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Leben

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29.11.2002
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Leben

Er spürte wie der Wind durch seine gespreizten Finger fuhr, während er die Arme weit ausgebreitet, wie ein in der Sonne sitzender Schmetterling seine Flügel zur Schau stellt, den Asphalt entlangrauschte.
Es war nachts und so kam ihm niemand entgegen, die Straßen waren frei und nichts war zu hören außer seinen Reifen auf dem Bürgersteig. Er schloß die Augen und genoß die Stille, das Gefühl der Freiheit.
Ja, er war frei, das spürte er und war darüber im tiefsten Inneren seiner Selbst zufrieden. Er liebte es spät in der Nacht durch die Straßen zu fahren, wenn alle anderen schliefen.
Doch was war das? Irgendetwas, irgendjemand schien ihn aus der Ferne zu rufen. Nein, er musste es sich eingebildet haben. Noch nie hatte ihn jemand um diese Zeit angesprochen.
Trotzdem ließ ihn das Gefühl nicht los von jemandem beobachtet zu werden und tatsächlich, wieder sprach jemand zu ihm. Die Stimme klang sehr undeutlich und er vermochte kaum etwas zu verstehen, dennoch wusste er, dass er die Person kannte und ein warmes Gefühl wurde in ihm wach.

Langsam öffnete er die Augen und fand sich in einer ihm unbekannten Umgebung wieder. Plötzlich waren die Straßen verschwunden, statt dessen musste er die Augen zusammenkneifen um das grelle Licht ertragen zu können. "Wo zum Teufel bin ich ?", fragte er sich und versuchte nachzudenken, doch sein Kopf schmerzte zu sehr."Habe ich einen Unfall gehabt und bin nun tod ? Ist es das, was einem nach seinem Leben bevorsteht ? Stimmen hören und sich auf einmal irgendwo zu befinden, ohne zu wissen, wo dieser Ort ist und wie man dorthingekommen ist ?" überlegte er sich stumm, obwohl diese Art der Gedankengänge für einen rational denkenden Menschen, wie er es war, vollkommen unüblich ist. Erst jetzt schaute er sich wirklich um, weil er zuvor zu sehr in seinen Gedanken versunken war, um irgendetwas von dem wahrzunehmen, was um ihn herum passierte.

Alles um ihn herum war weiß und über ihn beugte sich eine Frau, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Dennoch verspürte er keine Angst vor ihr. Sie drückte seine Hand und sprach ihn mit "Philip" an. Etwas weiter hinten im Raum stand ein kleines Mädchen, das ihn schüchtern anschaute und sich nicht näher an ihn herantraute. Die unbekannte Frau sagte zu ihr: "Christine, geh zum Arzt und sag ihm Bescheid, dass er aufgewacht ist. Und beeil dich!"
Das Mädchen verschwand und die Frau weinte Freudentränen, während sie seinen Kopf in ihre Hände nahm und ihn auf den Mund küsste. Dabei sagte sie, dass sie so lange an seinem Bett gesessen und gewartet habe, dass er endlich aufwache...
Die Ärzte hatten ihn schon aufgegeben, aber sie wusste, dass er wieder zurückkehren würde.

Er konnte sich nicht erinnern sie oder das Mädchen jemals gesehen zu haben und trotzdem schien es eine Art Seelenverwandtschaft zwischen ihnen zu geben. Früher hatte er so etwas für Aberglauben gehalten, doch das wusste er nun nicht mehr.
Überhaupt wusste er gar nichts mehr. Sein Gedächtnis mitsamt all seinen Erinnerungen war wie ausgelöscht.
Das einzige, an das er sich erinnern konnte, war das Fahrradfahren in der Nacht, dass ihn so glücklich und zufrieden gemacht hatte. Ein beängstigendes Gefühl kroch in ihm hoch und er merkte, wie er voller Panik immer schneller zu atmen begann. Ihm wurde schwindelig und er drohte in Ohnmacht zu fallen. "Nein, nicht weglaufen", sagte er leise zu sich selbst.
Er ermahnte sich ruhig zu bleiben und nachzudenken, was passiert sei, aber allmählich begann er die ganzen Ausmaße seiner hilflosen Situation zu begreifen. Da lag er in diesem Bett mit dem weißen Laken und den weißen kahlen Wänden, dem weißen Fußboden...weiß, weiß! Verdammt, immer wieder und überall weiß, hämmerte es in seinem Kopf.
"Ich bin im Krankenhaus und weiß nicht einmal, wer ich bin, meinen Namen, weiß nicht, wo ich wohne...Moment, was sagte diese Frau vorhin zu mir ? Wie nannte sie mich ? Philip.Aber sie sagte doch noch etwas zu dem Mädchen...ja genau, dass ich endlich aufgewacht wäre. Endlich ? Wie lange habe ich denn geschlafen oder sogar...Ich im Koma, das gibt es doch nicht!", schoss es ihm durch den Kopf und er begann hysterisch zu lachen bis dieses hysterische Lachen in einem Weinen verebbte.

Es dauerte ein wenig, bis er sich gefasst hatte und die Frage herausbrachte, wie lange er denn "geschlafen" habe. Ihm wurde erneut schwindelig als er sie "acht Monate" raunen hörte. Seine Ahnung schien sich zu bewahrheiten.
Wie sollte es nun weitergehen ? Er kannte diese Frau irgendwoher, das wusste er. Wahrscheinlich war sie seine Freundin oder sogar Frau und das kleine Mädchen, dass sie Christine nannte, seine Tochter, aber er konnte sich nicht an sie erinnern.
Er hatte ganze acht Monate lang im Koma gelegen und war in seiner Phantasie glücklich gesen, weil er frei war, keine Verpflichtungen hatte, doch nun sollte er in die Realität zurückkehren, obwohl er sein Gedächtnis verloren hatte und vielleicht nie wieder zurückbekommen würde. Die Frau lächelte ihn an und all seine negativen Gedanken zerstreuten sich von selbst.
Er war dieser Aufgabe gewachsen.
Er wollte ins Leben zurückkehren!

 

Hallo, Kristin!

Danke für die vielen hilfreichen Ratschläge. Ich werde mich in nächster Zeit genauer damit auseinandersetzen und die Geschichte überarbeiten.

Bis dahin...
liebe Grüße, Tracy

 

Hallo Tracy,

Mir hat die Geschichte ganz gut gefallen. Aber erst beim Lesen von Kristins Kommentar bin ich auch auf die Nacht-Koma-Allegorie gekommen. Gerade das was Kristin als abweisend empfand, hat mich interessiert. Ich glaube kaum, dass man einen vom Koma erwachten Protagonisten besonders tief zeichnen kann. Es war gerade das Lückenhafte, was mir die Geschichte interessant gemacht hat - Du siehst also Deine Leserschaft ist unberechenbar :D.

Fein an der Nase herumgeführt hast Du mich mit der Frage des Unfalls ;).

FLoH.

 

Hallo Floh!

Danke für deine positive Kritik :-)
Es freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat.
Allerdings muss ich dazu sagen, dass ich bereits versucht habe die Verbesserungsvorschläge von Kristin umzusetzen.

bis dann Tracy

 

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