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Lebenswichtig!
Wie jeden Morgen war der junge Max gerade ma wieder dabei, seine eigentlich äußerst reine Haut mit Clerasil zu bearbeiten, als es plötzlich an der Haustür klingelte. Ohne zu fragen öffnete er. Es war sicher nur eine seiner zahllosen Freundinnen, die irgend etwas bei ihm vergesen hatte. Umso erstaunter war er, dass seine betagte Nachbarin Gisela von Neuenheide vor der Tür stand und in herrischem Ton fragte: "Junger Mann, Sie haben doch sowieso nie was zu tun, Sie könnten mir helfen! Haben Sie zufällig meinen wetvollen Edelsteinring gesehen?" Max, dem der Ton der alten Dame missfiel, kratzte sich am Kopf: "Tut mi´r ja Leid, Gnädigste, aber einen Ring habe ich nicht gesehen. Wo haben Sie ihn denn verloren?", "Er muss hier im Treppenhaus sein. Was ist, helfen Sie mir nun?" Damit nun nicht wieder so ein Vortrag von der Sorte "Die heutige Jugned ist so unhöflich" folgte, ging Max mehr oder weniger gezwungenermaßen mit.
Zunächst suchten sie vor Giselas Haustür. "Hier ist er nicht, hier hab' ich doch auch schon tausend Mal nachgesehen! Gucken Sie gefälligst mal woanders!" Max verkniff sich daraufhin die Bemerkung, dass, wenn sie nicht so eingebildet wäre und sich eine Brille besorgen würde, sie bestimmt mehr sehen würde. Missmutig machte er sich nun daran, die nächste Etage zu durchforsten. Nach einer halben Stunde, er war nahe dran, der alten Dame zu sagen, es reiche ihm, kam plötzlich die junge Angelika Schulze von unten die Treppe hinauf. Sie war Max schon des öfteren aufgefallen: kurzer Rock, ein hübsches Lächeln und naturrote Locken, die immer aufgeregt hin und herwirbelten, so auch heute: "Herr Schleich, haben Sie die Frau von Neuenheide gesehen?", "Ja, leider!", er flüsterte, "Die alte Schachtel hat ihren blöden Ring verloren und kommandiert mich nun herum, ich solle ihn doch gefälligst finden. Ich hätte ja auch sonst nichts zu tun." In dem Moment kam Gisela, die die meiste Zeit mehr gesessen und kommandiert als gesucht hatte, von oben herunter. Sofort fragte Angelika aufgeregt: "Frau von Neuenheide, haben Sie was verloren?" Die Augen der älteren Frau glänzten: "Aber ja doch, einen kostbaren Ring! Ein Unikat, das ich auf einer Auktion erworben habe, er ist sehr, sehr kostbar! Ich muss ihn wiederhaben, er ist mein Ein und Alles. Ich muss ihn wiederhaben, ohne ihn kann ich nicht leben!" Angelika blickte nur ungläubig: "Einen Ring? Tut mir Leid, den habe ich ja nun nicht gefunden, aber ich glaube, das hier sind Ihre Tabletten. Sie lagen unten im Hausflur. Sie sollte vorsichtiger sein, Sie wissen doch, dass Sie die immer nehmen müssen, damit Sie keinen Herzanfall bekommen." Die alte Dame war erstaunt. Angelika steckte ihr die Tabletten zu und verschwand in ihrer Wohnung. Max aber grinste höhnisch und sah der eingebildeten Dame ins Gesicht. Dann nahm er ihr die Packung Tabletten aus der Hand, hielt sie ihr vor's Gesicht und rief: "Ohne die hier können Sie erst recht nicht leben!"