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Leben im Eisernen Zeitalter

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16.06.2002
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Leben im Eisernen Zeitalter

... „Nun erschuf der Vater Zeus ein drittes Geschlecht von Menschen, dieses nur aus Erz. Das war auch dem silbernen völlig ungleich, grausam, gewalttätig, immer nur den Geschäften des Krieges ergeben, immer einer auf des anderen Beleidigung sinnend..."

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Dina war verliebt, unglücklich verliebt, wie sie meinte. Des Nachts konnte sie schwer einschlafen, die Gedanken an Ralf schossen durch ihren Kopf, pfeilschnell, unentwegt, immer abwechselnd, mal voller schöner Bilder von zärtlicher Gemeinsamkeit, von Vertrauen, und ehrlicher Zuneigung, dann plötzlich erfüllt von Gefühlen des Mißtrauens, der vermuteten Unehrlichkeit, Ahnungen von Betrug und Angst. Sie hatte Ralf ein paar Wochen zuvor in einem Lokal kennengelernt, sie flirteten, neckten sich, schließlich verbrachten sie die Nacht zusammen. Seither trafen sie sich dann und wann, Ralf bestimmte immer den Zeitpunkt und Dina tat alles, um sich die Zeit für jene Treffen zu nehmen. Dina konnte nicht von Ralf lassen, obwohl in ihrem Hinterkopf immer eine leise Stimme ihr mitzuteilen versuchte, daß jenem Mann nicht zu trauen wäre.

Dina traf sich mit einer Bekannten in einem jener Straßencafés der Mariahilferstraße, wo die Menschen eilig an den Tischen vorbeiliefen, es von allen Ecken lärmte und man fast schreien mußte, um sich zu verstehen. Dinas Bekannte kannte Ralf auch, waren sie doch an jenem besagten Abend gemeinsam in dem Lokal, wo sie Ralf Dina vorstellte und Dina sich sofort in ihn verliebte.

Ralf, sagte Dinas Bekannte, habe ein Herz aus Stahl, kein Gefühl, deshalb solle sie lieber die Finger von ihm lassen. Dina mißtraute ihrer Bekannten, da sie ja selbst an Ralf interessiert sein könnte. Ralf war allerdings wirklich gefühllos und berechnend. Ralf hatte neben Dina auch andere Verhältnisse mit älteren gut situierten Frauen.

Dinas Bekannte war natürlich auch hinter Ralf her und wollte Dina davon abhalten sich mit ihm einzulassen und erzählte deshalb nur das Schlechteste über ihn. Dina wußte nicht so recht, was sie von den Worten ihrer Bekannten halten sollte und verabschiedete sich rasch.

Als sie zu Hause war, schickte sie noch schnell den Artikel für die Zeitung, für die sie die meiste Zeit arbeitete, ab und verbrachte den Rest des Tages damit zu, an Ralf zu denken und stündlich ihre elektronische Post am Rechner abzufragen, immer in sehnsüchtiger Erwartung einer auch noch so kleinen Nachricht von ihm. Es kam jedoch nichts. Als Dina gerade dabei war, sich eine kleine Mahlzeit für das Abendessen zuzubereiten, läutete das Telefon. Dina wartete zwei Klingelzeichen ab, um Ralf zu zeigen, daß sie nicht die ganze Zeit neben dem Telefon saß und auf seinen Anruf wartete. Dina nahm sich vor, eine gleichgültige Haltung anzunehmen. Als sie abhob, meldete sich nicht Ralf, sondern ihre Mutter, die ganz verstört stammelte und zu weinen begann. „Georg ist tot, Georg, er hat sich..., er hat Selbstmord begangen." Dina erstarrte. Georg war ihr älterer Bruder. Sie hatte ihn als Kind sehr geliebt. Er hatte sich damals für Dina verantwortlich gefühlt, sie immer beschützen wollen, so sehr, daß er ihr oft auf die Nerven ging. Als Dinas Vater die Familie wegen einer jüngeren Frau verließ, war Georg für Dina eine Art Vater geworden. Später, als er sein Studium in Wien beendet und ein zusätzliches Wirtschaftsstudium in den USA absolviert hatte, begann er sich zu verändern, wurde sehr ehrgeizig und kalt. Sie verloren sich aus den Augen.

Als er zurückkam, wurde Georg Generaldirektor der lokalen Niederlassung eines Weltkonzerns und zuletzt entwickelte er Sparmaßnahmen zur Erhöhung der Gewinnausschüttungen an die Aktionäre, was tausenden Angestellten jener Niederlassung die Stelle kostete. Georg war sehr stolz auf sich, doch im Moment seines größten Stolzes wurde er von der Zentrale abgesetzt, da, wie man dort meinte, die Gewinnzuwächse nicht hoch genug gewesen wären. Es wurde ein anderer, jüngerer Generaldirektor seinerstatt eingesetzt. Dem waren Intrigen und Machtkämpfe innerhalb des Betriebes vorangegangen, welchen er schließlich unterlag. Es wurde das Hauptquartier verständigt, das dann jene für Georg verhängnisvolle Entscheidung traf. Georg fühlte sich gedemütigt und verfiel in tiefe Depression, die ihn schließlich dazu brachte, seinem Leben ein Ende zu setzen.

In ihrer Verzweiflung wollte Dina Ralf sehen, er sollte ihr die Tränen von den Wangen küssen, sie in seinen Armen wiegen. Doch Ralf war gerade dabei, Frau Blum zu beschlafen als Dina anrief und hob nicht ab. Frau Blum war geschieden und hatte eine Werbeagentur. Sie ließ Ralf einiges an Geld zukommen, weshalb Ralf Frau Blum immer den Vorzug gab.

Auf Georgs Begräbnis waren nur Dina und ihre Mutter. Es dauerte nicht sehr lange. Der Tag war ein wolkenloser heißer Sommertag und die Sonne brannte herab. Dina hatte einen kleinen Schwächeanfall, die Hitze machte ihr an jenem Tag sehr zu schaffen. Ihre Mutter schien geistig gänzlich abwesend zu sein und sprach kein Wort, den ganzen Tag lang. Sie hatten alle möglichen Arbeitskollegen und Bekannte Georgs benachrichtigt, aber es kam niemand. Georg war nicht sonderlich beliebt ob seines großen Ehrgeizes und seiner unerbittlichen Art zu erreichen, was er erreichen wollte. Ihre Mutter war immer sehr stolz auf ihren Sohn gewesen, da er große Karriere in einem internationalen Konzern gemacht hatte. An Dina hingegen, kritelte sie immer herum, da Dina nur freie Journalistin geworden war, die sich so recht und schlecht durchschlug, denn sie war sehr auf gesellschaftliches Ansehen bedacht und eine Tochter, die so lebte war vor den anderen nicht so sehr angesehen.

Dina war einige Zeit in den Vereinigten Staaten verheiratet. Ihr Mann hatte sie öfters geschlagen, als er sich dem beruflichen Druck, er war Versicherungsmakler bei einer Bank, nicht mehr gewachsen fühlte. Das Leben war dort sehr schwierig. Dina arbeitete als Fremdsprachensekretärin in einem Reisebüro und verdiente nicht besonders viel, was ihr auch ständig Vorwürfe seitens ihres Mannes eintrug. Irgendwann hielt es Dina nicht mehr aus, beantragte die Scheidung und kehrte nach Österreich zurück. Als sie nach ihrer gescheiterten Ehe wieder zurückgekommen war, hatte Georg jedoch keine Zeit, sich um sie zu kümmern und so lebte Dina einige Zeit wieder bei ihrer Mutter, da sie vollkommen mittellos wiederkehrte. Ihre Mutter kritisierte sie ständig, daß sie zu wenig Ehrgeiz zeigte und träge wäre. Als Dina es schließlich gelang, wieder im Zeitungswesen Fuß zu fassen, zog sie in eine kleine Wohnung im fünften Bezirk, wo sie sich recht wohl fühlte und zufrieden lebte, bis sie Ralf kennenlernte.

Dina versuchte so gut es ging, sich um ihre Mutter zu kümmern, die den Selbstmord ihres Sohnes nicht verkraften konnte. Auch hätte sie gerne mit ihr über Ralf gesprochen, aber sie hätte nur wieder das übliche „Kind, wie kannst du nur, ich schäme mich für dich" zu hören bekommen und unterließ es, sich ihrer Mutter anzuvertrauen.

Dina wußte nicht mehr, was sie tun sollte. Sie brauchte jemanden, der ihr zuhörte, der sie tröstend in die Arme schloß, sie versuchte ein wenig aufzuheitern. Es gab niemanden, an den sie sich hätte wenden können. Mit ein paar Kolleginnen, mit welchen sie schon zusammen Reportagen verfaßt hatte, verstand sie sich einigermaßen gut, aber sie unterließ es, mit ihnen über ihre derzeitige schlechte Verfassung zu sprechen. Dina fürchtete nämlich, daß dies ausgenützt werden könnte, indem man in den Redaktionen ihre Probleme ausführlichst bespricht und über ihre derzeitige Schwäche, auch was die Arbeit betrifft, mauschelt, um selbst den Auftrag für diesen oder jenen Artikel zu bekommen. Dina hatte das ja schon als Augen-und Ohrenzeugin bei einem Redaktionsfest verfolgen können. So unterließ sie es eben, sich bei einer ihrer näheren Berufsbekanntschaften auszusprechen.

Dina kaufte sich einen Teddybären aus weichem ockerbraunen Plüsch. Sie legte sich auf ihr Sofa, umarmte den Teddybären ganz fest und weinte.

[ 20.07.2002, 14:08: Beitrag editiert von: Echnaton ]

 

Hi Echnaton!

Hm, irgendwie weiß ich nicht so recht, was ich auf Deine Geschichte sagen soll. Deine Protagonistin weiß zwar aus den Beobachtungen/Erfahrungen, wie es nicht geht, aber unbedingt überzeugend ist die Lösung mit dem Teddybären dann eigentlich nicht...

Die Gefühle sind mir auch oft zu oberflächlich beschrieben, zum Teil wirkt es fast wie ein Lebenslauf.

Ich möchte aber nicht sagen, daß Dir Deine Geschichte völlig mißlungen ist. Sie müßte nur mehr ausgearbeitet werden, damit sie mich als Leser auch mitnimmt. Ich bin sicher, Du kannst das. ;)

Zwei Fehler sind mir aufgefallen:

(vierter Absatz) "und verabschiedete rasch." - sich

(am Schluß) "bei einer der näheren Berufsbekanntschaft auszusprechen" - Bekanntschaften

Alles liebe
Susi

 

Häferl,

danke für Deine Hinweise, ich weiß nicht beim Tippen verliert man oft die Übersicht. Der Teddybär war als Akt der Verzweiflung gedacht, weil Dina niemanden hat, dem sie sich anvertrauen kann. Ich habe die Geschichte als Beschreibung gedacht, wie grauslich und kalt wir miteinanander umgehen. Übers Wochenende wird mir schon was einfallen. Vielleicht sollte man wirklich alle Texte ein paar Nächte überschlafen, bevor man sie ins Netz schmeißt.

servus

Echnaton

 

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