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Liberte tute me ex inferis

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30.05.2002
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Liberte tute me ex inferis

Im Fieber.

Wie im Fieber hackten seine zittrigen Finger auf die klappernde Tastatur ein.

Alles festhalten.

Er wollte nichts verlieren, griff in seinen Gedanken nach verschwommenen Erinnerungen, die sein Bewußtsein verdrängen wollte.

Abschieben.

Ausweisen.

Nicht mehr daran denken.

Doch der andere Teil seine entstellten Ichs wollte sie behalten. Jene Gedanken an die letzten Stunden, die alles veränderten. Kein Glaube mehr, nur noch Verzweiflung. Pure, endlose Verzweiflung.

Und Wut.

Diese allmächtige Wut, die langsam aber sicher sein innerstes Ich mit ihren Klauen zerriß und ihn davon abhielt, klare Gedanken zu fassen.

Er wollte alles aufschreiben.

Hastig vergraulte er die schmierige Stille seiner Wohnung mit dem endlosen Klappern der Tastatur. Er formte Wörter, Buchstaben, eine ganze Geschichte, die jedem, der sie lesen würde in einen Abgrund blicken lassen sollte, so tief, daß es kein Entrinnen geben kann, denn jede Seele würde unter übermächtigem Würgen dort hinunter gezogen. Dort hinein, von wo es keinen Ausweg mehr gibt.

Nein, nicht die sterbliche Hülle der menschlichen Existenz sollte in der Ewigkeit gefangen sein. Sondern die Seele, nur die Seele. Hastig fuhr er sich mit der klebrigen Hand über das rote Gesicht.

Blut.

Dann erneutes Klappern der Tastatur.

Niemand weiß, wie die Hölle aussieht, doch er hatte nun eine Ahnung von dem Unvorstellbaren und er wollte sich retten. Retten vor der verschlingenden Ewigkeit des schreienden Abgrunds, der sich in dieser Nacht für ihn aufgetan hatte.

Tack Tack, Tack Tack.

Erbarmungslos verschluckte die unerträgliche Stille den Klang der Tasten, der sich in einem kaum hörbaren Widerhall nur kurz gegen sein Schicksal wehren konnte.

Plötzlich Hände.

Unter dem Tisch versuchten kalte Hände, sich um seine Fersen zu legen, um dann langsam, aber ganz sicher den Druck zu verstärken und ihn dort hinunter zu ziehen, unter den Tisch, wo -

Hände auf seiner Schulter.

Kalt.

Fest.

Bestimmt.

In Gedanken nicht nur Hände. Eine grauenhafte Fratze. Stumm. Aber da. Ganz nah. Er sah sie nicht, spürte sie nur.

Umdrehen. Nachsehen. Nichts mehr.

Keine Hände, keine Fratze.

Auch nicht unter dem Tisch.

Ruhe für eine kurze Zeit, erneutes Klappern. Nur das Flimmern des billigen Monitors kämpfte gegen die Dunkelheit an, die eine Masse zu haben schien. Schleimig und schwarz wälzte sie sich durch den kleinen Raum. Die Türe zu dem kleinen Flur hinter ihm stand offen. Er wußte es, konnte aber nichts sehen. Und er wußte auch, daß etwas eindringen könnte.

Ohne zu Klopfen.

Seine Finger sausten immer schneller auf die Tastatur, auf der die Buchstaben mittlerweile kaum noch zu erkennen waren – eine krustige Schicht trockenen Blutes hatte sich über die Platikquader gelegt, als wolle irgend etwas verhindern, daß er nun alles auf dem Bildschirm manifestierte.

Er spuckte.

Mit dem Ärmel seines Jacketts versuchte er, sein Werkzeug zu reinigen.

ein hastiges Wischen

s asddfdfghhjk?-ÄÄÖ#

über die Tasten.

Klappern.

Immer schneller füllte sich der Bildschirm mit Worten, die das Unbeschreibliche beschreiben wollten. Mit den begrenzten Möglichkeiten, menschlicher und allzu irdischer Ausdrücke versuchte er das verständlich zu machen, nein, selbst zu verstehen, was ganz und gar nicht menschlich oder irdisch war. Oder war es etwa die Verdammnis allen Irdischen? Hatte er nur das gesehen, was jeder einmal in seinem Leben sehen würde, von dem nur noch niemand zu berichten im Stande gewesen war, weil er nicht mehr berichten konnte?

Um so mehr fühlte er sich dazu berufen, sein Werk zu Ende zu bringen.

Vor ihm ein Fenster.

Dunkelheit.

Im Fenster spiegelte sich der Kampf des schwachen Monitors gegen die wabernde Dunkelheit.

Waren das Schritte?

Er ließ das letzte Tack Tack in im Schlund der Stille verenden und lauschte.

Nichts.

Doch das namenlose Entsetzen drohte wieder, die Kontrolle über seinen zermürbten Körper zu übernehmen. Schon oft hatte er Angst gehabt, doch dies war etwas anderes. Angst ist ein Gefühl; Gedanken, die sich im Kopf einnisten und zu Schweißausbrüchen, vielleicht auch Zittern führen. Hier handelte es jedoch sich um einen Zustand der Seele; Gedanken gibt es nicht mehr, nur noch wirre Bilder, die blitzlichtartig das Dunkel des Gehirns erhellen. Dein Körper, nutzlos, nicht mehr unter Kontrolle.

Lauf.

---

Probier es doch...

Wahrscheinlich nur eine Einbildung.

Klappern.

Dann wieder ein kalter Schauer, der sich in einen Würgegriff unbeschreiblichen Grauens verwandelte. Hände, die Fratze, dann die Ähnlichkeit: Sein eigenes, zu einem grauenhaften Grinsen entstelltes Gesicht.

Das Klappern verstummte.

 

Hallo!
Ich bin nun doch etwas ratlos, was deine Geschichte anbelangt. Ist es eine Geschichte? Ich weiß nicht so recht ... Mir kommt das eher wie ein Handlungsgerüst vor, dem noch etwas fehlt.
Nicht, dass sich dein Text schlecht lesen würde - einige Beschreibungen hast du sehr gut getroffen, stilistisch gibt es nichts wesentliches auszusetzen und Rechtschreibfehler habe ich auch keine gefunden.

Aber es fehlt was ganz entscheidendes: Eine Klammer, die die einzelnen Passagen aneinander heftet. In dieser Form ist das eine Gedankenansammlung ohne ersichtlichen roten Faden. Jegliche Spannung fehlt ohnedies. Vielleicht wolltest du damit gegen den Strom anschwimmen, wie man so schön sagt, etwas "innovatives" schaffen, weg vom Monster-Einerlei, was ich sehr löblich finde. Nur hast du in diesem Falle das wichtigste vergessen: Geschichten leben von Spannung!
Für ein Debüt aber wirklich sehr, sehr gut!

 

Hi,
also mir gefällt die Art Deiner Geschichte gut. Sie geht ziemlich nah an den Leser ran (an mich jedenfalls) und ich muss sagen, sie hat durchaus etwas ...Geladenes...wie Luft vor einem Gewitter.
Die Spannung fand ich nicht in der Frage, wie z.B. die Geschichte ausgehen mag, sondern darin, wie diese Nacht beschrieben ist, die der Tipper aussen und innen durchlebt. Das hat genug Energie gehabt...eben so, wie Rainer sagte, Beschreibungen wirken hier zum großen Teil.
Was sich etwas komisch anhört ( aber ich mag das Wort eh nicht so gerne...weil es fast immer fehlplaziert klingt), ist:

daß er nun alles auf dem Bildschirm manifestierte.
'Manifestierte': korrigiert mich, wenn ich falsch liege, aber ist es nicht so, daß sich etwas manifestiert? Ich finde nicht, dass man irgendwas selber manifestieren kann. In diesem Zusammenhang passt es meiner Meinung nach nicht gut.
Egal, das wäre meiner Meinung nach jedenfalls veränderungswert.
Gefiel mir.

Gruß, baddax

P.S.:

LIBERTE TUTE ME EX INFERIS
Allein diese Wörter machen die Geschichte für mich reif fürs Horrorforum, da sie mich immer an die "Event Horizon" erinnern werden. Hast Du den Film ev. vorher gesehen?

[ 30.05.2002, 16:31: Beitrag editiert von: baddax ]

 

Hallo angela,
Schöner Text, Plot ist originell, aber nicht das, was ich mir unter "Horror" vorstelle - die Situation ist mir bekannt, bis auf das Blut ;) - aber stark verdichtet, deshalb könnte die Atmosphäre noch ein wenig ausgeschmückt werden.
Einige kleinere Fehler usw.:

Doch der andere Teil seine entstellten Ichs wollte sie behalten
"seines"
Diese allmächtige Wut, die langsam aber sicher sein innerstes Ich mit ihren Klauen zerriß und ihn davon abhielt, klare Gedanken zu fassen.
Besser mit Komma:
"..langsam, aber sicher..."
Er formte Wörter, Buchstaben, eine ganze Geschichte, die jedem, der sie lesen würde in einen Abgrund blicken lassen sollte, so tief, daß es kein Entrinnen geben kann, denn jede Seele würde unter übermächtigem Würgen dort hinunter gezogen. Dort hinein, von wo es keinen Ausweg mehr gibt.
"jeden"
"geben konnte"
Der Satz ist zu verschachtelt.
Niemand weiß, wie die Hölle aussieht, doch er hatte nun eine Ahnung von dem Unvorstellbaren und er wollte sich retten
Lass das zweite "er" ruhig weg
Blutes hatte sich über die Platikquader gelegt, als wolle irgend
"Plastik"
Mit den begrenzten Möglichkeiten, menschlicher und allzu irdischer Ausdrücke versuchte er das verständlich zu machen, nein, selbst zu verstehen, was ganz und gar nicht menschlich oder irdisch war
Kein Komma nach "Möglichkeiten"
Dafür nach "versuchte er"
Er ließ das letzte Tack Tack in im Schlund der Stille verenden und lauschte.
"...das letzte `Tack Tack` im Schlund..."
Schon oft hatte er Angst gehabt, doch dies war etwas anderes.
Besser: "diesesmal" etc.
Hier handelte es jedoch sich um einen Zustand der Seele;
"sich jedoch" ist besser.
Warum danach der Tempuswechsel?

Viele Grüße,
para

 

Event Horizon ist ein scheiss Film! Soooooo schlecht, dass ich (der eigentlich überhaupt nicht missionarisch ist, was sowas betrifft :D) das hier mitteilen muss.

Ähm. Nix für Ungut.

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus angla,


Stilistisch wars ja ein Gustostückerl, obwohl ich mit dem Inhalt nicht viel anfangen konnte. Jetzt zum Titel.

Angla, Du hast es geschaft, daß Echnaton mit seinem LATEIN AM ENDE IST! Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Kopfschmerzen bekommen vom Grübeln:

Liberte tute also Vokativ hieße meines Wissens nach: Oh sicher (??) Freier (libertus bedeutet, laut meinem Wörterbuch Freigelassener - Sklave -)

Ex inferis (unten befindlich (inferus, infera, inferum), inferi, inferorum, also hier Ablativ inferis von den Göttern der Unterwelt

Zusammenfassend: Oh sicher Befreiter von den Göttern der Unterwelt (tutus = sicher, geschützt, gefahrlos)

Aber was zum Kuckuck hat das "me" da verloren. Da kann ich mir keinen Reim drauf machen.

Oder heißt es wie Chif meinte "Liberate tute me ex inferis". Nur lautet das Adverbb von tutus tuto, geht nicht ganz nach der O-Deklination. Befreit mich sicher von den Göttern der Unterwelt! (Imperativ)

Liberatus befreit dann Liberate tute = Oh sicher Befreiter ex inferis von den Göttern der Unterwelt (seufz)

Libertate me ex inferis = Befreit mich von den Göttern der Unterwelt, aber da paßt dann das Substantiv im Vokativ nicht mehr dazu????

Entschuldige, wenn ich da so herumreite, aber mich interessiert Latein irrsinnig, wahnsinnig im Moment und daher bin immer offen für etwaige Dinge, die ich nicht weiß. Das mein ich wirklich ernst!

ganz liebe Grüße und immer weiterschreiben

Echnaton

 
Zuletzt bearbeitet:

Libera te ex locis infernis = Befrei Dich aus der Hölle!

Liberate vos ex locis infernis = Befreit euch aus der Hölle!

Danke Chief, Du hast geholfen!!!!

Libera te tuto ex locis infernis! = Befrei dich sicher aus der Hölle!

Loca inferni ist dann die Hölle im Kirchenlatein, schauder!!!!! Bei den Römern warns halt inferi die Götter der Unterwelt ;)

 

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