Leben in Moderne
Kreischend rennen kleine Kinder um her. Die Sonne brennt unerbärmlich wie vor fünfzig Jahren schon. Da war sie noch jung, da gab es noch keine Fremden die im Sommer in Scharen kamen und den Strand bevölkerten.
Fremde gab es schon, nur die die kamen wollten nichts von ihrem Leben mitbringen. Sie wollten so leben wie die Einheimischen. Kein Strom, kein Telefon.
Aber diese Fremden gab es nicht mehr. Und da steht die alte Frau am Strand. In gleissend hellem Licht, einem blauen Himmel und türkisem Wasser.
Schwarz ist ihre Kleidung, und einen Strohhut trägt sie. Unter diesem schaut ein grauer geflochtener Haarzopf heraus. Schützt sie Ihre Kleidung doch vor der erbarmungslosen Sonne.
Diese Fremden stört die Sonne nicht. Sie kommen mit ganzen Familien, schmieren sich gegenseitig weisses Zeug aus bunten Tuben auf die Körper und sehen abends aus wie ein gekochter Hummer, purpurrot.
Sie schüttelt den Kopf. Früher hätte es das nicht gegeben. Sie schaut zwei jungen Mädchen nach, die mit freiem Oberkörper in das Wasser springen. Schamlos! Das fällt ihr dazu ein.
Ok sie brachten den Fortschritt. Sie brachten Telefon und elektrischen Strom.
Sogar schwarze glatte Strassen. Das Wasser aus dem Hahn kann man nun trinken.
Aber haben sie nicht auch viel genommen? Die Ruhe, dieses einfache Leben?
Alles war billiger. Und doch gibt es nun Apotheken. Aber brauchte man früher Mittel gegen Kopfschmerzen? Gab es früher Fabriken die Kopfschmerzen machten?
Oder der Supermarkt den sie neulich aufgemacht haben. Da gibt es leckere Sachen, die isst sie gerne.
Aber früher konnte man den Fisch noch essen der aus dem Meer kam. Erntete man noch Getreide, Oliven und Obst, hatte man Schafe auf der Weide.
Die Mädchen kommen aus dem Wasser gestürmt. Eines der Mädchen bleibt stehen und schaut sie an. Kurz wie nur für einen Lidschlag treffen sich ihre Blicke. Die alte Frau lächelt, rafft ihren Rock etwas hoch, gerade bis zu den Kniekehlen. Sie schreitet vorsichtig in das kühle Nass. Nur bis über die Knöchel, die Füsse etwas kühlen. Das kühlt den ganzen Körper. So hat es ihre Mutter früher schon gemacht. Das Mädchen lächelt, streicht sich die Haare nach hinten und geht weiter, barbusig und ohne jede Scham.
Doch, die Fremden haben etwas gebracht. Ihre Enkel werden nicht den Hof machen müssen, werden nicht die Häuser kälken und Tag ein Tag aus schuften um im Alter mit gebogenen Rücken mit den Füssen im Wasser zu stehen. Sie haben Klima und Freiheit. Dürfen anziehen was sie wollen.
Leben eben modern.