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Lauf, Miss Piggy, lauf...

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12.04.2003
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Lauf, Miss Piggy, lauf...

Wenn ich heute so dasitze und nachdenke, muss ich an Miss Piggy denken, unsere kleine Miss Piggy. Immer wenn ich an sie denke, kann ich nicht schlafen, kann ich nicht essen, dann denke ich einfach nur an Miss Piggy. Und jedes mal erfüllt es mich mit Trauer und gleichzeitig mit unbändiger Schuld.
Alles hatte seinen Lauf vor gut fünf Jahren genommen. Es war ein sonniger Frühlingsvormittag und ein Schultag wie jeder andere - so fing er jedenfalls an.
„Guten Morgen. Kinder setzt ihr euch bitte, wir haben heute noch viel zu tun.“ Frau Heide kam in unsere Klasse, schnell hasteten alle auf ihre Plätze. Ich hatte zuerst gar nicht mitbekommen, dass sie den Klassenraum betreten hatte. Erst als sie mich und Jose noch einmal persönlich aufforderte, doch bitte Platz zu nehmen, folgten wir. Zuvor hatten wir am Fenster gestanden und uns über ein Fußballspiel unterhalten, zu dem wir heute mit einigen Freunden aus der Parallelklasse gehen wollten. Ich machte mir nicht besonders viel aus Fußball, aber weil alle diesen Sport liebten und Joses Vater uns die Karten ausgegeben hatte, ging ich mit, ich wollte einfach dabei sein.

„So Kinder, was ich euch sagen wollte ist, dass ihr heute eine neue Klassenkameradin bekommen werdet. Seid nett zu ihr und nehmt sie gut auf. Ich hol sie jetzt rein.“
Sie warf einen strengen Blick über ihre schmale Brille und ging dann zur Tür. Bevor sie diese öffnete, sah sie uns noch einmal mit genau dem gleichen Blick an, einem Blick, der heißen sollte, wenn wir nicht alles so machen würden, wie sie es uns aufgetragen hatte, würden wir es mit ihr persönlich zu tun bekomme gehasst, doch muss ich heute sagen, dass sie wohl eine der besten Lehrerinnen war, die ich mir hätte vorstellen können. Sie war zwar streng, aber auch überaus korrekt und fair. Sie setzte sich für uns ein, wann immer es nötig war und hielt auch weiter zu uns, als wir sie aufs Tiefste enttäuscht hatten.
Heute weiß ich das zu schätzen.
„So, du kannst nun reinkommen, die Klasse wartet schon auf dich.“ Sie hielt die Tür auf und herein kam unsere neue Mitschülerin.
„Dies ist Sarah Meier. Ihr werdet sie aufnehmen, wie ihr es euch wünschen würdet, wenn ihr an ihrer Stelle wäret. Stellt euch vor, ihr kämt aus einer fremden Stadt in eine neue Schule und müsstet erst einmal neue Freunde finden.“
„Unter uns wird sie keine Freunde finden,“ unterbrach Jasmin Frau Heide.
Allgemeines Gelächter breitete sich in unserer Klasse aus, und auch ich musste mich dabei ertappen, mitgelacht zu haben.
„Jasmin, nimm dich zusammen,“ ermahnte sie Frau Heide laut. „Hör nicht auf die! Die machen jetzt nur Spaß, auch wenn das überhaupt nicht lustig war, Jasmin. So etwas wird in Zukunft unterbleiben, dass wir uns da richtig verstehen.“
Mit einem durchdringenden Blick sah Frau Heide Jasmin an. Ich wäre unter diesem Blick zusammengeklappt, Jasmin aber ließ er völlig kalt. Ich sah zu unserer neuen Mitschülerin hinüber, die dort vorne stand. Verängstigt hatte sie sich so weit wie möglich hinter Frau Heide versteckt, auch wenn das nicht so gut möglich war, denn Frau Heide war eine dünne große Frau. Die Neue war klein und ziemlich pummelig. Sie platzte beinahe aus ihren Kleidern heraus. Und unglücklicherweise trug sie auch noch sehr körperbetonte Kleidung. In ihrem fleckigem T-Shirt und ihrer hautengen geringelten Hose sah sie ziemlich lächerlich aus.
„Sie meinen doch nicht, dass wir uns wirklich mit so einer anfreunden. Sehen sie sich die doch mal genauer an. So fett - und dann auch noch diese Kleidung! Billiger geht’s ja wohl nicht. Hat sie wahrscheinlich von einer Müllkippe. Von da kommt sie ja anscheinend auch.“
Frau Heide ermahnte Jasmin wieder mit scharfen Tönen und drohte ihr an, ihre Eltern zu informieren, worauf Jasmin zunächst Ruhe gab.
„So, nun wird sich unsere neue Mitschülerin neben Nathalie setzen. Nimmst du bitte den Rucksack vom Stuhl.“
„Muss das denn sein? Ich hab echt keine Lust, neben der zu sitzen. Tun sie mir das nicht an.“
„Nathalie!“ Frau Heide wurde jetzt erkenntlich lauter.
„Na gut.“ Schmollend gab Nathalie nach und nahm ihren Rucksack vom Stuhl. Frau Heide forderte nun Sarah auf, ihren neuen Platz einzunehmen. Während sie durch die Klasse nach ganz hinten ging, musste sie die verächtlichen Blicke aller Schüler ertragen.
Ein Flüstern breitete sich aus. Sarah kamen fast die Tränen. Sie war kurz davor, heulend die Klasse zu verlassen doch sie beherrschte sich, obwohl man ihr ansah, welche Qualen sie durchmachte.
„Guck dir die doch mal an. Die ist doch echt widerlich, wie die aussieht. Ich möchte mal wissen, was die für Eltern hat, bestimmst auch so hässliche fette Schweine. Oder was meinst du?“ Mit einem gehässigem Grinsen sah Jose mich an und zeigte dabei mit dem Finger auf Sarah.
„Ja, du hast recht!“ bestätigte ich ihn.
In der restlichen Stunde hielt uns Frau Heide noch eine Standpauke, in der sie davon sprach, dass man niemals jemanden wegen irgendwelcher Äußerlichkeiten missachten dürfe, aber dabei hörten ihr wohl genau so viele zu wie in der folgenden Deutschstunde.

-2-

Wir beeilten uns um pünktlich zum Sport zu kommen. Die letzten beiden Stunden - dann hatten wir endlich Schluss. Alle liefen irgendwie mit jemanden zusammen und unterhielten sich, nur Sarah bewegte sich in einem größeren Abstand von uns. Wahrscheinlich fürchtete sie sich vor uns, was man ihr nach ihrer Aufnahme in die Klasse auch nicht unbedingt übel nehmen konnte.
Dass sie sich von uns fern hielt, war uns allen nur recht. Ich glaube, dass niemand ihre Anwesenheit wirklich wünschte. Während ich mit einigen Freunden lästernd vorweg ging, warf ich einen Blick auf Sarah. Obwohl ich mich über sie belustigte, tat sie mir doch etwas Leid. Mit gesenktem Kopf trottete sie dort hinter uns, und wäre im Moment schon damit zufrieden, wenn niemand über sie lästern und man sie einfach nur ignorieren würde.
Wir waren nun beim Sportplatz angekommen. Die meisten gingen schnell in die Umkleidekabinen, sie wollten nicht wieder zu spät kommen. Unser Sportlehrer konnte echt unangenehm werden. Aber Jose forderte mich und zwei andere Jungs, Frank und Mark, auf, mit ihm am Eingang zu warten.
„Wollen wir mal mit unserer Neuen reden. Wir haben sie noch gar nicht wirklich begrüßt.“ Mit einem breiten Lachen sah er uns an. Frank gluckste erwartungsfroh. Mark und ich fragten Jose, was er vorhabe, aber er winkte nur ab und sagte uns, wir sollten sehen und lernen.
Und da kam Sarah auch schon. Als sie uns sah schreckte sie erst zurück, ging dann aber doch auf uns zu. Was sollte sie denn auch machen, hier war der einzige Durchgang zum Sportplatz. Mit gesenktem Blick rannte sie durch das schmale Tor und wollte gerade an uns vorbei, als sich Jose ihr in den Weg stellte.
„Na Miss Piggy, willst du deine neuen Klassenkameraden, denn nicht begrüßen?“ Jose stieß sie etwas zurück, so dass sie nun von uns umringt dastand und uns ängstlich anstarrte.
„Hallo,“ brachte sie leise heraus.
„Gut, dann hätten wir das geklärt. Dann wäre da noch was: Bei uns ist es üblich, dass uns die Neuen ein kleines Geschenk machen - so als nette Geste! Wir suchen uns dann mal was schönes aus. Okay?“
Grob riss Jose ihr den Rucksack, den sie zuvor festumklammert in den Händen gehalten hatte, weg. Sarah fing an zu weinen und flehte ihn an, ihr den Rucksack doch bitte wieder zu geben. Frank zog sie am Arm nach hinten, als sie versuchte, den Rucksack wieder an sich zu nehmen. Sarah stolperte, weil ich ihr ein Bein gestellt hatte und schlug hart auf den Kies auf. Wir lachten.
„Gut gemacht,“ lobten mich die anderen und sahen mich anerkennend an. Eigentlich hatte ich gar nicht das Verlangen gehabt, ihr weh zu tun, aber das war dann auch eher nebensächlich. Wichtig war, dass die anderen mich anerkannten!
„Mal sehen!“ Jose kramte in dem roten Rucksack. Sportsachen, die sich nicht sonderlich von Sarahs anderer Kleidung unterschieden, flogen in den Dreck. Heulend kroch Sarah auf allen vieren auf dem Boden und sammelte die schmutzigen Sportsachen wieder ein.
„Ah, sieht so aus, als hätten wir etwas gefunden!“
Triumphierend hielt Jose ein Portmanie hoch. Er öffnete das liebevoll bestickte Etui und brachte einige kleine Scheine zum Vorschein.
„Du solltest etwas mehr davon mit zur Schule bringen. Und nun verschwinde.“
Verächtlich warf Jose ihr den Rucksack vor die Füße.
„Bitte nehmt mir nicht das Geld. Davon wollte ich meiner kleinen Schwester ein Geschenk kaufen. Ich habe lange dafür gespart und heute hat sie Geburtstag.“
„Soll mir doch egal sein. Was willst du überhaupt? Du musst hier nicht unnötig Panik machen. Wenn deine Schwester genauso beschissen wie du ist, hat sie kein Geschenk verdient.“
Laut schluchzend stand Sarah auf, nahm den Rucksack und ging so schnell, wie es ihr möglich war weg.
„He, Miss Piggy, warte noch. Dein Portmanie,“
Jose warf ihr das Portmanie nach und traf sie am Kopf. Sie heulte laut auf, hob es auf und verschwand schnell in der Umkleidekabine. Als ich sie so weggehen sah, fühlte ich mich schuldig. Ich fühlte mich schuldig, weil ich mitgemacht hatte. Alleine hätte ich so etwas nie getan, aber in der Gruppe wurde man einfach mitgerissen.

-3-

Wir waren wieder zu spät gekommen. Unser kleiner Spaß hatte uns zu lange aufgehalten. Als Strafe sollten wir vier drei Runden extra laufen. Auch Sarah, die natürlich auch zu spät kam, uns aber nicht verriet, musste mitlaufen. Für uns war das nicht unbedingt ein Problem. Es war zwar anstrengend, aber keine wirkliche Plage. Wir kamen zu viert bei den anderen an. Sie warteten schon auf uns.
„Schneller Sarah. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Mann, bist du lahm, da ist ja meine Oma mit dem Rollstuhl schneller als du. Nun aber ein bisschen flott,“ schrie unser Sportlehrer genervt über den Platz.
Schweißgebadet rannte dort hinten Sarah.
„Lass die dritte Runde sein, aber beeil dich.“
Sie hatte noch gut zweihundert Meter zu laufen und damit erst die Hälfte der Bahn geschafft.
„Komm, lasst sie uns einsammeln,“ schlug einer aus unserer Klasse vor und alle bis auf den Sportlehrer folgten ihm.
Wir rannten quer über den Platz auf Sarah zu. Als sie uns sah, wich sie vorsichtshalber zur Seite. Jetzt waren wir auch endlich alle bei ihr angekommen.
„Wir sollen dir etwas Tempo machen, Miss Piggy!“
Jasmin überholte sie und gab ihr dabei einen Schlag mit der flachen Hand auf den Hinterkopf. Leise heulte Sarah auf. Man sah ihr wirklich an, wie sie sich quälte. Der Schweiß rann ihr aus allen Poren und sie gab sich die größte Mühe so gut zu laufen, wie sie es konnte. Sie schloss ihre Augen und presste ein paar Tränen heraus, die sich mit dem Schweiß vermischten.
„Lauf, Miss Piggy, lauf.. ,” schrie auf einmal ein Junge aus der vordersten Reihe. Schnell wurde der Ruf von allen aufgenommen und schon bald trieb die gesamte Klasse Sarah mit den Worten: „Lauf, Miss Piggy, Lauf... ,“ vor sich her. Weinend, heulend, schwitzend und von uns allen zutiefst gepeinigt lief sie vor uns her. Ab jetzt war sie nicht mehr Sarah, für uns, sondern nur noch Miss Piggy.

-4-

Schon zwei Wochen, nachdem Sarah in unsere Klasse gekommen war, fuhren wir auf Klassenfahrt an die See. Kein Tag war vergangen, ohne dass wieder alle auf Sarah rumgehackt hatten. Obwohl sie keiner mochte, wollten die meisten sie auch nicht missen, denn sie war eben das ideale Opfer für viele. Und Johann, der vorher unter Angriffen aus der Klasse hatte leiden müssen, freute sich auch, denn keiner versuchte mehr, jemanden anderes zu ärgern als Sarah.
Wenn jemand wütend war, ließ er es nur an Sarah aus. Sie hatte ungewollt den Klassenmittelpunkt gebildet. Alle, die ihre Wut auslassen, sich abreagieren oder einfach nur schadenfroh zusehen wollten, wie Sarah immer und immer wieder gepeinigt wurde, scharrten sich um sie.
Ich kam gerade vom Essen, als ich Sarah im Vorraum der Jugendherberge erblickte. Das Gesicht mit den Händen verdeckt, saß sie da und weinte bitterlich. Ich wusste nicht, was vorgefallen war, es hatte ihr doch in den letzten Stunden keiner etwas getan. Sie war von uns eigentlich nur ignoriert worden. Warum weinte sie dann? Sie hatte doch nichts zu beklagen.
Zuerst wollte ich einfach vorbeigehen, doch dann fühlte ich mich irgendwie verantwortlich. Ich setzte mich zu ihr und legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter.
„Was ist denn los? Ist irgendwas passiert?“
Erschrocken sah sie mich zuerst an. Sie dachte wohl, ich würde mir einen Spaß erlauben, was man ihr ja auch nicht verübeln durfte. Sonst wollte ich doch auch nichts mit ihr zu tun haben und jetzt ging ich zu ihr und wollte sie trösten.
„Nein, es ist nichts Schlimmes, ich hab heute nur Geburtstag und niemand ist...“
Sie konnte den Satz nicht zuende bringen. Laut schluchzend brach sie in Tränen aus.
„He, ist doch nicht so schlimm. Wenn du zu Hause bist werden deine Freunde mit dir feiern, dann wird alles wieder gut.“
„Ich hab nur keine,“ gab sie schluckend zurück.
„Dann, äh, hier. Ich weiß es ist nichts großes, aber ein kleines Geschenk. Vielleicht gefällt es dir ja.“
Ich gab ihr ein Buddelschiff, das ich gestern im Dorf gekauft hatte. Eigentlich war es ja für meine Eltern gedacht, aber es tat mir einfach zu leid, mit ansehen zu müssen, wie Sarah tränenüberströmt dort saß und nichts hatte, über das sie sich an ihrem Geburtstag freuen konnte.

Sie bedanke sich bei mir und ihre vertränten Augen glitzerten . Das erste Mal sah ich sie nun wirklich froh. Sie strahlte und sah mich wie einen Heiligen an. Ich hatte noch nie gesehen, dass sich ein Mensch so über eine solche Kleinigkeit gefreut hatte. Sie bedankte sich noch mal und ging in ihr Zimmer. Nachdem ich ihr dieses Geschenk gemacht hatte, fühlte auch ich mich sehr froh und erleichtert. Es war einfach so gekommen und ich freute mich darüber, einem so unglücklichen Menschen wieder etwas Lebensfreude geschenkt zu haben.

-5-

Am gleichen Abend saßen wir mit einigen aus der Klasse im Vorraum der Jugendherberge, Jasmin, Frank, Mark, Jose, Kathrin und ich. Draußen dämmerte es schon langsam. Die Lampe über der kleinen Sitzecke schien nur sehr schwach. Sarah saß auch im Vorraum. Sie hatte sich jedoch einen Stuhl genommen und sich abseits gesetzt. Glücklich betrachtete sie das Buddelschiff.
Wir unterhielten uns über den heutigen Ausflug, den wir alle ziemlich langweilig gefunden hatten. Als uns nach einiger Zeit die Gesprächsthemen ausgingen, stand Jasmin plötzlich auf.
„Wollen wir doch mal sehen, was unsere Freundin Miss Piggy macht.“
Ich hätte sie aufhalten sollen, ich wollte es auch, aber ich konnte es nicht. Hätte ich mich jetzt für Sarah eingesetzt, wäre ich für immer unten durch gewesen, also ging ich mit.
„Was hast du denn da?“
Jasmin riss ihr das Buddelschiff aus den Händen. Sarah sprang auf und nahm es wieder an sich.
„Das darfst du mir nicht wegnehmen. Das ist ein Geburtstagsgeschenk.“
„Wer schenkt dir denn schon etwas zum Geburtstag, Miss Piggy? Wahrscheinlich hast du dir das nur ausgedacht und es dir in Wahrheit selber gekauft.“
„Das ist nicht wahr. Das ist ein Geschenk von Tom!“ schrie Sarah wütend.
Überrascht wandten sich alle zu mir um.
„Du Tom,“ stotterte Jose erschrocken.
Ich zögerte. Was sollte ich tun?
„Du hast ihr doch nicht wirklich das da geschenkt. Oder?“
Alle sahen sie mich an, Sarah mit einem flehenden weinerlichen Blick, die anderen überrascht bis schockiert.
„Nein. Das hat sie sich nur ausgedacht. Der schenk ich doch nichts,“ log ich und wusste im gleichen Moment, das ich es mir nie verzeihen würde.
Laut schrie Sarah auf. Tränen liefen ihr über die Wangen, sie zitterte. „Das hätte ich nicht von dir gedacht,“ schluchzte sie. Dann wandte sie sich ab und rannte aus der Jugendherberge. Wir folgten ihr. Die Tür nach draußen stieß Sarah weit auf. Heulend, schluchzend und zutiefst verletzt verließ sie das Gebäude. Wir folgten, und zwar mit unserem üblichen Schlachtruf: „Lauf, Miss Piggy, lauf....”
Ich rief nicht mit, aber trotzdem lief ich mit ihnen. Wir trieben sie hinaus aus dem Gebäude, auf die Straße, dem Wald entgegen und plötzlich geschah etwas, das unser Leben entscheidend verändern sollte. Ganz unerwartet kam ein Wagen aus dem Nichts.
Und dann war es passiert, ganz plötzlich. Ich sah Miss Piggy durch die Luft fliegen und dann hart auf dem Boden aufschlagen. All das geschah wie in Zeitlupe für mich. Ich sah alles ganz genau und würde in meinem ganzen Leben diese Bilder nie wieder vergessen können .
Jetzt war sie tot. Unsere Miss Piggy war tot. So schnell konnte es alles gehen. Wir hatten sie alle zusammen in den Tod gehetzt.
Ich sah zu den anderen rüber. Auch ihr Ruf war endlich verhallt. Ich sah ihre betroffenen Gesichter, ihre Angst, ihre Schuld. Doch hatten sie sich alle um vieles weniger mit Schuld beladen als ich. Sie hatten sie gequält und gepeinigt, doch hatten sie das nicht aus böswilligen Motiven getan. Sie wollten sich nur in der Gruppe profilieren, Anerkennung erhaschen, dabei sein.
Mir hatte Sarah vertraut, mich hatte sie geachtet und ich hatte ihr Vertrauen missbraucht, sie zutiefst enttäuscht. Ich hatte sie fröhlich gemacht und sie dann, der Gruppe wegen, verraten und erniedrigt.
Heute scheint es mir paradox. Hätten ich Miss Piggy ohne unsere Gruppe getroffen, wären wir unter Umständen sogar Freunde geworden, aber als sie kam, die nicht in unsere Gruppe passte, machten wir ihr das Leben zur Hölle, hetzten sie letztendlich in den Tod, und hatten es nie gewollt.

 

Hallo David!

Erstmal Herlich Willkommen hier bei kg.de:-)
Das Thema deiner Geschichte hat mir gefallen, obwohl es, denke ich schon oft in eine Geschichte eingebracht wurde. Außerdem find ich es toll, dass du in deinem Alter schon anfängst zu schreiben, hab ich auch gemacht:-)
Ein paar Rechtsschreibfehler sind mir noch aufgefallen

zum Beispiel:

Zitat: Ich sah alles ganz genau und würde in meinem ganzen diese Bilder nie wieder vergessen können....

Zwischen ganzen und diesen fehlt glaube ich "Leben", oder?

Dann würde ich an deiner Stelle die Geschichte nicht in Kapitel einteilen, das macht man glaube ich bei Kurzgeschichten nicht, und die Zahlen stören nur.

Im übrigen finde ich die Stellung des "Tom" noch etwas unglaubwürdig, es mag schon sein, dass er in Abwesenheit seiner Kamaraden Sarah helfen wollte, aber es wundert schon, dass er sich dann sofort zu ihr setzt,ihr etwas schenkt und Sarah ihm auch sofort Vertrauen schenkt.
Nun, du kannst die Geschichte ja nochmal überarbeiten, auch ist an manchen Stellen die Ausdrucksweise etwas stockend.
Das von mir dazu:-)

Liebe Grüße

Imke

 
Zuletzt bearbeitet:

Danke für den Beitrag.
Hätte nicht gedacht, dass ich so schnell Antwort bekomme.
Vielleicht ist es ja ein bisschen unglaubwürdig, dass Tom sich gleich zu ihr setzt und ihr helfen will, so wie ich aber über ihn denke, ist er nicht wie seine Freunde, er will doch nur dabei sein. "Leben" setzte ich auch gleich ein, wenn ich herausfinde wie das geht.

Danke
Gruß
David E.

 

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