Leder
Madame Blonde schritt durch die Tür der Boutique. Dabei musste sie sich etwas bücken, da sie mit ihrer hochgesteckten Frisur etwas zu groß war.
Ihr Gesicht war vollgemanscht mit Make-up und Farbe an denen -angeblich- kein Tier zu Schaden kam.
In ihrer Handtasche war dieser kleine, fiese Wischmob eines Hundes, der wie die Faust aufs Auge zu seiner Besitzerin passte. Ich glaube in China werden aus solchen Hunden Salzstangen hergestellt.
Neben Madame Blonde sprang ein kleines Männlein, glatzköpfig und mit Hornbrille, kam sich sehr wichtig vor und wurde stets von dem Wischmob angeknurrt. Dieser schleimige Geselle war der Agent der Madame Blonde.
Zusammen stolzierten sie in die Boutique und da Madame Blonde eine hohe Persönlichkeit in der Welt der High-Socitey war, kam der Chef der Boutique, Fernando Lopez, höchstpersönlich, um die Kundin, die eine bekannte Tierschützerin war , zu empfangen. Madame Blonde wünschte sich eine neue Handtasche für ihr süßes Knöppchen. Das sollte wohl ihr Köter sein.
„Darf ich Ihnen diese Handtasche empfehlen, Madame?“
Fernando schwenkte eine -doch zugegebenermaßen- schöne Tasche.
„Feinstes Leder, Handarbeit, robust und wetterfest, mit Goldprägung.“
Madame Blond betrachtete die Tasche. Dann beugte sie sich runter zu ihrem schleimigen Agenten und flüsterte ihm was in sein Ohr.
Der Agent streckte nun die Brust weit heraus und rief, mit theatralischer Stimme:
„Madame Blonde verachtet jegliche Produkte, die aus der abgezogenen Haut eines Rindes geformt sind.“
Madame Blonde streichelte ihren Wischmob und ließ, unbeeindruckt von allem dem, Fernando weitersuchen.
Dieser kam nach einer kurzen Zeit mit einer grünlich schimmernden Handtasche zurück.
„Vielleicht diese, Madame?“
Er schwenkte die Tasche vor Madame Blondes Nasenspitze. Daraufhin knurrte es, eine Etage tiefer, fies und aufdringlich.
Madame betrachtete die Tasche sehr kurz und beugte sich sofort wieder runter zu ihrem Agenten.
Der Agent sah wieder nach oben und sagte:
„Madame lässt fragen ob die Tasche aus einer Schlange gemacht wurde.“
„Aus einer Königspython, Madame, sehr gute Arbeit und das für einen kleinen Preis!“
Madame Blonde beugte sich nochmals zu dem Ohr ihres Agenten.
„Madame wünscht auch keine Produkte, die aus einem Reptil angefertigt sind.
Madame, die sehr mit der Natur verbunden ist, wünscht überhaupt kein Produkt aus irgendwelchen Tieren. Wir bitten Sie dies zu berücksichtigen.“
Knöppchen bellte zustimmend. Ich könnte mir gut vorstellen, diesen kleinen Kläffer in der Mikrowelle zum Platzen zu bringen.
Fernando überlegte kurz, dann rannte er ins Lager.
Heraus kam er, freudig mit einer schwarzen Handtasche schwenkend, und einem dickem Lächeln auf dem Gesicht.
„Madame, ich glaube ich habe das richtige für Sie!
Eine Handtasche aus meiner noch unveröffentlichten Kollektion.
Eine Handtasche aus feinstem Leder, mitten aus dem schwarzem Kontinent, noch ganz frisch sozusagen.“
Nun schien es Madame Blonde zu reichen und so sprach sie selbst:
„Ich glaube Sie haben mich nicht richtig verstanden! Ich habe ausdrücklich verlangt, dass ich kein tierisches Produkt dulde! Komm mein Knöppchen, hier wird uns nicht geholfen!“
„Hier wird uns nicht geholfen!“ kam es noch mal vom Agent und vom Hundetier ein undefinierbares Grunzen, welches sich so anhörte wie knörplczer.
„Aber Madame!“ hielt sie Fernando auf.
„Wer sagt denn, dass die Tasche aus Tierleder ist?“
„Aus was soll sie denn sonst sein? Aus Bananenschalen?“
„Nein Madame, aber aus der Haut eines drei Monate altem Negerbabys.
Im tiefem Kongo findet man so einiges auf der Straße!“
Eine kurze Zeit später war ein netter Scheck unterschrieben und das Knöppchen umgezogen und sehr glücklich in seiner neuen Tasche.
Mit einem Laut, der ungefähr wie dreckbrett klang, verließ es, Madame Blonde und ihr Agent die Boutique.
Fernando Lopez winkte freudig hinterher.
Ende