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Leb wohl, mein Engel!

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25.05.2010
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Leb wohl, mein Engel!

Er hielt sie fest, sah ihr noch einmal tief in die Augen. „Ich liebe Dich! Bitte verlass’ mich nicht!“ Ihr Blick blieb nahezu regungslos, sie starrte durch ihn hindurch, als ob sie hoffte, hinter ihm eine Antwort zu finden. Doch sie sagte nichts, nur eine Träne bahnte sich einen Weg über ihre Wange. „Du kannst mich doch nicht einfach verlassen!“ Er strich ihr mit der Hand übers Haar, wischte die Träne aus ihrem Gesicht. Es gab kein Zurück, auch wenn er es nicht wahr haben wollte, sie würde ihn dennoch verlassen. Noch ein paar Sekunden hielt er sie in seinen Armen. Dann gab er ihr einen Abschiedskuss auf die Stirn, konnte dabei noch einmal den Duft ihrer Haare einatmen. Dabei erinnerte er sich an den Moment, als er ihr das erste Mal seine Liebe geschworen hatte. So wie jetzt hatte er sie umarmt und fast ängstlich hatte er ihr die drei Worte zugehaucht. Damals hatten diese Worte noch ein wundervolles Strahlen in ihr Gesicht gezaubert. Aber jetzt konnten sie nichts mehr bewirken, ihre Liebe war erloschen und es war Zeit, Abschied zu nehmen. Also ließ er sie los.

Die vorangegangenen Nächte waren so heiß gewesen, dass ein erholsamer Schlaf unmöglich war. Doch in der letzten Nacht hatte es endlich wieder geregnet und so war es noch angenehm kühl im Haus. Der Radiowecker hingegen beschallte Jan seit einigen Minuten schon wieder mit südamerikanischen Rhythmen und die Wettervorhersage prophezeite erneut einen heißen Tag. „Kommst Du? Kaffee ist fertig!“, abrupt hatte sein geliebtes morgendliches Dösen ein Ende. „Komm’ gleich.“, murmelte er in sein Kopfkissen. Ihm war klar, wie sich der Morgen entwickeln würde, bliebe er jetzt noch ein paar Minuten liegen. Annas Stimme würde beim nächsten Weckruf einen Klang haben, den er nicht ausstehen konnte. Ohnehin hatte ihre Stimme gerade schon etwas gereizt geklungen, wahrscheinlich war sie selbst etwas zu spät aufgestanden und hatte nun Mühe, ihren täglichen Ablauf in einen kleineren zeitlichen Rahmen zu pressen. Jan entschied sich für einen stressfreien Morgen, zog die Decke beiseite und setzte sich auf die Bettkante. Nachdem er seine Schlappen angezogen und den Radiowecker zum Schweigen gebracht hatte, machte er sich auf den Weg zur Schlafzimmertür. Am Fenster angekommen hielt er inne und warf einen müden Blick hinaus auf die Straße. Der Asphalt war noch feucht und die Bäume beidseits der Straße verstreuten noch vereinzelte Wasserperlen. Doch inzwischen tauchte die Sonne schon wieder alles in ihr typisches Orange und es würde kaum noch eine Stunde vergehen bis sie den letzten Tropfen aufgesogen hatte. „Jetzt komm’ schon! Ich bin eh schon spät dran.“ Seine Hoffnung auf einen harmonischen Morgen war dahin. Er wusste, dass Anna nun schon einigermaßen sauer war. Jetzt durfte er keine Zeit mehr verlieren, er wandte seinen Blick vom Fenster ab und verließ schnellen Schrittes das Schlafzimmer.

Als er ins Badezimmer kam, stand Anna vor dem Spiegel. Sie musste tatsächlich spät dran sein, denn für gewöhnlich war sie schon angezogen, wenn Jan aufstand, heute hatte sie es nur bis zur Unterwäsche geschafft. Vor ihr war ein beachtliches Arsenal an Schminkutensilien aufgebaut und gerade war sie dabei, irgendein Puder in ihrem Gesicht zu verteilen. Schon oft hatte Jan ihr gesagt, dass sie das nicht nötig hätte. „Davon versteht ihr Männer doch eh nichts.“, so oder so ähnlich war ihre Antwort in der Regel ausgefallen, also hatte er es mit der Zeit bleiben lassen, ihr damit in den Ohren zu liegen. Auch jetzt biss er sich auf die Zunge. Stattdessen genoss er den Anblick dieser halbnackten Frau. In diesem Augenblick, da er hinter ihr stand und sie beobachtete, stellte er wieder einmal fest, wie schön sie war. Die glatten, blonden Haare bedeckten fast die Hälfte ihres schmalen Rückens. Ihre leicht gebräunte Haut glänzte immer noch wie Seide. Der knappe Slip bedeckte nur zum Teil ihren kleinen aber dennoch weiblichen Hintern, der schon seit Jahren der Schwerkraft zu trotzen schien. An ihren Beinen konnte man am ehesten erkennen, dass Anna fast jeden Tag ihre Laufschuhe anzog und einige Kilometer lief. Die Muskeln an Schenkeln und Waden zeichneten sich deutlich ab und fügten sich perfekt in Annas athletisches Erscheinungsbild ein. Jan konnte nicht anders, er musste sie jetzt berühren. So ging er die wenigen Schritte bis zu ihr, schlang seine Arme von hinten um ihren Körper, schmiegte sich mit seinem Oberkörper fest an sie und küsste zärtlich ihren Hals. Er wusste, was er damit bei Anna auslösen konnte. Gerade wollte er mit seinen Händen auf Wanderschaft gehen, etwas weiter hinauf sollte es gehen, denn der Blick auf ihr Dekolleté, das er jetzt im Spiegel sehen konnte, verursachte ihm Gänsehaut am ganzen Körper. Jan wollte Anna jetzt nicht mehr nur berühren, er wollte sie zurück ins Bett schaffen und mit ihr schlafen. Und es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass sie sich nur zu bereitwillig darauf eingelassen hätte. Doch sie stieß in von sich weg, drehte sich um und schrie ihn an: „Sag' mal, hast Du nicht verstanden, was ich vorhin zu Dir gesagt habe? Ich bin spät dran und wenn Du mir mal zuhören würdest dann würdest Du wissen, dass ich heute eine wichtige Besprechung habe und ich kann's mir nicht leisten, zu spät zu kommen.“ Schlimmer als ihre Worte war ihr Blick. Aus ihren sonst so strahlend blauen Augen schoss sie mit Giftpfeilen auf Jan, der für einen Moment gar nicht wusste, wie ihm geschah. „Du verdammter Idiot!“ Bevor er auch nur irgendetwas sagen konnte, rauschte Anna aus dem Bad und schlug die Tür laut krachend hinter sich zu.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Jan wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Dennoch stand er immer noch unter Schock. In den vergangenen Jahren war es noch nie zu so einem Ausbruch gekommen. Sicher hatten sie sich auch gestritten, aber nie war einer von ihnen laut oder persönlich geworden. Wie eine Statue stand er immer noch vor'm Spiegel und plötzlich kroch ein Gefühl der Angst in ihm hoch. Es breitete sich in seinem ganzen Körper aus und augenblicklich wurde ihm eiskalt. Noch ein paar Momente konnte er sich dagegen wehren, doch dann sah er im Spiegel, dass er gegen Angst, Schmerz und Tränen keine Chance mehr hatte. Als ob er selbst nicht dabei zusehen wollte, wie er gerade zusammenbrach, schlug er seine Hände vor's Gesicht und ergab sich seinen Gefühlen. Erst nachdem er gehört hatte, wie die Haustüre ins Schloss fiel, richtete er sich langsam wieder auf und wusch die Tränen auf seinem Gesicht mit viel kaltem Wasser weg.

Den Tag im Büro seiner Anwaltskanzlei erlebte Jan wie in Trance. Er wies seine Sekretärin an, alle Termine des Tages zu verschieben. Danach schloss er sich ein und begann langsam, seine Gedanken zu ordnen. Er dachte an den Tag ihrer ersten Begegnung, eine Studentenparty. Bevor er Anna getroffen hatte, war Jan eher schüchtern gewesen, doch bei ihr war es Liebe auf den ersten Blick und so hatte er alle Bedenken von sich geworfen. Noch einmal durchlebte Jan die letzten zehn Jahre. Stets hatte Anna im das Gefühl gegeben, dass sie ihn ebenso liebte wie er sie, doch in den letzten Wochen war alles anders geworden. Im Laufe dieser Zeit hatte sie ihn oft von sich ferngehalten, ihn immer weiter von sich weg getrieben. Kaum noch intime Momente, kaum Gespräche, es war sehr still um sie beide geworden. Eine undurchdringbare Wand hatte sich zwischen ihnen aufgebaut und es war ihm bis heute nicht gelungen das Werkzeug zu finden, mit dem er sie einreißen konnte.
Trotz alledem wusste Jan aber auch, dass er Anna über alles liebte. Er war nicht bereit aufzugeben. Am heutigen Abend würde er sie zur Rede stellen, ihr seine Gedanken mitteilen und um seine und ihre Liebe kämpfen.

„Ich werde Dich verlassen, Jan.“, die Worte kamen nur sehr zäh über ihre Lippen, „Du hast bestimmt gemerkt, dass in der letzten Zeit zwischen uns 'was nicht stimmt.“ Mehrmals musste sie tief einatmen, um fortfahren zu können: „Es liegt nicht an Dir. Ich weiß, ich habe Dich geliebt, aber ich würde Dich belügen wenn ich behaupte, dass das immer noch der Fall ist.“ Noch einmal holte sie tief Luft. „Bitte versteh', ich kann nicht mit Dir zusammen leben, denn jeder weitere Tag wär' eine einzige Lüge.“
Jedes ihrer Worte fühlte sich an wie ein Geschoss, das punktgenau sein Herz traf. Er spürte nichts mehr, sein Blick war leer, der Boden unter ihm wankte. Ihre Entscheidung war endgültig und er wusste, kein Wort von ihm könnte sie noch aufhalten.

Ganz behutsam legte er sie auf das Sofa und setzte sich neben ihren Kopf. Minutenlang saß er einfach nur da und starrte ins Leere. Rings um das Messer in ihrer Brust färbte sich inzwischen der Stoff ihres Kleides blutrot. Als die ersten Tropfen vom Sofa auf das Parkett fielen, sagte er: „Leb wohl, mein Engel!“, stand auf und verließ das Haus.

Ende

by Sky

 

Neuland

Dies ist sozusagen die erste Geschichte, die ich auch tatsächlich zu Ende geschrieben habe. Sie ist dem Menschen gewidmet, der mich kürzlich angeschoben hat, weil er der Meinung ist, ich hätte sowas wie Begabung für's Schreiben. Also erstmal vielen Dank Sylvie!

Ich gestehe, ich hab keine Ahnung von Form, Aufbau usw., deshalb bin ich sehr dankbar, wenn ich hier etwas Hilfe bekommen kann. Ich freue mich auf Eure Kritiken!

 
Zuletzt bearbeitet:

Moikka Sky1910,

herzlich willkommen hier. :)

Ich habe den Eindruck, Du verrätst mit dem Titel und den ersten Sätzen schon zuviel.

Er hielt sie fest, sah ihr noch einmal tief in die Augen. „Ich liebe Dich! Bitte verlass’ mich nicht!“ Ihr Blick blieb nahezu regungslos, sie starrte durch ihn hindurch,
Hier dachte ich zum ersten Mal, daß sie tot ist, und er sie umgebracht hat.
Aber jetzt konnten sie nichts mehr bewirken, ihre Liebe war erloschen und es war Zeit, Abschied zu nehmen. Also ließ er sie los.
Und hier war ich mir sicher, daß es so sein wird. Natürlich kann man sich irren (ist mir genau bei so einem setting schon passiert), aber Dein Ende ist nunmal genau die Pointe.

Ich bin deswegen so schnell drauf gekommen, daß es sich um eine Tote handelt, weil genau dieser plot sehr sehr häufig verwendet wird, und zwar auch genau so, wie Du es getan hast. Zwar meist in Krimi oder Horror, aber so eng muß man das ja nicht fassen.

Ein häufig verwendeter plot muß alleine nix Schlimmes sein, wenn man etwas Neues rauskitzelt. Im Mittelteil hast Du ein paar Passagen, die nahe an Deiner Figur sind, und die lebensecht, überzeugend wirken. Das ist einmal die Beobachtung der Frau im Bad, der plötzlich entstehende Wortwechsel und sein Schockzustand danach.

Als Verbesserungsvorschlag hätte ich nur, daß Du zwar einen individuellen Blickwinkel nimmst (also Deinen Protagonisten hier zu verstehen scheinst), aber Dich öfter mal in abgedroschenen Phrasen verirrst. Bsp: apfelförmriger Hintern, schienen der Schwerkraft zu trotzen, Tränen bahnen sich einen Weg über Wangen, Augen schießen Giftpfeile ... etc pp. Das macht die Wirkung der Charakterisierung zunichte, da wäre es viel schöner, wenn Du eigene Worte finden würdest.

Die vorangegangenen Nächte waren so heiß gewesen, dass ein erholsamer Schlaf unmöglich war. Doch in der letzten Nacht hatte es endlich wieder geregnet und so war es noch angenehm kühl im Haus. Der Radiowecker hingegen beschallte Jan seit einigen Minuten schon wieder mit südamerikanischen Rhythmen und die Wettervorhersage prophezeite erneut einen heißen Tag. (...) Seine Hoffnung auf einen harmonischen Morgen war dahin. Er wusste, dass Anna nun schon einigermaßen sauer war. Jetzt durfte er keine Zeit mehr verlieren, er wandte seinen Blick vom Fenster ab und verließ schnellen Schrittes das Schlafzimmer.
Dieser gesamte Absatz könnte auf drei kurze Sätze zusammengestrichen werden. Wenn Du Dich hier auf der site umliest, wirst Du sehen, daß es einen overkill an stories gibt, in denen die Schwierigkeit benölt wird, aus dem Bett zu kommen. Vllt soll das besonders nachvollziehbar und alltäglich sein, aber es erzählt in Wahrheit rein gar nichts und nervt schlichtweg. Es klingt nämlich entsetzlich schluffig, und diese Stimmung überträgt sich schnell auf den Leser.

Übrigens: Man macht einen Zeilenumbruch nach Sprecherwechsel, damit klar wird, wer spricht.

So gut wie Du seinen Schock, die Gefühle und das ganze Nachdenken über die Beziehung skizziert hast, umso vager ist das Ende. Bei all den vielen Krimis, Horrorfilmen, realer Gewalt an Schulen, in Familien, machen wir uns selten klar, daß es nicht 'normal' oder einfach ist, einen anderen Menschen zu verletzen oder gar zu töten. Selbst wenn es wie hier halbwegs im Affekt passiert sein könnte (oder ist es Mord?), ist so ein abgeklärtes Gespräch mit einer Leiche/Sterbenden eine Handlung, die eine schwere psychische Störung voraussetzt - und zwar eine, die bereits länger bestand. Sonst wäre hier ein Schockzustand angesagt, der den über die harschen Worte im Bad wohl locker um ein Vielfaches überstiegen hätte.

Jetzt ist die Frage, was Du mit dem Täter zeigen wolltest - einen Liebenden, der ansatzweise im Affekt tötete (immerhin greift er ein Messer, was eine kurzfristige Planung bedeutet, juristisch gesehen), oder einen psychisch Gestörten, der einen Mord beging. Was es sein soll, erschließt sich mir nämlich nicht. Hier würde ich zu Recherche raten, was Tötungsdelikte, die Psyche von Mördern, Motive und Handlungsabläufe angeht, und zwar bei fact, nicht bei fiction. Mit dieser Unstimmigkeit steht und fällt nämlich diese Geschichte.

Hoffe, Du kannst etwas mit meinen Eindrücken anfangen.

Viele Grüße,
Katla

 

Hi Katla,

ich sehe, da gibt es noch einiges zu tun, vielen Dank für Deine Anregungen und Eindrücke. Ich gebe zu, dass ich mich nicht in dem Maße mit der Geschichte auseinandergesetzt habe, wie Du das vorschlägst.

In der Tat wollte ich eine Affekthandlung darstellen. Da werd ich wohl noch etwas Arbeit haben^^

Nochmal vielen Dank!

Grüße

Sky

 

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