterscheiden, mit auf den Weg gibt. Leider ist das sehr selten, was Du hier beschreibst...

Eine Geschichte, bei der ich nur sagen kann: Laß sie so stehen, wie sie ist. :thumbsup:

Alles liebe
Susi :)

 

Liebe Susi!

Deine Worte sprechen für sich. Und ich freue mich sehr, wenn ich dich mit der Geschichte erreichen konnte.

Wir müssen nicht traurig sein Häferle. Sondern einfach leben was uns wertvoll erscheint. Durch unsere eigene Kraft und mit der Liebe zu uns selbst ausgleichen was uns nunmal nicht mitgegeben wurde. Wir schaffen das!

Lieben Gruß an dich - Eva

 

Hallo, Eva!

Wunderschön, Deine Geschichte! Ich fühle Liebe, Geborgenheit und Vertrauen in ihrer edelsten Form.

Noch heute habe ich den Pfeifengeruch meines geliebten Onkels in der Nase, der mich an dunklen Tagen tröstete.
Es sind manchmal die kleinen Dinge, die haften bleiben.


Liebe Grüße an Dich
Antonia

 

Hallo schnee.eule!

Es ist schön, sich auf deine Geschichte einzulassen. Die Antwort darauf, was Liebe ist wird nicht theoretisch gegeben, sondern es wird ganz sensibel ein Bild dafür geschaffen.

In deiner Geschichte finde ich ein warmes Gefühl wieder. Ich habe es genossen, mich beim Lesen in die Prot. hineinzuversetzen. Der Text hat bei mir Erinnerungen geweckt und mich zum Träumen gebracht. :)

lg
klara

 

Liebe SchneeEule,

deine Geschichte vermittelt Wärme und du hast eine sehr feine Sprache benutzt. War genau die richtige Lektüre an einem grauen kalten Winternachmittag!

Er wischt mit der Hand den Schnee von der Sitzfläche.

Dieses kleine Detail gefällt mir total gut – vermittelt es doch ganz nebenbei die Fürsorglichkeit des Vaters.

Gruß
Liz

PS: Schön, dass du wieder hier bist! :)

 

Servus Klara!

Erinnerungen, Träume - dann war beim Lesen wohl auch Liebe im Spiel, wunderbar.

Lieben Gruß an dich - Eva


Servus Liz!

Wenn du das Gelesene wärmend empfunden hast freue ich mich besonders, dann hast du dich vom Mittelstück nicht abkühlen lassen, sondern die Wärme weitergetragen.

PS.: Danke für deinen Willkommensgruß!

Lieben Gruß - Eva

 

Hallo Eulchen, also sag mal..

Natürlich geht hier so einiges an der Realität vorbei und Phantasie des Lesers ist gefragt. Schnell mag der Eine oder andere sagen:"Romantischer Kitsch, Gesäusel,)
Nicht so ganz unrecht hat er. Aber bemerkt er auch den intelligenten Aufbau, die ausserordentlich ausgeklügelte Art, (Hinten ist Wasser still am Horizont, wenn wir auch still sind...), die Verbindungen, die Übergänge? Kurzum ist das was du hier geschaffen hast, höchste Qualität, einfach professionell...und verrät, wenn man will Gedankengänge, noch gewagter Sehnsüchte...der Schreiberin. Es ist ein Gedicht.

liebe Grüsse Stefan

 

Servus Archetyp!

Danke Stefan, dass es diese Geschichte ist, mit welcher du dich meinem Schreiben nach Wochen wieder näherst.

Weil es eine der stillen Geschichten ist, in der die Kraft nicht ungezähmt nach außen dringt, verloren geht dabei, sondern in sich ruht. Es ist mein Blick auf die Natur, die Menschen und das Leben wie ich versuche, es wahrzunehmen.

Man mag natürlich auch romantisches Gesäusel darin erkennen und als solches realitätsfern sehen, ja klar. Aber das ist, wie du es so schön umschreibst, eben der Ausdruck meiner Gedankenwelt. Es ist meine Art Liebe zu begreifen.

Lieben Gruß an dich - Eva

 

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