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Lala und Ronz

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16.06.2002
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Lala und Ronz

„Nein, ich will kein Kind", sagt Lala zu Ronz.
„Steck dir deine Gene sonst wo hin!"

So schön hat Ronz es sich vorgestellt mit Lala, ein kleines Haus mit Garten und ein Kind. Doch Lala will nicht, zu schwierig sei es momentan, mit der Arbeit, der Sicherheit. Die Miete sei auch ordentlich erhöht worden.

Ronz ist auf der Bank gewesen. Einen Kredit für ein klitzekleines Häuschen mit klitzekleinem Garten hat er gewollt. Er verdiene zu wenig hat ein kopfschüttlender Schnösel hinter dem silbern glänzenden Schreibtisch geantwortet.

Lala hat ihn gern ihren Ronz, für derlei jedoch, sei sie nicht bereit, gibt sie ihm zu verstehen. Woher das Geld nehmen? Denkt Lala. Insgeheim hat sie auch Angst, es könnte mal aus sein mit ihm. Und was würde dann geschehen?

Es sei besser so, denkt sie. Ronz löchert sie stets. Ein Kindchen möchte er so gerne, zum Großziehen. Lala wird dann wütend. Ein Kind, noch nicht, wenn überhaupt! Klipp und klar mit schroffen Worten.

Allerdings, denkt Lala, wenn, dann mit Ronz. Er ist so verträumt. Denkt nicht ans Danach. Stellt sich in seinen Gedankengebäuden alles so schön vor. Ronz lebt nicht wirklich in der Welt. Lala hingegen kann rechnen, es geht sich immer ganz genau aus mit dem Haushaltsgeld. Übrig bleibt nichts.

Klein ist die Wohnung, eng, das Klo auf dem Gang. Duschkabine in der Küche zwischen Herd und Waschmuschel gequetscht. Ein Wohnschlafzimmer. Unsicher ist alles, wegen der Arbeit auf Werkvertrag, der beide nachgehen.

Und schließlich ist’s doch geschehen, beim Tigerspielen in einer Freitagsnacht. Lala hat die Pille vergessen. Geweint hat Lala. Jetzt noch nicht, und überhaupt, was wird bloß sein? Es gehe nicht, denkt sie. Noch verschweigt Lala ihren Zustand. Behalten wird sie es trotzdem. Es ist ja von Ronz.

Der hüpft vor Glück, als Lala berichtet. Sie jedoch, ist traurig, hat Angst, blickt verloren zum Fenster hinaus, in den grauen Innenhof. Fünfter Bezirk, ein Hauch von Orient. Verkehrsrauschen vom Gürtel. Ronz ist so glücklich. Eng werde es sein, denkt Lala.

Lala hilft abends zusätzlich in einem Verlag aus, schwarz, damit gespart werden kann. Ronz verkauft an den Wochenenden Wollstrümpfe auf einem Markt. Dazuverdienen, auch wenn’s wenig ist. Viel kommt nicht zusammen.

Es wird schon werden, tröstet sie sich. Ronz denkt nicht an Geld, nur an den kleinen Mumpf in Lalas Bauch. Mumpf wächst und wächst. Lala hört zu arbeiten auf. Keine Abfindung, kein Wochengeld, es ist ja ein Werkvertrag gewesen. Was anderes gibt’s halt nicht mehr.

Nun freut sich auch Lala auf Mumpf. Ronz greift Lala auf den großen Bauch, um Mumpf zu fühlen. Mumpf hat jetzt schon ein Strampelhöschen. Hellblau mit weißen Tupfen darauf. Bald wird er ein kleines Bettchen haben, selbst gebastelt. Ronz sägt schon fleißig und leimt zusammen. Wie ein Kind ist er beim Basteln. Am Träumen, den ganzen Tag, von Lala Mumpf und ihm. Ein schönes Zuhause. Ach, es wird schon werden. Auch Lala ist zuversichtlicher, Mumpf zuliebe. Ronz sei zwar ein Träumer, denkt sie, aber sie werde das schon hinbekommen.

Das Krankenhaus ist riesengroß. Lange Stunden verwarten die beiden. Es muss alles seine Ordnung haben. Mumpf muss regelmäßig abgetestet werden, es gehört sich so.

Der Arzt runzelt die Stirne, noch eine Untersuchung. Was denn los sei will Ronz wissen. Lala hat kein gutes Gefühl. Am nächsten Tag sollten die Ergebnisse vorliegen.

Eine schlaflose Nacht. Im Krankenhaus die Nachricht. Mumpf hat eine Krankheit, könnte einen dauerhaften Schaden davontragen. Die Krankheit, meint der Arzt, sei nach einer neuen Methode behandelbar und könne geheilt werden. Lala atmet auf. Ronz fällt ein Stein vom Herzen. Teuer sei die Therapie allerdings, gibt der Arzt zu verstehen. Die Kasse zahle das nicht. Lala weint, Ronz auch. Ein Schlag hat ihn herausgerissen aus den Träumen. Was nun? Der Arzt sitzt mit betroffenem Gesicht da. Er kann nichts sagen, was sollte er auch ... Es tue ihm sehr Leid, stottert er, es sei eben so.

Trübe ist die kleine Wohnung, düster. Die Herbstsonne wirft ein paar Strahlen auf die grauen Mauern. Es wird nun zeitig dunkel. Schwach leuchtet das Licht an der Wohnschlafzimmerdecke. Lala kann den Schmerz nicht ertragen, streichelt Mumpf in ihrem Bauch. Woher sollte das viele Geld kommen? Die Nacht foltert beide. Der Morgen ist grau und nebelverhangen. Ronz geht zur Bank, um zu bitten.


 
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Hallo Echnaton!

Diesmal laß ich Dich nicht wieder so lange warten. ;)

Du weißt ja, daß mir Deine Geschichten in dieser Art am besten gefallen, und die gefällt mir wieder mal besonders gut. Die berührende Handlung, eingepackt in Deine ganz eigene Art zu erzählen, und wieder diese ulkige Namensgebung („Mumpf“ :lol: ) sind in meinen Augen eine perfekte Kombination. Mit Geschichten dieser Art könntest Du ein Buch füllen – ich würds kaufen.

Die Geldsorgen kommen allerdings nicht so ganz realistisch bei mir an, und zwar deshalb, weil ich denke, wenn beide verdienen, zusätzlich auch noch pfuschen, müßten sie doch genug haben. Zumindest soviel, daß sie am Monatsende noch nicht den letzten Cent verbrauchen. Zu dem Kapitel gehört auch das mit den Werkverträgen: Da ist das Gesetz ziemlich genau, und sobald ein Werkvertrag für den Arbeitnehmer Lebensgrundlage ist, gilt er als Dienstverhältnis. D.h., Lala hat sämtliche Ansprüche. Mutterschutz heißt übrigens, daß sie in der Zeit (meist 8 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt) nicht beschäftigt werden darf. Das gilt für alle werdenden Mütter, egal ob sie Angestellte, Werkvertragsnehmer oder sonstwas sind. Mutterschutz ist keine finanzielle Leistung, das wäre das „Wochengeld“ von der Krankenkassa. Aber da man bei den meisten Werkverträgen heute ohnedies auch versichert sein muß, hat sie (glaub ich) diesen Anspruch auch. Und grad in so einem Fall hätte sie es da nicht schwer, ihre Rechte durchzusetzen, weil da die Krankenkassa der Firma auf die Füße steigt...

„Sonstnoch“ ist nur ganz wenig: ;)

»kitzekleines Häuschen mit kitzekleinem Garten«
– klitzeklein

»zum Grossziehen«
– Großziehen

»wenn dann mit Ronz«
– wenn, dann

»Er kann nichts sagen, was sollte er auch sagen.«
– ich würde das zweite „sagen“ durch drei Punkte ersetzen: Er kann nichts sagen, was sollte er auch …


Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Häferl,

danke fürs lesen und den Kommentar. Die Fehler, danke fürs Rauspicken übrigens, hab ich jetzt korrigiert.

Bezüglich der Situation mit Werkvertrag und so, wart ma fünf Jahre, dann ist das alles dahin, auch bei einer Regierung anderer Farben. Da kommt noch allerhand auf uns zu. Fixe Anstellungen sind ja heute schon rar.

danke fürs lesen, freut mich, daß Dir die Geschichte zugesagt hat

liebe Grüße

Echna

 

Ich mag deine Geschichten, Echnaton!

Sorry, zu mehr hab ich im Moment nicht die Zeit und Geduld, muß noch was tun und hab nur eben mal zwischendurch diese Geschichte gelesen.
"Mumpf" find ich ziemlich gut gewählt, klingt nach liebevoller Zuwendung.

Lieben Gruß
lakita

 

Ja, mir geht es auch so, hab momentan wegen Schule keine Zeit für eine "richtige" Kritik! Die Geschichte war sprachlich jedenfalls eine Delikatesse!
gruß popla

 

lakita, popla,

danke Euch beiden fürs Lesen. Freut mich, daß Ihr trotz Zeitmangels ein Kommentar druntergeschrieben habt.

liebe Grüße

Echna

 

Hei Echnaton, der Stil gefällt mir. Eintönigkeit, Monotonie des Lebens sind bei mir rübergekommen und auch die Hoffnungslosigkeit unterbrochen von kurzen kleinen Glücksgefühlen. Die ganze Geschichte hat etwas von Trostlosigkeit. Ich dachte die ganze Zeit, wann kommt die Wende, wann passiert noch etwas überraschendes. Mit dem letzten Satz, gibst du dann der kleinen Story noch eine gehörige Portion Pfeffer.

Gut!

Liebe grüsse Stefan

 

Servus Arche,

freut mich, daß Dir die Geschichte gefallen hat. Bin im Moment am Herumexperimentieren, was Stil betrifft. Auch ist diese Art Geschichten erst seit ein paar Wochen in meinem Schädel. Danke Dir fürs Lesen und den Kommentar,

liebe Grüße

Echna

 

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