Was ist neu

Liebe sucht online oder www.profile.komm

Mitglied
Beitritt
13.09.2007
Beiträge
302
Zuletzt bearbeitet:

Liebe sucht online oder www.profile.komm

I. Trümmer


Liebes Tagebuch, Mittwoch, 01. April 2015, 18:10 Uhr

Ich komme von der Arbeit heim. Krankenwagen vor dem Haus, darin Hans. Dissektion der Arteria carotis, sagen sie mir in der Klinik, mein Mann müsse auf der Wachstation bleiben, zur Beobachtung, sein Zustand sei stabil.
Wieder zu Hause setze ich mich an den PC, das Postfach von Hans' Internetfirma erscheint auf dem Bildschirm, die Nachricht einer Angelique.
Ich senke alles ab, googele Dissektion der Arteria carotis:
Rissbildung in der Halsschlagader, Folge von Traumata, kann auch bei Überkopfarbeiten oder beim Stemmen von Gewichten entstehen.
Hans stemmt nichts, allenfalls sein Handy ans Ohr.
Plötzlich ist da wieder sein Postfach.
Diese Angelique fragt: „Sehen wir uns Silvester?“
Eine Cahtrin schreibt: „Danke, du bist der Beste!“
Ivette: „Hast Dein Aftershave liegen lassen.“
Jaqueline: „Ich hoffe, es tut nicht mehr weh!“
Ich kann nicht mehr weiterlesen, alles verschwimmt.
Das ist also sein Stress, deshalb fasst er mich nicht mehr an!
„In unserm Alter braucht's dieses Gehoppele nicht mehr, da hat die Liebe eine ganz andere Qualität“, hat er immer gesagt in letzter Zeit. Und ich hab es ihm auch noch geglaubt. Wenigstens betrügt er mich nicht, mein Spießer Hans, dachte ich. Dachte, ich kenne ihn in- und auswendig, mehr als zwanzig Jahre sind wir zusammen. Sein Postfach ist voller Nachrichten von Frauen aller Couleur. Fast hätte ich sie gelöscht, aber, ich muss nachdenken, was mache ich nur? Ich weiß nicht weiter, vielleicht hilft es, darüber zu schlafen.

Bis morgen, liebes Tagebuch, Sabine


1.4.15 Franks Memo

Ursel hat mich rausgeschmissen. Erst dachte ich: Aprilscherz. Ist es nicht! Sie hat was mit nem Banker, nen arschgesichtigen, dickwanstigen, schmierigen Idioten! Morgen zieht er in mein Haus, das ich gebaut habe! Zum Kotzen! Ich darf nicht mal im Gästezimmer wohnen, weil er dort sein Büro kriegt. Auch nicht in einem der Kinderzimmer, weil die Zugang zum Bad haben. Das will sie nicht. Ich will bestimmt nicht spannen, wenn die Fetten es treiben!!!! Aber mit Speckursel ist nicht zu reden, ich kann vorübergehend in den KELLER ziehn, bis ich was gefunden habe, oder ich soll sie auszahlen. Alte Hexe, verprasst meine Kohle und wovon soll ich sie jetzt auszahlen? Vielleicht kommt sie zur Vernunft. Ich hab nichts gemerkt. Alles lief. Klar hat man Differenzen, das ist doch normal! Oder?


Liebes Tagebuch, Donnerstag, 02. April 2015, 07:33 Uhr

Hab die ganze Nacht geweint. Sehe schrecklich aus, wie nach Botox-Überdosis. Kopfschmerzen. Mir ist übel, kriege nichts runter. Was mach ich nur.
Ich dachte, alles sei normal. Dass es sich halt abkühlt mit den Jahren. Aber man kennt sich, kann sich aufeinander verlassen. Ich dumme, naive, alte Kuh! Was mach ich jetzt? Ich muss nachdenken.

Deine Sabine

Liebes Tagebuch, 23:30 Uhr

Ich habe seine Post beantwortet, inkognito, diese Damen zum Krankenbesuch eingeladen, für morgen Nachmittag, im 10-Minuten-Takt. Bis dahin muss ich wunderschön sein! Hoffentlich kann ich schlafen.

Gute Nacht, Sabine


2.4.15 Franks Memo

Udo, Andreas, Klaus, Bruno angerufen, kann ich nicht wohnen. Sebastian und Werner nicht erreicht. Matze muss erst Bärbel fragen – morgen nochmal versuchen. Such ich mir eine Wohnung oder warte ich ab? Oder ich such mir eine Frau mit Wohnung. Die muss dünn sein, dann platzt die Speckursel, hahaha!


Liebes Tagebuch, Freitag, 03. April 2015, 19:25 Uhr

Ich machte es mir in der Sitzgruppe gegenüber seiner Zimmertür bequem, beobachtete und fotografierte, wie sie sich die Klinke in die Hand gaben. Gekommen sind Angelique, die mit den Breitmaullippen, Cathrin mit der Botoxfresse, die dürre Ivette und die fette Jaqueline mit den Riesentitten.
Dabei hat er immer gesagt, er finde große Brüste eklig: „Eine Handvoll, das ist fein, was drüber ist, das ist gemein.“
Als die Freakshow vorbei war, bin ich gegangen. Eigentlich wollte ich in sein Zimmer: „Schatz, Du hörst von meinem Anwalt.“ Ihm im Gehen nonchalant einen Kuss zuwerfen. Das hätte gesessen. Hab es nicht geschafft, blödes Weinen. Ich rede nie wieder mit ihm, ignoriere ihn, streiche ihn aus meinem Leben, als wenn er tot wäre, wenn er doch tot wäre, gestorben an seiner Dissektion vom Stemmen der fetten Jaqueline. Wenn er vorher noch den PC ausgemacht hätte, wie es ein durchschnittlich intelligenter Ehebrecher getan hätte, dann wäre ich jetzt eine trauernde Witwe im besten Gedenken. Nicht mal das hat er hingekriegt, der Versager.
Montag lasse ich die Schlösser austauschen.


3.4.15 Franks Memo

Das wird nichts mehr. Die turteln, es ist nicht zum Aushalten. In dem Alter, peinlich, lächerlich. Traue mich kaum aus dem Keller, will ihnen nicht über den Weg laufen. Nehme Ursel auch nicht zurück, selbst wenn sie angekrochen kommt.
Basti, Werner – nicht erreicht. Matze hat gefragt, ich darf NICHT bei ihm wohnen! Weiber! Aber er hat mir von einer Partnerbörse erzählt: www.profile.komm. Soll die beste sein. 99,99% Erfolgsquote. Alle 9 Sekunden finden sich Zwei. Melde mich jetzt an. Muss zum Fotografen! Vorerst nehme ich die alten Fotos. Hab mich kaum verändert, bis auf die Haare.

Liebes Tagebuch, Samstag, 04. April 2016, 11:23 Uhr

Ich habe eine neue Handynummer. Das ist ein Vorteil von Prepaid: man muss nicht kündigen, um die Nummer zu wechseln. Hans ruft dauernd auf dem Festnetz an, habe ich stumm geschaltet, er kann mit dem AB plaudern, lösche ich sofort. Termin beim Scheidungsanwalt für nächsten Donnerstag, 16:00 Uhr.
Hab mit Bea telefoniert, sie hat gesagt, dass sie so etwas geahnt habe, also, dass er fremdgeht. Jeder hätte doch mitbekommen, dass es bei uns nicht mehr läuft.
Warum sie mir nichts gesagt hat?
Man mischt sich nicht ein.
Aber du bist meine beste Freundin!
Sie wollte nicht wegen bloßer Vermutungen meine Ehe gefährden. Ich hätte ihr sowieso nicht geglaubt, meint sie. Sie sagt, ich solle im Internet suchen, wenn ich so weit bin. Hat mir www.profile.komm empfohlen. Dort hat sie ihren Erich kennengelernt. Ich soll das nicht auspalavern, es ist so unromantisch. Die offizielle Version lautet, dass sie sich in Paris verliebt haben.
Im Internet, ist das seriös?, frage ich sie.
Man kommt heutzutage nicht daran vorbei, meint Bea.

Mein liebes Tagebuch - will ich überhaupt wieder jemanden? Sabine


II. Im Netz


Liebes Tagebuch, Sonntag, 05. April 2015, 03:44 Uhr

Ich habs getan! Konnte nicht schlafen und hab mich eingeloggt! Sowie ich meinen virtuellen Fuß ins Netz setzte, wurde ich mit Zuschriften bombardiert! Was für ein Gefühl, begehrt zu sein! Ewig hatte ich das nicht mehr. Selbstdiszipliniert erstellte ich zuerst einmal mein Profil. Das Wichtigste, sagt Bea, sind die Fotos. Keine verzweifelten, schmachtenden oder gar intellektuellen Bilder. Man muss auf den Fotos so verdammt glücklich rüberkommen, dass es unabdingbar erscheint, etwas von diesem Batzen Glück abzugeben. Nur deshalb ist man hier. Ganz aktuell sind die Fotos nicht, für den Anfang reicht es. So anders sehe ich jetzt auch nicht aus.
Das zweitwichtigste ist ein positives Motto: Liebe sucht online, das klingt fantastisch.
Als nächstes die Angaben zur Person. Bea sagt, mit der Wahrheit darf man es im Netz nicht so genau nehmen. Ich stellte mir vor, ich wäre das Produkt, das ich vermarkte. Also, ich würde mich kaufen! ;-)
Nun kommt noch was Lustiges: 10 Fragen, die man spontan beantworten soll.
Meine Lieblingsfrage: Welche 3 Gegenstände würdest Du auf eine einsame Insel mitnehmen?
Ich dachte gründlich nach und machte mir folgende Notizen:
1. einen breitkrempigen, schlammfarbenen Hut aus robustem Material, mit versteiftem Zylinder und einer Kordel, damit ich ihn unterm Kinn festzurren kann.
Mit diesem Hut kann ich mich tarnen, er schützt mich bei jedem Wetter, ich kann ihn als Körbchen benutzen und auch damit Wasser schöpfen. Außerdem sehe ich darin gut aus.
2. ein großes, scharfes und spitzes Messer aus rostfreiem Stahl in einer Schutzhülle (damit ich mich nicht verletze).
Damit kann ich jagen, mir ein Haus bauen, ernten und mein Essen zerkleinern, sogar zur Nagelpflege taugt es und zum Hornhaut von den Fersen raspeln. Wenn die Insel doch nicht so einsam ist, kann ich mich damit verteidigen.
3. einen so großen Bilderrahmen aus bruchfestem Glas, das darin Fotos von allen meinen Freunden, meiner Tochter, Lieblingsschwester und meinen Eltern Platz finden, in der Mitte muss ein Spiegel sein, damit ich mich inmitten meiner Lieben spiegeln kann.
Nun habe ich das ganze in spontan übersetzt ins Profil gestellt: Hut, Messer, Bild.
So viele Männer haben mich angeschrieben! Ich habe ganz vielen geantwortet. Es kribbelt wie verrückt, endlich wieder Schmetterlinge! Gleich versuche ich noch ein bisschen zu schlafen, da kommt schon wieder eine Nachricht vom Frieder.

Gute Nacht Sabine


5.4.15 Franks Memo

Profil steht! Was die sich alles ausdenken! Ein Motto soll man sich geben. Quatsch, was soll man da schreiben. Ich suche eine dünne Frau! Hahaha. Besser: Ich lasse mir noch ein Motto einfallen! Vielleicht fällt mir wirklich noch eins ein. Angaben zur Person, das ging flott. 10 Fragen, spontan zu beantworten, genau mein Ding:
Wie soll deine Traumfrau sein? Wie Du!
Sinn des Lebens? Du!
Was würdest Du auf einsame Insel mitnehmen? Dich!
usw.
Muss los, Wohnungsbesichtigung im Westend und in Schwabing.


Liebes Tagebuch, Sonntag, 05. April 2016, 23:31 Uhr

Melde mich morgen krank, ich kann nicht ins Büro in diese neugierigen Gesichter sehen und mir noch mehr von ihren dummen Fragen anhören: „Dein Mann ist im Krankenhaus, o Gott, was hat er denn? Du siehst richtig mitgenommen aus, du Arme, erzähl mal.“ Wahrscheinlich wissen sie schon Bescheid, nicht von Bea, hoffe ich. Aber so dumm wie Hans ist, vielleicht hat er sogar... Bei Ute habe ich gewisse Blicke bemerkt, bei unserer letzten Betriebsfeier zum Jahresausklang, und er war da mal verschwunden, Inge auch. Inge schläft doch mit jedem, die hat überhaupt keinen Anstand, die Schlampe. Ich will es nicht wissen. Dann fragen sie mich auch noch so dämlich!
Außerdem, liebes Tagebuch, fängt morgen mein neues Leben an, ich habe mein erstes Date! 10:00 Frühstück mit dem stillen Dieter, so nennt er sich. Er arbeitet in der Gastronomie und hat Montags immer frei. Abends habe ich gleich das zweite Date: 20:00 mit dem frechen Frieder, so nenne ich ihn, weil er etwas dreist ist, aber sehr charmant. Dieter dagegen ist sehr ernsthaft. Er ist total verliebt in mich. Ich bin verliebt in alle beide, so etwas habe ich noch nie erlebt. Ich kann Frieder immer noch absagen, falls sich mit Dieter etwas anbahnt. Aber zusammenziehen kann ich nicht gleich mit ihm, das muss er verstehen, wenn er mich liebt. Oder wird es doch Frieder? Ich bin so aufgeregt! Und ich habe so ein gutes Gefühl, das hatte ich noch nie. Einer von beiden wird es!
Aber ich weiß immer noch nicht, was ich anziehe. Das blaue Hängekleid trägt so auf. Der schwarze Overall spannt. Zum roten Kostüm habe ich nicht die passenden Schuhe, ich finde sie einfach nicht. Oder ganz leger in Jeans und Shirt oder Bluse?

Gute Nacht, liebes Tagebuch.


6.4.15 Franks Memo

Urlaub genommen wegen Wohnungssuche. Hat sich gelohnt: Apartment in Schwabing klar gemacht, den Vermieter nen Fuffi zugesteckt, dann noch einen, das ist es wert. In 3 Wochen kann ich mein Kellerverlies verlassen! Nun kann ich mich um die Mädels kümmern. Man muss sie anschreiben, nix mit Gleichberechtigung. Was die alles schreiben in ihren Profilen. Hat doch keiner Zeit, das zu lesen! Was die sich für Mottos ausdenken: Ich suche nicht, ich will gefunden werden! - Prinzessin sucht Prinzen zum Verlieben - oder noch besser: Wenn du liederlich bist, schnarchst, Fußball guckst und Bier trinkst, brauchst Du mir gar nicht erst zu schreiben!!!!
Suchen die einen Mann oder eine Pussy? Kompliziert, was soll man machen. Treffe mich morgen mit der Prinzessin Vroni Maier im Schlosspark zum Flanieren, wie sie schreibt. Na ja, kostet nichts. Anschließend, nee, nicht zum Lunch, wie das Fräulein Mandy vorschlug, viel romantischer: zum Flanieren im Schlosspark! Kostet wieder nichts und ist sehr praktisch, denn ich bin ja schon dort, haha. 2 Stunden später mit Paula zum Shoppen. Dachte an Bademoden, aber sie braucht Schuhe, was sonst? Danach, falls ich bei Keiner einen Treffer lande, gehe ich mit Gundi etwas trinken. Muss ja nicht im Tandoori sein, meine Kellerbar tut es doch auch, yep, es bleibt spannend.


Liebes Tagebuch, Montag, 06.04.15, 12:15 Uhr

Was für ein Reinfall, dieser Dieter. Von wegen still, dass ich nicht lache! Der wollte mir sofort an die Wäsche! Das Frühstück war gar nicht in einem Cafè geplant, sondern bei ihm zu Hause! Man kann nicht vorsichtig genug sein, habe gleich den Treffpunkt mit Frieder gegoogelt, das ist wirklich ein Restaurant, sogar ein recht gutes. Aber zurück zu Dieter, ich stehe vor diesem Wohnblock, glaube an einen Irrtum, rufe ihn an, um die Adresse zu korrigieren. „Nein“, sagt der und „warte mal!“ Kommt raus, im Jogginganzug, unrasiert, mit Wampe, also sehr anders als auf seinen Fotos mit Schlips und schlank und will mich in sein Haus locken: „Hast Du Angst, musst Du nicht!“
Ich habe mich auf den Absatz umgedreht und bin gegangen, Frühstücken gegangen, allein. So ein Idiot! Jetzt habe ich Bammel, dass das mit Frieder auch wieder nichts wird. Ich habe ihm gleich geschrieben: „Lieber Frieder, ich freue mich schon sehr auf unser heutiges Date. Ich mag nicht nur dein Profil, die Art wie Du dich ausdrückst, auch deine Fotos finde ich sehr anziehend: deine schlanke Figur, deine gepflegte Erscheinung, und wie Du dich kleidest entspricht genau meinem Geschmack. Auf einen schönen Abend! Bis dahin lieben Gruß von Sabine“ Er hat nach fünf Minuten geantwortet, alle meine Bedenken zerstreut. Das ist er! Am liebsten würde ich mich sofort mit ihm treffen! Aber jetzt gehe ich passende Schuhe für mein Kostüm kaufen. Wenn er den Wink mit der Kleidung verstanden hat und im Anzug kommt, muss ich auch entsprechend aussehen.

Bis später, Sabine

Liebes Tagebuch, 22:45 Uhr

Als ich ihn da stehen sah, Frieder, wollte ich gleich wieder weg. Doch er nickte mir zu, hatte mich schon erkannt. Nicht, dass er wirklich anders aussah, er war auch gut angezogen: grauer Anzug, weißes Hemd, hellblaue Krawatte, das war es nicht. Seine schlaffe Körperhaltung, er machte sich kleiner, bei 1,74 m ein fataler Fehler. Hielt den Kopf schief nach vorn gebeugt, sein Blick so bedürftig.
Gib ihm eine Chance, sagte ich mir, du bist doch auch nicht vollkommen. Aber das Kribbeln war weg. Wir quälten uns durch den Abend. Ich musste die Konversation bestreiten. Er sagte nur so was wie: „Hm. Ja. Na ja. Hm hm.“ Wenigstens war das Essen gut. Frieder bestand darauf zu bezahlen. Das war mir fast peinlich, weil ich doch wusste, dass es nichts mit uns wird. Kaum verabschiedet, schrieb er mir eine wortreiche SMS, wie aufregend und interessant bereits unser erstes Date war, dass ich genau das bin, wonach er sucht und was er sich mit mir jetzt alles vorstellt. Wieder der freche Frieder, Theorieerotiker. Er tut mir leid, aber ich mir auch. Ich habe ihm höflich abgeschrieben. Dann kam nichts mehr von ihm. Ob er jetzt weint, weinen Männer?
Ich bin so unglücklich.

Gute Nacht


8.4.15 Franks Memo

Vroni die Oberzicke, keine halbe Stunde habe ich es mit ihr ausgehalten.
Da ich noch Zeit hatte, schnell Date mit Claudia ausgemacht, brunchen, ich hatte Hunger. Nett, aber redet ohne Punkt und Komma. Haben die Rechnung geteilt. Alle Optionen offengelassen.
Dann das Fräulein Mandy – Sprachfehler oder Psychose?
„Haaaloooo“, nickt 4x, „liebeeeerr“, abnicken, „Fraaaankkkk!“ usw.
Macht mich ganz kirre. Über eine Stunde klebt sie an mir, muss mich mit Gewalt loseisen. Die braucht keinen Mann, sondern Therapie.

Darauf ein Bier und einen Kognak, wieder relaxt fürs Shoppen mit Paula. Sie ist noch hübscher als auf den Fotos, sagenhafte Ausstrahlung und so lustig und anschmiegsam!
Maximilianstraße, rote Highheels, ich habe sie ausgesucht, sie hat meinen erlesenen Geschmack gelobt. Ich habe mit Karte bezahlt, denn so viel Bares hatte sie nicht dabei. Danach waren wir eine Kleinigkeit essen und trinken, Schwarzreiter Tagesbar, sehr edel, wieder mit Karte bezahlt. Habe sie dann zu mir eingeladen, leider musste sie zu ihrer krebskranken Tante, um die sie sich kümmert, aber wir bleiben in Verbindung und sie findet mich ganz süß, sagte sie noch. Zu Hause gehe ich auf ihr Profil – nichts, gelöscht! Hallo? Das passiert mir nicht nochmal. So viel Geld gebe ich sonst nicht in einem Monat aus! Ist das zu fassen, die gehört doch weggesperrt!

Habe mir ordentlich einen genehmigt. Keinen Nerv für Gundi, die hat mich nonstop mit Nachrichten belästigt, habe ihr heute geantwortet, doch sie ist beleidigt. Pech für sie, gibt genug andere Tussis hier.
Bin krank - Mordskater.


III. Neue Ufer

(Ein Jahr später)


„Du willst wirklich nach Goa, ganz allein, wo ist das eigentlich? Das ist doch ein Aprilscherz!“, schnattert Bea auf mich ein, kaum dass unsere Hintern die Stuhlpolster berührt haben.
„Nicht so laut, muss ja nicht das ganze Cafè wissen.“, raune ich ihr zu. „In Südwestindien, Goa ist Indien light, so steht es im Reiseführer. War in den Sechzigern Hippietreffpunkt, auch Mick Jagger und Paul McCartney haben dort regelmäßig gefeiert. Kannst ja mitkommen, das wird lustig!“
„Und das alles wegen eines Mannes, den du gar nich kennst? Kann er nich herkommen, wenn er was von dir will?“
„Ach Bea, wir schreiben uns schon über einen Monat, jeden Tag mindestens dreimal, wir sind total ehrlich miteinander.“ Ich ziehe hörbar die Luft ein. Als hätte ich ihr das nicht schon erzählt, nicht nur einmal. „Man muss sich doch nicht gesehen haben, um sich zu kennen. Hans habe ich jeden Tag gesehen und kannte ihn überhaupt nicht!“
Die Bedienung hüstelt und fragt nach unseren Wünschen. Wir bestellen das große Langschläferfrühstück mit Latte Macchiato wie immer.
Bea schüttelt den Kopf: „Nich, dass du vom Regen in die Traufe kommst! Gib mir mehr Details, er is also Entwicklungshelfer in Goa, zeig mir die Fotos!“
Ich hole sie aus meiner Tasche und lege sie vor ihr auf den Tisch: Benjamin beim Brunnengraben in der Wüste, Benjamin mit den Ochsen im Reisfeld, Benjamin mit den Kindern unter den Kokospalmen beim Unterricht, Benjamin, wie er mit den Fischern das Boot ins Meer schiebt, da sieht man ihn von hinten, und Benjamin mit den Fischern beim Fische sortieren. Immer lächelt er fröhlich und herzensgut. Dabei sieht er auch noch so gut aus: braungebrannt, durchtrainiert, schwarzhaarig und braunäugig, fast wie ein Inder.
Da kommt unser Frühstück. Ich stecke die Fotos ins Kuvert und in die Tasche zurück, krame meine Lieblings-Mails hervor, um daraus zu rezitieren.
„Ja, komm, der Kaffee wird kalt.“, motzt Bea. „Meinst de nich, dass er bisschen dicke aufträgt. Zu schön um wahr zu sein, meinst de nich?“
Ich beiße das Croissant so herzhaft, dass mir die Marmelade auf die Bluse kleckert. „Mist!“, schimpfe ich und wische mit der Serviette den Klecks breit, „Wie das jetzt aussieht, so ein Mist!“
„Ach komm, ich will doch nur, dass du auf dich aufpasst. Würde ja mitkommen, aber mein Urlaub ist schon total verplant, zwei Wochen Italien, eine Woche Skifahren in Österreich, dann heiratet meine Schwester im August und zu Erichs Eltern sind wir doch auch eingeladen, großes Familientreffen, meine Eltern noch dabei, wenn das mal gut geht, fast so aufregend wie Indien, was?“, kichert Bea.
Ihre Eltern sind sehr speziell, freundlich ausgedrückt, und was sie mir über Erichs Familie erzählt hat... „Dagegen ist Indien ein Klacks, arme Bea.“, lache ich. „Soll ich das Geld für Benjamin in bar mitnehmen oder vor Ort abheben, was meinst du?“
Bea schaut verdutzt.
„Mensch, Bea, hab ich dir das nicht erzählt? Er braucht noch etwas Geld, damit er den Fischern sichere Boote kaufen kann. Schau dir doch die Nussschalen an, mit denen sie auf dem Meer rumorgeln.“ Wieder zeige ich ihr das Foto mit den Fischern. „Sein Abschiedsgeschenk an die armen Menschen, dann will er zu mir nach München kommen. Er weiß ja nicht, dass ich zu ihm komme, ihm den Tausender persönlich vorbeibringe. Und nachdem wir uns im Hippieparadies vergnügt haben, kann ich ihn gleich mitnehmen nach Deutschland. Vielleicht heiraten wir in Goa, auf indisch wie im Bollywoodfilm.“
Wer nicht wagt, gewinnt nichts. Alles ist vorbereitet. Obwohl Bea meine Begeisterung nicht teilt, wird sie mich morgen zum Flughafen bringen.


„5 Sterne, Honeymoonsuite, doch Agatha ist schon wieder unpässlich. S is ihr zu heiß auf Kreta, dabei wollte sie unbedingt hin. Birra, noch eins bitte un nen Ouzo. Ach, hier trink man Raki, ja, gib mir, ja, trink einen mit, Jamas, wie heiß du eignlich Amigo? Tonio? Ich bin Frank, Jamas!
So ne Pleite, extra Luxusurlaub, ich machn Zahlemann, klar, weil zu Hause issie so gestresst, dasssie nix Lust hat, du verstehen? Un hier – Küsschen, Küsschen, mehr kommt nich rum. Habt ihr Rum, gib mir, mags de auch einen? Jamas!
Sie is, Agatha meinich, weissdu, wie ein Geschenk, was schön aussieht, aber man darfs nich auspackn, so issie. Haste nochn Rum, ja. Un nu Sasiki, Susuki oder wie? Wie, Sirdaki? Na komm, damit das Beckn nich ganz einrostet, weißt wasich mein, haha, hoppla, he, nich so schubsn! Jamas!“

„Frank, Aufstehen! Soll ich vielleicht alleine Frühstücken? Mein Gott, hast du eine Fahne!“
Agatha ist eine schöne Frau mit einer hässlichen Stimme. Das hält mein Katerkopf nicht aus, falle aus dem Bett, fliehe unter die Dusche um weiteren Konversationssalven vorerst zu entgehen. Noch 3 Tage, dann Heimflug und Abflug Agatha! Höre sie noch unter der Dusche schrillen, da kriegt man doch Tinitus davon.

„Liebes, ich bin soweit. Gut siehst Du heute wieder aus.“ Palaver palavern, solange ich rede, kann sie es nicht tun. Nach dem Frühstück legt sie sich immer an den Pool, das Meer ist ihr viel zu schmutzig. Dabei, Agatha-Baby, liebe ich schmutzig, aber das ist ja nichts für dich, Baby. Ich darf ihren Rücken ölen, sie stöpselt sich die Earphones in die Wascheln, bald schläft sie, sogar ihr Schnarchen kling schrill. Ich schleiche mich an den Strand, breite mein Tuch auf dem Kies aus und starre ins Meer. Das kann ich stundenlang durchziehen, wie ein Guru, der die Weisheit sucht, so komme ich mir vor.
Männer, Frauen, Kinder bevölkern den Strand, planschen, schwimmen, haben Spaß miteinander. Ganz normale Menschen, warum treffe ich immer die Verrückten?
Ostern 2015: die rothaarige Sylvia, wir waren beide endlich nackt, sie drückt mich in Rückenlage, kniet sich über meinen Bauch, geil, ich ständere, sie kramt im Nachtkästchen, schwingt so ein Ding an einem Faden über mir - pendelt meine Chakren aus. Das war es dann, die flossen völlig verkehrt für sie.

Mit der brünetten Karla musste ich mich in Rollenspielen üben. Das ging kurz vor Pfingsten los bis Mitte August. „Schade, dass du mich Sonntag verlassen musst.“, säuselte sie mit nassen Augen. Dachte, das wäre wieder ein Spiel, aber Montag war es aus mit der Maus.
Dann, im Herbst, die schwarzhaarige Maria, anfangs Volltreffer, die wollte immer! Doch mit der Zeit, als Vermögensberater bin ich zwar flexibel, aber auch ich muss arbeiten. Sie klettete sich quasi an mich, ich will zum Kundengespräch, springt sie hinter meinem BMW vor: „Überraschung“, lässt sich nicht abschütteln, wie ein Bluthund. Habe die Sache beenden müssen, wie hat sie geweint, bitterlich nennt man das. Aber es ging nicht anders, ich war völlig fertig.

Seit Weihnachten die schöne blonde Agatha, das genaue Gegenteil, kalt wie Hundeschnauze.
Mein Handywecker, ich muss zum Pool, bevor Agatha erwacht, gleich schlägt es Lunchtime.
„Entschuldigung, haben Sie die genaue Zeit für mich?“
Stahlblaue Augen, Sommersprossen, verwuscheltes, nasses Haar undefinierbarer Farbe, sensationelles Lächeln. „Alle Zeit der Welt“, schnurre ich.

IV. Fremdes Land


Zwischenlandung in Mumbay, 23:55 Uhr indischer Zeit. Nur noch fünf Stunden, mein liebster Benjamin, deine Sabine ist fast bei dir! Wie wird er überrascht sein, freue ich mich. Ich folge der Beschilderung und reihe mich in die Jet-Airways-Schlange ein. Millimeterweise quälen wir uns voran. Gelangweilt lausche ich den mich umschwirrenden Singsang, versuche vergeblich Wörter zu identifizieren. Ich suche nach vom Flug bekannten Gesichtern. Bin ich die einzige nichtindische Goatouristin? Überprüfe mein Flugticket - Jet Airways! Vielleicht kommen die Anderen noch, oder sind sie schon weg? 01:32 Uhr: der Abstand zum Schalter scheint sich nicht wesentlich verringert zu haben.
„Excuse me, please, I woud like to go to Goa with Jet Airways. Is this correct here? To GOOAAA, cor-rect?“, frage ich die um mich stehenden, mehrzählig männlichen Inder. Wackelnde Köpfe, ausschweifender Sprechbrei, der sich eher nach Gesang anhört. Ratlos schwenke ich mein Flugticket über den Kopf und rufe: „Goaa? O! Noooo!“, greife ich ins Leere und sehe meinem Ticket nach, wie es nach vorn wandert, von anschwellenden mehrstimmigen Chorälen begleitet. Ein Uniformierter kommt auf mich zu, schüttelt mir seinen facettenreichen Bariton entgegen, wedelt mich mit meinem Ticket aus der Schlange und in die Gepäckhalle, saust mit mir von einem Band zum anderen, singt mit seinen Kollegen, die mal hier hin, mal dorthin zeigen. Schließlich stoppt er vor dem Band, auf dem London steht. „No! Munich!“ Da steht mein Koffer, unbeaufsichtigt abseits des Gepäckbandes und wartet auf mich. Mein Retter weist mit gestrecktem Arm zweimal nach links, dreimal nach rechts, zeichnet Kreise, schlägt Haken und gibt mir mein Ticket zurück. Ich bedanke mich Kopf wackelnd mit breitem Grinsen, Sprache wird eindeutig überschätzt.
Nach unbeschreiblicher Odysee habe ich es geschafft, zum Check-in zu finden, gerade noch rechtzeitig.


„Gestatten: Frank, Frank und frei.“
„Ich bin Undine.“
„Eine Meerjungfrau, hab ich ein Glück, magst du mit mir was trinken?“
„Eigentlich wollte ich zum Mittagessen, deshalb fragte ich nach der Zeit.“
„Ach, Zeit spielt doch keine Rolle im Urlaub.“
Bloß nicht ins Hotelrestaurant, hab ich gedacht, die Agatha springt im Dreieck, wenn sie mich mit einer Frau sieht. Ich schleppe sie in den Beachclub ab, oder sie mich, das weiß ich nicht mehr so genau, auch nicht, was wir konsumiert haben. Aber an das Danach kann ich mich noch ganz genau erinnern.
Wir schlenderten am Strand entlang, weg von den sonnenhungrigen Ölsardinen, dorthin, wo es steiniger und einsam wird. Sie erzählt mir von ihrem Dorf in Thüringen, ich ihr von München. Undine ist Lehrerin für Sport und Physik, deshalb spricht sie ohne Dialekt. Ich erzähle ihr von Agatha, wie dröge es mit ihr ist, „war“, sage ich, und wie wunderbar es sich dagegen mit ihr, Undine, anfühlt. Da stoppt sie ihren Schritt, schaut mir in die Augen, so ganz gefühlig, nimmt meine rechte Hand, führt sie zwischen ihre Lippen und weiter über ihre Wange zum Hals bis zur Kehle, lässt sie knapp über ihrer Brust frei, schließt die Augen und fasst meine Hüften.
Nachher, ich bin noch wie betäubt, reißt sie sich von mir los, springt auf und sprintet ins Meer. Wie macht sie das, barfuß auf den spitzen Steinen? „Fang mich!“, jauchzt sie, bevor sie untertaucht. Ich stolpere ihr nach. Meine Füße schmerzen, die aufgeschürften Knie und der zerschundene Rücken brennen im Salzwasser, aber das halte ich aus. Bald ist da nur noch Glückseligkeit.


„Miss Sabine Hoffmann, welcome, welcome!“ Ich verstehe die Rezeptionisten! Dankbar erkundige ich mich wortreich nach Benjamin. „Mister Benjamin Krüger?“ Schon ist es wieder vorbei mit dem Sprachverständnis. Ich werde ihn schon finden in diesem kleinen Hotel, sicher schläft er noch, es ist ja noch früh am Morgen. Ein Hausboy, Faruk heißt er, nimmt mein Gepäck und geleitet mich zu meiner Suite. Ich gebe ihm einen Dollar, Rupien muss ich erst noch einwechseln, schließe die Zimmertür, betrete meinen Balkon und atme die warme Morgenluft. Ein Fahrrad taucht zwischen den Palmen auf, hält auf das Haus zu, an der Pforte bleibt es stehen, der Radler lässt den mir bereits bekannten Singsang ertönen, die Tür wird geöffnet, er nimmt den Weidenkorb von seinem Rücken, übergibt Backwaren an einen Hotelangestellten und radelt weiter. Ich will mich bloß ein wenig ausruhen, strecke mich nur kurz auf meinem Doppelbett aus. Erwache schwitzend und Licht überflutet, es ist früher Nachmittag. Ich lasse den Ventilator rotieren, dusche mir den Schweiß von der Haut, mache mich schön und begebe mich auf die Suche nach Benjamin.


Agatha habe ich noch am selben Abend in den Wind geschossen.
„Aber Frank, ich dachte, du liebst mich!“, hat sie gezetert.
„Jetzt nicht mehr.“, hab ich geantwortet, meinen Koffer gepackt und bin bei Undine eingezogen.
Liebe auf den ersten Blick, dass es das gibt! Wir passen zusammen wie Arsch auf Eimer. Man könnte auch sagen: Der liebe Gott muss sie aus meiner Rippe gemacht haben. Schön ist sie und auch noch klug und sexy, ich Glückspilz!
Habe Matze angerufen: „Brauch deinen Onlinepuff nicht mehr.“ Hab ihm erzählt, wie sie mich rannimmt und dabei abgeht. Aber auch das Andere. Kann er mit seiner Bärbel nicht dagegenhalten. Da läuft doch nichts mehr bei denen, wer rennt schon täglich zehn Kilometer, wenn er sich horizontal verausgaben kann.

Habe für Undine meinen Urlaub verlängert. Noch zehn Tage, dann fliegen wir wieder heim. Leider wohnt sie nicht in Bayern, sondern in diesem Kaff in Thüringen, Cottendorf, noch nie gehört.
„110 Einwohner“, sagt sie.
„Bald nur noch 109, Süße.“, antworte ich.
Soweit ist sie noch nicht. Liebe hin oder her, aber Cottendorf gegen München tauschen? Wir werden eine Fernbeziehung führen, uns besuchen, die erste Zeit geht das, dann wird sie nach München ziehen, davon werde ich sie schon überzeugen.


Liebes Tagebuch, Samstag, 30.04.2016, 15:50 Uhr

Ich sitze im Flugzeug nach Mumbay und kann nicht glauben, dass die vier Wochen Indien schon wieder vorbei sind. Wir sind mit circa siebzig Minuten Verspätung von Goa gestartet, so dass ich meinen Anschlußflug in Delhi verpassen werde. Ich bin völlig relaxt. Wenn man sich auf etwas in Indien verlassen kann, dann auf Indien selbst: „Mother India cares for you.”, hat Faruk immer gesagt. Wie ein Mantra habe ich es vor mir hergetragen, während ich mir den Weg durch Benaulims Gassen bahnte, den wilden Hunden und den kreuz und quer rasenden, unentwegt hupenden Vehikeln ausweichend, die für Niemanden bremsen, außer für Kühe. Nach dem ersten Trip durchs Dorf hatte ich keine Angst mehr, an Malaria zu erkranken!
Man gewöhnt sich an alles. Mother India cares for me!, beruhigte ich mich, als beim üblichen Tafeln unter den Palmen eine gigantische Kokosnuss neben mir auf die Erde krachte. Faruk und die anderen Inder lachen während solcher Schockmomente aus mir unbegreiflichen Gründen.
Faruk half mir bei meiner Suche nach Benjamin, war mit mir bei den Fischern und Schulkindern. Wo die Wüste von Benjamins Brunnenbau-Foto ist, wusste er nicht. Ich wollte zur Botschaft, doch Faruk sagte: „Now? It’s Shigmo! It’s impossible. Relax, Mother India comes to you!”
Da ich auch übers Internet keinen Kontakt zu Benjamin bekam, wendete ich mich von meiner Suche ab und Faruk zu. So hatte ich Zeit, das größte Hindu-Fest Goas zu erleben, das Shigmo und für die Fire and Dance Partys in der Hawaii Bar, über den Nachtmarkt von Arpora zu streunen, die Spici Farms zu besichtigen, den endlosen, goldenen, Kokospalmen gesäumten Strand von Benaulim bis Colva zu erkunden und vor allem Zeit für die Liebe. Mit Faruk war es wunderbar. An das erste Mal kann ich mich kaum erinnern, da war ich ziemlich bekifft. Also habe ich die Finger von den Joints gelassen, größtenteils jedenfalls, und mich an der Lust berauscht.
Wir landen in Delhi. Die Stewardess fragt mich, warum ich nicht aussteige. Ich erkläre ihr, dass mein Anschluss schon seit vierzig Minuten abgeflogen ist. Sie nimmt mein Ticket und kommt nach kurzer Zeit mit dem korrigierten Papier zurück. Lächelnd weist sie mir einen neuen Platz im selben Flugzeug zu. Auf Mother India ist Verlass.

So, liebes Tagebuch, nun bist Du endlich auf dem neusten Stand, Deine Sabine


„Musst mich doch nicht zum Flughafen bringen, Frank. Kannst Sonne, Strand und Meer noch den halben Tag genießen, du fliegst doch erst abends. Ich bin ein großes Mädchen!“, protestiert Undine.
„Nix da, das wäre ja noch schöner. Mit dem Riesenkoffer, den ganzen Taschen und Tüten brauchst Du eindeutig meine Hilfe!“, lasse ich mich, ganz Kavalier der alten Schule, nicht abhalten, sie zu begleiten.
Am Flughafen saust sie voraus und reiht sich mit mir und ihrem Gepäck im Schlepptau in eine Schlange ein.
„Süße, das ist der falsche Schalter, ist der Berlinflug!“, will ich ihr helfen.

„Das ist schon richtig! Ich fliege nach Berlin, nicht nach Dresden. Das war ein Schnäppchen, weißt du.“, schließlich müsse sie als Lehrerin aufs Geld achten. Danach begleite ich sie zum Check-in. Undine gibt sich ungewohnt wortkarg.
„Wann sehen wir uns wieder?“, frage ich.
Sie legt Jacke, Tasche, Handy aufs Band, drückt mir einen Kuss auf die Lippen, ihre Sprudelflasche in die Hand und weg ist sie.
„Pass auf dich auf!“, rufe ich ihr noch nach.
Das altes Pärchen vor mir dreht sich um, der Mann schaut amüsiert, die Frau mitleidig.
„Weg isse, wa!“, feixt ein Halbstarker neben mir.

„Leck mich!“, erwidere ich im Gehen.
Mein Flug ist noch nicht mal angeschlagen. Latsche mit meinem Koffer durch die Terminals, schlage die Zeit tot, hocke mich schließlich in den Burger King.

30.4.16 Franks Memo

Undine Lemke, Dorfstraße 42, 99326 Cottendorf, Festnetz: 03629 47471, Handynummer 01742459427,
E-Mail: undine.lemke@yahoo.com, Lehrerin für Sport und Physik, Geburtstag: 24.2.1973, liebt gelbe Hyazinthen, Kriminalromane und Stephen King, trägt am liebsten Rot, nur Silberschmuck, benutzt Männerparfum, hat ein Problem mit Abschied!!


WhatsApp Nachricht: Liebe Bea, sind soeben gelandet, bin also pünktlich am Parkplatz. Bis dann, Sabine


Wir landen zehn Minuten früher in München. Als hätte ich es eilig nach Hause zu kommen. Rolle ganz gemächlich mit meinem Koffer zum Parkplatz, rempelt mich jemand von hinten an. Ich drehe mich um.
„O Entschuldigung, das wollte ich nicht. Lassen sie mich bitte vorbei?“
„Natürlich.“, mache ich der attraktiven Frau mit dem riesigen Koffer Platz. Sie wirkt so beneidenswert glücklich, dass ich mich gerne mit ihr unterhalten würde. „Auch aus dem Url...“
„Bea!“, ruft die Frau lachend und winkend.
Da kommt Bea schon, so nehme ich an. Die beiden begrüßen sich fröhlich, umarmen sich und weg sind sie.
Ich lade meinen Koffer ein, klemme mich hinters Lenkrad meines BMWs, schließlich lasse ich den Motor anspringen, fahre los.


V. Alles auf Anfang


„Wer war das denn, ein Urlaubsflirt?“, fragt Bea.
„Wen meinst du?“
„Den Typ hinter dir mit dem Koffer. Er hat dich so komisch angesehen. So als hättest du ihm das Herz gebrochen, weißt de?“
„Ach der, den kenne ich nicht einmal.“ Ich drehe mich nach dem Mann um, doch er ist nicht mehr zu sehen.
„Was du dir so alles zusammenreimst.“


Undine antwortet weder auf meine Briefe noch auf die Mails, auf WhatsApp sehe ich, dass sie meine Nachrichten bekommt und häufig online ist. Sie schreibt nicht zurück. Ihr Festnetzanschluss: „Kein Anschluss unter dieser Nummer. Bitte rufen sie die Auskunft an!“
Mache ich, doch eine Undine Lemke steht nicht im Telefonbuch.
Fahre ich also nach Cottendorf.
„Klar kennen wir die Undine Lemke, hat hier ein paar Jahre gewohnt. Die ist bekannt, Geschichten könnte ich Ihnen erzählen! Ist weggezogen, bestimmt schon fünf Jahre her, zurück nach Berlin. Hat nie hierher gepasst, wenn se mich fragen. Und worum geht’s? Hat se was ausgefressen? Die alte Mehnerten, die wohnt hier am Marktplatz, die weiß alles, die kann Ihnen mehr erzählen von dem feinen Fräulein, den.“

Das reicht mir vollkommen. Wieder zu Hause, hat sie mir eine WhatsApp geschickt:
Höre sofort auf, mir nachzuspionieren! Das mit uns war ein Urlaubsflirt, was denkst du dir eigentlich? Ich wollte ein bisschen Spaß und du warst der einzig Verfügbare, der noch ohne Viagra einen hoch kriegt. Außerdem bin ich glücklich verheiratet, belästige mich gefälligst nicht mehr! Alles Gute für dein weiteres Leben, Undine


Liebes Tagebuch, Samstag, 07. Mai 2016, 10:05 Uhr

Benjamin hat mir vorgestern geschrieben, er habe jetzt erst meine E-Mails erhalten. Sein Server sei abgestürzt. Leider war er zur Zeit meines Besuches bereits im Himalaya bei den Sherpas. Nach den vielen Unglücksfällen in letzter Zeit bräuchten sie eine gute Saison, sonst hätten sie kein Auskommen mehr. Aber wenn er gewusst hätte, dass ich extra nach Goa fliege, nur wegen ihm, dann hätte er mich doch mitgenommen oder diesen Trip ein wenig hinausgezögert. Es tue ihm unendlich leid! So etwas hätte noch nie jemand für ihn getan. Er sei ganz gerührt und nun spüre er eine noch viel tiefere Sehnsucht nach einem glücklichen Leben mit mir in München. Ich solle ihm kein Geld für das Fischerboot überweisen, das habe er selbst zusammenbekommen. Aber nun bräuchte er dringend Geld für die Sherpas, ihre Ausrüstung sei größtenteils verschüttet worden oder hätte anderweitig Schaden genommen. Sie müssten auch die Verluste der letzten Zeit ausmerzen.
„Du kannst Dir nicht vorstellen, wie arm sie sind, meine liebste Sabine. Ich bringe es nicht übers Herz, sie zu verlassen, bevor ich nicht mindestens 50 000 Euro für diese tapferen Menschen zusammengesammelt habe. Aber dann hält mich nichts mehr davon ab, zu dir zu kommen, denn ich kann es kaum erwarten, Dich in meine Arme zu schließen! Ich tue, was ich kann, viel schneller würde es gehen, wenn du mir mit ein paar Tausendern aushelfen würdest! Natürlich bekommst Du alles doppelt zurück, so wie ich in Deutschland bin und Zugriff auf mein Vermögen vom Treuhänderkonto habe.
Ich liebe, liebe, liebe Dich, Sabine, Du bist mein Leben! Dein Benjamin“
Der liebe Benjamin ist ein Love Scammer! Ich habe mich erkundigt und dann Anzeige erstattet. Kam mir so dumm vor! Die Polizistin war sehr freundlich: „Jeder kann darauf hereinfallen.“, sagte sie. „Gut, dass sie nicht gezahlt haben, das Geld wäre verloren gewesen. Da stecken organisierte Banden irgendwo auf der Welt dahinter. Durch ihre Anzeige können wir andere potentielle Opfer warnen.“

Bis dann, liebes Tagebuch, Sabine


7.5.16 Franks Memo

1. Buch: Baggern mit Körpersprache! kaufen
2. Ü 33 Party im Schlachthof – immer Montags
(Matze fragen, wann und ob er mitkommt, oder Udo)
3. Tierheim anfragen wegen Hund zum Gassi gehen
4. Tanzkurs belegen – Klassisch oder Samba?
5. Profil löschen!!


Liebes Tagebuch, 08.Mai 2016, 18:48 Uhr

Wenn ich jemals wieder Einen finde, dann sicher nicht im Netz, darin verschwende ich doch nur meine Zeit!
Gestern Nacht habe ich alle meine Einträge aus der Rubrik: Wie soll dein Traummann sein? gelöscht. Stattdessen schrieb ich: Er sollte kein Idiot sein! Ich hoffe, meine Ansprüche sind nicht zu hoch.
Wahrscheinlich hat keiner darauf reagiert, die machen sich nicht die Mühe, Profile zu lesen, Emotionalanalphabeten! Die sehen sich nur die Bilder und das Motto an.

Schauen wir mal, Deine Sabine


8.5.16 Franks Memo

Die Frau vom Flughafen! Heißt Sabine, habe ihr geschrieben. Die hat ein schräges Motto: Er sollte einen Penis haben!
Hab ich.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Damaris,
was für eine schöne, verschachtelte, labyrinthische, eloquente Geschichte. Eloquent, weil sie ja wirklich von der Rede herkommt mit den Tagebucheinträgen und den Memos. Und das gelingt in der Sprache so lebendig und vital und an keiner Stelle überzogen oder forciert lustig, dass es einfach rundum gut zu lesen ist, dass ich bis zum Schluss dem Text folgen muss. Zwischendurch hatte ich fast Angst, dass die verzwickte Ausgangslage sich in einer romantischen Soße auflöst. Aber der Schluss ist dann eben auch schön offen. Das ahnt man ja irgendwie ab dem ersten Perspektivenwechsel. Aber dann ist es am Ende doch unerwartet, weil die Geschichte endet, wo sie vielleicht anfängt und das "vielleicht" eben auch so einen Schwebezustand beschreibt, der nicht banal und fad das Ganze abschließt, sondern eben Raum lässt.
Partnersuchgeschichten über die Plattformen findet man ja viele zur Zeit. Ein viel beackertes Feld. Aber diese hier finde ich originell und das hat, glaube ich, vor allem mit der Sprache zu tun. Nicht nur. Es sind auch einfach überraschende Wendungen und gelungene Stimmungswechsel, die es am Laufen halten. Aber die Sprache ist spontan und spritzig, gewitzt und immer treffend. Nie umständlich und immer auf den Punkt gebracht. Also, für mich ein Lesevergnügen, muss ich sagen. Zunächst war ich skeptisch, weil das Tagebuch als Handlungstreiber auch mühsam und beschwerlich sein kann. Aber das ist echt gelungen, schön verquickt in den so lange unabhängig baumelnden Erzählfäden, die sich nur am Schluss ganz leicht touchieren. Die Idee, die Konkurrentinnen im Krankenhaus zu inspizieren. Herrlich. Ich schwärme. Außerdem finde ich den Erzählton aus beiden Perspektiven überzeugend und das macht auch den Reiz des Textes aus.
Herzlich
rieger

 

Hallo rieger,
wow! Vielen Dank, du machst mich glücklich. :D
So eine gute Kritik hatte ich noch nie.
Schön, dass ich dich gut unterhalten konnte.
Lieben Gruß Damaris

 

Hej Damaris,

die Idee, zwei Suchende, zwei Geschichten, unsichtbar füreinander, nebeneinander her zu zeigen, ist sehr interessant. Mir behagt lediglich die Form in Tagenucheinträgen nicht. Zumal mir Frank vom Charakter her ehr nicht der Typ dafür zu sein scheint.

Spannnder hätte ich es auch gefunden, wenn der Leser ihnen zwischendurch immer wieder mal gemeinsam begegnet wäre, auch ohne dass die beiden voneinander wissen. Und das geht eben nicht aus dieser Perspektive.

Dennoch hast du den Ton unterhaltend präsentiert und ich hatte Freude am Lesen.

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Mein Retter weist mit gestrecktem Arm zweimal nach links, dreimal nach rechts, zeichnet Kreise, schlägt Haken und gibt mir mein Ticket zurück. Ich bedanke mich Kopf wackelnd mit breitem Grinsen, Sprache wird eindeutig überschätzt.

“Had we but world enough and time,
This coyness, lady, were no crime.
We would sit down, and think which way
To walk, and pass our long love’s day.
Thou by the Indian Ganges’ side
Shouldst rubies find; I by the tide ...“​

beginnt Andrew Marvel'sl “To His Coy Mistress“, das mir durchaus zu Deiner Geschichte,

liebe Damaris,

zitierenswert erscheint.

Zweifellos muss es selbst für einen Kühlschrank wie mich so etwas wie Liebe geben und jeder braucht sie, ob getrieben und somit gezwungenermaßen (wie in der Kindheit, die man dann als Gottvertrauen zur Mutter[liebe] bezeichnen könnte) oder im Idealfall aus freiem Entschluss unter gleichberechtigten Pa(a)rtnern, die Verliebtheit zur Liebe kultivieren.

Wenn es also Liebe gibt, so muss es auch ein Gegenteil geben. Mancher meint nun, es wäre der Hass. Aber dann hätte dieser utopische Raum der Freien und Gleichen der reinen Liebe auch eine hässliche Seite. Die äußert sich dann – aus welchem Grund auch immer - in der Eifersucht, wenn plötzlich Besitzansprüche auf den andern sich melden. Liebe hat halt auch ihre Launen, dass DIE Liebe zerfallen kann, besonders wenn in elektronischen Medien Spuren des je Anderen mit dem/den Fremden sich finden lassen als Beleg, dass der Andere die eigene rituellen Liebesbeweise auch woanders zelebrieren kann/wird. Die Verben können und werden dehalb, weil auch der Hauch einer nur vermeintlichen Spur den Ritus zu stören vermag.

Hallo Sabine,

darf man das eigentlich, in ein fremdes Tagebuch hineinschauen und dann drin aufzutauchen (wenn auch nul in chinesischel Aussplache, neben Dietel natülich Fliedel? Und vorweg zur Frage, ob Männer weinen:

Bestenfalls beim Zwiebelschneiden – aber ist der gefühlige Mann nicht von der emanzipierten Frau erwünscht, dass Dieter Nuhr Witze darüber machen darf?

Die Welt ist im Umbruch, wie damals, als die Schrift erfunden wurde und dann erst wieder mit dem Buchdruck und den Analphabetisierungskampagnen wie den Schulen und jetzt mit den neuen Medien, die uns wieder zurück zur Bilderschrift und zu einem sonderbaren binären Analphabetismus verführten und zum Flachsinn, weil man ja ggfs. alles googeln kann.

Die Liebe aber ist immer noch „ein seltsames Spiel“, die kommt und geht vom Einen zum Andern, wie es seinerzeit Connie Francis mittels Schlager vermitteln musste, weil sie vom Jazz nicht leben konnte.

Kann der Tabu-/Rechtsbruch der Tagebuchschreiberin meinen Tabubruch, ihr in die Aufzeichnung zu schauen, etwa legitimieren?

Natürlich darf ich Korrekturvorschläge verbreiten wie hierzu

Dabei hat er immer gesagt, er finde große Brüste eckelig:
(obwohl mir die flotte Weise „eckelig“ als das langgezogene e des ekelig besser gefällt), aber das wirstu wissen,

liebe Damaris,

sonst hättestu diese wunderbare Geschichte nicht hierorts eingestellt und evtl. die Rechtschreibfehler als individuelle Duftmarken des Personals hinterlassen.

Dass Auslassungspunkte, die direkt am Wort beginnen, wie ein durchaus rationellerer Aporstroph mindestens einen fehlenden Buchstaben anzeigen, sei nur so nebenbei erwähnt – also i. d. R. Besser mit Leerzeichen zwischen letztem Buchstaben des vorhergehenden Wortes und erstem Punkt. Gelegentlich müsste auch reine Aussagesätze am Ende der wörtl. Rede auf entbehrliche Punkte vorm auslaufenden Gänsefüßchen abzuklopfen sein.

Ihn im Gehen nonchalant einen Kuss zu werfen.
Zuwerfen ist was anderes als der Infinitv mit zu von werfen

Sie sagt, ich solle im Internet suchen, wenn ich so[...]weit bin.
Soweit ich weiß, wird so weit nur als Konjunktion zusammengeschrieben, nicht aber als unbestimmte Zeit-/räumliche Angabe. (Ähnliches gilt auch für so viel)

10 Fragen[,] die man spontan beantworten soll.
... finden, in der Mitte muss ein Spiegel sein, damit ich mich in mitten meiner Lieben spiegeln kann.
inmitten

Das Frühstück war gar nicht in einem Cafe` geplant[,] sondern bei ihm zu Hause!

Bezahlt mit Karte, denn so[...]viel Bares hatte ich nicht dabei.
(so unterschiedlich sind die Leute, wenige Zeilen später gelingt die Auseinanderschreibung)

An dem Satz

Habe sie dann zu mir eingeladen, leider musste sie zu ihrer krebskranken Tante, die sie pflegt, ...
sollte nun niemand vorbeikommen, behauptet er doch, dass die „krebskranke Tante“ ihre Nichte pflege … Besser Passiv „die von ihr gepflegt wurde“,
aber kann ja sein, liebe Damaris, dass Du Sabine über Umgangssprache parodierst.
Zu hause gehe ich auf ihr Profil
wäre dann – nachdem Zuhause/zu Hause schon mal korrekt die nächste Parodie – oder auch nicht.
..., krame meine Lieblings-Mails hervor[,] um daraus zu rezitieren.

Hier wird reißen mit reisen verwechselt
Nachher, ich bin noch wie betäubt, rei[ß]t sie sich von mir los, springt auf und sprintet ins Meer.

Wenn das (und noch einiges mehr) so bewusst geschrieben wurde, lass es stehen, wenn nicht, müsstestu noch weiter nach ähnlichen Ereignissen schauen. Achja, ein Satz, der trotz seiner Schlichtheit, von allgemeiner Gültigkeit ist, gibt nun den Schlusssatz
Bea sagt, mit der Wahrheit darf man es im Netz nicht so genau nehmen.

Gern gelesen vom

Friedel

 

Lieber Kanji, lieber Friedel,
vielen Dank für eure konstruktive Kritik und natürlich auch für das Lob!
Friedel, du bist ein Schatz! Bin schon seit Tagen mit der Fehlersuche in diesem Mörderschinken beschäftigt. Du hast mir mega geholfen, dir so viel (und auch soviel :D) Arbeit gemacht! Danke!!!!
Ich führe ein gleichnamiges, von mir geschriebenes, Theaterstück auf. Das ist quasi der Prolog dazu, den ich nun gedruckt unters Volk streuen möchte, schon morgen.
Deine Kritik schickt der Himmel.
Liebe Grüße von Damaris, die heute dann früher Schlaf bekommt, als die letzten Tage
:)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Damaris,

Anfangs wollte ich Dir für deine Geschichte danken. Bis zum Schuluß durchgedrungen war ich festentschloßen, deine Geschichte unkommentiert zu lassen. Also, ich mache jetzt eine Ausnahme.

Erstmal zur Form: Die Geschichte in Form eines Tagebuches. Allgemein kann bei deiser Art wenig was schief gehen. In deinem Fall haben wir kann ich das aber nicht behaupten: hier treffen nämlich die zwei völlig fremde Tagebücher aufeinander und vermischen sich, chronologisch dazu! Wie kommt dazu, dass sie zueinander finden? Dass sie dem Leser, so wie sie sind, presentiert werden: es muss eine plausible Erklärung dafür geben! Ich finde hier keine Erklärung dafür: also, doch Science-Fiction! Dabei muss ich sagen, dass deine Protagonisten den Rahmen eines Tagesbuches sprengen, mit ihren in die Einträge eingebettenen ausführlichen Dialogen mit Freunden, zwischen den Freunden, die der obligatorischen Intimität zwischen der Tagebuchschreiber und dem Tagebuch nicht gerecht werden.

Man kann hier noch weiter meckert über die Nicht-Einhaltung der Form, aber was soll es... Es ist einfach falsche Form für so eine Story! Eine unüberlegte Notlösung, die nur noch mehr Achselzucken verursacht.

Ein zweiter Kritik-Punkt zu der Form. Ein Tagebuch hat normalerweise einen Anfang und ein Ende. Du hast klar und deutlich den Anfang und das Ende aufgezeigt. Allerdings ist es für mich nicht ganz klar, ob es sich dabei um ein ganzes Tagebuch handelt oder nur um einen kleinen Ausschnitt. Ich nehme an, dass "die liebe Sabine" schon ein längeres Verhältnis zu ihrem Tagebuch hat. Wo sind also die früheren Einträge aus diesem Tagebuch, vor der Erkenntnis, dass ihr Gatte fremd geht? Wo sind weitere Einträge nach dem letzten von Dir aufgeschrieben EIntrag? Oder wird nicht mehr vom Tagebuch Gebrauch genommen?

Stell Dir einfach vor, ich würde so ein Tagebuch in die Hände bekommen. Es wird mich bestimmt interessieren, was vorher und was nachher passiert ist, oder? Also, Tagebuchform ist hier wirklich fehl am Platz.

Ansonsten konntest Du den Leser mit deinem fortwährenden Tapetenwechsel, Perspektivewechsel richtig gut packen. Wie ein Film: chaotisch, schneller Bildwechsel, unzusammenhängend, unverplichtend, leicht verdaulich, nicht zum Nachdenken verpflichtend. Schon ziemlich enttäuschend für mich gewesen! Aber so ist, GEschmäcke sind halt anders.

Viele Grüße
Herr Schuster

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Herr Schuster,
du musst dich nicht dafür bedanken, dass ich dich mit meiner KG enttäuscht habe, denn das war nicht meine Absicht.
Ich wollte dich spannend unterhalten, berühren, zum Lachen und Nachdenken bringen.
Wenigstens erstes ist mir gelungen. Vielleicht auch mehr, wo du doch diese Ausnahme machst mit deiner Kritik. Und auch Enttäuschung ist ein Gefühl.
Danke und herzlichen Gruß Damaris
PS: Wo wäre die Kunst, wenn sich Künstler an alte Regeln klammern würden? Kunst will sich ständig neu erfinden und nährt sich von Chaos.

 

Hallo Damaris,

die Geschichte hat sich zwar ein bisschen gezogen und die Übersicht über die einzelnen Frauen Franks habe ich schnell verloren. Aber die Figuren sind scharf und mit Humor gezeichnet, das hat mir sehr gut gefallen, das war knackig und . Dieser Frank ist ein Oberarschloch, denkt bloß mit dem Schwanz, wird deshalb ausgenutzt und Bea etwas naiv, aber sie kommt damit ganz gut durch. Konflikte zeichnest du mit groben Strichen, ohne sie ins Tragische abgleiten zu lassen. Das passt zu dem Tonfall. Ich habe den Text gern gelesen. Der Einblick in die Gepflogenheiten des Online-Datings ist wirklich interessant und wirft einen Blick auf unsere Gesellschaft, der mir zuvor entgangen ist.

Obwohl ich ihn in einem Zug gelesen habe, könnte er doch mehr Zug vertragen und manche Stellen ließen sich kürzen und szenischer gestalten, Zum Beispiel diese Spaziergängen mit den Frauen. Da hätte auch die Szene mit der Frau genügt, die mit ihm einkaufen geht. Sprachlich knackig, besonders gut die Slang-Passage mit dem Inder.

Textstellen:

Hans stemmt nichts, allenfalls sein Handy ans Ohr.
:lol:

Bis morgen, liebes Tagebuch, Sabine
mm, du mahcst das auch in der Folge, aber wer schreibt Briefe an sein Tagebuch?

Oder ich such mir eine Frau mit Wohnung. Die muss dünn sein, dann platzt die Speckursel, hahaha!
:D

Melde mich jetzt an. Muss zum Fotografen! Vorerst nehme ich die alten Fotos. Hab mich kaum verändert, bis auf die Haare.
Glatze? dabei elegant erzählt, wie sich die Leite faken.

Bei Ute habe ich gewisse Blicke bemerkt, bei unserer letzten Betriebsfeier zum Jahresausklang, und er war da mal verschwunden, Inge auch. Inge schläft doch mit jedem, die hat überhaupt keinen Anstand, die Schlampe. Ich will es nicht wissen. Dann fragen sie mich auch noch so dämlich!
Frauengedanken auf den Punkt gebracht.

er war auch gut angezogen: grauer Anzug, weißes Hemd, hellblaue Krawatte, das war es nicht. Seine schlaffe Körperhaltung, er machte sich kleiner, bei 1,74 m ein fataler Fehler. Hielt den Kopf schief nach vorn gebeugt, sein Blick so bedürftig.
kann ich mir perfekt vorstellen

Ob er jetzt weint, weinen Männer?
;)


Sie is, Agatha meinich, weissdu, wie ein Geschenk, was schön aussieht, aber man darfs nich auspackn, so issie. Haste nochn Rum, ja. Un nu Sasiki, Susuki oder wie? Wie, Sirdaki? Na komm, damit das Beckn nich ganz einrostet, weißt wasich mein, haha, hoppla, he, nich so schubsn! Jamas!“
gut gemacht, wenn auch auf den ersten Blick schwer verständlich

geil, ich ständere,
cooles Wort

Der liebe Benjamin ist ein Love Scammer! Ich habe mich erkundigt und dann Anzeige erstattet. Kam mir so dumm vor! Die Polizistin war sehr freundlich: „Jeder kann darauf hereinfallen.“, sagte sie. „Gut, dass sie nicht gezahlt haben, das Geld wäre verloren gewesen. Da stecken organisierte Banden irgendwo auf der Welt dahinter. Durch ihre Anzeige können wir andere potentielle Opfer warnen.“
hab es gerade auch recherchiert, krass, wusste ich nicht.

Emotionalanalphabeten! Die sehen sich nur die Bilder und das Motto an.
:Pfeif:

Hoffe, di kannst was mit anfangen
viele Grüße
Isegrims

 

Vielen Dank, lieber Isegrim,
ja, an Indien habe ich am härtesten gearbeitet. Schön, dass sich das gelohnt hat.
Ich werde weiter daran feilen, danke für deine Kritik!
Lieben Gruß, Damaris

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom