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Lamamania

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22.10.2004
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Lamamania

Als Peter bemerkte, dass er den Kühlschrank offen gelassen hatte, war es bereits zu spät. Das Lama war aus dem Gefrierfach geklettert und hinterließ beim Auftauen feuchte Hufabdrücke auf dem Küchenboden.
»He«, sagte Peter und griff nach dem Besen. »Du solltest da drinbleiben!«
Das Lama gähnte, klapperte vernehmlich mit den Zähnen und schaute Peter unschuldig an. Es reichte ihm nur ungefähr bis zum Knie, und das war der Grund, warum es so ausgezeichnet ins Gefrierfach gepasst hatte. Peter stieß mit dem Besen nach dem Lama. Es kippte um, und die dünne Eisschicht klirrte von seinem Fell. Empört quietschte es und spuckte einen spitzen Eiskristall nach Peter, der sich in seine Wange bohrte.
Er taumelte rückwärts gegen das Wandbord und fluchte, als die beiden Einweckgläser auf dem Boden zerschellten. Die Bonsai-Lamas darin hatten so drollig ausgesehen mit ihren an der Glaswand plattgedrückten Schnauzen, und es hatte so lange gedauert, bis er die Deckel zu bekommen hatte.
Das Gefrierfach-Lama war unterdessen wieder auf die Beine gekommen. Es bibberte noch immer vor sich hin und bedachte Peter mit einem bösen Blick. Die beiden Bonsai-Lamas - eines braun, eines weiß - galoppierten begeistert hinüber ins Wohnzimmer.
»Um Gottes willen, nein!« Peter fasste den Besenstiel fester und hastete hinterher. Er musste die Biester schnellstmöglich wieder erwischen, sonst hatte er ein Problem.
Das braune Lama war bereits in die Yuccapalme gesprungen und knabberte enthusiastisch an einem Blatt.
Suchend sah Peter sich nach dem weißen um.
Er entdeckte es auf der Couch. Auf dem hellen Polster war es äußerst gut getarnt. Gerade ackerte es mit seinen Zähnen an dem Couchkissen herum, in dem er das kleine dicke Lama eingesperrt hatte.
Peter sprang auf das weiße Lama zu und erwischte es am Genick. Es zappelte empört und spuckte, aber Bonsai-Lamas hatten Gott sei Dank keine besonders große Reichweite. Die Hose würde er halt später waschen müssen. Nun schnell zurück ins Einweckglas mit dem Rabauken!
Als er sich umdrehte, blieb er wie angewurzelt stehen. Das Lama in seiner Hand zirpte triumphierend. (Peter hatte nicht gewusst, dass Lamas so laut zirpen konnten.)
Das Gefrierfach-Lama musste es irgendwie geschafft haben, den Herd zu öffnen und die drei Osterlamas herauszulassen. Für Äpfel waren ihre Mäuler zu klein, und Peter beglückwünschte sich noch immer zu der Idee, stattdessen Cocktailtomaten verwendet zu haben. Auch auf die Schnittlauchschleifchen um die schlanken Hälse war er sehr stolz gewesen. Aber diese Tiere hatten eindeutig keinen Sinn für Art déco. Sie trampelten ins Wohnzimmer und hinterließen feine Spuren aus Senf-Sahnesauce. Warum auch hatte er den Herd nicht gleich angemacht?
Das weiße Lama meckerte erfreut und biss ihn dann genau in die feine Haut zwischen Daumen und Zeigefinger. Mit einem Aufschrei ließ Peter das Lama fallen. Aus dem Augenwinkel sah er, wie sich das dicke Lama mit einem Schnaufen aus dem Kissenbezug befreite. Aus dem anderen Augenwinkel erahnte er das Umkippen der Yuccapalme.
Peter hob den Besen, aber es war bereits zu spät. Die Lamas traten ihren Siegeszug durchs Wohnzimmer an. Sie brauchten nicht lange, um ihren Gefährten in der Waschmaschine zu entdecken und das Bullauge einzutreten. Das Waschmaschinen-Lama spurtete mit einem schrillen Kreischen durch die Wohnung. Schaumflocken stoben von seinem Fell, und bei jedem Schluckauf schwebte eine Seifenblase von seinem Maul.
Peter ließ den Besen fallen und rannte in Richtung seines Keschers, wobei er über das Alpaka stolperte, das aus der Wanduhr gesprungen war.
»Kuckuck!«, sagte es stolz.
Trotz seiner Panik rang er sich ein anerkennendes Nicken ab und rappelte sich wieder auf. Der Kescher! Eines nach dem anderen würde er diese Biester wieder einfangen, und dann konnten sie was erleben. Marlene hatte ihn ja noch gewarnt und gesagt, er solle lieber die kleine Packung kaufen. Aber er hatte nicht geglaubt, dass Lamas so anstrengend sein konnten.
Noch bevor er den Kescher erreichte, stolperte er ein weiteres Mal. Diesmal war es das dicke Lama aus dem Sofakissen, das ihn angrinste und dabei auf etwas herumkaute, das Peter beim zweiten Blick als seine Lieblingskrawatte erkannte.
Das Gefrierfach-Lama stieß so etwas wie einen Kriegsschrei aus. Peter hörte das Trommeln winziger Hufe und spürte einen Ruck an seinen Hosenbeinen. Die Lamas hatten ihre Zähne in den Stoff gegraben und zogen. Peter versuchte es mit Treten und Strampeln, aber davon zeigten sich die Lamas nicht im geringsten beeindruckt.
»Aufhören!«, jaulte er auf, während er von den kleinen Tieren über den Wohnzimmerboden geschleift wurde. Das Sofakissen-Lama trottete neben seinem Kopf her und grinste ihn weiter debil an.
Was hatten die Biester vor? Sie zerrten ihn in Richtung Küche. Er versuchte es mit einem erneuten Tritt, aber das dicke Lama sprang auf seine Brust und bleckte die Zähne. Das sah eher drollig als drohend aus.
Als er den Kopf drehte, sah er direkt in die Augen des Gefrierfach-Lamas. Sie glitzerten bedrohlich. Rachedurst sprach aus dem Blick des wolligen Kerlchens. Peter schluckte schwer. Dann spürte er die Kälte an seinen Füßen und starrte aus weit aufgerissenen Augen in das geöffnete Gefrierfach.
»Nein! Um Himmels willen, tut das nicht!«
Aber die Lamas waren überall. Sie zerrten an seinen Ärmeln, seinem Kragen, seinen Armen. Sie stießen ihn mit ihren spitzen Mäulern voran. Peter heulte. Die Tränen gefroren auf seinem Gesicht, als er ins Gefrierfach gequetscht wurde. Mehrere Lama-Augenpaare sahen ihn triumphierend an, und dann wurde es dunkel um ihn.
Die Kühlschranktür war geschlossen worden.

 

Äh, ja. Weitgehend sinnfrei, aber vielleicht macht es ja ein wenig Spaß.

 

Salve Malinche,

das Sinnfreie macht tatsächlich teilweise Spaß, vor allem die Selbverständlichkeit, mit der Du die Lamainvasion beschreibst, ohne Erlärung, woher weshalb wozu und wie.
Allerdings warens mir zum Schluss zu viele Klammern, die hier:

(Peter hatte nicht gewusst, dass Lamas derartige Meister der akustischen Vielfalt waren)
find ich syntaktisch unklug gesetzt, nach "erfreut" würde sie den Satz nicht so überblähen.

Die "Spitzen Mäuler" zum Schuss erzeugen zumindest bei mir ein irreführendes Bild; klar sind Lamamäuler nicht rund oder flach, aber unter "spitz" verstehe ich "pieksig"; vielleicht gibts da eine bessere Alternative. Lamamäuler sehen ja doch recht weich aus.

Und was ich auch vermisse, ist Handlung, ein Plot, eine Entwicklung. Auch Slapstick erzählt irgendwo eine Geschichte, siehe Marx Brothers, Laurel und Hardy oder Blues Brothers. Bei Dir gibts eigentlich nur ein paar ausbrechende Lamas, die sich recht einfallslos an ihrem Peiniger rächen.

LG, Pardus

 

Hallo Malinche

Das entbehrt doch jeder Logik, Lamas in Einmachgläsern, dein Prot zum Schluss im Kühlfach, also wirklich ...


Wie Pardus, und teilweise Jynx, gefällt mir hier auch das Sinnfreie, das Absurde und wie du es bis zum Schluss geradlining durchziehst. Dadurch fällt der Plot halt ins Wasser, stört mich jetzt weniger, denn eigentlich ist kurz&gut wie geschaffen für solche Schlaglichterdinger.

Erinnert mich irgendwie an die Gimmicks aus den Yps Heften mit den "kleinen Wassermenschen", Triopse, diese Urzeit-Krebs-Eier, die man in einer Salatschüssel voll Wasser dann "aufziehen" konnte.

Einen Stolperer hatte ich, trotz sinnfreiem Ansatz:

Hilflos hob Peter den Besen, aber es war bereits zu spät.
Irgendwie kommt dieses Hilflos so, äh, hilflos daher. Würde ich streichen.
Peter hob den Besen, aber es war ...

Witzig, gern gelesen,
Gruss dot

 

Hallo ihr Lieben,

danke fürs Lesen!

Jynx schrieb:
Aber dann kamen die Osterlämmer, äh, lamas und das Alpaka und es war wieder gut.
Ha, ich wusste, es war richtig, das Alpaka einzubauen! :)

Pardus schrieb:
Bei Dir gibts eigentlich nur ein paar ausbrechende Lamas, die sich recht einfallslos an ihrem Peiniger rächen.
Öhm, ja, genau. Das ist als Plot verschleiertes Nichts, ich weiß, aber genau darum sollte es gehen. (Und hey, für Lamas ist das mit der Gefriertruhe verdammt kreativ! :D)

Ich hab mal den einen Klammernsatz umgesetzt (stimmt schon, der war doof gemacht). Wegen der spitzen Mäuler überlege ich noch, da hast du natürlich vollkommen recht, aber mir will gerade noch nichts anderes einfallen.

./ schrieb:
Erinnert mich irgendwie an die Gimmicks aus den Yps Heften mit den "kleinen Wassermenschen", Triopse, diese Urzeit-Krebs-Eier, die man in einer Salatschüssel voll Wasser dann "aufziehen" konnte.
Oh Gott. Ich hatte das und sehe das Heft und das Zeug dazu noch genau vor mir. Aber stimmt, aus genau sowas könnten die Lamas kommen. :D Ich hatte überlegt, ob ich sowas erkläre, aber mich dann dagegen entschieden.

Schön, dass es euch zumindest teilweise gefallen hat - mehr als ein zugegeben slapstickiger Happen für zwischendurch sollte es ja nicht werden. :)

Liebe Grüße,
ciao

Malinche

 

ich hatte überlegt, ob ich sowas erkläre, aber mich dann dagegen entschieden.
wieso, du hast es doch erklärt, jedenfalls ansatzweise ...
Marlene hatte ihn ja noch gewarnt und gesagt, er solle lieber die kleine Packung kaufen.
:D

 

Lamamania
– ein wundersames Gebilde aus zwei Vokalen und drei Konsonanten, das ein wenig geschüttelt Al[l]amania enthält – ohne den geringsten teutschen Ernst an sich zu haben. Allein für diese wundersame Wortzusammenfügung und –führung des höckerlosen Kamels mit der Manie gebührt Dir,

liebes Malinchen,

ein Ehrenplatz in der Zunft der Klangmalerei und elektronischen Klecksografie, was selbst der mehr als unzureichend als Zitat gekennzeichnete erste Satz nicht verhindern kann. - Ich geh mal von aus, dass niemand hier Promoviren hat. - Diese kleine Schwäche des kurzweiligen und wertfreien Gewebes wird durch eine weitere Bindestrich-Zusammenführung von Asien und Südamerika im Bonsai-Lama, nicht verwandt und noch weniger verschwägert mit den gerühmten Dalai-L. oder Philipp Bonsai-Lahm – die Entschädigung für die bitteren Erfahrungen Perus mit seinem Futschijammer. Rührend in diesem Dramolett der Auftritt des Lama guanicoë pacos, dem bonsaischen Bonsailamas bis hin zur Anrufung des Herrn und des Himmels und einem konjunktiefen elften Gebot

»Du solltest da drinbleiben!«,
das Tepco und Herr Grossmann als elftes Gebot ihrem Müll zu Asse ganz leise verlautbaren.

Gruß & Dank fürs Kommödchen

Friedel

 

Lieber Friedrichard,

ich danke für die tiefsinnige Analyse, die selbst politische Ebenen subtil erfasst - anders als die Bonsai-Lamas, die hier quasi zum Free Willy geraten, hat sich Keiko im Andenstaat ja Gott sei Dank nicht durchsetzen können.

Nur eins muss ich doch kritisch anmerken:

liebes Malinchen,

Malinche, lieber Friedel, nicht Malinchen - mit che wie Che Guevara.

Danke fürs Lesen!

 

He Malinche,

mja, hat mir jetzt nicht so zugesagt. Kann man machen, sowas, aber da muss dann wenisgtens die eine oder andere Perle auftauchen, die das Ganze in ein angenialtes Licht taucht. So sehe ich da nur die Idee mit den Lamas, die gegen ihren Herrn rebellieren. Das wie ist recht belanglos, die Idee läuft ins Leere.
Schade drum, irgendwie. Liest sich nach einer Fingerübung und das finde ich in dem Fall etwas wenig.

grüßlichst
weltenläufer

 

Malinche, lieber Friedel, nicht Malinchen - mit che wie Che Guevara,

hallöle Malinche,

hastu mich gerad in DU beim Umzug anpacken sehn? Verschlissene Jeans aber den wundersamen Heil'gen auf der Brust ... Natyrlich! - und alles entlarvt.

Het windje an't Malinche

schöne Pfingsten!
(bekanntermaßen sind da die Geschenke am geringsten).

 

Hi Malinche,


Wirklich witzige Idee und eine sehr absurde Umsetzung. Gerade weil du hier nichts erklärst und die Lamas einfach als gegeben hinstellst (wo sonst soll man seine Lamas aufbewahren, wenn nicht im Sofakissen), funktioniert dieser Text.

Ich finde es auch nett, daß du hier nicht versuchst, auf Teufel komm raus irgendwelche weiteren Ideen reinzubuttern, sondern diese eine einfach konsequent zu Ende erzählst. Sehr fein. Gegen Ende wurden es mir irgendwann zu viele Lamas, aber das liegt in der Natur der Sache. Sind halt Herdentiere.

Nicht gefallen haben mir allerdings die vielen Klammersätze - die könntest du eigentlich ohne jeglichen Verlust für den Text einfach weglassen. Wenn ein Lama zB zirpt, wirkt es einfach ne Ecke absurder, wenn man den Leser nicht nochmal speziell darauf hinweist, daß sie das normalerweise nicht tun.

 

Hi gnoebel,

danke für den Kommentar! Schön, dass es für dich funktioniert. Bei den Klammersätzen hast du auch vollkommen recht - ich habe sie mehr oder weniger eliminiert und das gefällt mir auch besser so.

wo sonst soll man seine Lamas aufbewahren, wenn nicht im Sofakissen
Eben!

 

Hi Malinche,

für mich können es gar nicht genug Lamas sein, auch wenn ich gestehen muss, dass ich einmal ins Schwimmen geraten bin, nämlich hier...

Suchend sah Peter sich nach dem weißen um.
Er entdeckte es auf der Couch. Auf dem hellen Polster war es äußerst gut getarnt. Gerade ackerte es mit seinen Zähnen an dem Couchkissen herum, in dem er das kleine dicke Lama eingesperrt hatte.

Da war mir nicht so ganz klar, woher das kleine dicke Lama kommt, vielleicht deshalb, weil ich noch nie ein Lama in ein Couchkissen gesperrt habe - dort nur Gürteltiere.

Was mir sehr gut gefällt, ist, dass du einfach die Situation vorgibst, dann nichts erklärst, sondern einfach loslegst. Schön absurd!

Mein Favorit ist das Kuckuck-Alpaka, so eins hätte ich auch gern. Ebenfalls sehr gelungen ist der Hinweis, mit der kleinen Lama-Packung. Werde ich mir merken :D

Schöne Geschichte, gehört zu meinen Favoriten bei dem Wettbewerb.

LG svg

 

»Kuckuck!«, sagte es stolz.
:rotfl:

Hallo Malinche,

amüsante Geschichte, die sich so mal lesen wie ein Pfefferminzdrop lutschen lässt. Spontan entstanden nach dem Motto "Ich setz mich mal ans Blatt Papier, schreib den vorgegebenen Satz auf und setze den Stift nicht eher ab ..."? Bei dir, nicht bei allen beileibe, kommt durchaus Ansehnliches dabei raus.

Ich habe den Plot ein bisschen mit den "Gremlins" assoziiert: Kleine Spielzeug-Monster, die lebendig werden, in der Backröhre glaub ich, egal.


Gern gelesen,
-- floritiv

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Malinche,

Also den Anfang hab ich schon gern gelesen, du bekommst ein Pluspunkt für die Llamas, sind coole Tiere, aber dann hat's für mich schon nachgelassen zum Schluß. Bei aller Absurdität will man halt doch nich irgendwie mehr haben, also im Sinne einer Wendung oder einer Entwicklung... aber die Llamas waren schon niedlich.

MfG,

JuJu

 

Hallo Malinche!

Beim Lesen Deiner Lama Geschichte habe ich mehr und mehr an ein Albtraumszenario gedacht. Hinter dem Dauergrinsen (Dauergrinsen bedeutet in der Regel nie Gutes) musste etwas anderes stecken als Freundlichkeit oder gute Laune. Auch das es nicht bei niedlich tollpatschiger Zerstörungslust bleiben würde, war bald zu vermuten. Was sich am Ende auch bestätigte.

Ein vergnüglicher Unsinn mit leichtem Gruseleffekt.

Lieben Gruß

Asterix

 

Ja, sinnfrei, aber doch ganz nett zu lesen. :)
Ich mag abgedrehte Geschichten, auch wenn sie nicht immer ganz so sinnvoll sind.

Gruß,
Ab C

 

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