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Langeweile

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05.05.2013
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Langeweile

Das Ticken seiner Armbanduhr hielt ihn vom Einschlafen ab. Er hielt sie sich ans Ohr und lauschte dem eintönigen Klang, während seine Augen immer kleiner und schläfriger wurden.
Seinen Kommilitonen ging es ähnlich. Gelangweilt saßen sie auf ihren Stühlen und vertrieben sich die Zeit mit ihren Smartphones oder Tischkritzeleien.
Der Professor stand vorne an seinem Pult und redete. Er bediente sich eines Katalogs an Fremdwörtern und ließ jeden seiner Studenten wissen, dass er ihnen intellektuell über war. Sein Geschwätz ergab keinen Sinn, da war er sich sicher, es ging ihm allein darum, sie alle zu erniedrigen. Dreißig Minuten ging das schon so und ein Ende war noch lange nicht in Sicht. Kann man vor Langeweile sterben?
Er änderte seine Sitzposition und begann seine Kommilitonen zu beobachten.
Ganz hinten saß Raphael, ein sportlicher Kerl mit breitem Grinsen, und bastelte Papierknöllchen. Sein ganzer Tisch war bereits voll davon. Doch er riss immer weiter Blätter aus seinem Block , knüllte sie zu kleinen Kugeln zusammen und wirkte dabei so konzentriert wie ein Fließbandarbeiter.
Er schaute ihm noch eine Weile dabei zu, dann verlor er das Interesse und wagte einen letzten Versuch den Sinn dieser Vorlesung zu verstehen. „Langweilig!“, klang es plötzlich aus der hintersten Reihe: „Lang-wei-lig!“ Sofort waren alle Augen auf Raphael gerichtet. Dieser nahm ein Papierkügelchen in die Hand und warf es in Richtung des Professors. „Langweilig!“, stimmten die anderen mit ein; ein Knittern und Reißen von Blättern war zu hören und bald ergoss sich ein wahrer Papierkugelregen auf den Professor, der nun hilflos zur Tür flüchten wollte. „Sie bleiben hier!“ Ein breiter Kerl baute sich vor ihm auf und versperrte den Weg. „Sie wollen wissen, was wir von ihrem Geschwätz halten? Da haben Sie ihre Antwort!“ „Langweilig, langweilig!“, klang es immer lauter von den Rängen. Eine lang angestaute Wut brach nun endlich los. Die Wut auf die vielen Stunden Zeitverschwendung. Der Ärger über die Mengen an Hausaufgaben und die viel zu strenge Benotung dieser. Auch er ließ seine Knöllchen niederregnen. Irgendwann waren die Blätter aufgebraucht, man suchte nach Alternativen. Zuerst fiel ein Flaschenöffner, dann regnete es Kaffeebecher und Schlüsselanhänger. Die Menge kam immer näher. Der Professor wurde eingekesselt. Noch zwanzig Minuten bis zum Pausenklang. Flaschen wurden geworfen, zunächst aus Plastik, dann auch aus Glas. Der Professor schrie und hielt sich schützend den Kopf.
Zusammen gekrümmt kauerte er auf dem Boden, umringt von hundert wütenden Studenten.
Noch fünf Minuten bis zum Gong. „Es reicht, schrie jemand, lassen wir es gut sein.“ Der Schrei ging in der Masse unter. Weitere Objekte rieselten auf den Professor nieder. Die hitzige Stimmung erreichte ihren Höhepunkt. „Schluss jetzt, Leute. Es ist genug!“, klang es erneut aus der wütenden Masse. Noch eine Minute. Die Menge löste sich und gab den Blick auf ein zusammengekrümmtes, lebloses Wesen frei.
Überall in dem Körper des Professors steckten Glassplitter, ein spitzer Flaschenhals hatte sich in seinen Kopf gebohrt. Er rührte sich nicht mehr. Eine riesige Blutlache umhüllte den verstümmelten Körper. „Was haben wir getan?“, kam es fassungslos aus der Menge. „Haben wir ihn umgebracht?“, flüsterte eine Mädchenstimme. Der Pausenklang ertönte. Er schaute auf seine Armbanduhr. Die Stunde war pünktlich vorüber.

 
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Hey Nomi!

Ich wette, deine Geschichte ist der Alptraum eines jeden Lehrenden.

... knüllte sie zu kleinen Kugeln zusammen und wirkte dabei so konzentriert wie ein Fließbandarbeiter.

Keine Kritik, eher ein Fun Fact: Ich habe mal bei VW als studentische Vertretung am Fließband gestanden und war definitiv nicht konzentriert - nachdem man den 500sten Scheibenwischer rangeschraubt hat, geht das einfach nicht mehr ;-)


Er schaute ihm noch eine Weile dabei zu, dann verlor er das Interesse und wagte einen letzten Versuch den Sinn dieser Vorlesung zu verstehen.

Boah, ich kann ihm das so nachfühlen! Überhaupt hast du diese Vorlesung perfekt eingefangen. So siehts aus!

„Sie bleiben hier.“, Raphael baute sich vor ihm auf und versperrte den Weg. „Sie wollen wissen, was wir von ihrem Geschwätz halten?

Komma weg und Absatz vor Raphael. Btw, Raphael saß eben noch ganz hinten, wie kommt der da so schnell zum Prof?


Noch 5 Minuten bis zum Gong.

Die 5 kannst du doch ausschreiben.

Ansonsten hast du den Text sorgfältig korrigiert, mir ist nichts weiter aufgefallen.

Tja, ich gebe zu, dass ich ab und an genau diese Geschichte als Tagtraum hatte. Das Thema gibt nicht so viel her, daher war es richtig, es in einer sehr kurzen Geschichte abzuhandeln.
Der Anfang ist gut, er zieht den Leser in diese langweilige Vorlesung und lässt ihn, genau wie den Prot, wünschen, dass was passiert.
Das Ende wirkt dann doch etwas unvollständig, weil du uns eine Viertelstunde vorenthältst: Plötzlich sind es nur noch fünf Minuten und er ist tot. Für das Chaos, dass da abgeht, beschreibst du die Situation etwas zu unaufgeregt und distanziert, zumal der Prot ja mittendrin ist. Das könntest du noch stärker ausbauen.
Ansonsten finde ich deine Geschichte wirklich toll. Kurz und knackig.

MfG
Tim

 
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Hallo Nomi,

das stimmt, könnte der Alptraum eines jeden Lehrenden sein, aber mir fehlt eine Sache doch sehr.
Damit der Gewaltexzess nachvollziehbar wird, müssen aus meiner Sicht viel stärker die Gefühle des Icherzählers rein. Oder Beschreibungen des Prof aus der Sichtdes Erzählers. Oder weshalb Raphael sich plötzlich so aufmandelt, das kommt aus dem Nichts. Trotzdem muss es ja nachvollziehbar sein. an versteht so, wie du es jetzt schreibst, nicht, warum aus der Langeweile erst die großkotzige Provokation von Raphael wird und dann eine derartige Wut von allen anderen. Dazu müsstest du erstens die Langeweile viel mehr zeigen. Und du müsstest den Professor deutlicher chrakterisieren. Am Anfang lässt du den Prot oder wen auch immer sagen, denken, dass der Prof sich nur über die Studis lustig machen würde, sie niedermachen wolle. Im Moment, so, wie du es schreibst, ist es momentan nicht mehr als eine Behauptung. Und das ist alles zusammengenommen ist auch der Grund, weshalb man als Leser völlig unberührt aus der Geschichte geht trotz einer tollen Idee.

Er bediente sich einem Katalog aus Fremdwörtern und ließ jeden seiner Studenten wissen, dass er ihnen intellektuell über war. Sein Geschwätz ergab keinen Sinn, da war er sich sicher, es ging ihm allein darum, sie alle zu erniedrigen.
entweder: er bediente sich eines Katalogs an Fremwörtern oder bediente sich aus einem Katalog an Fremdwörtern. Oder du formulierst es überhaupt mal um, find ich nämlich sehr distanziert.
Und zweitens: Wer beobachtet das hier und sagt es? Der Icherzähler oder der Professor? Das belibt ffür mich unklar.
In beiden Fällen fehlt das Material, damit diese Behauptung für den Leser greifbar wird.
Dass der Prof die Studenten wissen lässt, dass er ihnen intellektuell überlegen ist, und sein Geschwätz sinnlos ist, wäre auch unrealistisch. Kein Prof denkt so über sich selbst. Die Studis unterstellen ihm das, klar, und sie haben Recht, dass das Gehabe diverser Profs von Eitelkeit getragen ist. Aber das muss man dann auch zeigen. Und solltest du diese Stelle hier aus der Sicht des Profs schreiben, dann musst du die Eitelkeit zeigen und sie Arroganz seines Vortrages, aber du kannst es nicht mit eioner Behauptung lösen.

„Langweilig!“, klang es plötzlich aus der hintersten Reihe: „Lang-wei-lig!“ Sofort waren alle Augen auf Raphael gerichtet. Dieser nahm ein Papierkügelchen in die Hand und warf es in Richtung des Professors. „Langweilig!“, stimmten die anderen mit ein; ein Knittern und Reißen von Blättern war zu hören und bald ergoss sich ein wahrer Papierkugelregen auf den Professor, der nun hilflos zur Tür flüchten wollte. „Sie bleiben hier.“, (KOMMA WEG) (AUSRUFEZEICHEN STATT PUNKT)Raphael baute sich vor ihm auf ...
Das geht alles viel zu schnell, auch der Fortlauf. Die Eskalation muss deutlicher werden.

Eine lang angestaute Wut schien nun endlich loszubrechen.
Das ist so distanziert geschreiben. Sowieso schon mal schien raus, das relativiert nur. Und dann beschreib doch mal die Szene. Das ist alles so trocken.
Und wo bleibt bei der nachfolgen Beschreibung der Icherzähler? Der scheint gar keine Empfindungen zu haben bei dem Geschehen.

Irgendwann waren die Blätter aufgebraucht, man suchte nach Alternativen.
Mensch, die schmeißen Kaffeebecher auf einen weichen Menschen, da kann man doch nicht schreiben, man suchte nach Alternativen. das klingt als würden sie sich über die alternative Düngung eines Gartenbeetes mit Mist- oder Kunstdünger Gedanken machen.
Vielleicht intendiertest du ja das Distanzierte, dann muss ich aber sagen, dass bei mir das leider gar nicht klappt.
Verzeih, wenn ich mich so entrüste, es liegt glaube ich daran, dass ich deine Idee, diese Eskalation wie aus dem Nichts heraus zu zeigen, die mit dem Tod des Profs endet, eigentlich klasse finde, und du da aus meiner Sicht viel mehr hättest herausholen können.
Viele Grüße
Novak

 

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