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Lass uns nicht allein in der Wirklichkeit

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17.09.2017
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Lass uns nicht allein in der Wirklichkeit

Vor dem Fenster tanzen bunte Blätter unbekümmert im Wind.
Die warmen Strahlen der Herbstsonne fallen durch das Fensterglas und tauchen den Raum in ein sanftes Gold.
Das Mädchen sitzt im Schneidersitz auf dem Teppich, vor ihr eine Leinwand und neben ihr eine Palette mit einer Vielfalt verschiedener Farben.
Wie von selbst gleitet der Pinsel in ihrer schmalen Hand über die Leinwand und die feinen geschwungenen Pinselstriche vereinen sich zu gelb gefärbten Blättern, dunkel glänzenden Kastanien und dem roten Fell eines kleinen Eichhörnchens, das so lebendig wirkt, als könnte es, wenn es wollte, aus dem Bild heraus hüpfen.
Ein friedliches Lächeln umspielt die Lippen der Künstlerin und ihr Körper wiegt sich sanft hin und her, als gäbe es eine Melodie, die nur sie hören kann.

Von draußen hört man die Schritte einer Person. Das Laub raschelt unter den Schuhen. Wenig später wird eine Tür aufgeschlossen.
Das Mädchen beginnt leise, ihre Melodie zu summen.

Ein Mann öffnet die Tür und tritt hinter dem Mädchen in den Raum. Die leise Melodie verstummt. Ein kalter Luftzug weht herein und das Mädchen beginnt zu frieren.
"Melanie!" Die harte Stimme des Mannes durchschneidet die harmonische Atmosphäre.
Sie dreht sich nicht um. Noch immer wiegt sie sich langsam zu ihrer Melodie. "Hast du sie aus der Schule abgeholt, Melanie? Antworte mir!" Die Spitze des Pinsels in ihrer Hand beginnt leicht zu zittern. Endlich reagiert sie. Langsam wendet sie ihr Gesicht dem Mann zu. Eine Wolke hat sich vor die Sonne geschoben und verwehrt den warmen Strahlen ihren Weg in den Raum. In dem grauen Licht wirkt ihre Haut blass und leblos. Ihre Wangen sind eingefallen und die Augen ohne jeglichen Glanz.
"Melanie! Hast du unsere Tochter abgeholt?"
Die junge Frau schließt die Augen und schüttelt vorsichtig, kaum merklich den Kopf. Der Mann beugt sich zu ihr herunter.
"Sie ist dein Kind. Unser Kind. Du kannst sie jetzt nicht im Stich lassen. Sie trauert ebenso sehr wie du und ich. Lass mich mit unserem Kind nicht alleine, Melanie." Die Augen der Frau sind noch immer geschlossen. Mit ihren dürren Fingern umklammert sie den Pinsel. "Ich brauche dich, Melanie. Du kannst dich nicht einfach in deine eigene Welt zurückziehen und die Wirklichkeit ignorieren." Keine Reaktion. Die Frau öffnet ihre Augen nicht. Sie sieht nicht, wie dem Mann stille Tränen der Wut und Verzweiflung über die Wange rollen. Er verharrt noch einen Augenblick, dann steht auf und verlässt den Raum. Und während er den Flur entlang geht, hört er wie das Mädchen leise ihre Melodie weiter singt.

 

Hallo Nirvana,

deine Geschichte ist ja wirklich sehr kurz, aber ich versuche mich mal daran, meine Eindrücke zu schildern.

Zunächst eine Kleinigkeit:

Das Laub raschelt unter den Schuhen.
"den" Schuhen klingt für mich als Hinweis unpassend. Man hat sie ja noch nicht "gesehen", weswegen ein Verweis auf genau "diese" Schuhe unnötig ist.
"Das Laub raschelt unter ihren (der Person) Schuhen." wäre für mich die passendere Alternative - als ein Vorschlag.

Und jetzt zum Zentrum deiner Geschichte:
Du hast einen sehr schönen Wechsel geschaffen vom gedankenverlorenen und glücklichen Malen hin zum weltfremden Dahinvegetieren (farbkräftiges Bild VS. blasse und leblose Haut). Allerdings bleibt alles Drumherum absolut leer. Du machst Andeutungen, aber lange nicht genug, dass man daraus etwas konstruieren könnte. Es gibt eine Trauer - um irgendwas. Das hier

Sie trauert ebenso sehr wie du und ich.
löst wenig aus. Die Tochter ist also nicht tot - vielleicht also die Mutter bzw. Großmutter? Die andere Tochter? Oder sind sie einfach nur umgezogen und entwurzelt? Es könnte alles sein, vielleicht auch Nichts. Da müsstest du auf jeden Fall noch mehr schreiben.
Was auffällt ist die Beschreibung der "Mutter" als "Mädchen". Irgendetwas steckt dahinter, wahrscheinlich hast du dir etwas dabei gedacht. Allerdings müsstest du auch hier noch mehr ergänzen. Es geht nicht darum, alles offenbaren zu müssen - Mysterien und Zweideutigkeiten sind spannend. Aber aktuell ist der Text für mich noch nulldeutig, auch wenn ich glaube, dass du dir einige Gedanken darum gemacht hast.

Ich würde mich freuen, den Text nochmal zu lesen, wenn du ihn noch erweiterst!


Liebe Grüße,
Vulkangestein

 

Hallo Nirvana,

wie Vulkangestein schon schrieb, lässt du den Leser über die Hintergründe der Trauer im Unklaren.
Du beschreibst die Umgebung und das Wetter, aber nicht wie sich die Frau in ihrer Trauer fühlt. Oder verdrängt sie diese angestrengt? Das ließe sich noch ausbauen.
Die Sätze sind, besonders am Anfang, sehr kurz und lesen sich dadurch irgendwie abgehackt. Du könntest einige Sätze mit Bindewörtern zusammenfassen oder in Nebensätzen genauer beschreiben, um damit den Lesefluss harmonischer zu machen.

Wenn du magst, gebe ins Suchfeld oben Tipps für Schreibanfänger und Fortgeschrittene ein und schaue, ob dich das weiterbringt. Ich finde es hilfreich.

Viele Grüße
wegen

 

Hallo Vulkangestein

Danke für deine Kritik!
Bin noch relativ am Anfang und mich freut es sehr, wenn sich andere die Mühe machen, meine Texte zu lesen und mir Verbesserungsvorschläge zu schreiben, mir fallen nämlich selber viele Dinge noch nicht auf.

Ich habe vor, den Text irgendwann zu überarbeiten, allerdings wahrscheinlich nicht sehr bald, da ich momentan wenig Zeit habe. Werde dann versuchen, die Vorschläge umzusetzen und den Text ein wenig auszubauen.

Liebe Grüße,
Nirvana

 

Hallo wegen

Auch dir vielen Dank für deinen Kommentar und die Tipps, werde die Seite auf jeden Fall mal anschauen.

Liebe Grüße,
Nirvana

 

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