Lange Zeit bin ich früh schlafen gegangen...
Lange Zeit bin ich früh schlafen gegangen. Das lag an meinem Tagesrhythmus, der sich als sehr aufregend, spannend und mit viel frischer Luft gestaltete. Früh und lange schlafen, das war schön. Wenn ich wach wurde, sehen was gab es zum Schleckern, und anschließend hinaus in die Welt. Es gab da so viel zu entdecken. Der große Hof, auf dem ich durch den Garten, den bunten, wohlriechenden Beeten, gejagt bin, wo sich auch immer viele Freunde eingefunden haben. Durch den Stall sind wir getobt, in dem man sich so gut aufwärmen konnte und mit den kleinsten der Kälber Unfug treiben konnten. Die gackernden Zweibeiner, die so schnell mit ihren spitzen Schnäbeln picken konnten oder flügelschwingend vor uns flüchteten, und erst der Dachboden. Hier gab es soviel Spannendes, so viele Ecken, Schränke und Regale, die so tolle Verstecke in sich verbargen. Auch fand sich immer etwas leckeres für unsere immerhungrigen Mägen. Am frühen Abend, wenn es dunkel wurde, wusste ich bereits, dass man sich morgen wieder trifft, wieder viel Spaß hat und ich ging zurück in die warme Küche, in der mit Sicherheit Milch und Kräcker auf mich warteten. Später habe ich mich oft auf das riesige weiche Kissen gekuschelt, mich ausgeruht, und gewartet damit der Abend seinen Lauf nehme konnte, und war so schnell eingeschlafen, das ich jeden morgen aufs Neue über die warmen Sonnenstrahlen, die mich begrüßten, erstaunt war.
Doch jetzt hat sich alles verändert.
Fürchterlicher Lärm dringt von der Strasse in die Wohnung, die ganz anders ist, ganz ungewohnt und neu. Der Boden ist aus hartem Stein. Wenn ich die Treppen hinuntersteigen will, muss ich endlos lange laufen. Schaue ich aus dem Fenster, sind die Straßen so bunt am Abend, so laut und so beweglich. Rote und weiße Lichter schlängeln sich weit unten, und man meint, es würde nie aufhören. Auch der Weg vor dem Haus ist ganz anders. Man muss richtig Angst haben vor den großen, bunten, laut dröhnenden Maschinen auf vier Rädern, wenn sie mit riesigem Tempo angerast kommen, Reifen quietschen, Hupen lärmen. Andere riesige Maschinen gibt es, die da an Drähten hängen und beim anhalten einen richtig erschrecken können, weil sie so laut bimmeln. Ja, und wenn ich mich hinaus wage, riecht es so ganz fremd, schnürt es mir den Atem ab, auch sehe ich nur eilig vorbei hetzende Leute, bunt gekleidet, große und kleine, dicke, und dünne, aber niemand der mich anlächelt und nett zu mir ist. Wenn es denn nun doch mal gut riecht, ist es so unsauber. Also bekomme ich, wenn ich wieder zu Hause bin, so ein weißes Pulver auf meinen Rücken gepudert. Das juckt ganz fürchterlich, und ich schubbere meinen Rücken stundenlang an der Tapete oder dem Türstock. So suche ich sehnsüchtig die bunten, duftenden Blumen, den großen Hof mit seiner großen Wiese. Suche ich nach dem schönen Haus und dessen riesigen Fenstern. Ich suche nach Wärme, dem Bekannten und nach meinen Freunden, die ich schon nach kurzer Zeit so vermisse, dass es mir gleich da im Bauch, da wo es so sehr pocht, so richtig weh tut.
Wir gewöhnen uns mit der Zeit an den Krach, die Schnelligkeit, die andere Bauweise der Häuser, dass hier alles grau in grau ist, ohne Blumen, Bäume, Sträucher, und wir werden auch wieder Freunde hier finden. Wenn wir uns dann richtig zurecht finden, dann können wir auch wieder früh schlafen, sagt mein Mensch. Und so liege ich da und lecke mir meine Pfoten, mein schwarzes, glänzendes Fell und hoffe, das es recht schnell geht mit dem Gewöhnen.