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- 01.09.2005
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Lassiter reitet allein
Das Höllenfeuer der Südwestsonne begann zu erlischen. Die Nacht hatte sich bereits auf den Weg gemacht, im Gefolge ihre Kojoten und Dinge, die meist unausgesprochen bleiben, aus Angst, ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Der Rest des Tageslichtes war blutrot, und der Hitze war es egal, dass ihre Mutter gerade den täglichen Tod starb. Sie blieb. Die staubige Geröllstraße der kleinen Stadt war leer, nur der Totengräber stand vor seinem Laden und lächelte breit, als er Johnny und Frank heran reiten sah. Die Art, wie die Gewehre an ihren Pferden baumelten, ließ ihn vermutlich ein Geschäft wittern.
„Guten Tag“, sagte der Totengräber und nahm den Zylinder von seinem kahlen Schädel. „Kopfgeldjäger, die Herren?“, fragte er.
Frank und Johnny geboten ihren Pferden Einhalt. Frank studierte aufmerksam einen ausgestellten Sarg und fragte: „Was genau geht dich das an?“
„Eigentlich natürlich nichts, werter Herr, es ist nur … ich möchte nicht taktlos erscheinen, aber Kopfgeldjäger sind oft gut fürs Geschäft.“
Johnny grinste Frank an. Der lächelte nicht zurück.
„Wir sind auf der Suche nach John Lassiter“, sagte Frank. „Hast du den Namen schon mal gehört?“
Eigentlich hätte der Totengräber nichts mehr sagen müssen, denn die Art, wie er schluckte und die Augen weitete, verriet, dass er durchaus wusste, wer John Lassiter war. Dennoch sagte er: „John, John Lassiter, ja, der ist in der Stadt.“ Er spielte nervös mit der Krempe seines Zylinders, den er nicht wieder aufgesetzt hatte. „Kein sehr angenehmer Mann, John Lassiter, ist er nicht, oh nein, Sir. Ein Höllenhund von einem Mann, das ist John Lassiter.“
Der Totengräber machte einen Schritt auf Frank und Johnny zu, blieb aber auf seiner Veranda und blickte nervös die Straße auf und ab. Schließlich flüsterte er: „Meine Herren, sie sind doch nicht ernsthaft wegen John Lassiter hier?“
Frank und Johnny sahen ihn emotionslos an.
„Aber … meine Herren … John Lassiter tanzt im blassen Mondlicht mit dem Teufel, das tut er. Diese Stadt wird zur Hölle fahren. Legen sie sich um Gottes Willen nicht mit John Lassiter an. Wenn er die Häuser mit ihrem Blut gestrichen hat, wird das erst der Anfang gewesen sein. Schwer wieder zu beruhigen, wenn er erst einmal seinen Colt gezogen hat, das ist John Lassiter, meine Herren.“
Er drehte sich kurz zu dem ausgestellten Sarg um. „Viel Arbeit für mich, meine Herren, viel gutes Geld, ich kann mich zwei Monate lang nur in den Saloon setzen, wenn ich will, aber Jesus Christus, einen wütenden John Lassiter in dieser Stadt rumlaufen zu haben ist das nicht wert, oh nein, Gentlemen, ganz bestimmt nicht. Hier gibt es so viele Halsabschneider, die Kopfgeld bringen, ich bitte sie. Komandschen-Bill hat gestern einer Hure im Molly’s mit einem Rasiermesser das Gesicht in Streifen geschnitten. Mieser Hund, Komandschen-Bill, holen sie sich den, der hat es auf jeden Fall verdient. Oh, süßer Jesus, Bill hat es verdient.“
„Wir holen Bill“, sagte Frank. „Aber heute sind wir wegen John Lassiter hier.“
Der Totengräber nickte.
„Ich verstehe.“ Er schlurfte langsam rückwärts, in Richtung des Eingangs zu seinem Laden.
„Wo?“, fragte Frank.
Der Totengräber flüsterte: „Ein Zimmer über dem Saloon, das hat John Lassiter, meine Herren. Tagsüber hurt er, abends trinkt er und spielt Karten. Hat erst einmal verloren, dieser John Lassiter. Den Gewinner hat’s ein Auge gekostet.“
Frank griff in einen Beutel, den er an seinem Sattel befestigt hatte. Die Augen des Totengräbers weiteten sich vor Entsetzen. Als Frank etwas hervorholte und ihm zuwarf, schrie der kahle alte Mann auf. Dennoch konnte er nicht anders, als das in der Abendsonne glitzernde Objekt zu fangen.
Es war eine Goldmünze.
„Für deine Mühen“, sagte Frank.
Der Totengräber sah Frank und Johnny nach, wie sie in Richtung des Saloons ritten. „Wäre nicht nötig gewesen, Gentlemen“, rief er. „Viel Arbeit wird’s hier demnächst für mich geben, oh ja, Jesus Christus. Ich werde die ganze verdammte Stadt begraben.“ Er biss auf die Münze und las dann die Prägung.
„Av … gvst … Avgvstvs Con … stantiae?“, las er verblüfft vor. „Haben sie die Stadt nach ’ner Rothaut benannt?“
Der Blick des Saloon-Wirtes verriet, dass er um den Ärger wusste, den Frank und Johnny bedeuteten. Er war gerade dabei, ein Glas abzutrocknen, hielt mittendrin inne und bewegte sich keinen Zentimeter, als die beiden Männer seinen Laden betraten, mit auf dem Holz klappernden Stiefeln und klirrenden Sporen. So früh am Abend waren nur die im Saloon, die keine Familie zu versorgen, keinen Acker zu pflügen, kein Geschäft zu sortieren hatten. Nur drei Männer mit stinkendem Whiskey-Atem bevölkerten ihn, jeder an einem eigenen Tisch. Männer wie Ebenezer Elroy, der leise schluchzend versuchte, die Gedanken an sein im Bürgerkrieg abgeschossenes Bein aus seinem Kopf zu löschen, indem er sich betrank.
Frank legte Ebenezer eine Hand auf die Schultern. Der sah auf und zischte lallend: „Willst du sterben, du dämlicher …“ Als Ebenezer Frank in die Augen sah, begann er zu weinen. Johnny lächelte und sah zwischen Frank und dem verwirrt dreinblickenden Wirt hin und her.
Plötzlich stand Ebenezer auf, stützte sich auf seine Krücke, die ihm das rechte Bein ersetze, und humpelte zum Ausgang.
„Was soll denn das werden, ’nezer?“, rief der Wirt ihm hinterher.
Ebenezer blieb kurz vor den Schwingtüren stehen, drehte sich um und sagte: „Ich nehme den nächsten Zug nach Osten. Mein Sohn lebt in der Nähe von Chicago.“
„Dein Sohn?“, fragte der Wirt. „Was willst du denn nach zehn Jahren auf einmal von dem?“
„Ich will ihn sehen, weil er mein Sohn ist, verdammt noch mal“, antwortete Ebenezer. „Weil ich einen Sohn habe. Ich habe einen Sohn, und ich fahre jetzt zu ihm.“
Als Ebenezer durch die Schwingtür verschwand, winkte der Wirt ihm mit einem Glas in der Hand hinterher und rief: “ ’nezer, willst du dir nicht wenigstens einen Drink mit auf den Weg nehmen? ’nezer, Junge, es ist kalt da oben im Nordosten.“
„Sein Herz ist warm“, sagte Frank. „Das reicht.“ Ohne den Kopf zu senken spuckte er auf den Boden und ließ dabei den Wirt nicht aus den Augen. „John Lassiter“, sagte er. Der Wirt sah den Mann höhnisch an, der ihn gerade einen Stammgast gekostet hatte. „Weißt du Cowboy, wenn wir’s denn in ganzen Sätzen hätten, hätte ich vielleicht auch ’ne Chance zu antworten.“
Frank trat an die Theke. Der Blick des Wirtes ging zwischen den Griffen der Colts, die aus seinem und Johnnys umgeschnallten Halftern ragten, hin und her. Er blickte Frank in die Augen, sah kurz hoch zur Decke und wieder zurück zu Frank. „Zimmer zwei“, sagte er. „Er hat ein Mädchen da oben, also stehen die Chancen gut, dass ihr ihn unvorbereitet erwischt. Das Kind ist eine der süßesten Nutten des Westens, also tut uns Leuten hier ’n Gefallen und versucht es so zu drehen, dass sie nichts abkriegt, ja?“
„Wie heißt sie?“, fragte Frank.
„Marie-Louise Jenkins“, antwortete der Wirt.
„Sie wird das gesparte Geld klug nutzen und nicht als Hure sterben“, sagte Frank. Dann beugte er sich über die Theke und schnüffelte wie ein Hund am Gesicht des Wirtes. „In deinem Magen wächst ein Kind, dessen Geburt du nicht überleben wirst“, sagte er.
„Was?“, fragte der Wirt.
„Sag’ deiner Frau heute Abend, dass du sie liebst“, antwortete Frank. „Sag es ihr jeden Abend und jeden Morgen.“
Frank griff in den Beutel, den er jetzt an sein Halfter gebunden trug. Er legte eine bronzene Münze auf die Theke. Der Wirt nahm sie und musterte sie fragend. „Philipp … was steht da?“
„Erzbischof Philipp von Heinsberg“, sagte Frank, während er die Treppenstufen zu den Gästezimmern gemeinsam mit Johnny erklomm. Als sie nicht mehr zu sehen waren, flüsterte der Wirt: „Heinsberg? Gott, wie ich die Deutschen hasse.“
Als Johnny und Frank sich auf dem engen Flur dem Zimmer Nummer zwei näherten, sprang dessen Tür plötzlich auf und ein halbnacktes Mädchen, das den größten Teil seiner Kleidung auf den Armen trug, stolperte heraus als hätte sie jemand geschubst..
„Du Schwein!“, schrie sie in das Zimmer. „Du bist ein Schwein und es ist mir scheißegal, für wen du dich hältst! So behandelt man eine Frau nicht!“
Aus dem Zimmer drang eine gemeines Lachen voller Hohn.
„Frauen?“, fragte der Lachende. „Wie steht’s mit Nutten, kann ich Nutten so behandeln?“
Wuttränen stiegen dem Mädchen ins Gesicht. Sie wandte sich um, lief in Franks Arme und erschrak. Eines ihrer Augen war in dunklem rosa zugeschwollen, aus einer Wunde an ihren vollen Lippen floss Blut. Frank bedeutete ihr, still zu sein. Sie nickte. Bevor Frank Marie-Louise gehen ließ, zog er einen seiner Handschuhe aus und streichelte mit seinem Zeigefinger vorsichtig über ihre Lippen. Die Wunde schloss sich. Marie-Louise sah Frank verwirrt an und tastete über ihre geheilten Lippen. Dann lief sie weinend die Treppe runter.
Als Frank und Johnny im Türrahmen erschienen, saß John Lassister mit dem Gesicht zur Tür gewandt auf einem klapprigen Bett und hielt auf jeden der beiden einen Colt gerichtet. Von seinem schwarzen Anzug trug er nur die Hose. Er war bekannt dafür, dass er sich gern wie ein Gentleman aus der Stadt kleidete, und in seinen Anzügen sah er aus aus wie der Buchhalter einer Eisenbahngesellschaft. John Lassiter genoss es, sich von großmäuligen Cowboys, die Lust auf ein bisschen Spaß hatten und sich wenig Gegenwehr von einem Greenhorn erwarteten, anpöbeln zu lassen und sie dann zu erschießen oder auch mit dem Messer zu traktieren.
Lassiters linkes Auge war eine blinde, weiße Murmel, um die herum das Fleisch glatt und farblos war, als wäre es einmal geschmolzen und wieder erkaltet. Sein Grinsen, von Ohr zu Ohr, zeigte Zähne mit für den Westen überraschend wenig faulen Stellen und Lücken. Trotzdem konnte man zwei seiner Schneidezähne ansehen, dass sie einmal Bekanntschaft mit einer harten Faust oder vielleicht auch einer Stange aus Holz oder Eisen gemacht hatten. Lassiters Haar war glatt, schwarz und hing ihm in verschwitzten Strähnen fast bis zum Kinn. Normalerweise trug er es streng nach hinten gekämmt, so dass die vorderen Haare den kahlen Fleck auf seinem Hinterkopf überdeckten.
„Hallo, John“, sagte Frank. Johnny nickte Lassiter nur zu. „Du weißt, warum wir hier sind?“, wollte Frank wissen. Mit dem Lauf des Colts in seiner rechten Hand kratze Lassiter sich kurz an der Schläfe und machte ein nachdenkliches Gesicht, während er Johnny, auf den der Colt gezeigt hatte, nicht aus dem Auge ließ.
„Ah!“, rief er plötzlich. „Ihr seid von der Lotterie oben in Bakertown! Ich hab gewonnen! Stimmt’s?“
Frank erwiderte nichts.
„Verdammt!“, rief Lassiter gespielt erbost. „Ich wusste, dass die zwei Dollar rausgeschmissenes Geld sind. Dann seid ihr vermutlich wegen der Belohnung hier, die sie auf meinen Kopf ausgesetzt haben, was?“
Frank und Johnny schwiegen.
„Tja, Jungs, da seid ihr aber schön blöd, hier durch die offene Tür hereinspaziert zu kommen wie bei irgendeinem drittklassigen Viehdieb. Ich hab euch schon gerochen, als ihr unten reingekommen seid. Eigentlich müsste ich euch beide abknallen, allein schon, weil ihr euch so dämlich angestellt habt. Aber wisst ihr, die Kleine war klasse und ich bin bester Laune. Ich steh drauf, wenn sie sich nicht alles gefallen lassen. Das bringt ein bisschen Pulver in den Bums.“
Lassiter wartete kurz, so als wollte er sehen, ob Frank und Johnny anfangen würden zu lachen.
„Also, was kriegt ihr für mich. Dreitausend Dollar? Bin ich da noch auf dem Laufenden? Auf dem letzten Steckbrief stand dreitausend Dollar, da bin ich mir ziemlich sicher.“
Frank und Johnny sagten nichts.
„Also, das macht tausendfünfhundert für jeden.“ Lassiter nickte zu einem Stoffbeutel, der in einer Ecke des Zimmers lag.
„Das sind die Dollars aus der Postkutsche, die letzten Dienstag nach Fresno aufgebrochen ist. Klebt ein bisschen Blut dran, aber das kennt ihr ja gar nicht anders, was Jungs?“
Ein Anflug von Nervosität hatte sich in Lassiters Stimme geschlichen. Offensichtlich war er es nicht gewohnt, dass Leute auf seine Fragen schwiegen, erst recht, wenn er eine Waffe auf sie gerichtet hielt.
„Ihr kriegt dreitausend.“
Kein Wort.
„Jeder von euch.“
Stille.
„Scheiße!“, schrie Lassiter und schoss eine Kugel in den Türrahmen, so dass das Holz in Franks Augenhöhe explodierte. „Seid ihr zurückgeblieben oder sowas?“, fragte er wütend.
„Wir wollen dein Geld nicht, John“, sagte Frank. „Wir wollen, dass du mit uns reitest.“
Lassiter schoss eine Kugel in Franks Brust. Sie zerfetzte den Stoff seines Hemd. Mehr nicht. Kein Blut, keine Regung des Getroffenen. Mit einem angewiderten Gesichtsausdruck zog Lassiter erneut den Abzug. Diesmal traf die Kugel Frank in die Schulter. Er ließ sie kurz kreisen, so als wäre er an der Stelle verspannt.
Lassiter senkte seine Waffen. „Wer seid ihr?“, fragte er.
Frank antwortete mit einer Gegenfrage: „Als du diese Postkutsche überfallen hast, John, wurdest du da getroffen?“
„Wieso, bist du Arzt?“, fragte Lassiter unsicher lachend zurück.
„Wurdest du?“, insistierte Frank.
„Ja, aber nichts Wildes“, sagte Lassiter. „Ein oder zwei Kugeln, die konnte ich rausschneiden …“
„Die konntest du rausschneiden? Einfach so?“
Lassiter schluckte.
„Was ist damit passiert?“, fragte Frank und deutete auf seine eigene linke Gesichtshälfte.
„Wir haben einen Tresor gesprengt in Santa Fe“, sagte Lassiter, und die Erinnerung daran schien ihn kurzweilig in außerordentlich gute Stimmung zu versetzen. „Hab mich böse verbrannt, sah aus wie ’n verkohltes Spiegelei, aber die anderen hat es richtig erwischt, alle. Ich hab Schwein gehabt. Konnte das ganze Geld für mich behalten.“
„Du hast sehr viel Glück, oder, John?“
Lassiters gute Laune verflog so schnell, wie sie gekommen war.
„Was soll das heißen?“
Frank zuckte mit den Schultern.
„Zwei Geschichten von vielen“, sagte er. „Wirklich wahnsinniges Glück, nicht wahr?“
Lassiter grinste. „Ich bin eben nicht totzukriegen, Mann.“
„Bist du nicht?“, fragte Frank.
„Halt’s Maul!“, schrie Lassiter und hielt sich die Colts vor die Ohren, so dass er aussah wie ein widerspenstiges kleines Kind.
„Du weißt es, oder, John?“
„Du sollst die Fresse halten, verdammt!“
„Wir warten, John“, sagte Frank. Johnny trat einen Schritt vor und knüpfte sein Hemd auf. Ein fleischloser Brustkasten kam darunter zum Vorschein. Hinter den Rippen herrschte schwarze, alles Licht verneinende Dunkelheit.
„Einige von uns verlieren langsam die Geduld“, sagte Frank, und in der abgrundtiefen Schwärze von Johnnys Brustkorb öffnete etwas gelbe Augen, die leuchteten wie die einer Katze bei Nacht. Lassiter schoss aus beiden Colts darauf und schrie: „Leckt mich! Leckt mich! Leckt mich!“
Beim Schießen stolperte er auf bloßen Füßen zurück, bis er an das große Fenster des Zimmers stieß. Als die Hähne der Colts schließlich klackend auf leere Patronenkammern schlugen, benutze er ihre Griffe, um das Fenster einzuschlagen.
„John“, sagte Frank ruhig und streckte eine Hand aus. Vogelartige Klauen krallten sich aus dem Inneren von Johnys Brustkasten um seine Rippen, als wären es die Eisenstäbe des vergitterten Fensters in einer Gefängniszelle. In einer Imitation von Franks Geste reckten sie sich John Lassiter entgegen
„Reite endlich mit uns, John“, sagte Frank. „Es wird Zeit.“
Lassiter warf einen Colt nach Frank und sprang aus dem Fenster. In seiner offensichtlichen Panik stürzte er mit dem Kopf voran und brach sich beim Aufschlagen auf dem in der Abendsonne gold glitzernden Staub der Straße deutlich hörbar das Genick.
Frank sah den verdrehten Körper durch das Fenster mitleidig lächelnd und den Kopf schüttelnd an. Ein Mann mit einem gewaltigen Schnurrbart trat vorsichtig aus einem der Häuser auf der gegenüber liegenden Straßenseite. Als John Lassiter sich plötzlich aufrichtete, schlug er hastig die Tür wieder zu.
Lassiters Kopf baumelte auf seiner Brust hin und her. Er griff sich in den schwarzen Haarschopf und richtete ihn auf. Dann renkte er mit lautem Knacken etwas zurecht.
Lassiter band sein Pferd los und schwang sich darauf. Er sah hoch zu Frank und schrie: „Leckt mich!“ Dann gab er seinem Tier, dass auch für ein schlecht gepflegtes Pferd von ungewöhnlich vielen Fliegen belagert wurde, die Sporen, und ritt davon.
„Es wird dunkel, John“, sagte Frank, während er Lassiter hinterher sah.
Das Ding in Johnnys Brust seufzte enttäuscht. „Ich weiß“, sagte Frank.
„Keinen Erfolg gehabt, was?“, fragte der Totengräber, während er grinsend neben Franks Pferd herlief.
„Diesmal nicht, nein“, sagte Frank.
„Habe ich Ihnen ja gesagt, Sir. Ich hab’s Ihnen gesagt. Ein Teufel von einem Mann, das ist John Lassiter, Sir.“
„Er ist ein toter Mann“, erwiderte Frank und gab seinem Pferd die Sporen. Johnny tat es ihm gleich, und der Totengräber blieb im von den Hufen der Pferde aufgewirbelten Staub zurück. Er hüstelte und fecherte sich mit seinem Zylinder den Dreck aus dem Gesicht.
„Das glaube ich nicht, Cowboys“, sagte er und lachte, während die beiden Reiter zu immer kleineren Punkten am Horizont zusammen schrumpften.
„Nicht totzukriegen, das ist John Lassiter, meine Herren. Tanzt im blassen Mondlicht mit dem Teufel, das tut John Lassiter.“ Er setzte seinen Zylinder auf und trottete, immer noch lachend, zurück zu seinem Geschäft. „Jesus Christus, genau so ist es.“