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Liebe zur Finsternis

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23.01.2002
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Liebe zur Finsternis

L i e b e z u r F i n s t e r n i s

Sie blinzelte in die Sonne, hob die Hand und lächelte triumphierend. Was für ein Tag! Es war ein guter Tag, ein guter Tag zum Arbeiten. An so einem Tag empfing sie die Stimmen der Rachsüchtigen so viel besser, sie strömten geradezu auf sie ein. Heute würde sie Azrael vollkommen zufrieden stellen. Bei dem Gedanken an ihm glitt ihr ein schelmisches Lächeln über das Gesicht. Körperlich gesehen, hatte sie ihn an diesem Morgen bereits völlig zufrieden gestellt. Das war auch ein Grund für die Kraft, die durch ihre Adern floss. Ihr Meister war großzügig gewesen. Sie blinzelte und stand plötzlich mitten auf dem Rasen, 20 Meter entfernt von der Stelle an der sie eben gestanden hatte. Dies war trotz allem nur ein winziges Stücken der Macht des Racheengels.
Ihres Engels.
Gott war ihr scheißegal. Er hatte ihr nicht geholfen, hatte nicht auf ein einziges Gebet reagiert. Nacht für Nacht hatte sie gebetet, wenn ihr Vater endlich das Zimmer verlassen hatte, wenn der schlimme Schmerz zwischen ihren Beinen zu einem dumpfen unheilvollem Pochen geworden war. Immer wieder hatte sie die Worte gesprochen.
„Hilf mir, mach, das Papa damit aufhört.“

Dann eines Nachts, nachdem er wieder gegangen war, kniete sie wieder vor ihrem Bett, während ihr das Blut zwischen den zarten Schenkeln entlang floss. Da ertönte eine Stimme, voller Sanftheit und Wärme, dunkel und sinnlich.
„Warum machst du das noch. ER wird dich niemals erhören.“
Sie fuhr herum und starrte eine Gestalt an. Völlig in schwarz gekleidet, mit seidigen schwarzen Haaren und Augen so tief dass man in ihnen verloren gehen konnte.
„Warum Serena? ICH hätte dir geholfen, wenn du mich gerufen hättest. Aber ich kann das nicht mehr mit anschauen. Meinst du nicht auch? Stimmst du mir nicht zu, dass es reicht? Hast du nicht den Wunsch nach Rache- nein warte dafür ist es noch zu früh. Komm mit mir, weg von diesem Schwein. Bei mir hast du es gut. Du kannst gesund werden, niemand wird dir weh tun oder so schreckliche Sachen mit dir machen wie dieser Mann. Was hältst du davon?“
Langsam streckte er eine Hand in ihre Richtung aus und sprach mit verführerischer Stimme weiter:
„Komm mit mir Serena. Ich kann dein Meister werden, dein Lehrer, kann dir ein völlig neues Leben schenken und dir die Wärme und Liebe schenken, die du brauchst.“
Seine Stimme drang tief in ihre Gedanken wirbelten durch ihren Kopf und klangen schließlich bis in ihr kleines verletztes Herz. Sie stand auf und die Blutstropfen bildeten eine Spur, als sie auf ihn zu trat und seine Hand nahm.

Das war vor 10 Jahren gewesen. Azrael hatte alles gehalten, was er ihr versprochen hatte. Er hatte sie mit zu sich genommen und hatte ihr gezeigt wer - was er war. Er hatte Angst und Entsetzen erwartet, doch sie hatte ihm zugehört, ohne Angst.
Zwei Jahre lang war Serena Molis, nach diesem nächtlichen Ereignis, spurlos verschwunden gewesen. Dann tauchte sie mitten in der Nacht im Schlafzimmer ihres Vaters auf. Azrael stand hinter ihr und gab ihr schließlich das große glänzende Messer in die Hand Sie sah zu ihm auf, in ihren Augen kein Zeichen von Angst oder sonst einer Regung.
Keine Regung bis auf eine: hasserfüllte Rache.
Sie hatte viel gelernt in dieser Zeit. Der Racheengel hatte ihr gezeigt was er tat: er erfüllte die Rachewünsche der Menschen.
Als er damals zu ihr meinte, er würde nun für sie Rache nehmen, hatte sie ihn angesehen.
„Nein.. ICH will das machen. Ich will ihn leiden sehen, mehr als ich leiden musste. Lehre mich Rache zu üben. Nicht nur an ihm, auch für andere. Ich will deine Schülerin sein.“
Fest entschlossen hatte die 10Jährige ihn angesehen und in diesem Moment wusste Azrael, dass er eine würdige Schülerin und Nachfolgerin gefunden hatte. So nutzte er die folgenden zwei Jahre um sie auf ihre eigene Rache vorzubereiten. Dann war dieser Moment gekommen.
Mit leiser Stimme flüsterte Serena ihrem Vater ins Ohr.
„Papa.... Papa wach auf. Ich bin’s...“,
wisperte sie.
Er erwache nur langsam und sah verschlafen in die Dunkelheit, dann erstarrte er und richtete sich schließlich mit einem Ruck auf.
„Serena? Was.. was zum Teufel machst du hier? Wo warst du?“
Sie kicherte.
„Oh das muss dich nicht interessieren. Gleich wird dich gar nichts mehr interessieren.“
Sie zog das blanke Messer hinter ihrem Rücken hervor und ihr Vater sah sie aus hervor quellenden Augen an.
Das Letzte was man hörte, war ein durchdringender, schriller Schrei, der dann abrupt endete.
Lächeln trat Serena aus dem Haus, ihr weißes Kleid war jetzt mit kleinen roten Tupfen bedeckt, der Saum komplett rot gefärbt.
„Hmm eine hübsche Farbe, nicht wahr Seren? Das hast du gut gemacht. Doch jetzt beginnt die richtig Ausbildung.....“


Das war vor acht Jahren gewesen, man hatte nie herausgefunden wer Mike Mulis ermordet hatte und auch die Tatwaffe war nie aufgetaucht. Serena, jetzt nur Seren genannt, wuchs zu einer atemberaubenden Frau heran. Zuerst bestand die Beziehung zwischen ihr und Azrael nur in der eines Lehrers zu einer Schülerin. Sie jedoch empfand mit der Zeit eine immer größere Anziehung zu ihm. Eines Abends saß sie im Central Park in London und starrte den Mond über sich an. Sie liebte es mit der Kraft von Azrael kleine Reisen nach England, China oder Australien zu unternehmen. Natürlich alles nur aus geschäftlichen Gründen...
„Willst du ein Wolf werden und den Mond an heulen?“
Seren lachte.
„Nein ich habe nachgedacht..“
„Worüber?“
Sie drehte sich zu dem dunklen Engel um.
„Wenn ich ehrlich sein soll.. über dich.. über mich.. na ja über uns. Über unsere Beziehung. Ich bin für dich nur eine Schülerin....“
Sie drehte sich wieder um, doch Azrael erschien nun direkt vor ihr. Mit einer Hand griff er unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht zu seinem. Blickte in dieses unglaublich schöne, von hohen Wangenknochen, tief grünen Augen und vollen Lippen geprägte Gesicht.
„Du hast dich sehr verändert, seit ich dich damals zu mir genommen habe. Nicht nur äußerlich... damals dachte ich wirklich nur an dich als eine Schülerin. Doch inzwischen geht unsere seelische Beziehung so viel tiefer. Wir haben die gleiche dunkle Seele, die immer
- immer noch - nach Rache dürstet. Du bist für mich sehr viel mehr als nur eine Schülerin.“
Sein Gesicht näherte sich ihrem und schließlich berührten seine Lippen die ihren und entfachten ein Feuer in ihr. Viele Jungs hatten sie inzwischen geküsst, doch nicht einer vermochte es diese Gefühle in ihr auszulösen. Sie versank in seiner Umarmung, versank in seiner Dunkelheit mit Leib und Seele.
In dieser Nacht wurde sie zu seiner Geliebten. Trotz ihrer schlimmen Erfahrung in der Kindheit, hatte sie inzwischen mit ein paar wenigen Jungen geschlafen. Doch Azrael ergriff Besitz von ihr, nahm sie völlig ein. Seit dem teilte sie jede Nacht sein Bett, jedoch ohne wie nur eine Kurtisane oder eine einfache Geliebte behandelt zu werden. Azraels Gefühle für sie waren echt, Todesengel hin oder her.

Selbstbewußt wanderte sie jetzt als 18Jährige über den Weg. Es gab eine Menge zutun. Wieder erreichte sie ein Ruf. Sie hatte gelernt die Rufe immer erst zu überprüfen. Azrael war grausam, aber auf seine Art gerecht. Es wurden nur Rachewünsche erfüllt, die wirklich vom Herzen kamen und sozusagen todernst gemeint waren.
Schon stand sie vor dem Haus, diesmal zum Glück sogar in New York.
Eine junge Frau, vielleicht um die 30 schrie einen bärtigen brutal aussehenden Mann an. Ihr Gesicht war angeschwollen, ihre Nase blutete und ihr Körper war von zahlreichen Schrammen übersät.
„Ich hasse dich! Irgendwann zahle ich dir das heim ,das schwöre ich. Wage es nicht meinen Sohn noch einmal zu schlagen. Du verdammter Mistkerl.“
Der Mann hob den Arm, ein kaltes, berechnendes Lächeln auf den Lippen, um die Frau wieder zuschlagen.
„Tztztz...Da hat wohl jemand eine Lektion verdient.“
Mit einem Lächeln trat sie in das Haus ein....

Am Mittag kehrte sie wieder nach unten zu Azrael zurück. Er saß mit gerunzelter Stirn über einem Buch. Seren trat von hinten an und strich mit ihren Fingern über seine Stirn.
„Hör auf so die Stirn zu runzeln, das steht dir nicht.“
Ihre Hände glitten verlockend über seinen Rücken und sie fühlte wie seine Muskeln sich elektrisiert anspannten. Er sah auf.
„Du bist schon zurück?“
„Mhhm.. war aber schon fleissig. Habe unter anderem so einem Mistkerl eine Lektion erteilt, der seine Frau und seinen Sohn geschlagen hat. Das kann er nun nie wieder.“
Sie kicherte leise.
Der dunkle Engel drehte sich mit einem Mal zu ihr um, packte sie und warf sie aufs Bett. Er fiel über sie her, wie ein wildes Tier, war abwechselnd wild und zärtlich, was sie zum Wahnsinn trieb.
Dies diente nicht nur zum Vergnügen, es war auch eine sehr einfache Methode um Seren neue Kraft zugeben. Dämonische Kraft. Früher hatte dies lange Zeit gedauert, da seine Kraft nur über die Hände übertragen wurde. Durch den kompletten Körperkontakt jedoch ging es so viel schneller und war auch sehr viel angenehmer für beide. Erschöpft und gleichzeitig gestärkt blieb sie liegen, während Azrael so schnell wie er eben nackt gewesen war nun wieder seine dunklen Sachen anhatte. Er streckte sich genüsslich und warf ihr einen amüsierten Blick zu.
„Wirklich Seren du verbrauchst die Kraft ziemlich schnell. Man könnte fast meinen du machst das mit Absicht...“
Seren atmete tief durch und schenkte ihm ein unschuldiges Augenklimpern.
„Aber wie kommst du denn darauf?“
Sie rekelte sich genüsslich auf dem großen Bett und sammelte dann ihre Sachen zusammen. Sie hätte nach dieser Aktion ihre Klamotten auch ohne weiteres anziehen können, wie Azrael, jedoch brauchte sie ihre Kraft noch.
„Wie wäre es denn, wenn wir mal wieder was zusammen machen? Ich habe ein paar starke Rufe aus Rom vernommen und Venedig klang auch nicht schlecht. Komm schon du hängst fast nur noch hier unten rum, seit du mich hast.“
Azrael erhob sich und sah sie nachdenklich an.
Schlechtes Zeichen, das wußte Seren inzwischen. Nachdenken hieß immer anlehnen.
„Hmm meinst du... Vielleicht ein anderes Mal.“
Seren verzog verärgert das Gesicht.
„Wie du meinst... ich geh wieder.“
Damit war sie verschwunden. Azrael blickte auf die Stelle and er sie eben noch gestanden hatte. Dann wandte er sich wieder dem Buch zu.

Wütend zog Seren durch die Stadt, ihr Blick kalt wie Eis. Es ärgerte sie maßlos, das Azrael nur noch unten herum saß. Anfangs waren sie oft verreist und hatten die Rachewünsche zusammen erfüllt. Jetzt hatte er seinen Anteil auf diese Aktionen darauf beschränkt, dass er ihr von seiner Kraft gab und das war es.
Seren lief an einer Gruppe von Collegeboys vorbei, die ihr hinterher pfiffen. Sie hielt an, ihr kam eine Idee. Langsam drehte sie sich herum und ging auf die Gruppe zu. Alle sahen sehr gut aus, doch einer fiel ihr besonders auf, er hatte stechend blaue Augen, die etwas unmenschliches hatten. Zu ihm ging sie, zog ihn zu sich und gab ihn einen langen heißen Kuss.
„Willst du mehr? Dann komm mit!“
Das ließ er sich nicht zwei mal sagen und folgte ihr, wie ein Hundchen.
Seren ging schnurstracks auf ein großes Hotel zu. Der Portier sagte kein Wort, sondern ging voraus und brachte die beiden zu einer Suite, schloss auf und ging wieder.
Erstaunt sah der Junge ihm hinterher.
„Wow bist du die Tochter vom Boss, oder was?“
Seren lächelte:
„Nicht ganz...“
Dann fiel sie über ihn her, wild und erbarmungslos. Sie hatte sich nicht getäuscht. Hinter dem braven Äußeren verbarg sich ein Charakter, der ihrem beinahe gleichkam. Er erwiderte ihre Wildheit mit seiner eigenen.
Mit einem lauten Schrei sank Seren schließlich zurück, ihr Atem ging mit vierfacher Geschwindigkeit. Sie hätte nicht gedacht, dass ein Mensch zu so etwas fähig war. Der Junge sah sie an, lächelte.
„Na wie hat dir das gefallen... Seren?“
Sie richtete sich mit einem Ruck auf.
„Woher weißt du wie ich heiße?“
Jetzt lachte er auf und während dessen veränderte sich seine Gestalt. Als Seren erkannte wer der Junge war, sprang sie vom Bett.
Kane sah sie begierig an.
„Endlich verstehe ich, was Azrael an dir findet!“
„Kane.. was zum Teufel soll das? Er bringt dich um, wenn er das erfährt.“
Kanes Blick wurde hämisch.
„Ach willst du ihm wirklich sagen, dass du mit seinem Erzfeind geschlafen hast.. obwohl schlafen war das ja wohl kaum... Geht’s bei euch auch so ab?“
So gern hätte Seren etwas darauf erwidert, doch Kane hatte Recht.
Warum war sie gerade an ihn geraten? Kane war ein Dämon aus der oberen Klasse, Azrael beinahe gleichgestellt. Doch gerade dieses beinahe machte den jungen Dämon wahnsinnig vor Neid. Sein größtes Ziel war es, Azrael von seiner Position zu stoßen. Normal hätte er irgendwann sowieso die Position als Racheengel angenommen, dann nämlich wenn Azrael aufgehört hätte, wenn seine Zeit abgelaufen war. Doch so lange wollte Kane nicht warten, deshalb versuchte er seit Jahrtausenden Azrael in alle möglichen Fallen zu locken.
„Ehrlich Seren für so leichtsinnig hätte ich dich nicht gehalten. Dabei habe ich dir sogar einen Hinweis gegeben!“
„Die Augen.. verdammt ich wußte es!“
Kane nickte, dann lachte er höhnisch.
Seren blieb nur eine Wahl, sie musste es Azrael sagen, bevor Kane es konnte. Diesmal ließ sie sich weder Zeit zum Anziehen, noch um normal aus dem Hotel zu gehen. Mit einem wütenden Blinzeln war sie verschwunden und landete unversehens genau vor Azraels Füßen.
Der starrte auf die Erscheinung vor ihm: Seren total nackt.
„Na was haben wir denn hier? Willst du mich so raus locken?“
Er wollte nach ihr greifen, doch sie wich zurück. Noch nie hatte sie sich so schuldig und so dreckig gefühlt. Sie wußte, dass sie Azrael liebte und das machte die Tat um so schlimmer. Vergessen war in diesem Moment ihre Wut darüber, dass er sie nicht mehr begleitete.
„Ich muss mit dir reden.“
Hastig kleidete sie sich an.
„Es... es ist etwas passiert.“
Der Rachedämon sah sie ungeduldig an.
„Also ich wollte mich mit so einem Collegejungen vergnügen. Habe ich auch.. nur.. also es hat sich heraus gestellt, dass dieser Junge Kane war. Ich hatte wirklich keinen Schimmer. Du weißt, dass ich ihn genauso verachte wie du. Ich weiß, dass er es dir sagen wird, um dir weh zutun, deshalb wollte ich es dir sagen. Es tut mir so leid.“
Für einen Moment herrschte totale Stille in dem großen Raum. Dann lächelte Azrael.
„Aber ich bitte dich Seren. Warum sollte mir das etwas ausmachen. Es ist mir egal mit wem du dich vergnügst.“
„Aber es war Kane, dein Rivale. Ich.. ich meine ...“
„Wirklich Seren, selbst wenn es Kane war, es ist deine Entscheidung mit wem du dich einlässt. Mir ist das völlig egal.“
Fassungslos starrte Seren in das schöne Gesicht vor ihr. Die kalte Gleichgültigkeit tat weh. Plötzlich musste sie, zum ersten mal seit langer zeit, mit den Tränen ringen.
„Nun... vielleicht macht es dir nichts aus.. mir aber schon, weil ich... ja verdammt ich liebe dich Und wenn DU dem Ganzen so gleichgültig gegenüber stehst, dann weiß ich ja wie du dazu stehst.“
Seren ignorierte die Tränen, die jetzt ungehindert an ihrem Gesicht herunter liefen. Warum benahm sie sich so? Sie sollte froh sein, wenn er es so gelassen nahm. Aber diese Gefühlskälte machte ihr mehr zu schaffen, sie war viel schwerer zu interpretieren. Wäre Azrael wütend geworden, hätte dies Eifersucht bedeutet. Eifersucht bedeutete tiefere Gefühle. Aber wie sollte sie diese Reaktion verstehen?

Seren sah auf die tobende See, es war schlechtes Wetter in Neuseeland. Mit dem Problem, was sie jetzt hatte, wollte sie sich im Moment nicht herumschlagen, obwohl es gravierend war: sie hatte kein Stück der dämonischen Energie mehr. Das bedeutete nur eins: eine Rückkehr nach Hause war unmöglich. Doch im Moment wollte sie auch nicht zurück, obwohl sie erbärmlich fror.
Noch immer spielte ihr Gehirn Fußball mit ihren Gedanken, so dass sie kaum einen Gedanken wirklich klar verfolgen konnte.
Sie starrte aufs Meer hinaus, da wurde ihr plötzlich eine warme Decke über die Schultern gelegt. Erfreut fuhr sie herum, wollte Azrael um den Hals fallen. Im letzten Moment jedoch hielt sie inne.
Das hier war nicht Azrael! Statt dessen sah sie ein junger Mann besorgt an.
„Alles in Ordnung? Ich beobachte dich jetzt schon ne ganze Weile. Du wirst dich erkälten. Willst du nicht lieber mit herein kommen? Ich wohne in der Hütte dort.“
Seren überlegte. Im Moment hatte sie keinerlei Kräfte, wenn der Typ sie also überfallen würde, wäre sie hilflos. Andererseits würde sie hier draußen vermutlich noch eher erfrieren, also nickte sie und lief neben ihm zu seiner Hütte.
Erleichtert nahm sie die Wärme des großen Kaminfeuers auf und kauerte sich direkt davor.
„Das ist besser, nicht wahr? Die Klippen sind gut, um nachzudenken aber auch gefährlich. Eine junge Dame sollte nicht allein auf ihnen stehen.“
Seren antwortete nicht. Nur gut, dachte sie, dass Azrael ihr das Geschenk der Sprachen gemacht hatte. Somit konnte sie alle Sprachen der Erde verstehen. Hier kam ihr das zu Gute.
Langsam zog eine angenehme Müdigkeit in ihrem Körper ein. Kurz entschlossen rollte sie sich vor dem Feuer zusammen und war bereits kurz danach in einen tiefen Schlaf gefallen. Der Fremde beugte sich über sie. Als er sah, dass sie eingeschlafen war, wollte er sie hochheben und zum Bett tragen. Im gleichen Moment jedoch ,als er sie berührte stieß sie einen tiefen bedrohlichen Ton aus, der wie ein Knurren klang. Erschrocken wich er zurück, dann besah er sich das fremde Mädchen genauer. Sie war von einer seltsamen Aura umgeben, die ihm unheimlich war. Seren bewegte sich und dabei verrutschte die decke und gab ihren Arm frei. Entsetzt sah der junge Mann auf das Zeichen auf ihrem Arm. Es war ihm durchaus vertraut.
„Der Racheengel?! Was habe ich in mein Heim geholt?“
Angsterfüllt wich er noch mehr zurück. In eine Ecke gekauert wich seine Aufmerksamkeit mit vorgerückter Stunde der Müdigkeit und er schlief ebenfalls ein.
Am nächsten Morgen erwachte Seren, sie fühlte sich ausgeschlafen und - wie ein gewöhnlicher Mensch!
Mit einer fließenden Bewegung stand sie auf und blickte in das Gesicht ihres Gastgebers, der sie ängstlich ansah.
„Was ist? Was starrst du mich so an?“
„Wer bist du? Du trägst das Zeichen des Racheengels. Was habe ich getan?“
Seren seufzte.
„Ach deshalb. Keine Panik.. erstens bin ich nicht Azrael, sondern nur eine Gehilfin und zweitens bin ich nicht deshalb hier. Ich kann auch momentan nicht zurück, weil ich keine Energie mehr habe. Dir passiert nichts, ich bin nicht der Rache wegen hier, sondern nur um etwas abzuschalten und irgendwie mit meinen eigenen Problemen fertig zu werden.“
Das Mädchen streckte sich ausgiebig.
„Ich verschwinde auch schon wieder...“
„Heißt das du musst hier in diesem Dorf bleiben?“
„Es heißt ich muss in diesem Land bleiben. Ich kann nicht nach Hause zurück. Natürlich könnte ich Azrael fragen, aber das will ich nicht. Schließlich ist er der Grund aus dem ich hier bin.. aber was geht dich das an? Danke jedenfalls für die Unterkunft.“
Damit verließ sie das Haus und lief einfach irgendwohin. Etwas mulmig war ihr schon zumute. Bisher war sie nie lange von zu Hause - und von Azrael weg gewesen.
Seren wußte nicht, wie lange sie ziellos durch die Gegend wanderte. Es war ungewohnt still, denn ohne Dämonenkraft und die Nähe des Racheengels, konnte sie die zahlreichen Rachewünsche der Sterblichen nicht hören.
Erschöpft lehnte sie sich an einem Baum. Plötzlich beugte sie jemand von oben über sie, schwarze lange, seidige Haare fielen in ihr Gesicht und starke aber zugleich auch sanfte Hände umfassten ihr Gesicht. Sehnsüchtig schloss Seren für einen Moment die Augen und genoss Azraels Berührung. Dann jedoch erwachte sie schlagartig wieder und riss sich von ihm los. Ein feines Stirnrunzeln überzog das Gesicht des schwarzen Engels, dann wurde es durch ein sanftes Lächeln ersetzt.
„Was ist Seren? Hast du dich beruhigt? Kann ich dich wieder nach Hause mitnehmen? Kann ich dich wieder neben mir wissen?“
Wütend starrte sie ihn an.
„Vergiss es. Ich komme hier gut zurecht. Ich bin grade auf den Weg ins Dorf und werde eine Weile dableiben.“
Azrael breitete seine Arme aus und schwebte sachte auf den Boden, dann näherte er sich ihr bis ihre Gesichter nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren. Seren hasste sich für die Sehnsucht, für die Schreie ihres Herzens nach einer Umarmung von ihm.
Er legte seine Hand unter ihr Kinn und strich sanft mit den Lippen über ihren Mund. Ihr ganzer Körper erzitterte.
„Erzähl doch keine Lügen. Ich habe dich beobachtet. Du bist auf dem Weg nirgends wohin. Du brauchst mich, so wie ich dich brauche. Warum sollte mir deine Geschichte mit Kane etwas ausmachen ,wo ich doch weiß, dass du zu mir stehst und ihn hasst? Ich bin mir deiner, und deiner Gefühle nebenbei auch, viel zu sehr bewußt. Ich kenne jede Faser deines Körpers, meine süße Seren und Kane ist in dieser Hinsicht kein Rivale für mich. Eifersucht ist also ein total überflüssiges Gefühl.“
Tränen der Erleichterung und der Scham ließen den Blick ihrer Augen verschwimmen.
„Aber... warum hast du das nicht..“
„Warum ich dir das nicht gleich gesagt habe? Tja, weil nicht ich derjenige war, der Probleme damit hatte, sondern du. Ich dachte ich lasse dir die Zeit einen klaren Kopf zu bekommen. Das du nebenbei einem Menschen einen gehörigen Schrecken eingejagt hast, ist dir ja klar. Können wir dann also zurück? Du siehst ziemlich durchgefroren aus.“
Seren zögerte noch einen kurzen Moment, dann nickte sie und schmiegte sich in Azraels Arme.
An ihn gekuschelt blieb sie noch ,als sie bereits in seiner Höhle waren und vorm Bett standen. Langsam löste er sich von ihr und zog sie mit einem tiefen, sinnlichen Blick auf das Bett. Die nächste Zeit hatte Seren keine Zeit und Lust sich über Kane Gedanken zumachen.
Zufrieden und wieder glücklich kuschelte sie sich danach erschöpft an ihn und schlief ein. Azrael sah auf sie herab und eines seiner sehr seltenen Lächeln überzog seine edlen Züge.

Lange Zeit später stand Seren auf, sie fühlte sich so gut, wie schon lange nicht mehr. Jetzt jedoch gab es noch etwas wichtiges zutun. Rache! Flimmerte es vor ihren Augen. Nicht für andere sondern für sich selbst.
Vorsichtig löste sie sich aus Azraels Armen und stand auf. In ihr pulsierte die dämonische Kraft bereit zu Taten. Blitzschnell verschwand sie aus Azraels Behausung und stand im grellen Sonnenlicht. Sie schloss die Augen und sandte ihre Geist auf die Suche. Mit aller Konzentration suchte sie nach Kane. Dann öffnete sie ihre Augen wieder und blickte verwirrt in den blauen Himmel.
„Seltsam.. ich kann ihn nirgends fühlen. Als wäre er nicht da...“
Kurz entschlossen reiste sie ins Totenreich, in dem sich Kane eigentlich aufhielt. Auch hier konnte sie ihn nirgends erblicken oder fühlen. Plötzlich vernahm sie eine tiefe Stimme hinter sich.
„Kann ich dir helfen Seren? Was treibt dich hierher?“
Sie drehte sich um und stand Keros gegenüber, einem riesigen Hund mit drei Köpfen, flammender Mähne und lodernden Schwanz.
„Hallo Keros... ich.. ich suche Kane. Hast du ihn gesehen?“
Kaum veränderten sich die Gesichtsausdrücke auf den 3 furchterregenden Hundegesichtern.
„Weißt du es nicht? Er wurde ausgelöscht. Niemand weiß von wem, aber wie das hier immer ist, interessiert es auch niemanden. Es ist bereits ein neuer Dämon von einer unteren Stufe hoch gerückt. Vermissen wird ihn auch niemand. Ich schätze, du und Azrael wohl am allerwenigsten.“
Er lachte dröhnend auf so dass Seren, wie jedesmal, Angst bekam die Höhle könnte einstürzen.
„Er existiert nicht mehr? Na gut, danke bis demnächst.“
Damit verschwand sie wieder und stand, total in Gedanken versunken, vor Azraels Bett. Er lag noch darin und blinzelte sie, ohne das sie es bemerkte, an.
Plötzlich war er aus dem Bett verschwunden und stand dicht hinter ihr. Seine Arme legten sich um sie und zogen sie begierig an sich.
Dann flüsterte er ihr ins Ohr:
„Hast du wirklich gedacht, ich lasse ihn so einfach davon kommen ,wo er doch meine Süße angefasst hat?“
Sanft knabberte er an ihrem Ohrläppchen. Überrascht drehte sie den Kopf ein Stück zu ihm.
„Du warst das? Aber ich dachte es sei dir egal.“
Azrael stand nun vor ihr und sah sie ernst an.
„Es ist mir in all der Zeit noch nie passiert, dass ich mich ernsthaft verliebt habe. Jetzt aber ist es passiert und dich Seren werde ich verteidigen, egal um welchen Preis.“
Er lächelte, als er ihren erstaunten, langsam begreifenden Gesichtsausdruck sah.
„Ganz recht mein dunkler Engel, ich liebe dich. Und wenn du schlau bist, fragst du jetzt nicht nach sondern kommst ins Bett.“
Mit einem seligen Lächeln folgte Seren ihm. Sanft überzogen seine Küsse ihren Körper und Seren schloss die Augen.
„Endlich...“

 

Ich mochte die Geschichte - diese Idee habe ich schon einmal gesehen, auf einer richtig bitterbösen Page, wo der Tod das Mädchen zu sich nimmt.
Alles in allem hat sie mir sehr gefallen, die Erzählweise war flüssig und der Plot interessant, wenn auch berechenbar.
Aber:
Azrael spricht sie ständig mit ihrem Namen an. Das is an sich gar nicht schlecht, aber du musst den Namen an der Stelle dann mit Kommata abgrenzen.
Noch ein Aber:
Kane taucht zu plötzlich auf. Azrael kannte ich, aber von Kane habe ich noch nie gehört. Vielleicht solltest du eine Einführung schreiben, wer er ist...

Weiter so
LG Vita

 

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