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Laura auf dem Weg in die Glückseeligkeit
Inmitten der Schwärze der Nacht; in das Kleid peitschenden Regens und stürmischer Winde gehüllt, gibt es ein Wesen, das durch die Luft tanzt und die wahre Kunst der tödlichen Akrobatik vollführt. Sie ist ein schwarzer Engel, der seinen Weg findet; sich nicht aufhalten lässt; und die Geschosse zischen pfeifend an ihr vorbei, brechen durch den Äther und verglühen dann. Einige durchdringen ihre warme Haut, verletzen sie vielleicht, aber vom endgültigen Tod ist sie noch weit entfernt. Nur weitere Narben, die ihren einst so schönen Körper zieren werden.
Dann, nachdem sie Naturgesetze gedehnt und der Schwerkraft minutenlang getrotzt hat und Blut aus unzähligen Wunden fließt, hat sie sich ihrem Gegenüber hinreichend genähert.
Ein letzter, vom Hass entflammter Tritt und er liegt am Boden; das Gewehr weggeschleudert; sämtliche Rippen gebrochen.
Carlos atmet heftig.
"Hast du mich jetzt du suchende Seele. Wirst du Vergnügen finden in meiner Hinrichtung? Nein, denn deine kalten Augen glänzen wie verbotene Smaragde. Nur Wut und Abscheu kennst du, das ist dein Fluch. Niemals wirst du glücklich sein!"
Das Leben weicht von ihm; der Kampf hat ihm alles abverlangt. Seine Augenklappe ist verrutscht und offenbart den Einblick in sein gefühlsloses Inneres. Wie unglaublich gleich er ihr doch war.
Keine Himmelschöre und Engelsposaunen; nur der Wind; die Laute der plätschernden Tropfen.
Laura fällt auf die sanften Knie und stößt stille Gebete in die mystische Aura der Hoffnungslosigkeit hinein. Wie sehr hofft sie auf Dramatik; Filmmusik und warmes Schlottern sollen sie ergreifen. Stattdessen ist da nur der Frust, der sie immer bitteren und unerträglicheren Qualen aussetzt.
"Sterb nicht einfach!" - Sie kriecht von Schmerzen gepeinigt auf die leblose Gestalt zu und schüttelt sie. "Du kannst nicht einfach abhauen. Nicht ohne mir Genugtuung zu schenken!"
Sie beginnt zu weinen; so heftig wie noch nie zuvor in ihrem inhaltslosen, von der Jagd geprägten Leben. Sie schreit den Kosmos an und verflucht den Schöpfer. Dann plötzlich erhält sie ein Zeichen. Ein weiterer Hinweis, der aus Carlos´ Jacket geweht wird.
"Ist das etwa alles?", brüllt sie gen Himmel, "Ein verfluchter Zettel, mit dem nächsten todgeweihten Dämon darauf?" - Ihre Finger verkrampfen sich um das nasse Papier und zerknüllen es. Anschließend schmeisst sie es voller Verachtung vom Dach des Wolkenkratzers.
"Niemanden werde ich mehr töten, solange du mir keine Emotionen gibst! Ich will es genießen, das Syndikat der Bösen auszulöschen!"
Eine unsichtbare, riesige Hand berührt plötzlich ihre verletzten Schultern und ein Zucken durchfährt sie. Dann steht sie auf und lacht; wischt sich die an Bedeutung verlorenen Tränen vom geschwollenen Gesicht.
"Ja. Jetzt weiss ich, was es heisst fehlgeleitetes Leben auszulöschen! Ich spüre jede Einzelheit; sollen sie Sühnen für ihre Schandtaten!"
Der Zettel kommt erneut auf sie zugeflogen, als hätte sie ihn nie weggeworfen; und diesesmal liest sie ihn; vom Hochgefühl des Empfindens beflügelt.
Seht! Der Engel hat endlich Flügel bekommen!
Es steht ihr Name dort geschrieben.
´Laura` ; und er ist bereits abgehakt. Von Gewissheit und wohliger Wärme und lustvoller Extase majestätisch durchflutet, springt sie hinunter; stürzt sie sich in die gähnenden Schluchten des Molochs und kreischt dabei vor Freude.
Möge sie endlich Erlösung finden.