Lebensmut
Nebem dem Herd lag ein Zettel.Hastige Kritzelschrift hatte die Worte"Bin weg, komme nicht wieder, warte nicht auf mich " geschrieben. Hastig hatte sie auch die Wohnung verlassen. Das Geschirr vom Frühstück stand noch ungespült neben der Spüle und der Kleiderschrank war geöffnet und die Schubladen hingen heraus. Leer. Leer wie sein Kopf, als sein Chef ihm kurz vor Feierabend mitgeteilt hatte, dass die Firma ihn nicht mehr benötige. "Sie wissen ja, Wirtschaftskrise und so. Hätten doch bloß mehr Menschen Schwarz gewählt." Dann hatte er sich schnell umgedreht und hatte ihn alleingelassen. Allein mit seinem Schmerz, aber er wusste ja, dass er nicht ganz allein war. Bis gerade.
Die Wohnung erschien ihm nun noch düsterer als sie schon war und das Licht, das aus der einzigen Lampe kam brannte grell in seinem Kopf. Langsam setzte er sich auf den alten Holzstuhl, dessen gegenüber auf der anderen Seite des Ikeatisches nun leer bleiben würde. Alles, was wichtig war in seinem Leben, war ihm nun genommen worden. Draussen fing es an zu regnen. Der Regen prasselte auf den Balkon und auf die Stühle. Er erinnerte ihn an den längst vergangenen Sommer, als sie zusammen draussen den Tag verbracht hatten. Aber das war nun vorbei.
Dunkelheit machte sich breit, und das obwohl es erst halb sechs war. Duster starrte er hinaus. Es war wie in einer dieser Kurzgeschichten, die er ab und zu las. Dem Protagonisten fällt die Welt über dem Kopf zusammen und er weiß nicht wieso. Kurzgeschichten waren auch immer traurig und er fragte sich warum.
Als es an der Tür klopfte nahm er es im ersten Moment erst gar nicht wahr. Erst beim dritten
Klopfen realisierte er, dass es von seiner Tür kam und er erhob sich langsam. Schweren Schrittes ging er zur Tür und öffnete sie. Draussen stand ein hagerer, kahlköpfiger, hochgewachsener Mann. "Guten Abend, was kann ich für sie tun ?", fragte er leise. "Ich bin auf der Suche", der Mann kratzte sich am Kopf, "auf der Suche nach Inspiration". "Und was wollen sie dann bei mir", kam die Stimme aus dem Inneren der Wohnung. Er wollte den Mann nur schnell wieder loswerden. "Ích kann ihnen keine Inspiration geben". "Das hat mir ihr Nachbar auch schon gesagt". Betrübt schaute der Mann umher."Dabei will ich doch endlich wieder eine erfolgreiche Kurzgeschichte schreiben und warte, dass mich endlich wieder die Muse küsst"."Nein da kann ich ihnen leider auch nicht helfen", und langsam schloß er die Tür wieder. Als er sie aber fast geschlossen hatte, überlegte er es sich anders und zog die Tür schnell wieder auf. Hoffnungsvoll starrte ihn der Autor an. "Ist ihnen doch noch etwas eingefallen ?".Die Augen leuchten."Nein", kam es niedergeschlagen zurück."Nein, das nicht, aber ich habe eine Frage." "Eine Frage ?" "Ja.Wissen sie ich habe schon oft Kurzgeschichten gelesen und wissen sie, was ich mich immer gefragt habe ?" "Nein", antwortete der Autor, "sagen sie es mir". "Wissen sie ich habe mich immer gefragt, wieso Kurzgeschichten immer so düster sind und nie über etwas Schönes berichten.Es ist wirklich fast immer so. Sie sind immer traurig".
Da lächelte der Autor."Mein Herr, diese Frage kann ich ihnen beantworten. "Kurzgeschichten sind traurig, weil es keine traurigen Romane gibt. Um eine triste Situation darzustellen, muss ich eine Kurzgeschichte schreiben, denn einen nur tristen Roman, der zwangsläufig mehr als nur eine Situation im Leben eines Menschen behandelt, zu schreiben wäre Betrug. Oder kennen Sie einen Menschen, der nur Trauriges erlebt?" Da schüttelte der Mann in Erinnerung seiner früheren Ereignisse den Kopf.
Just in diesem Moment wachte er auf. Sein Kopf lag auf der Tischplatte. Er musste eingenickt sein.
Als er aufschaute, bemerkte er, dass es aufgehört hatte zu regnen und draußen im Fenster konnte er den hellen Schein des Vollmondes sehen.
Wissend lächelte er.